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Uro. 17.

Samstag, II. Asörrrav 1893.

29. talifgang.

Wocherr-Rim-schau.

Herzog Alb reckt von Württemberg ist mit seiner Neuvermählten Gemahlin letzte» Montag bei schönstem Wetter in Stuttgart eingczogen und wurde am Bahnhof von dem König, dem Herzog Philipp, dem Prinzen Weimar, dem Herzog und dem Fürsten von Urach begrüßt. Der König geleitete die junge Herzogin, welche den Stuttgartern außerordentlich gefällt, bis an den Wagen, in welchem die Neuvermählten zunächst nach dem Wilhelmspalast fuhren, um dort die Königin zu begrüßen, und dann in ihr festlich geschmücktes Heim im Kronprinzenpalais ein- zogen. Zu Ehren des Neuvermählten Paares werden mehrere Hoffestltchkeiten abgehalte», wasder Stuttgarter Geschäftswelt erwünschte n Verdienst bringt. Die strenge Kälte im vorigen Monat hat, wie sich herausstellt, den Obstbäumen doch bei weitem nicht so sehr geschadet, als man befürchtet hatte. Von einer Wiederholung des Bäume ver­heerenden Frostschadens im Winter des Jahres 1879/80 ist also keine Rede; um so schlimmer stellt sich der Schaden heraus, de» der Frost an den Weinreben angerichtet hat. Der bekannte Rechtslehrer in Tübingen, Land- gerichtsrat a. D. Louis Gaupp, hat letzten Montag in Stuttgart eine Rede über die Verfassungsrevision bezüglich einer ander­weitigen Zusammensetzung der württember- gischen Volksvertretung gehalten. Er machte verschiedene Vorschläge, u. A. will er die erste Kammer aufheben, dagegen in der 2. Kammer eine Anzahl der in Württemberg ansässigen ade­ligen Großgrundbesitzer belasse», bezw. neu ein- sühren. DieHaudelskammern sollen Vertreter der Industrie wählen, die Gemeinderäte der Städte mit mehr als 10000 Einwohner gleich­falls besondereVertreter,de» christlichenKirchen und dem akademischen Senat, ferner Ver­tretern der Kunst und Wissenschaft und auch solchen der Arbeiter will er den Stuttgarter Halbmondsaal öffnen; daneben sollen aber auch alle 64 Oberämter auf Grund des bisherigen allgemeinen Stimmrechts ihre Abgeordneten weiter wählen. An den kauf­männischen und gewerblichen Mittelstand, der doch gewiß auch ein Recht für besondere Abgeordnete hätte, wurde von Herrn Gaupp gar nicht gedacht. Wenn man doch einmal die Verfassung revidieren will, dann dürfte sich eine gründliche Arbeit empfehlen.

Der deutsche Reichstag verhandelte in der letzten Woche vier Tage hindurch die Frage, wie ein sozialistischer Musterstaat etwa aussehen könne. Die Sozialdemokraten kamen bei dieser Redeschlacht furchtbar ins Gedränge. Wer die Auseinandersetz­

ungen der Redner verschiedener Parteien, wie Richter von der Freisinnigen, Bachem vom Zentrum, Stöcker von der Konserva­tiven, Böttcher von der Nationalliberalen und Stumm von der Reichspartei gelesen hat, muß zugeben, daß die Sozialdemokratie, blos einreißeu aber nicht aufbauen kann und daß ein sozialistischer Staatsorganismus schlimmer wäre als ein Zuchthaus. Alle Redner konnten sich auf sozialistische Auto­ritäten und deren Bücher berufen und der Versuch der Sozialdemokraten, ihre Gegner als Leute hinzustellen, welche von den Be­strebungen der Sozialdemokraten keine Kennt­nis hätten, mußte deshalb von vornherein mißlingen. Um ihre furchtbare Niederlage einigermaßen zu maskieren, behaupteten die sozialistischen Redner schließlich, die ganze Debatte sei nur zu dem Zweck veranstaltet worden, um schließlich die Mtlitärvorlage doch annehme» zu können. Die Ansrede ist herzlich schlecht; man weiß wenigstens noch immer nicht, was aus der Militärvor­lage werden wird. Der Unterausschuß der Militärkommission hat der letzteren zwar einen Bericht erstattet über die zu erwarten­den Posten für die Kasernierung der neuen Mannschaften, falls die Militärvorlage selbst angenommen würde. Aber daraus läßt sich noch kein sicherer Schluß ziehen, weder nach der einen noch nach der andern Richtung.

Der österreichische Ministerpräsident Graf Taaffe soll sich mit dem Gedanken tragen, den österreichischen Reichsral aufzu- löse»; ein anderer Ausweg wird ihm auch wohl kaum übrig bleiben, nachdem mit Aus­nahme der polnischen Fraktion alle übrigen Parteien des Rejchsrats sich geweigert habe», der von Taaffe angestrcbten Mehrheitspartei beizutrete». Daß etwaige Neuwahlen auch kein besseres Resultat erzielen werden, läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit voraussehen. Aber Graf Taaffe ist niemals um Ausreden und Mittel verlegen, wenn es gilt, sein Portefeuille festzuhalten.

Während der Pariser Untersuchungs­richter noch letzter Tage aukündigte, er werde auf Grund der Aufzeichnungen in einem aufgefundenen Notizbuche Artons die Anklage gegen eine ganze Reihe von we.teren Abge­ordneten und Senatoren erhebe», sobald Arlon, der gegenwärtig in Deutschland um­herreise,i soll, ve,haftet sei, wird alle Welt und am allermeisten die französische selbst durch den Be,chluß der Pariser Anklage­kammer überrascht, wonach fast sämtliche bisher angeschuldigten Parlamentarier, vor allem Rouvier, der Schützling Rothschilds, außer Verfolgung gesetzt werden. Damit gesteht die französische Negierung ein, daß

sie selbst nicht rein ist und daß in Frank­reich noch immer das Geld über Recht und Moral triumphiert. Die Oppositions­presse, voran der Pariser Figaro, machen freilich der Regierung die Hölle sehr heiß, aber wenn auch das heutige Kabiner gestürzt würde, so kämen eben andere Panamisten an dessen Stellt.

Das englische Parlament hat sich bis jetzt mit Adreßdebatten und Erörterungen über die Notlage der englischen Landwirtschaft beschäftigt, wobei für letztere nichts heraus­kam. Nun wird wohl nächstens die Home- rule-Vorlage auf die Tagesordnung gesetzt werden, bei welcher es erbitterte Kämpfe geben wird.

Die griechische Insel Zante ist durch wiederholte langdauernde Erdbeben furchtbar heimgesucht worden, ^/s per gleichnamigen Hauptstadt liegen in Trümmern, 60 000 Menschen sind obdachlos und da die Erd­beben fortdauern, macht sich bereits die Be­fürchtung geltend, die ganze Insel könnte untergehen.

Die Cholera, welche in Deutschland nicht ganz erlöschen will, ist nun plötzlich wieder auch in Marseille aufgetreten und zwar mit großer Heftigkeit, ebenso in russisch Polen. Wie mag da erst der Sommer sich gestalten!

Württemberg.

Stuttgart, 7. Febr. Gestern Mittag hat das Neuvermählte Paar, Herzog Albrecht von Württemberg und seine Gemahlin (Erz. Herzogin Margarethe Sophie von Oesterreich) bei prachtvollem Wetter seinen Einzug gehalten. Am Bahnhof wurde cs vom König, den Prin­zen, den Hofstaaten, dem Diplomaten-Korps, der Generalität rc. empfangen. Von hier bis zum Kronprinzen-Palais, der Wohnung der Neuvermählten, bildete eine tausendköpfige Menge Spalier.

Stuttgart, 7. Febr. Der 11. Bun­destag des württembergischen Kriegerbundes wird nach den getroffenen Bestimmungen am 22. Mai (Pfingstmontag) in Eßlingen ab- gehalten werden. Der nächste Abhaltungsort wird aus dem Donaukreis gewühlt werden.

Stuttgart, 8. Febr. Geheimrath Dr. v. Steinbeis, welcher viele Jahre hin­durch das Amt eines Präsidenten der Central­stelle für Handel und Gewerbe bekleidete und in dieser Stellung sich um die württcmbergi- sche Industrie viele Verdienste erworben hat, ist nach einer hier eiugetroffcnen Nachricht in der vergangenen Nacht zu Leipzig gestorben.

Namens der Stadt Stuttgart über­brachte heute der Stadtvorstand Rümelin