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Amts- und Aiyeigc-Dlatt für Vitddad und Umgebung.

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Uro. 28.

Scrrnstag, II. März 1893.

29. lakiMlig.

Württemberg.

Stuttgart, 7. März. Wie aus Inns­bruck von befreundeter Seite geschrieben wird, hat der dortige Theaterdirektor Kiedaisch jr., Sohn des früheren hiesigen Hoftheater-Jnten- danten Geh. Hofrats Kiedaisch, das Weite ge­sucht uno 80 000 Mk. mitgenommen.

Stuttgart, 8. Marz. Einer unserer thätigsten Mitbürger, ein Geschäfsmann mit umfassender Wirksamkeit, ist nach längerer Krankheit heule früh gestorben: Komm.Rat Wilh.Koh lhammer. Er gehörte ursprünglich dem Notariatsfach an und arbeitete seiner Zeit bei dem damaligen Gerichtsnotar Keller; 1866 erwarb er die Rümelin'sche Buchdruckerei. Die Verbindung eines ausgebreitetenVerlagsgeschäfts mit derselben eröffnet« K. durch den Druck von Formularien für alle möglichen Rechtsgeschäfte; darin schloß sich allmählich ein umfassender Verlag, hauptsächlich die sogen. Württembergica in sich begreifend: Gesetzesausgaben, Kommen­tare, wlssenschaftl. Werke, nach und nach Werke von Würtümbergern aus andern Wissenschaften und der schönen Litteratur. Eine Reihe von Zeitschriften schloß sich an. Kohlhammer war bei verschiedenen gemeinnützigen Bestrebustgcst thätig; er war Vorstand des Obstbauvereins, Vorstandsmitglied des Deutschen Buchdrucker­vereins, auch einige Zeit Mitglied des Bürger­ausschusses. Eine hervorragende Thätigkeit widmete er der Deutschen Partei als Mitglied des Landes- wie des Stuttgarter Ortsaus­schusses. Sein praktisches Geschick, insbeson­dere in der Organisation der Wohlthätigkeit, wurde von allen Parteifreunden hochgeschätzt. Jahrelang führte er die Kassengeschäfte des Landesausschusses. In all den geschilderten Verhältnissen wird sein früher Tod eine schmerz­liche Lücke lassen.

Vom Staatsministerium ist nach dem St.A. dem Präsidium des ständischen Aus­schusses der Entwurf eines Gesetzes, betr. die Entschädigung für an Maul- und Klauenseuche gefallenes Rindvieh,, zur weiteren Behandlung übergeben worden.

Reutlingen, 8. März. Die leidige Unsitte der Kinder, sich an Chaisen und Ge­fährte anzuhängen, hat gestern nachmittag hier wieder ein schreckliches Unglück zur Folge gehabt. Das vierjährige Söhnchen des Wirt­schaftsführers Wörner sprang in der Metzger­straße dem Gefährt eines hiesigen Arztes nach, geriet dabei in die Speichen eines Rades und es wurde dem bedauernswerten Kleinen ein Fuß am Knie buchstäblich vom Leibe gerissen. Als man das sich am Boden wälzende Kind aufhob, lag der Fuß, noch im Schuh steckend, einige Schritte davon entfernt. Auch am Kopf

hat das Kind, das nun zeitlebens ein Krüppel ist, Verletzungen davongetragen.

Calw , 6. März. Gestern, Freitag abend hielt Dr. Eberhard Fraas von Stuttgart im Georgenäumssaale hier einen Vortrag über Blicke in die Urwelt mit besonderer Beziehung auf die Bildung des Schwarzwaldes. In an­schaulichem, gewandtem Vortrag führte der Redner die zahlreiche Zuhörerschaft von dem dunkelsten Grau der Urzeit, da als erste feste Rinde unseres Erdballs der Gneis und Granit sich bildete, in die Periode, in der ein ge­waltiges Binnenmeer unser Vaterland bedeckte und die Schichtgebirge sich ablagerten, die zahlreiche Uebeireste der damangen Pflanzen- und Tierwelt übermitteln. Es folgte die letzte, an die Jetztzeit heranragendc Periode der Eis­zeit, in der unser Schwarzwald ein Bild ge­boten haben mag, wie es im Kleinen der ver­flossene strenge Winter vorgeführt hat. In eisfreien Gegenden entfaltete sich eine Pflanzen­welt ähnlich der heutigen, mächtig entwickelte Tiere belebten die Wälder und zum erstenmal trat der Mensch auf, den Kampf ums Dasein mit den einfachsten Waffen aus Holz und Feuerstein siegreich führend. Heute steht der Schwarzwald als ein schönes und prächtiges Gebirge Deutschlands vor unseren Augen.

Nagold, 7. März. Die projektierte elektrische Beleuchtung der hiesigen SHdt wird jetzt verwirklicht. Beide bürgerlichen Kollegien haben die nötigen Kosten genehmigt. Dieselben kommen nur wenig höher als die Auslagen für die seitherige Beleuchtung. Außer der Verwaltung der Stadt haben sich auch noch viele Private entschlossen, Abnehmer der übrigen Elektrizität bei Klingler und Barthel zu werden. So werden nun bald unsere Straßen, ver­schiedene Gasthöfe und Kaufläden rc. in elek­trischem Lichte strahlen. Auch Altensteig tritt der Frage elektrischer Beleuchtung nun näher. Der Kauf des Wasserwerks für die dortige Filialanstalt der Werneranstalt Reut­lingen wurde in der Jahresversammlung ge­nehmigt, und handelt es sich nur noch darum, daß sich die nötige Anzahl Abnehmer für elek­trisches Licht findet, woran wohl nicht zu zweifeln ist.

Ulm, 8. März. Heute vormittag waren die Staatsanwaltschaft, das Untersuchungsge­richt und die Polizei wieder am Thatort des Mordes. Man hat jetzt Verdacht auf eine bestimmte Persönlichkeit und es sollen die Fußspuren, von denen genaue Abdrücke ge­nommen worden sind, Anhaltspunkte geben.

Ravensburg, 8. März. In der Klag­sache des Ulmer Gemeinderats gegen den R. Anw. Albert Mayer in Ulm wegen Beleidi­gung wurde heute vorm. 9 Uhr das Urteil

verkündigt; es lautet auf 300 Mk., Tragung aller Kosten und das Recht der Urteilsver­öffentlichung in den beiden Ulmer Blättern.

Bibcrach, 8. März. Verflossene Nacht wurde auf dem hiesigen Bahnhof eingebrochen. Der Thäter hat eine Fensterscheibe mit einem mit Teig überstrichenen Tuch überlegt und dann durchgedrückt. Durch das Zimmer des Bahnmeisters drang er in das der Bahnhof- verwaltung ein, durchsuchte alles, fand aber kein Geld. Ein liegen gebliebenes Tuch, B. gezeichnet, dürfte Anhaltspunkte geben, den Einbrecher zu entdecken.

Rundschau.

Pforzheim, 7. März. In der letzten Generalversammlung des Konsumvereins konnte daS Ergebnis festgestellt werden, daß der Ge­schäftsbetrieb einen Umsatz von über 400 00V Mark zu verzeichnen hatte, so daß den Mit­gliedern eine Dividende von 9'/r°/o für dieses Jahr gewährt werden kann.

Karlsruhe, 8. März. Viel besprochen wird die Entführung der Tochter eines hiesigen angesehenen Wirts durch den Sohn eines hiesigen Metzgermeisters. Ein Verhältnis zwischen Beiden bestand schon seit einiger Zeit, wurde aber von den Eltern des Mädchens aufs entschiedenste bekämpft, weil er Israelit, sie dagegen Christin ist.

Karlsruhe, 7. März. Das Ausscheiden des Staatsministers Turban und des Finanz­ministers Ellstätter wurde genehmigt. Die Neuernennungen werden heute Abend publiziert werden.

Berlin, 7. März. DerVossischen Zeitung" wird aus Rom gemeldet, der Papst spreche in dem Briefen welcher General v. Lo« dem Kaiser überbrachte, in Ausdrücken des höchsten Lobes über das sozialpolitische Wirken des Kaisers und spreche den Wunsch aus, stets mit dem Kaiser für das Wohl Deutsch­lands thätig sein zu können.

Lübeck, 9. März. Der Lübecker Dampfer Ostsee" ist gestern Mittag um 12 Uhr auf der Fahrt nach Libau im Eis gesunken. Der Steuermann und 6 Mann wurden vom Dampfer Rußland" gerettet. Das Schicksal ver übrigen 7 Schiffsleute ist noch unbekannt.

Dar esSalaam, 8. März. Bei Uni- angwira aus dem Wege von Mpwapwa nach Tabora fand ein siegreiches Gefecht der kaiserl. Schutztruppe statt. Die befestigte Tembe des Häuptlings Masenta wurde nach zähem Wider­stand unter bedeutendem Verluste des Feindes erstürmt. Dieseits ist Feldwebel Erttel gefallen, Lieutenant Bothmer leicht verwundet, 10 Askaris wurden teils getötet llils verwundet.