Amis- und Anzeige-Matt für VitddaL und Umgebung.

Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Damstag.

Der Abonnements-Preis betrügt incl. dem jeden Samstag beigegebenen Illnstrirten So«»iag»vlatt für Wildbad vierteljährlich 1 10 ^, monatlich

40 Pfg.; durch die Post bezogen im Oberamts- Bezirk 1 30 ; auswärts 1 45 Be­

stellungen nehmen alle Postämter entgegen.

kpMS

Der Jniertionspreis beträgt für die kleinspaltige Zeile oder deren Raum bei Lokal-Anzeigen 8 Pfg., bei auswärtigen 10 Pfg. Dieselben müssen spä­testens den Tag zuvor Morgens 8 Uhr aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechender Ra­batt. Stehende Anzeigen nach Uebernnkunft. Anonyme Einsendungen werden nich crücksichtigt.

Nro. 122.

Samstag, 21. Oktober 1893.

29. talingang.

Württemberg.

Stuttgart, 17. Okt. Heute morgen sind die Rekruten der beiden hiesigen Infan­terie-Regimenter Nr. 119 und 125 mit Sack und Pack eingerückt, was den der Kaserne be­nachbarten Straßen einen ziemlich lebhaften Charakter verlieh. Daß der militärische Geist bis jetzt noch nicht so besonders vorwaltet, davon zeugt der folgende ergötzliche Zwischen­fall. Bei der Gestellungsmusterung fiel dem Feldwebel ein ziemlich robuster Bauernknecht in die Augen, der nick großen, bis über die Kniee reichenden Stiefeln, fein gewichsten Leder­hosen, einem kleinen Samtwämschen und einem breitkrempigen Strohhut geschmücktwar. Lächelnd meinte der Feldwebel:Du g'tällst m'r jetzt!" worauf unser Bauernknecht schmunzelnd er­widert:Du miar au!"

Erzherzog Franz Ferdinand, der öster- rcich-ungari che Thronfolger, ist gestern früh mit dem Orient-Expreßzug von Paris hier eingetroffen und bei seinem Schwager, dem Herzog Albrecht von Württemberg abgestiegen. Nachmittags machte der Erzherzog mit seinem Schwager eine Fahrt nach der Solitude. Heute früh ist derselbe, von Herzog Albrecht zur . Bahn begleitet, mit dem Oiientzug nach Wien abgereist.

Cannstatt, 19. Okt. Den 2. Preis der Gewerbe-Ausstellungslotterie, einen ele­ganten Viktoriawagen erhielt Landjäger Enderle in Waiblingen während der 3. Preis in eine Kollekte von 100 Teilnehmern fiel, lieber den ersten Preis ist bis jetzt noch nichts be­kannt.

Tübingen, 18. Okt. Neuesten Nach­richten aus Berlin zufolge ist die Ankunft des Kaisers zur Jagd in Bebenhausen zwischen dem 3. und 7. N.vember zu er­warten

Weingarten, 18. Okt. Heute starb hier im Alter von nahezu 60 Jahren Apo­theker Traf. Derselbe wurde vor ca. 10 Tagen von einem Edel-Maider, den er in Gefangenschaft hielt, in die Hand gebissen. Die Wunde war anfangs eine unscheinbare, nahm aber bald ein:» bösartigen Karakter an und endete trotz angestrengter, allerdings zu spät angerusener ärztlicher Bemühungen mit Blutvergiftung.

Ulm, 18. Okt. Am letzten Samstag sind beim Fußartilleriebataillon Nr. 13 die demselben zukommenden 260 Rekruten einge­rückt; dieselben sind Braunschweiger, Olden­burger, Lüneburger und Hanoveraner.

Mergentheim, 17. Okt. Einen schrecklichen Tod fand gestern Abend ein älterer Herr aus Köln (Fabrikant P.), der seit einigen Tagen bei einer Familie hier zu Besuch weilte. Er geriet, spazieren gehend, bei eintretender

Dunkelheit auf dem Rückweg auf die Eisen­bahntauberbrücke. Dort überraschte ihn der von Crailsheim kommende Güterzug, dessen Maschine ihn in grauenhafter Weise zermalmte- Beim Abendessen vermißt, wurde er überall ängstlich gesucht; aber erst nach 8 Uhr fand der Bahnwärter die Stücke der Leiche, nach­dem auch noch der Crailsheimer Personenzug darüber hinweggefahren war.

Ru ndschan.

Wiesbaden, 18 Okt. Vor dem kgl. Amtsgericht fand heute die dritte Ver­steigerung der zur Konkursmasse der Aktien­gesellschaftWiesbadener Badeetablissement" gehörenden, auf insgcsammt 2 300 000 Mk. geschätzten Immobilien statt. Nachdem zu den beiden ersten Versteigerungen kein Bieter er­schienen war, wurde auf Antrag des Justiz - rats Or. Siebert als Vertreter der Preuß. Bodenkretit-Aktienbank diese dritte Versteiger­ung anberaumt. Auch die Württemb. Hypo­thekenbank ist mit einer Forderung beteiligt. Ein zahlreiches Publikum hatte sich eingefun­den. Leztbietender blieb Bauunternehmer Phil. Helfmann in Frankfurt a. M. mit 1 105 000 Mk., welchem Gebote der Zuschlag erteilt wurde.

Bremen, 18. Okt. Vor der Enthüllung des Kaiser-Denkmals hielt Bürgermeister Pauli eine Ansprache, worin er hervorhob, das Denkmal sollte uns und unsere Enkel ge­mahnen an den Gründer des Reichs, den er­habenen Kriegs- und Friedensfüesten, welcher in fernen Zeiten als einer der Lieblinge des Volkes in der Sage fortleben werde gleich einem Karl und Barbarossa. Der Bürger­meister begrüßte darauf den Kaiser als den Erhalter und Fortsührer des Werks seines Großvaters und schloß mit einem Hoch auf den Kaiser.

Paris, 17. Okt. In dem Augenblick, da die russische» Offiziere w'e im Triumph Paris durchzogen, traf heute Vormittag die Nach icht von dem Todedes Marschaus Mac Mahon, Herzogs von Magenta ein. Marie Patrice Maurice de Mac Mahon, Herzog von Magenta, war geboren am 28. November 1808 zu Sully bei Autn» als öproß einer nach dem Sturze der Stuarts nach Frankreich ausgewanderten irijchen Fa­milie. In seinem 22 Leöensjahre ging er als Hnsaren-Lientenant nach Afrika, kam auf ein Jahr »ach Frankreich zurück und blieb dann lange Jahre in Algier. Bei dem Sturm auf Konstantine 1837 zeichnete sich Mac Mahon ans und erhielt drei Jahre später ein Jäger-Bataillon. 1848 wurde er Brigade­general und Gouverneur de, Provinz Oran und dann der Provinz Konstantine. 1852

wurde er zum Divisionsgeneral befördert, kehrte drei Jahre später nach Frankreich zu­rück und nahm am Krimkriege teil. Nach dem Sturm auf den Malakow wurde er Senator. Nach Beteiligung an den Kämpfen gegen die Kabylen zog er in Italien als Befehlshaber des II. Armeecorps gegen Oesterreich zu Felde, wo er 1859 für de» rechtzeitigen Vorstoß auf Magenta in der Schlacht des 4. Jniii den Tire! einesHer­zogs von Magenta" erhielt. Im Kriege gegen Deutschland führte er den Oberbefehl über den auf Straßburg sich stützenden rechten Flügel der französischen Aufstellung. Bei Wörtb wurde er nach äußerst tapferem Widerstande besiegt, indessen gelang ihm der Rückzug über Zabern nach Chalons, wo er ein Heer von 120000 Mann sammeln konnte, welches er auf Befehl von Paris gegen Metz zum Entsatz von Meß führen sollte. Er wurde jedoch »ach Sedan abge- drängt, wo er am Morgen des Schlachttages schwer verwundet wurde und den Oberbefehl an Ducrot abgeben mußte. Nach dem Kriege befehligte er das Heer derVersaillais" gegen die Kommune. Nachdem Thiers als Präsident der Repnblick am 24. Mai 1873 gestürzt worden war, übernahm Mac Mahon das Amt, das er bis zum 30 Januar 1879 inne hatte. Seit seinem Rücktritt von der Präsidentschaft der Republik lebte er in größter Zurückgezogenheit in Paris und auf seinen Gütern im Loiret und schien sich für die Politik gar »icht mehr, dagegen bis an sein Ende sehr lebhaft für militärische Dinge zu interessieren. Als Präsident der Republik hatte er Schulde» machen müsse», die schwer auf seinen Gütern lasteten und welche er als treuer Familienvater zu tilge» bemüht war.

Am 18. Oktober waren es 80 Jahre, daß die große Völkerschlacht bei Leipzig ge­schlagen worden: in 3tägigem heißen Ringen wurde der korsische Eroberer von den Alliirten überwältigt; seine Niederlage war eine voll­ständige, aber eine teuer erkaufte; 40,000 Mann hatten auf Secken der Verbündeten in den Tagen des 16., 17. und 18. Okt. ihr Leben lassen müssen. Aus dem weithin aus­gedehnten Leichenfelv ragten die Brandstätten von über 20 Dörfern empor; entsetzlich war das Los der Verwundeten, die mit Toten zusammenliegend, um Hilfe jammernd, vor Frost und Nässe zitternd umherlagen, um in den Spitälern, die in Eile hergerichtet wurden, notdürftig verbunden zu werden und dann am , Ende doch den Qualen des Hungers und des Durstes zu erliegen. Ja, der Sieg war teuer > erkauft und die 3 Monarchen von Rußland,