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Berlin (Gehilfcnverein) ist, wie verlautet, von Seiten der Negierung die weitere Gewährung von Unterstützungen an Streikende untersagt worden. Die Gauverwaltungcn sind ange­wiesen worden, die Beiträge der nicht strei­kenden Mitglieder anzunrhmen.

Angesichts der schwebenden Handels­vertragsverhandlungen dürft- eine Aufzählung derjenigen Länder, mit denen wir gegenwär­tig im Mcistbegünstigungsvcrhältnis stehen, von Interesse sein. Es sind derN.-L. C." zufolge, die Argentinische Konfördcration, Bel­gien, Chile, Costarica, Frankreich, Griechen­land, Großbritanicn, Hawai'sche Inseln, Ita­lien, Korea, Liberia, Mexiko, Niederlande, Oesterreich-llngarn, Persien, Potugal, Rumä nien, Schweden und Norwegen, Schweiz, Ser­bien, Spanien, Türkei, Vereinigte Staaten von Amerika.

Petersburg, 18. Dez. Di-Nowoje Wremja" giebt in dem streit zwischen Bul­garien und Frankreich letzterem Recht und be­tont die grundsätzliche Wichtigkeit der Beob­achtung der Kapitulationen. Gebe Frankreich nach, so würde es in Betreff Egyptens einen gefährlichen Vorgang schaffen. Frankreich werde sich nicht auf die Abberufung seines di­plomatischen Vertreters in Sofia beschränken können. Das Blatt nimmt an, der franzöf. Botschafter in Konstantinopel werde dem Sultan die Notwendigkeit nicht verhehlt haben, daß Frankreich weitergchende Maßnahmen ergreifen müsse.

Madrid, 17. Dez. Den hiesigen Blättern zufolge, stellte Prinz Albrecht von Preußen der Königin-Regentin den näch ijährigen Besuch des Kaisers Wilhelm anläßlich der Madrider Centenar-Ausstellung zur 400jährigen Jubel­feier der Entdeckung Amerikas in Aussicht.

Madrid, 19. Dez Prinz Albrecht von Preußen besuchte gestern den Escurial; er be­absichtigt heute, über Lagranja abzureiscn.

UnitHMkndts.

Die AWistin.

Don A. Grant.

Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Alles atmete auf bei der endlichen Ab­reise des Fürsten Wladimir; plötzlich kehrte er jedoch zurück, wie ein Sieger trnmphiercnd. Nach einer kurzen Unterredung mit ihm, snnkelten und blitzten der Fürstin Augen in unheimlichem Glanz.

Wenige Tage darauf fuhren Beide zu einem Ball in der Nachbarschaft. Nach langer Zeit fanden sich Albert und Constanze einmal im Musikzimmer wieder allein. Nach einem aufrichtigen und herzlichen Austausch alles Erlebten und Erlittenen und zu Befürchtenden, hatte man eben den Flügel geöffnet, als Schellengeläut e rklang. Con­stanze erblickte im Schloßhof zwei Schlitten, der eine fest verschlossen.

Ohne vorhergegangene Meldung, den schreckensblechen Diener hinter sich lassend, trat ein kaiiserlicher Kommissär ein, zeigte seine Schärpe, seine Vollmacht, und verhaf­tete Beide als Nihilisten.

Welch eine Reise und welche Tage folgten ? In Petersburg wurden die Leidensge­noffen getrennt und in die verschiedenen Kasematten abgeführt;. Constanze fand nur allzuviele Gefährtinnen es wimm elie in den engen dunkeln, lustlosen Räumen von jenen junge,,, und alte» mißleiteten Frauen, jenen Studentinnen mit kalten leeren Herzen, und

überfüllten Köpfen, welche sich schon lange losgctrennt von Allem, was edel, was weiblich war, alle Familienbande verspottend, Glaube, Liebe, Hoffnung parodierend; mit ihrer Rohheit, ihrer Unmoralität sich brüstend, nichts erstrebend als den Umsturz, nicht glaubend, als an die indische Nirwauna.

Welche Gespräche wurden da vor und nach de» verschiedenen Verhören geführt, zu welchen dann und wann Einzelne und kleine Trupps eskortiert wurden? Es war ein beständiger Wechsel; die Wenigste» kamen zurück; sie wurden in andere Gefängnisse gebracht, zur Transportation, vielleicht zum Tobe verurteilt.

Mit schmerzlicher Ungeduld wartete Con­stanze aui ihre Vernehmung, indem sic an­fangs hoffte, es sei ein Irrtum, eine Ver­wechslung. Um nur allen Verkehr zu ver­meiden da selbst das Anbörcn schon gefähr­lich werden konnte, schützte sic Unkenntnis der russische» Sprache vor. Monate ver­gingen, aber nie ward ihr Name aufgerufen, Niemand kümmerte sich umsie. Sie teilte mit den Andern die pärliche Nahrung , das elende Lager. Endlos waren die Tage, endlos die Nächte; sie fühlte allmählig ihr Herz erstarren, ihr Glaube wankte; das absolute Nichts, der ewige Refrain ihrer Gefährtinnen, erschien ihr wünschenswert. Womit hatte sie solch ein Schicktal verdient? Wo blieb die gött­liche Barmherzigkeit, die ewige Gerechtigkeit?!

Ein noch jnnges Mädchen, von größerer Bildung und milderen Sinnes als die An­dern, schloß sich ihr an. Die Liebe hatte sie an diesen Ort des Schreckens geführt; sie war mit ihrem Geliebten, einem jungen Mediziner, zusammen verhaftet worden. Jetzt erfuhr sic, daß Beide zur Transportation »ach Sibirien verurteilt waren, und über­gab, Abschied nehmend, Constanze» ein kleines m ihrem :eichen Haar verborgenes Mebail- liou es enthielt ei i rötliches Gift, ..ein Schutz­mittel gegen eine mögliche Folter," wie sie sagte.

Traurig sah Constanze die kleine, thö- richtc Märtyrerin der Liebe und Politik schei­den, trauernd standen alle im Hof, um den endlosen Zug der Unglücklichen auzusehen, aber ein schneidendes Weh durchfuhr wie ein Schwert, ihr Herz, als sie mitten zwischen den fluchenden, schlagenden, antreibenden Kosaken, Albert Hillmanns totenbleiches Ant­litz erblickte. Nun sah sie auch ihr Schicksal besiegelt, sah die elende Jntrigue klar gelegt. Sibirien scheidet Fürstin Jwanovna war frei, Wladimir Dimitrowitsch Herr, der arme Sänger geopfert, und sic, die Mitwis­serin, für immer stumm gemacht, im Keiker oder in Todesnacht.

ArmerLohengrin! lein glänzender Schwan führte dich in's Vaterhaus, nicht siegreich fuhrst du von dannen, sondern mit müden blutenden Füßen pilgertest du in's Bereich der ewigen Nacht!

Nach dieser trostlosen Entdeckung siechte Constanze dahin, die Besinnung schwand und als sic erwachte, befand sie sich im Spital, und das stille bleiche Antlitz einer Nonne beugte sich über sie.

Die langen Flechten waren gefallen, aber das verhängnisvolle Medaillon hatte mau ihr bewahrt. Kaum genesen wurde sie entlassen; der Prozeß wurde niedergeschlagen, Gott weiß, von wem? eine Summe Geldes wurde ihr von unbekannter Hand mit der Weisung übermittelt, Rußland binnen drei Tagen zu verlassen. Der Arzt hrlte ihr vertraulich ^die Mitteilung gemacht, bah sie überhaupt nur noch höchstens sechs Monate zu leben

habe, danach waren ihre Pläne geregelt. Einer unbezwinglichen Sehnsucht, in Deutsch­land zu sterben, und einem unbewußten Drange »ackgebend sei sie hierher gekommen, und habe in dem Kranken den Sohn des so hochverehrten Fürste» erkannt, da sie dessen Portrait, welches in der Durchlaucht Zimmer hing, ja stündlich vor Augen gehabt, u >d sei glücklich gewesen, durch ein wenig Pflege dem Manen des Dahingeschiedenen einen kleinen Zoll der Dankbarkeit entrichten zu können; und

I» diesem Augenblick kam atemlos und besorgt der Geheimerat heraufgekeucht, hinter sich einen mit Decken und Plaids bepackten Diener.Die Abendluft! Welche Un­vorsichtigkeit! Wie bleich sie aussehen!" u. s. w. unter diese» Worten wurde -der Reconvalescent in de» Wagen gehoben und jedes fernere Gespräch abgejcdnitten.

Am iiä<bstcn Tage, im kleinen Hotcl- garten sitzend, vervollständigte der Fürst Constanzens Bericht.

(Fortsetzung?fo!gt.)

Vermischtes.

Der Bürgermeister einer Gemeinde in der Nähe von Lüttich in Belgien hat folgende Aufforderung, die Kmder zur Schule zu schicken, an die Familienväter gesandt:Die Schule beginnt mit dem 1. Nov. Wir fordern da­her die Eltern auf, ihre Kinder vom ersten Tage ab, regelmäßig zur Schule zu schicken. Nur der Anfang ist schwer, das andere kommt von selbst. Es giebt schon genug Schafsköpfe unter Euch und anderswo. Merkts Euch also und vergeht nicht, daß ohne fleißigen Schul­besuch Eure Kinder nichts als Esel werden. Der Bürgermeister."

Alter schützt vor Thorheit nicht. Eine seltsame Trauung fand vor einigen Tagen in Albernau im sächsichen Erz­gebirge statt. Ein Veteran aus den Freiheits­kriegen namens Salzer, der jetzt 96 Jahre zählt, ist daselbst nochmals in den Stand der Ehe getreten. Seine auch nicht mehr ganz jugendliche Gattin ist im Jahr 1809 geboren. Salzer beteiligte sich im Juli d. I. an dem Regimentsjubiläum in Grima als der älteste Solvat des Regiments.

(Der G ew oh n he i ts l ü g ne r.) Anwalt:Ich bitte den Zeugen, der soeben verhört wurde, nachher zu vereidigen." Präsident:Warum? Zwe feln Sie an der Wahrheitsliebe desselben?"Ja!" Weshalb?Weil der Zeuge Jäger ist."

(Kindermund.) Lrhrer. Fritzchen wenn Du ein Mann wärst und hättest drei­tausend Thalcr Du möchtest Dir aber ein Haus kaufen, was brauchst Du da noch?

Fritzchen:Eine reiche Frau!"

(Wohlgemeinter Rat.) Maler: Herrgott, sitzk schicke ich mein großes Blld von einer Ausstellung zur andern, und nie­mand wills kaufen ! Wenn ich nur müßt, was ich damit anfangen soll!" Guter Freund, Weißt was, machs dem Blindeninstitut zum Prä sent!"

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