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liche Zundelthörchen aus der Stadt. Eine! Frau sah ihn herabspringen, erstattete aber merkwürdigerweise nicht sofort Anzeige. Klein soll am Donauufer entl'ng in der Richtung nach Thalfingen gelaufen sein. Die Flucht soll ihm dadurch erleichtert sein, daß er aus Vergünstigung nicht Sträflings-, sondern Zivilkleidung trug.
Illm, 20. Aug. Der letzten Donnerstag früh aus dem hiesigen Amtsgerichtsgefängnifse entwichene Zuchthausgefangene Klein hat sich laut einer heute Mittag 1 Uhr bei der hies. Staatsanwaitschaft eingelaufenen telegr. Meldung heute früh in Nördlingen dem dortigen Gerichte gestellt. Kl., welcher ohne jede Baar- mittel hier ansgebrochen ist, wird heute Abend um 7 Uhr von Aalen her eingeliefert werden.
N » n d s Ä a tt.
Karlsruhe, 20. August. Bei Gefechtsübungen der Infanterie der Karlsruher und Durlacher Garnisonen ist infolge Hitzschlags ein große Anzahl Soldaten gefallen. Man verzeichnet 4 Todesfälle und viele Schwerkranke.
Schwenningen, 20. August. Es kursieren falsche Einmarkstücke. Dieselben sind von Blei, haben eine ganz matte Prägung und tragen die Jahrzahl 1876 und den Buchstaben 1?.
Mannheim, 19. Aug. Hier kamen zwei Fälle von Odolsra uostras vor. Einer der Erkrankten befindet sich auf dem Wege der Besserung. — Infolge der Hitze sterben viele Kinder.
Irankfurt a. M., 18. August. Die Schriftstellerin Frau Elise Heule, Verfasserin des preisgekrönten Lustspiels „Durch die Intendanz" und anderer Theaterstücke ist heute vormittag 10 Uhr hier gestorben.
Aerkin, 17. August. Hinsichtlich der neuen Bestimmungen über die Sonntagsruhe dürfte, wie die nat.-lib. Korr, hört, ein Antrag auf Abänderung seitens des Bundesrats zunächst nicht zu erwarten sein; man will erst eingehende Erfahrungen abwarten. Voraussichtlich werden aber die vielfachen Klagen über die nachteiligen Wirkungen dieser Gesetzesbestimmungen und die in zahlreichen Fällen zu Tage getretenen Ungerechtigkeiten, Härten, Widersprüche und Willkürlichkeiten in der praktischen Handhabung im Reichstag eingehend zur Erörterung kommen.
Potsdam, 19. August. Bei dem gestrigen Parademahl brachte der Kaiser einen Trinkspruch aus, worin er erklärte, cs gerciche ihm zur größten Freude, daß der Ehrentag des Gardekorps mit dem Geburtstag des Kaisers Franz Josef zusammenfalle, der als leuchtendes Vorbild militärischer und Herrschertugenden, sowie edelster Pflichterfüllung hervorrage. „Das Bündnis zwischen Kaiser Franz Josef und mir ist der sicherste Horr des europäischen Friedens." Der Kaiser schloß mit einem dreifachen Hoch auf Kaiser Franz Josef.
Karis, 19. August. Die übermäßige Hitze dauert fort, neue Fälle von Sonnenstich werden gemeldet. Bei einem für den Markt in La Billette angelangten Viehtransporte sind 100 Stück Rindvieh und 300 Schweine durch Hizschlag gefallen und tot im Eisenbahnwagen aufgefunden worden. Die Werkstätten der Kanonengießerei in Bourges wurden wegen der großen Hitze geschlossen.
ZlashvMe (Tennessee), 17. Aug. Heute nacht geschah ein neuer Angriff von 1700 Bergleuten auf das Gefängnis in Oliversprings. Nach verzweifeltem Kampfe, wobei 12 Personen getötet und 20 verwundet worden sind,
wurden die Wärter zurückgedrängt, 200 Gefangene befreit und über Knoxville nach Nashville geschickt.
Nakermo, 18. Aug. Der Gutsbesitzer Sangioro in Castella Mare del Golfo wurde von zehn maskierten Bewaffneten gefangen weggeführt. '
Katar««, 19. Aug. Der große Aetna- krater schleudert mit lautem Getöse eine Menge Rauch und Steine bis 160 Meter hoch.
Tntki-haltkn-kr.
Dolorosa.
Roman v. A. Wilson. Deutsch v. A. Geisel.
(Nachdruck verboten) (Fortsetzung)
Regina dankte freundlich und entzegnete, sie würde sehr gern so lange warten, worauf das Mädchen davoneilte. Regina war D das kleine Vorgärtchen getreten, um ihre Rückkehr abzuwarten unc als sie hinaus auf die Straße blickte, sah sie eine in dunkle Gewänder gehüllte schlanke Gestalt, deren Bewegungen auffällig an Olga Neville erinnerten, des Weges kommen. Die Dame trug einen dichten Schleier, aber unter demselben quollen goldrote Locken hervor, welche Regina's Vermutung neue Nahrung gaben; jetzt zog die Fremde die Klingel am Nachbarhause und schlug zugleich den Schleier zurück der — Olga's Züge verhüllt hatte. Eine unwillkürliche Bewegung, vielleicht auch ein leiser Laut Regina's, ließen Olga erschreckt anfblicken; sie legte den Finger auf die Lippen und verschwand dann im Hause, dessen Thür sich inzwischen geöffnet hatte.
Bevor sich Regina von ihrem Staunen erholt hatte, erschien das Mädchen wieder und meldete, Frau Mason sei nicht im Nachbarhaus gew'se»; Regina bestellte Grüße an Frau Mason, nannte ihren Namen und fragte daun wie beiläufig:
„Wissen Sie zufällig, wer hier nebenan im Hause wohnt?"
„Eine Familie Eggleston, gnädiges Fräulein; es soll dm Leuten nicht zum Besten gehen — so viel ich gehört, ist es eine Ma- lerfamilie."
Regina dankte und entfernte sich langsamen Schrittes; der Heimweg führte durch einen der zahlreichen Parks, welche Newyork verschönern; eine Schaar fröhlicher Kinder tummelte sich auf den freien Plätzen und warf einander mit Schneballen. Regina schaute lächelnd dem lustigen Treiben zu, als sich plötzlich eine schwere Hand auf ihren Arm legte und die derbe Gestalt eines ziemlich ärmlich gekleideten Mannes vor ihren be- stürtzten Blicken stand. Seltsamer Weise hatte Regina die Empfindung, als müsse sie diesen Mann bereits früher gesehen haben; wäkrend sie sich indessen bemühte, sich seiner zu erinnern, redete er sie an und sobald sie die rauhe Stimme vernommen, wußte sie auch daß es Hannahs Vetter war, der damals auf dem Kirchhof mit ihr gesprochen hatte.
„Guten Tag, Regina," sagte der Mann, „es ist wirklich an der Zeit, daß Du mich kennen lernst."
Die unverschämt vertrauliche Anrede machte Regina's Blut stocken; sie bemühte sich, seine Hand abzuschütteln, aber dieselbe hatte sich gleich einer Klammer um ihren Arm gelegt nnd mit höhnischem Lachen fuhr der Mann fort:
„Weißt Du, wer ich bin?"
„Ich weiß daß Sie Peter heißen und
ein böser Mensch — der schlimmste Feind meiner Mutter sind."
„Hm — die kleine Natter sticht schon! Wie ich mit Deiner Mutter stehe, meinst Du zu wissen, daß ich aber Dein Vater bin, scheint Dir nicht bekannt zu sein, ha?"
Regina erbleichte und ihre weit aufgerissenen Augen starrten entsetzt auf den Sprechenden.
„Es ist eine Lüge," stammelte sie endlich außer sich; „es kann nicht wahr sein!"
„Na, das muß ich sagen — besonders höflich bist Du nickt," knurrte der Fremde, „ein Wunder ist's sieilich nicht — hast Du mich doch niemals gesehen und Deine Mutter li.ß stch's angelegen sein. Dich im Haß gegen mich zu erziehen!"
„Meine Mutter hat mir niemals mit- geieili, wer mein Vater ist, aber daß Sie es nicht sein können, sagte mir mein Herz! Ich glaube, ich würde wahnsinnig werden, wenn ich denken müßte, ich wäre ihre Tochter! Und jetzt lassen Sie mich los, oder ich rufe eins» Polizisten zu Hülfe!"
Mit diesen Waren zog Regina ihren Arm aus den Händen des Unverschämten; er blickte sie an und meinte dann:
„Schrei immerhin — wenn der Polizist erscheint, soll er erfahren, daß Du meine Tochter bist und vaß Du Dich Deines Vaters schämst! . . . Allem Anscheine nach hat Minnie Dir auch nicht gesagt, wo Du geboren bist, Hs? Ach, daß ich's erleben muß, daß mein eigen Kind sich von mir abwendet und die Polizei gegen mich zu Hülfe rufen will!"
Bei den letzten Worten schlug seine Stimme in einen weinerlichen Ton um und er fuhr sich mit der schwieligen Hand über die Augen. Regina stand unsicher und zweifelnd vor dem Mann, der sie Tochter nannte — seine Worts trugen das Gepräge der Wahrheit — war's möglich — hatte er das Recht, sich ihren Vater zu nennen?
Blitzschnell ersah der Mann, dem Reginas Zaudern nicht entging, seinen Vorteil und mit schmerzlich bebender Stimm; fuhr er fort:
„Siehst Du, Kind — Deine Mutter verließ mich, bevor Du das Licht der Welt erblickt hattest und sie hat Dich und sich mit einem kunstvoll ersonnenen Lügengewebe umgeben. Dir hat sie vorgelogsn, Du heißest Regina Orme — schade, daß es nicht wahr ist und daß Du einfach Regina Patterson heißest!"
„Unmöglich — undenkbar," stammelte Regina verwirrt; „meine Mutter kann sich nimmer so weit vergessen haben, Sie zu lieben und Ihre Gattin zu werden! Nein
— mir sagt's eine innere Stimme — Sie sind nicht mein Vater — mein Vater muß ein anständiger Mann, ein Gentleman gewesen sein. — Und dann — weshalb sollten Sie mich so lange unbehelligt gelassen haben
— gehen Sie — ich habe nichts mit Ihnen zu schaffen!"
„So? Das wollen wir doch sehen, Einstweilen habe ich mit Dir zu schaffen, Du hochmütiges Ding — Du kannst Gott danken, wenn ich Dir nur den Namen Patterson lasse, denn wen» Du diesen nicht führen magst, besitzest Du überhaupt keinen verstehst Du mich?"
Nein," entgegnete Regina fest, „ich verstehe Sie nicht und will Sie nicht verstehen!"
„Alberne Dirne — ich werde mich mit Dir nicht auf Erörterungen einlaffe» I Leider ist unsere Heiratslicenz durch einen Blitzstrahl zerstört worden und so kann ich Dir