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Amts- und Ayeige-Dlatt für Wildbad und Umgebung.

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Urs. 93.

Wochen-Run-scharr.

Das Befinde» des Königs gilt zwar nach den offiziellen Bulletins als nicht direkt Besorgnis erregend, das Leiden des hohen Herrn scheint aber doch reckt ernster Natur zu sein, da die Entzündung im Unterleibe wohl etwas zurückgegangen ist, aber nock immer nicht ganz beseitigt werden konnte. Der König bedarf fortgesetzt größter Ruhe und Schonung und alle königstreuen Würt- temberger seben mit einigem Bangen dem kommenden Winter entgegen, wenn bis da­hin die Krankheit des Königs nicht vollstän­dig gehoben iein sollte. Die württem- bergischen Eisenbahnen haben bis jetzt ei» Mindererträgnis von etwas über 200000^! gegenüber dem ersten Halbjahre 1890 auf- zuweise» und auch das zweite Halbjahr dürfte hinter den Erträgnissen des gleichen Zeitraums im Vorjahre zurücktreten. Die allgemeine Finanzlage des Landes ist jedoch derart günstig, daß sie den erwähnten Ausfall leicht verschmerzen kann. Sämt­liche Personenzüge auf den württemberqischen Staatseisenbahnen mit Ausnahme der kleinen Nebenbahnen mit Sekundärbetrieb sind nun­mehr mit der Westinghousebremse ausgerüs­tet. Diese Luftdruckbremse erhöht in bedeu­tendem Maße die Sicherheit des Eisenbahn­verkehrs, da sie auch bei dem geringsten Unfall sofort in Selbstthätigkeit tritt und den Zug zu raschem Stehenbleiben bringt. Ueberdies ist auch jeder Reisende in der Lage, die Bremse in Thätigkeit zu setzen; jeder Mißbrauch derselben wird freilich ziem­lich scharf bestraft. Wie verschiedenen Blät­tern gemeldet wird, hat ein reicher Groß­industrieller sämtliche noch unbenützten Was­serkräfte des Neckars teils angekauft, teils sich deren pachtweise Benützung auf eine lange Reihe von Jahren gesichert. Daß dies eine jrecht gute Kapitalanlage ist, wollen wir gerne glauben; weniger erbaut dürften die Städte sein, welche über kurz oder lang Wasserkräfte nötig haben, um eine elektrische Beleuchtung einzuführen, und dann der Katze das Schmer abkaufen müssen. Hoffent­lich lassen sich Mittel und Wege finden, um derartige Spekulationen auf Unkosten ganzer Städte und Korporationen wieder unwirksam zu mache». Je länger der kühle Sommer andauert, desto mehr lasse» unsere Weingärtner die Köpfe hängen; die Trauben haben ohnedies spärlich angesetzt und wenn nicht bald eine anhaltende Hitze eintritt, so gelangen sie nur bis zu einer gewissen Sauerreife und der wenige Wein, Len unsere Weingärtner Heuer zu erwarten haben, ist dann nicht einmal mehr verkäuflich.

SarnsLag, 8. August 1891

Auch die Obstaussichte» sind in diesem Jahre in de» meisten Gegenden Württembergs ge­ring; um so schöner stehen überall die Halm­früchte und ebenso die Wiesen. Die steigen­den Viehpreise kommen den Bauern recht erwünscht, umsoweniger aber der städtischen Btvölkerung.

Der deutsche Kaiser befindet sich auf der langsame» Rückreise von seiner Nord­landsfahrt und gedenkt nach Beendigung derselben einige Tage in Kiel zu verbleiben. Die deutsche Kaiserin kehrt Mitte nächster Woche mit ihren Söhnen von England nach Potsdam zurück und wird im September ihrem Regiment in Flensburg zu dessen Ju­biläum einen Besuck abstatten. Der Kaiser begibt sich gegen Ende August nach Oestreich, um den großen Manövern im Wienerwalde anzuwohnen. Dort wird auch der König von Rumänien erwartet, den die Russe» so sehr hassen, weil ihn der Dreibund be­schützt. Offenbar wegen mangelnden Zei­tungsstoffes lärmen deutschfreisinnige und ähnliche Blätter bereits wieder über die an­geblich enormen Mehrausgaben für das Militär, welche dem kommenden Reichstag seitens unserer Militärverwaltung zugemutet werden sollen. In sonst eingeweihten Krei­sen ist von beträchtlichen Mehrforderungen lediglich nichts bekannt; sollten sie aber notwendig werden und zwar wegen der un­ausgesetzten Rüstungen der Russen und Fran­zosen, so wird nichts anderes übrig; bleiben, als für die Sicherheit des Vaterlandes in jeglicher Weise zu sorgen, sei es durch Ver­stärkung des Heeres, sei es durch Entsen­dung der Herren Richter und Genossen nach Petersburg und Paris, daß sie uns eine Garantie für den ewigen Frieden von dort zurückbringen. Die Garantie müßte frei­lich über allen Zweifel erhaben sein. Die Handclsvertragsverhandlungen mit der Schweiz sind in der Hauptsache beendigt und nunmehr haben diejenigen mit Italien begonnen.

Der ungarische Landtag wird wahr­scheinlich in Bälde aufgelöst werden Mi­nisterpräsident Graf Szapary bat sich in einer persönlichen Konferenz uiit den Führern der Opposition vergeblich bemüht, die letztere von ihrer gehässigen Obstruktionspolitik ab­zubringen. Die Opposition hält alle Ver­handlungen durch endlose Reden tagelang auf und provoziert einen Skandal nach dem andern. Die Prager Czechen hören nicht auf, die Dentscheu in jeder Weise zu insul­tieren und mit allen Slaven, die nach Prag kommen, Pereatrufe auf die Deutschen aus­zubringen und Rußland hochleben zu lassen.

27. jatii'gLlig.

Einige Mitglieder des deutschen Sommer­theaters wurden, weil sie auf der Straße deutsch sprachen, mit Messerstichen und Stock­hieben schwer verletzt. Wenn früher oder später der Dreibund mit Rußland und Frankreich zu kämpfen hat, so ist von diesen Czechen das Schlimmste zu erwarten; aber auch für sie wird einmal der Tag der Ab­reibung kommen.

In Frankreich schießt gegenwärtig der Chauvinismus üppig ins Kraut. Der Kommandeur des 17. Armeekorps, General Warnet, hielt bei der Eröffnung einer neuen Eisenbahn eine Rede so hochfahrendcn und die Deutschen verletzende» Inhalts, daß, wenn ein deutscher General eine ähnliche Rede gegen Frankreich halten würde, ganz Frankreich von dem Rufe widerhallen würde: zu den Waffen. Glücklicherweise ist mau bei uns kühler und vernünftiger. Den Fran­zosen sind eben die ihrer Flotte in Peters­burg erwiesenen Freundschaftsbezeugungen in den Kopf gestiegen und einem Berauschten muß man manches zugute halten. Ein Pariser Blatt, der Soir, hat zwar seine Landsleute vor allzu kühnen Hoffnungen und namentlich vor dem Säbelrasseln gewarnt, weil Frank­reich den Frieden brauche und weil ein Krieg nicht nur den Territorialbesitz Frank­reichs, sondern auch dessen innere Freiheit gefährden könnte. Allein diese Warnung ver­hallt wie die Stimme des Rufenden in der Wüste »»gehört. Die meisten französischen Blätter toben auch gegen den beabsichtigten Besuch der von Kronstadt zurückkehrenden Flotte bei den Engländern und während sie einerseits versichern, daß das auch ohne schriftliche Verträge gesicherte Einvernehmen Frankreichs und Rußlands in allen Fragen der großen Politik den vom Dreibund ge­fährdeten Frieden sichere, können sie es Salisbury nicht verzeihen, daß dieser er­klärte, England stehe auf Seiten derjenigen, welche die territoriale Machtverteilung in Europa und damit auch den Frieden aufrecht erhalten wollen. I» gleichem Atem wollen also die Franzosen Elsaß-Lothringen holen und den Frieden erhalten. Die Vermischung von Feuer und Wasser ist gegen diese Kunst eine Kleinigkeit.

Die Engländer lassen sich durch diese Wutausbrüche der französischen Blätter nicht aus ihrer Ruhe bringen, sondern beabsichti­gen, die französische Flotte höflich und freund­lich zu empfangen. Mehr besorgt sind sie vor einem etwaigen Versuch Frankreichs und Rußlands, die Engländer aus Egypten hi­nauszubringen und für diesen Fall erwarten sie die Unterstützung des Dreibundes, wenig-