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Korö, 18. Dez. Bauer Raible von Göttelfingen, welcher vom Forstwächter Schädler beim Wildern betroffen wurde und diesen durch einen Schuß niedergestreckt hatte, ist vom Schwurgericht Rottwcil mit 4 Jahre» Gefängnis bestraft worden.
R u n d s ch an.
Frilierg, 2S. Dez. HLie Uhrenfabri- kanten des Schwarzwaldes und die Handelsverträge.) Unter unser» Uhrenfabrikante» haben die neue» Handelsverträge große Un- zufriedenbeithervorgernfen. Die Herabsetzung des Zolles nach Oestreich und Italien bezieht sich nämlich nur auf sogenannte Schwarzwälderuhren, das heißt aus Uhren in Holz- gcstellen. Da aber nur noch wenige derartige Uhren fabriziert werden, so fällt der Borteil nur einem kleinen Teile zu, während die Mehrzahl der Fabrikanten, nämlich die von Regulatoren,Kalendcruhren,Lenzkircher-Uhren und dergl. sich mit einer winzigen Ermäßigung begnügen müssen.
Aillingen, 19. Dez. Zwei Nonnen machten in diesen Tagen in den Oberämtern Oberndorf und Rottweil viel von sich reden. Mehrere Gemeinden in der Gegend von Schramberg und Rottweil wurden durch deren Besuch beehrt. Ein oberamiliches Schreiben berechtigte die „frommen Schwestern" zum Kollektieren für ein Kloster; auch konnte man bei ihnen allerlei geweihte Sächelchen, Bilder, Kreuze u. s. w., einhandeln. In dem Orte Sulgau bei Schrambcrg wurden sogar die evangelischen Häuser mcht verschont, wo man ihnen ein Almosen gab und auf anderes verzichtete. Ausgefallen ist) daß eine von den Schwestern, während die andere in beredten Worten ihr Anliegen vorbrachte, in bescheidenem Winkel bei der Thüre sich aufpflanzte, weder „Grüß Gott!" noch Adieu!" sagte, verschämt die Augenlieder senkte und nur hie und da die Umgebung mit einem seligen Augenaufschlag begnadigte. Die Leute meinten, „die müsse noch nicht lange „Schwester" sein, da sie so „schü" (schüchtern) thue. Das Geschäft muß sehr einträglich gewesen sein, in einem Hause ließen sich die barmherzigen Schwestern 40 Gold für Nickel und Kupfer geben. Auch die Pfarrhöfe wurden aufgesucht. Einigemale übernachteten die „Schwestern" bei einem mild-
thätigen Dekan, zuletzt in einem Gasthaus der Gemeinde Lackendorf. In der Nacht hörte der Wirt in dem Zimmer der Klosterfrauen ein Zwiegespräch; eine Stimme ist ihm dabei fast etwas zu „baßig" vorgekommen und er meinte: Ich habe doch 2 Nonnen übernachtet? ! Am Morgen kamen auch richtig wieder zwei Nonnen in die Wirtsstube. Dem Wirt kam die Sache doch etwas verdächtig vor und während die Beiden selbander nach Stetten wallten, be nachrichtigte er die Polizei in Rottweil. Die Landjäger verhafteten auch die lniven. Es stellte sich bald heraus, daß die „stille" eine männliche „Schwester" war. Jetzt fielen natürlich auch daS etwas breite Gesicht, die großen Hände und langen „Sandalen" auf. Die Metamorphose war bald vor sich gegangen und das Pärchen marschierte statt ins Kloster ins Gefängnis.
Aerkin, 29. Dez. Die sozialdemokratische Partei verweigerte de» streikenden Buchdruckern e-ner Vorschuß von 20 000 Das Ende des Streikes steht bevor.
Vermischtes.
— Im Schaltjahr 1892 wird es sich > ereignen, datz Fastnacht auf Montag den 29 Februar fällt. Es ist dies eine Seltenheit, die zuletzt im Jahre 1808 vorgekommen, daher wohl von wenigen jetzt Lebenden erlebt worden ist. Haben wir diesen Fastnachtsmontag kommende» Jahres glücklich hinter uns, dann erleben wohl Wenige das sonderbare Zusammentreffen nochmals, denn erst das Schaltjahr 1960 wird dieselbe Erscheinung wieder bringen.
( Wirksamkeit des Annoncirre n s. ) 1. Juwelier: Ich habe die sicher
sten Beweise, baß man durch Anzeigen sehr schnell Resultate erzielt!" — 2. Juwelier: „So? Haben Sie einen besonderen Fall!" — 1. Juwelier: Ja. Vorgestern annoncierte ich, daß ich für mein Geschäft einen Nachtwächter suche, „nd noch in derselben Nacht wurde in meinem Laden eingebrochen."
— Fünf Arbeiter in Leipzig hatten zusammen ein Zehntel-Los der sächsischen Klassenlotterie gespielt, welches kürzlich mit 50 000 gezogen wurde. Leider nützt aber die Leute dieser Gewinn nichts, denn der eine der Ar
beiter, welchem die Erneuerung der Lose oblag. hat dies bei der letzten Klasse versäumt und das empfangene Geld unterschlagen.
Nr 481 des praktischen Wochenblattes für alle Hausfrauen „Fürs Hau s", her- ausgegebcn von Klara v. Studnitz enthält:
Wochenspcuch:
Hallclujah! Gottes Sohn Kommt zu uns auf Erben!
Er verläßt des Himmels Thron,
Unser Heil zu werden.
Hallelujah! Herr auch ich Jauchze Dir entgegen:
Komm zu mir, ich bitte Dich,
Gieb mir Deinen Segen.
Der Inhalt der Nr. 481 der praktischen Frauenzeiiung ..Fürs Haus" läßt leicht erraten, daß wir im Zeichen des Christkindchens leben. Schon der erste Aufsatz „Der Weihnachtsspeisezettel,, bringt eine ausführliche Schilderung der zum Teil originellen Gebräuche iu Bezug auf kulinarische Genüsse zur Christzcit mit Rücksicht auf die verschiedenen Gegenden. Dem anmutigen Gedichte „Es war einmal" folgt die Ferisetzung des praktischen Aufsatzes „Wie ich Schuhzeug spare" und weiter ebenfalls in der Fortsetzung die in herzenswarmen Tönen geschriebene, reizende Novelle „Haus- mütterchen" von Evuard Rabe. Während der erste Teil noch durch Preisrätsel, Gedichte rc. auf das Angenehmste unterhält, berührt der nun folgende praktische Teil unter den Ucber- schristen „Wohlthätigkell", „Unsere Söhne", „Haustiere", „Wohnung", „Handarbeit" und „Zimmerschmuck" die verschiedensten Punkte des Familienlebens und Hauswesens. Wohl am reichhaltigsten gestaltet sich diesmal der Küchenzettel. Die vielen vorzüglichen Rezepte zu allerhand Feinbäckereien werden gewiß manche Hausfrau zu einem Versuch verlocken. Besonders erwähnenswert sind noch 2 reichhaltige Küchenzettel für die Feiertagswoche, die geeignet sind selbst dem verwöhnten Geschmack Rechnung zu tragen. Der den Inhalt des Blattes beschließende „Fernsprecher" mit seinen rege benutzten Fragen und Antworten, das „Echo", dec!„Briefkasten" und die allerliebste Beilage „Fürs kleine Volk" vervollständigen die heutige Nummer des überall unentbehrlich gewordenen Blattes „Fürs Haus."
UM neuen Jahre!
Mumpf dröhnt vom hohen Turm die zwölfte Stunde!
Wie Todesscufzen zittert durch die Nacht Der Scheidegruß aus eh'rnem Glockenmunde Des alten Jahres, das den Lauf vollbracht.
Und bange klingt es nach im Herzensgründe,
Daß Scheiden ja meist Weh und Schmerzen macht, Und durch die Seele zieht ein leises Fragen:
Was birgt der Zukunst Schoß an Lust und Klagen?
Doch weil wir leben, wollen wir uns freuen Und froh genießen, was der Himmel giebt So war's im alten Jahr, so sei's im neuen, — Wohl dem, der noch voll Hoffnung lebt und liebt, Deß Werke nicht das Licht der Sonne scheuen,
Dcß Thun wie trüber Nebel nicht zerstiebt.
Der frei und ehrlich seine Wege wandelt Und gut und edel allzeit wirkt und handelt.
Noch einmal schweift der Blick zurück und sinnend Bleibt haften er an manchem Tag voll Lust,
Wo, Gutes nur das kühne Herz beginnend,
Es des Erfolges stets sich war bewußt;
Und haften auch an Tagen, die verrinnend Des Schmerzes Spuren ließen in der Brust.
An Lust und Leid ein Wechsel ohne Ende,
An Glück und Unglück überreiche Spende!
Heut' gab das Schicksal Freude nur und Frieden, Und streute seine besten Gaben aus,
Und morgen wurden Leid und Weh beschickten Und tiefster Kummer zog in Herz und Haus.
Ein stetes Glück giebt es ja nicht hienieden:
Ein Kampf isl's Leben bis zum letzten Strauß, Und erst, wenn cs in diesem überwunden.
Hat Ruh' das arme, müde Herz gefunden!
Mit Gott laßt kühn den Uebergang uns wagen Vom alten in das junge, neue Jahr.
O sei es reich an friedevollen Tagen Und reich an Glück und Segen immerdar!
Es schütze Fürst und Volk in allen Lagen Ein guter Gott vor Unheil und Gefahr,
Damit aus Arbeit wir und treuem Mühen Des Himmels Segen dauernd sehen erblühen!
Prosit Neujahr! Der Geist der Eintracht walte In Staat und Stadt getreu zu jeder Zeit!
Prosit Neujahr! Die echte Liebe halte Bei allen Bürgern Stand in Lust und Leid!
Prosit Neujahr! Die deutsche Treu' entfalte Ihr segensreiches Wirken weit und breit!
Prosit Neujahr! Wenn so wir vorwärts dringen. Dann wird das Jahr uns Glück und Segen bringen!