558

so daß selbst die Acceptanten Mühe hatten, ihre ächten Unterschriften von den gefälschten zu unterscheiden. Eine Unnaer Firma hat wie derH. A." erfährt, allein 250000 M. solcher Accepte bei der Bank in Münster la­gern. Eine andere Firma hat Herbrccht ver­mocht, einen großen Teil falscher Wechsel zu girieren, es soll sich um Hunderttausende han­deln. Landwirthe und Hanvwerker haben bei Herbrecht 100 000 Mark eingelegt, die als verloren zu bezeichnen sind. Der Verhaftete ist durchweg geständig.

Erfurt. Ei» schwerer Fall von Blut­vergiftung, der einen Speisewirt be­troffen hat, mag zur allgemeinen Warnung dienen. Der Betreffende hatte sich beim Fleischschneiden eine kleine Wunde an der Hand beigebracht und die blutende Stelle mit Zigarettcupapier umwickelt. Daraufhin schwoll sofort der Arm an und schließlich hat sich die Amputation desselben nötig ge­macht.

Außkaud. AuS dem Kreise Nikolajew im Gouvernement Ssamara wird der Rußk. Wed. geschrieben, daß dort die Leute kein Brot mehr haben und sich von Gras und anderen Dingen nähren. Einem Privat- briefe eines Gutsbesitzers auS Iekaterinburg, Gouvernement Perm, entnimmt der Revaler Beobachter folgende Stelle:Die Hungers­not ist hier groß, das Pud (40 Pfund) Roggeumchl kostet 3 Rbl. 10 Kop. Ich bin noch so glücklich, meine Arbeiler mit Brot, bereitet ans Mehl und Kartoffeln zu ernähren. Das Fleisch ist billig; eine Kuh kostet 3 Rubel (6^il), ein brauchbares Pferd einen Rubel (2^il l) Einige Dörfer nähren sich von in Waffe; gekochten Blrkenblättern." Trotz dieser grauenhaften Zustände schränkt die Regierung ihre militärischen Rüstungen nicht ein.

Lokales.

*** Wil-öad, 23. Nov. Gestern abend fand im Hotel zurPost" eine Abend- Unterhaltung der hiesigenFcuerwehr- Kapelle" zum Benefiz ihres Dirigenten Hrn. Wörner statt. Der zahlreiche Besuch der­selben legte Zeugnis ab von der großen Be­liebtheit, welche sich diese Kapelle und deren Dirigent bei der hiesigen Einwohnerschaft zu erfreuen haben. Das reichhaltige gut gewählte Programm enthielt Instrumental-, Gesangs­und komische Vorträge in bunter Abwechslung. Eingelcitet wurde dasselbe durch einen flotten Marsch von Fahrbach. In den darauffol­genden Klarinett-Solis bot uns Herr Lässig hohe musikalische Genüsse dar und verdient derselbe für seine freundliche Mitwirkung volle Anerkennung. Reichen Beifall ernteten die HH. Link, Lutz, Schmid und Seufert in der komischen SzeneEin geriebener Schwindler." Dieselben wußten die biederen Dorfbewohner welche einen durchreisenden Schwindler (Hrn. Link) für den Landesfürsten halten und den­selben, diese günstige Gelegenheit benützend, um eine Bahnverbindung angehcn, schließlich aber durch den hinzukommenden Polizisten (W. Schmid) eines anderen belehrt werden, getreu nachzuahmen. Die folgenden Einzel« und Gesamtvorträge wurden durchweg gut gespielt und legten besonders unter den Dilet­tanten die H.H. Link und Lutz ganz hübsche Proben ihres musikalischen Talentes ab. All­gemeine Heiterkeit erregten zum Schluß die Bremer Stadtmusikanten" in ihrem originellen Aufzuge. Hr. Seufert wußte den Kapell­meister dieser fahrenden Musikbande, welche die Zuhörer durch Erzählen ihrer Abenteuer und disharmonische Vorträge auf ihren eigenar­

tigen Instrumenten ergötzten, gut zu markieren. Wohlverdienter Applaus wurde den Mitwirken­den nach jeder Nummer des Programms zu teil. e sich auch zu den ferneren Unter- haltungsabendcn dieser Kapelle stets ein zahl­reiches Publikum einfindcn umhiedurch dcnDirek- !or sowohl, als die Mitwirkendcn für die Opfer an Zeit und Mühe, welche eine solche Auf­führung erfordert, einigermaßen zu entschädigen.

Untkrhsltkndrs.

Entdeckt.

Kriminalerzählung von G- Struder. (Schluß.)

Die Aufregung unter den Anwesende» über den Vorfall war unbeschreiblich. Mit schreckensbleichen Gesichtern hatten sie, ohne daß Jemand ein Wort zu reden oder eine Hand zu regen wagte, den blitzschnell sich abwickelndcn Vorfällen zugeschen, jetzt aber, als der Förster hinaustransportiert war, machte die Erregung der Zuschauer sich Luft. Gertrud lenkte zuerst die Aufmerksamkeit auf sich. Sie verfiel in Weinkrämpfe und wurde von ihrem Vater mit Hilfe des Doktors in ein Nebenzimmer getragen, wo der Letztere ihr die erste Pflege angedeihen ließ und ihre Nerven bald wieder zu beruhigen wußte. Die meiste Fassung zeigte der Herr Bürger­meister, der iiiinmehr erklärte, daß er ans die stattgefundenen Ereignisse vorbereitet ge­wesen sei und daß er aus diesem Grunde auch den Gcnsdarmen hicrherbestellt habe. Daß Niemand anS Nachhausegehen dachte, war bei der Lage der Dinge sehr natürlich; vor Allem sprach man erregt über den Förster, wer diesem Manne ein derartiges abscheu­liches Verbrechen wohl zngemutet hätte; so­dann aber bildete die Persönlichkeit de Barons den Gegenstand des allgemeinen Interesses.

Soviel stellte man fest, daß derselbe ge­heimer Kriminalbeamter war, ebenso wie sein stader Begleiter und daß Beide ihren eigentlichen Beruf vortrefflich zu verbergen gewußt haben. Gleich nach der Verhaftung des Försters batte der Baron sich entfernt, der Bürgermeister aber den Anwesenden ver­sichert, daß Jener sich bald wieder einfinden und wohl noch weitere Erklärungen abgeben we.de.

Nachdem er etwa eine Stunde ausge- blieben, traf Herr von Reifenberg wieder ein und ersuchte mit der freundlichsten und unbefangensten Miene von der Welt die Herren, noch einen Augenblick Platz zu neh­me». Der Wirt mußte noch einige Flaschen von feinem Besten herbeischaffe», die Gläser wurden gefüllt und alsdann sprach der Baron folgendermaßen: .Sie haben es jedenfalls bereits erraten, meine Herren, daß ich nichts Anderes bin als ein Beamter der Kriminal­polizei, der eigens aus B. hicrhergesandt wurde, um den Mörder Heiden- zu entdecken. Als ich vorgestern an diesem Tische saß, dachte ich allerdings nicht, daß meine Aufgabe mir so leicht werden würde und absichtlich lenkte ich daher den Verdacht auf meinen Begleiter, den früheren Gensdarmerie-Wachtmeister und jetzigen Kriminalschutzmann Heinrich, um den Mörder desto sicherer zu macken. Diese Vorsicht war überflüssig. Mein schon a» jenem Abend gefaßter Verdacht, daß Baum­bach der Mörder sein könne, hat sich durch meine Nachforschungen glänzend bestätigt. Gern hätte ich Ihnen den Anblick der eben

stattgefundenen Szene erspart, aber dieS war unmöglich. Erst dann nämlich fühlte ich mich berechtigt zur Verhaftung zu schreiten, als ich die Kette in der Hand gehabt und mich überzeugt hatte, daß ein Glied a» der­selben, welches ich auf dem Baume gefunden, fehlte; da war es aber auch die höchste Zeit zu handeln, da der Förster mir fluchtver­dächtig erschien. Jetzt fehlt mir zum voll­kommenen Beweise feiner Schuld nichts, als daS verschwundene Geld. Ich habe soeben in seiner Wohnung in Gegenwart des Poli- zeitueners Alles durchsucht, aber Nichts gefun­den; jedenfalls hat er dasselbe vorsichtiger­weise sonstwo versteckt.

Hiermit, meine Herren, ist meine Mis­sion in K. zu Ende. Morgen in aller Frühe reise ich von hier ab in dem frohen Bewußt­sein, daß es mir gelungen ist, den Verbrecher zu entdecken und den Gerichten zu überliefern. Ob ich für immer vo» diesem schönen Fleckchen Erde mich entferne, erscheint mir sehr zweifelhaft, da seine Bewohner nicht weniger wie sei» Wein mir außerordentlich gefalle» habe»; vielleicht, daß ich schon bald meinen Abschied nehme und dann bis zum Ende meines Lebens mich hier »ieberlasse. Und nun bitte ich Sic, meine Herren, mit einander aus ei» baldiges fiöhliches Wieder­sehen anzustoßen."

* »

*

Unserer Erzählung haben wir nur wenig mehr hinzuzufügen. Banmbach gestand sein Ve; brechen reumütig ein und schilderte dabei den ganze» Verlauf in der Weise, wie der ag-bliche Baron ihn vermutet batte. Er wurde zum Tode verurteilt, abei zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe begnadigt. Vor seiner Verurteilung lclanlur . ;ch, daß er die dem Weinhändler abgenommene limine etwas über 6000 Mark

i.l, . Stelle im Walde versteckt hatte. O. l murre daS Geld gefunden und von i re» Erben des Ermordeten den Entdeckern seines Mörders, dem Baron und Heinrich, ausgehängt, wobei jedoch der Erster« auf seinen Anteil zu Gunsten des Letzteren ver­zichtete. So mit einem Male zu einem kleinen Vermögen gelangt, zögerte der ehe. malige Gensdarmerie »Wachtmeister nicht länger, nach K. zu reisen und dort um die Hand der anmutigen Gertrud anzuhaltcu, die ihm auch ohne Zögern bewilligt wurde.

Wer heute nach K. kommt, der kan» sich davon überzeugen, daß die Eheleute Heinrich noch immer glücklich und zufrieden mit einan­der leben und daß der treueste Stammgast ihres GasthausesZum Rebstock" ein alter Herr mit Namen Richard BLron ist, der von den Einwohner» des Städtchen- stets Herr Barön genannt und mit scheuer Ehrfurcht noch Heute von Jung und Alt betrachtet wird.

Vermischte».

Das neueste WunderLondons ist derKleine Magnet vo» Georgien," eine magnetische Dame, welche in der Alhambra vor einem großen Publikum auftritt. Von kleiner behender Figur und nicht ganz 100 Pfund wiegend, besitzt die hübsche, kaum dreißigjährige Amerikanerin eine außerordent­lich rätselhafte Kraft, von welcher sie am Sonnabend vor einer kleinen, auS Männern der Wissenschaft und Vertretern der Presse zusammengesetzten Gesellschaft erschöpfende Beweise ablegte. Anscheinend ohne bcson. dere Anstrengung hobder kleine Magnet" die anwesenden Herren zu Zweien, zu Dreien^