pfer, welcher Blessierte landete, war der „Steinmann", der die Sanitätsflagge führte. Um Ifli Uhr begab sich der Kaiser, der zuletzt am Lande der Uebung des Sanitätskorps beigewohnt hatte, in das Schloß.
Saris, 1. Juli. Die Polizei will einen Anarchistenplan zur Befreiung Ravachols aufgedeckt haben. 9 Anarchisten sollen während der Hinrichtungsvvrbereitungen zwischen das Militär und die Volksmenge zahlreiche kleine Dynamitbomben werfen, andere den Revolver gebrauchen um bis zu Ravachol vorzudringen und ihn zu befreien.
Saris, 30. Juni. Gilbert le Guay, der Expräfekt, Exministerialdirektor, Exsenator, wurde beim Verlassen des Kabinets des Untersuchungsrichters verhaftet, nachdem bei einer neuen Haussuchung bei Arton die kompromit- tierensten Papiere gefunden wurden. Da le Guay Kommandeur der Ehrenlegion ist, kommt der Prozeß vor den Appelhof.
Sofia, 2. Juli. Der gestrige Verhandlungstag des Prozesses Beltscheff ergab eine erdrückende Belastung Rußlands. Der Angeklagte Popoff legte ein vollständiges Geständnis ab, wonach die Ermordung des Fürsten Ferdinand mit Hilfe russischen Geldes geplant war. Der ehemalige Minister Karaweloff billigte den Plan.
London, 30. Juni. Während eines Festes im Kristallpallast, woran 7000 Sonnlagsschüler teilnahmen, platzte ein Luftballon in die Höhe von 100 Fuß. Die Jnsaßen stürzten herab. Der Luftschiffer Dale blieb angesichts seiner Frau und Tochter tot, zwei andere tödlich verwundet. — Die Schuhwarenfabrikanten in mehreren Städten der Grafschaft Leicester beschlossen, infolge der Zwiestigkeiten bezüglich der Verwendung von Knaben ihre Werkstätten zu schließen. 9000 Arbeiter sind hievon betroffen.
Madrid, 30. Juni. Der Ministerpräsident Canovas hat vom Kardinal Rampolla einen Brief erhalten, wonach Leo XIII. an den Festen zur 400 jährigen Feier des Christof Columbus Teil nehmen wirs. Der Papst wird die zwei berühmten Globen nach Madrid senden, die sich im Museum Borgia befinden und aus der Zeit der Entdeckung Amerikas helrühren. Dieser Sendung wird sich ein Album anschließen, das in Fotografie die wichtigsten Urkunden über die Entdeckung Amerikas, die sich im Besitz des hl. Stuhles befinden, enthält. Die Urkunden werden für die Historiker von hohem Interesse sein; es ist dies das erste Mal, das dieselben eingesehcn werden dürfen.
- — Dem „Berl. Tagbl." wird aus Sansibar depeschirt: „Der Vormarsch des Chefs Johannes nachdem Kilimandscharo stößt auf Schwierigkeiten; es ist zu einem Konflikt mit dem Häuptling Simbodja von Mafinde gekommen, letzterer nimmt eine feindliche Haltung an und verweigert die Stellung von Trägern. Chef Johannes kann in Folge dessen nicht vorwärts marschiren.
TntrchMndks.
Dolorosa.
Roman v. A. Wilson. Deutsch v. A. Geisel.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten)
Nein — niemals war die strenge Antwort.
„Aber ich weiß, daß ich hier niemals zufrieden und glücklich sein kann."
„Das bleibt abzuwarten."
„Ich bin Frau Palma antipatisch."
„Dies Haus ist das meine und ich glaube nicht, daß Sie je wieder in die Lage kommen werden, zu bezweifeln, ob Sie hier willkommen sind."
Regina hatte mehrfach, aber vergebens versucht, ihre Hand aus der Hand ihres Vormundes zu ziehen; jetzt beugte Palma sich zu ihr nieder und sagte ernst:
„Wie ist's — werden Sie vernünftig sein?"
„Ich muß wohl, mnrmelte Regina ergeben.
„Dann fügte sie sich gutwillig ins Unabänderliche — Geduld überwindet Alles."
Regina schwieg.
„Regina?"
„Fragend blickte sie ihn an.
„Es ist mein Wunsch, Sie in meinem Hause glücklich zu sehen."
„Es scheint so, murmelte das junge Mädchen bitter.
„Sie sollten höflicher gegen ihren Vormund sein, Bitterkeit und Sarkasmus sind hier nicht am Platz."
Regina fühlte, daß der Vorwurf gerecht war, aber sie schwieg und starrte finster vor sich nieder.
„Lasten Sie uns Freunde werden — versuchen Sie, geduldig und heiter zu sein."
„Ich werde mich bemühen, Geduld zu lernen — heiter und glücklich werde ich mich in diesem Hause niemals fühlen. O, wäre ich doch mit meinem teuren Onkel Hargrove gestorben — mit seinem Tode begannen meine Kümmernisse."
„Heiß und brennend rollten Thräne um Thräne über Regina's bleiche Wangen; Palma schwieg eine Weile und sagte dann sanft:
„Erzählen Sie mir von ihm — es wird Ihnen gut thnu!"
,.O nein, es würde die kaum vernarbte Wunde neu aufreißen! Früher war ich so glücklich und jetzt —"
Ein finsterer Schatten flog über Herrn Palma's Züge und er fragte hastig:
„War der jüngere Geistliche noch in V., als fein Onkel starb?"
„Nein — kur; nach seiner Abreise geschah das Unglück."
„Und welchen von Beiden vermissen Sie am meisten, Regina?"
„Beide waren mir gleich lieb — bitte, Herr Palma, geben Sie meine Hand frei — der Druck Ihres Siegelringes schmerzt."
Dunkle Glut stieg in Herrn Palma's Gesicht, als er die Spuren seines Ringes in Gestalt eines roten Males auf Regina's weißer Haut gawahite; er murmelte eine Entschuldigung und sagte dann sanft:
„Ich hätte Sie längst zu Bette schicken sollen — gestatten Sie mir nur noch einen Wink. Von den Bewohnern dieses Hauses ist Olga die Einzige, welche warmes Empfinden und entgegenkommende Freundlichkeit besitzt — sie wird es sich angelegen sei» lassen, Sie hier heimisch zu machen. Wen» Sie gegen Frau Palma zuvorkommend sind, haben Sie mit ihr gewonnenes Spiel — ich überlasse es Ihrem Takt, sich mit ihr zu arrangieren. — Was Ihr Zimmer betrifft, so bitte ich Sie, es sich ganz nach Gefalle» und Geschmack einrichten lassen zu wollen, wenn es Ihren Wünschen nicht entspricht — Hettie ist angewiesen. Ihnen in Allem zu Willen zu sein. — Dies Bibliothekzimmer, welches Ihnen so gut gefällt, bitte ich Sie, durchaus als das Ihrige zu betrachten — mag ich abwesend oder zu Hause sein, immer steht Ihne» dies Gemach > mkl. seiner Bücher zur Verfügung. Morgen
werde ich mit Ihnen über Ihre Studie«» sprechen und das Nötige hinsichtlich des Unterrichts veranlassen. — Wir werden täglich beim Diner, welches um 6 Uhr stattfindet, Zusammentreffen, wenn Sie sich nicht entschließen können, mein einsames Frühstück, welches ich Morgens um 7 Uhr einuehme, zu teilen — Frau Palma und Olga stehen erst viel später auf. — Ich hoffe und wünsche, Sie möchten sich hier zu Hause fühlen und jetzt gehen Sie zu Bett und schlafen Sie sich ordentlich aus."
„Ich danke Ihnen, Herr Palma — gute Nacht."
„Gute Nacht, Regina — vielleicht beruhigt es Sie, wenn ich Ihnen sage, daß Ajax sich sehr wohl befindet. Sobald ich nach Hause kam, habe ich ihm einen Besuch gemacht; er war reichlich mit Speise und Trank versehen und ruhte ans einem weichen Lager. Und nun schlafen Sie wohl und hatten Sie mich nicht für einen Blaubart und einen Menschenfresser — gute Nacht."
XIV. Kapitel.
„Gnädige Frau, Sie werden sich wieder über Gebühr anstrengen — wisse,, Sie nicht mehr, was der Arzt gesagt hat?"
„Ohne Sorge, Anna — ich fühle mich durchaus wohl und frische Lust hat Wunder an mir gethan.
„Aber Sie sehen so bleich aus."
„Ja, das glaube ich gern — war ich doch volle zwei Monate lang krank und anK Zimmer gefesselt. Aber heute fühle ich mich gesund und kräftig und ich sehne mich so darnach, wieder einmal hier in diesen herrlichen Anlagen auf- und abgehen zu können. Nein, bleiben Sie ganz ruhig sitzen, Frau Walter, und lesen Sie die amerikanische Zeitung — ich gehe nicht weit und werde mich vor Ueberanstrengung hüten."
Frau Walter mußte sich fügen und während sie, behaglich in ihren Sessel zu- rückgelehnt, die New-Iorker Neuigkeiten flüsterte, schritt Frau Orme langsam über die kiesbestreuten Wege des Tuiieriengartens. Seit jenem Abend, an welchem sie die Amh Robsart ,n so unvergleichlicher Weise gespielt, war sie noch eine Woche lang täglich ausgetreten und hntte das Pariser Publikum begeistert, aber nur Gott allein wußte, unter welchen Qualen dies geschah. — —
Herr Douglas hatte Wort gehalten — allabendlich saß er in der Profzeniumsloge Und seine glühenden Blicke folgten jedem Wort, jeder Bewegung der Künstlerin, welche unsäglich unter dieser unausgesetzten Beobachtung litt und deren Nerven in Folge der übermäßigen Spannung mitunter den Dienst versagte». Die Blumen und Kränze, welche bei jedem Anstreten der gefeierten Künstlerin auf die Bühne flogen, wurden vom Tbeaterdiener regelmäßig noch am nämlichen Tage in Frau Orme's Wohnung gebracht, aber seltsamerweise mußte der Mann, der für diese Mühewaltung stets eine sehr reichliche Entschädigung erhielt, immer die kostbarste» Spender wieder mitnebmen.
Die Künstlerin wußte jedesmal ganz genau, welcher Kranz oder welches Bouquet es gewesen, die ans der Proszeniumsloge auf die Bühne geflogen waren und unweigerlich schied sie diese Blumen aus und gab sie dem Diener mit dem Bemerken zurück, er möge mit denselben nach Belieben verfahren. An einem Abend, an welchem sie die Rolle der Königin Katharina in Shche- speare's Heinrich dem Achten zu spielen hatte, fühlte Frau Orme sich sehr matt und äuge-