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Verwundeten beläuft sich auf 700. Man be« er nüt der Anfrage wollen? Jedenfalls ver­pachtet das Vorgehen der Berner Arbeiter § langte das Telegramm eine sofortige Antwort

gegen die Italiener als förmlich geplant. Ein Berichterstatter schreibt: Ich selber hörte einen Arbeiter sagen: Wir waren schlecht organi­siert, wir hätten den Polizisten die Waffen aus den Händen reißen sollen!" Die Eidge­noffenschaft hat Bern vorläufig mit Bundes­truppen unterstützt, die morgen wieder ent­lasten werden sollen, da der Kanton Bern Ruhe und Ordnung in der Stadt Bern mit­telst eigener Truppen aufrecht zu erhalten ge­denkt. Der Bundesrat hielt um 10 Uhr wegen des Krawalls eine Sitzung.

Lond on, 21. Juni. Am 28. Juli wird der Prinz von Wales die Grundsteinlegung der neuen Hafenanlagen von Dover vorneh­men.

Madrid, 21. Juni. Gestern abend stürzte ein großer Zirkus ein, wobei viele Personen verschüttet wurden. Die Zahl der Toten ffl noch nicht bekannt.

New york, 21. Juni. Nach einer Mel­dung des Bureau Reuter entgleiste im Park- villetunel zwischen Brooklyn und Coney-Jsland gestern ein Zug mit 1000 von den Sheaps- headbayrennen zurückkehrenden Paffagieren. 3 Personen sind tot und ungefähr 100 ver­wundet. Das Unglück soll ein eingeschlafener Elsenbahnwärter verschuldet haben. Auf der gleichen Bahnstrecke kam gestern eine andere Entgleisung eines von einem Wettrennen kommenden Zuges bei Long-Jsland vor.

Lokales.

Wildbad, 14. Juni. Hr. Stadtpfarrer Dr. Braig hat einen Ruf nach Münster er­halten auf den Lehrstuhl für Dogmatik und Apologetik. Er ist Verfasser mehrerer philo­sophischer und dogmatischer Schriften.

. Der bekannte Harfenkünstler Adolf Sjöden, welcher den Lesern unseres Blattes durch das Concert, welches er am 13. Nov. ». I. in der hiesigen Stadtkirche gab, noch be­kannt sein dürfte, ist im Spital zu Biel ge­storben.

Tntkrhalkndes.

Wur ein Modell.

Nach dem Englischen

(Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Lächelnd und mit einem Glanz in ihren Augen, der deutlicher als alle Worte ihre Liebe ausdrückte, hatte sie bei ihm verweilt, als sie aber gegangen und in ihrem Stübchen allein war, fing sie still aber bitterlich an zu weinen.Der Arme, der Arme!" flüsterte sie;welch furchtbares Verhängnis! Er muß arbeiten, oder vor Diangel sterben, u»o doch ist ewige Finsternis und die Nacht der Ver- zeiflung ihm sicher, wenn er arbeitet."

Es war einige Tage später. Richard faß in seinem Atelier und dachte eben nach, ob wohl irgend einer der maßgebenden Be­sucher der Ausstellung auf sein Gemälde einen teilnehmenden Blick geworfen habe, als der Bote ihm ei» Telegramm mit bezahlter Rück­antwort brachte.Welches ist der Name und die Adresse," so lautete es,der Dame, die zu dem Bilde Clara Jngelow gesessen? Mark Folliott, Bedsörd Row." Mark Folliot? Jedermann kannte ihn; er war der Sachwalter der halben Aristokratie und außer­dem in der Künstler- und Theaterwelt sehr populär. So hatte er denn natürlich auch die Ausstellung besucht. Aber was konnte

und Richard gab sie auf.

Am nächsten Morgen erschien Marie, und an dem erhöhten Rot ihrer Wangen konnte man erkennen, daß sie sich in ungewöhnlicher Aufregung befand.Lwber Richard," be­gann sie unmittelbar nach ihrem Emtritt, als wolle sie etwas, das ihr schwer falle, anszusprecken, recht schnell und h-rzhast er­ledigen,ich weiß, ich bin em unverschämtes Ding, so zu reden, aber ich denke ich denke es wäre am besten, wenn wir uns gleich heirateten. Siehst Du, dann könnte ich doch aus Dich acht gebe» und da­für sorgen, daß Du nicht arbeitest." Mach' keinen Scherz, altes Mädchen," sagte Richard mit zitternder Stimme;ich chabe eS mir längst überlegt und weiß, daß es meine Pflicht ist. Dich freizugeben, da ich nicht einmal die Aussicht habe, mich selbst zu erhalten, geschweige denn noch eine Familie." Und wenn ich mich nun weigere, frei zu sein?"Ich muß leider darauf bestehen." Gut, dann verklage ich Dich und fordere Entschädigung, wegen Bruch des Ehever­sprechens."

Richard war durchaus nicht in der Stunm- ung, zu scherzen, und sah zum Fenster hin. Im nächsten Augenblicke war Marie bei ihm, umschlang ihn zärtlich mit den Armen und schmeichelte:O die unartige Marie, Dich so zu plagen! Garstige Marie! Aber ihren Willen muß sie doch haben! Und nun be­gann sie dem Geliebten mit all' dem über­zeugenden Ernst ihrer süßen Stimme aus­einanderzusetzen, wiehoffnungslos, wiedürstig ihre eigene Lage fei, wieviel leichter der Kamps ums Dasein für beide sei» würde, wenn sie ihn zusammen beständen, Seite an Seite, er ihr Schutz und Anhalt bietend, sie ihn pflegend und für ihn arbeitend, und ibn überwachend, bis die böse Zeit vorüber sei und er wieder thätig sein könne. In be­weglichen Worten schilderte sie ihre jetzige Verlassenheit, als eine unschätzbare Wohlchat für sie selbst wußte sie es hinzustellen, wenn sie als Richards Gattin sei» Heim, seine Sorgen und Erholungen teilen dürfe, wenn es ihr gestattet wäre, das kostbare Augen­licht nicht vor dem Untergange zu schützen und sich so für eine nicht allzu ferne Zukunft den berühmten Gemahl zu sichern. Welcher Mann, dessen Herz unaussprechlicher Liebe an einem Weibe hängt, hätte wohl solcher Beredtsamkeit wiederstehen können?" Richard vermochte es nicht, und so sehr hatten die Worte der Geliebten ihn überzeugt und selige Hoffnungen in ihm erweckt, daß er alle seine Bedenken vergaß nnd freudig mit Marie die Schritte besprach, die zu ihrer Vereinigung gethan werden mußten. Nun die beiden einmal einig waren, wollten sie auch so schnell wie möglich verbunden sein, daher trafen sie sofort die nötigen Vorbe­reitungen, besorgten die Anmeldungen und Gesuche und wanderten gemeinsam zu den Aemtern und Behörden, die bei der Ehe­schließung in Betracht kamen. Mit einer Befriedigung, als handle es sich um das verheißungsvollste Bündnis, nicht um die Ehe eines Malers, der nicht malen durfte, mit einer blutarmen Waise, traten sie den Rückweg an, und znm ersten Mal erlaubte sich Richard, seine Braut bis in ihre Wohn- ung zu begleiten.(Schluß folgt.)

bestätigtes Lob hat die.Exped. d. Bl. eirigesehen üver iollLINj.^abLk bei ö Ssokvk'in I Seelen a. Harz.

1V Psd. lose im Beutel 8 Mk. fco.

Z)er flinke Mcrtev.

Der Marquis de l'Etoriöre war zu seiner Zeit der schönste Mann in Baris und Offi­zier der Musketiere der Königin Anna. Er wurde seiner Adonisgestalt wegen allgemein bewundert, war ein Liebling der Damm und hatte natürlich selbst von seiner unwidersteh­lichen Schönheit die höchste Meinung. Eines Tages befand er sich in der Kirche in der Mlttagsmesse und war durch ein Ungefähr in die Mitte der dichten andächtigen Menge ge­raten. Plötzlich fühlte er von der Seite ein so eigenes Drängen, daß er sich unwillig gegen den Drückenden umwandte. Wollten Sie, mein Herr," begann dieser, sofort ihn anzureden,nicht die Güte haben, Ihr Ge­sicht einige Minuten nach der andern Seite zu wenden ?"Warum das, mein Herr ?" O, ich bitte, verlangen Sie das nicht zu wissen?"Nicht zu wissen, weshalb ich mein Gesicht nach der anderen Seite wenden soll? Ich finde dies kurios, mein Herr!" Es ist ein Geheimnis, mein Herr!" Ge­heimnis oder nicht! Reden Cie endlich, was soll es?"Nun denn, mein Herr! Eine schöne Dame wünscht in aller Stille Ihr Porträt zu haben und der Maler, der mit dessen Ausführung betraut ist, sitzt dort oben auf der Empore linker Hand. Ich bin sein Gehilfe und er erteile nur eben Winke, Sie zu der für die Abnahme vorteilhaftesten Stellung zu veranlassen. Der geschmeichelte Marquis zweifelte um so wemger an der Wahrheit dieser Angabe, als er wirklich auf dem bezeichnetcn Platze der Empore einen wohlgekleideten Mann sah, welcher die Augen unverwandt auf ihn heftete und über ein Papier eine Reißfeder bewegte. Voller Ent­zücken, abermals eine Eroberung gemacht zu haben, giebt er sich also alle Mühe, unverrückt in der gewünschten Stellung zu verbleiben. Nach einigen Minuten flüsterte ihm sein Nach­bar zu:Den schönsten Dank, mein Herr! Genieren Sie sich jetzt nicht weiter! Es ist geschehen!" Ah, mein Herr!" antwortete der Marquis,das nenn' ich einen flinken Maler!" Der Gehilfe des Malers verliert sich im Gedränge, der Maler selbst verschwindet von der Empore und der Marquis, der nach seiner goldenen Dose greifen will, vermißt so­wohl diese als auch Börse und Uhr, Busen­nadel, selbst die Treffen feines Nockes sind abgctrennt. Schlaue Taschendiebe hatten seine Eitelkeit benutzt, ihn mit leichter Mühe zu bestehlen.

Von der deutschen Kriegsmarine. Un­ter den Mannschaftsbeförderungen vom 1.. d. M. befindet sich auch ein Württemberger namens Robert Obermüller, der zum Bootmanns-Maat vorgerückt ist. Der­selbe trat mit 15 Jahren als Schiffsjunge in die k. Marine ein und hat jetzt bereits 8 Jahre der interessantesten W-'streifen hinter sich. Auf den Samoa-Inseln weilte er 16 Monate und nahm dort an den verschiedenen Gefechten gegen die wilden Samoaner rühm­lichen Anteil. Bei der fürchterlichen Kata­strophe am 16. März 1889 im Hafen zu Apia (Samoa-Inseln) ging er mit seinem KriegsschiffeAdler" unter, rettete sich aber durch 34stündiges Schwimmen im Kampfe gegen die haushochgehenden Wellen. Dem braven und tüchtigen 24jährigen Seemanne, der sich augenblicklich mit dem Kadettenschul­schiffStosch" auf einer Uebungsreise nach Schweden und Norwegen befindet, ist eine fernere gute und glückliche Laufbahn zu wün- ischen-