29 ?
ständen kann die französische Bcgrüßungsflotte daheim bleiben und kein Friedensfreund in ganz Europa wird sich darob grämen.
Württemberg.
— Die Frist für den Umtausch der in den Händen des Publikums verbliebenen, seit 1. März d. I. zur Frankirung von Postsendungen nicht mehr verwendbaren Postwertzeichen älterer Art läuft mit dem 30. Juni d. I. ab. Nach diesen Tagen findet ein Umtausch solcher Wertzeichen durch die Postanstalten nicht mehr statt.
Tübingen, 17. Juni. Einen für weitere Kreise in Stadt und Land interessanten Vortrag hielt am Sonntag in Tübingen der Obstbaumzüchter Gädertz von Feuerbach. Derselbe empfahl dringend die Bepflanzung der leeren Hauswände mit Spalierobst, indem er an amtlichen Ziffern nachwies, daß unser Land von 1886—90 (35 Millionen Mark für Mostobst unv alljährlich 1 Million für Tafelobst ins Ausland geschickt habe.) Und dabei liege der Wert des Obstes nicht nur im Geld, sondern auch in der Gesundheit, denn der Obstgenuß ist ein hochbedeutender sanitärer Faktor insbesondere für die Jugend. Ein Vorurteil sei es, daß die Wände Schaden leiden. Im Gegenteil, die Blätter ziehen die Feuchtigkeit von der Wand an sich. Aus Mitteilungen von Interessenten ergab sich, daß die Kameralämter den Geistlichen da und dort Hinternisse bereiten, wenn diese, was doch für das Beispiel im Orte von Bedeutung ist, Kammerzen errichten wollten. Auf Anregung des Herrn Gädertz, der infolgedessen auch die von technischer Seite gemachten Einwendungen schlagend widerlegte, mit dem Bemerken, daß das Begießen der Wandspalicre den Grundmauern nicht schade, weil die Wurzeln, die begossen würden, sich von den Mauern genügend entfernt befinden und das Wasser aufsaugen, wurde beschlossen, die Sache dem Landesobstbauverein zur weiteren Verfolgung zu unterbreiten.
Ludwigsburg, 23. Juni. Am Dienstag, den 7. und Mittwoch den 8. Juli d.J. findet hier der 6. Verbandstag der Wirte Württembergs statt und ist mit demselben eine Fachausstellung von Erzeugnissen und Bedarfsartikeln für das Wirtsgewerbe verbunden, welche in den Räumen des Bahnhofhotels schon am Sonntag den 5. Juli eröffnet werden wird. Die Anmeldelisten zu dieser Ausstellung sind durch die Expedition der Deutschen Wuts-Zeitung in Stuttgart (welche auch den Verlag des Ausstellungskatalogs übernommen hat, zu beziehen. Bei der gegenwärtigen regen Agitation im Wirtsgewerbe wird dieser Verbandstag sich eines außergewöhnlich starken Besuchs zu erfreuen haben.
Kotteniiurg, 20. Juni. Der eifrigen Thätigkeit der Staatsanwaltschaft sowie der hiesigen Gendarmerie gelang es gestern Abend, den Schreiber des in der Brandnacht vom 25.(26. Mai am Dreikönig angeschlagenen Brandbriefes in der Person des Emil Hascher von hier zu entdecken. Derselbe, bei der hiesigen Güterexpedition angestellt, ist 15 Jahre alt und scheint den Brandbrief aus Mutwillen in Gemeinschaft mit einem Kaufmannslehrling geschrieben zu habe», welch' unüberlegte Handlung umsomehr zu bedauern ist, als er der Sohn achtbarer Eltern ist.
Keilöronn, 22. Juni. Daß die Aussichten, was das Obst anbelangt, in hiesiger Gegend keine schlechten sind, zeigt folgende, ,n den letzten Tagen von der „Neckarzeitung"
gebrachte Notiz: „Wir werden ersucht, darauf aufmerksam zu machen, daß infolge des in Aussicht stehenden bedeutenden Obst-, namentlich auch Steinobst-Ertrags, der Bedarf an Baumstützen schon in allernächster Zeit ein großer sein wird. Da hier keinerlei Vorrat ist, so haben auswärtige Händler Gelegenheit zu gutem Absatz."
Rundschau.
München, 22. Juni. Es dürfte sowohl für die Freunde wie auch Gegner des Pfarrers Seb. Kneipp von Interesse sein, zu erfahren, daß gegen denselben wegen fahrlässiger Körperverletzung eine strafrechtliche Untersuchung eingeleilet wurde.
Arankfurt, 23. Juni. (Eine Wahnsinnige im Bärenzwinger.) Schon in früher Morgenstunde durcheilte die Stadt Frankfurt das Gerücht von einem blutigen Drama, das sich in der vcrflossenenen Nacht im Eisbärenzwinger des Zoologischen Gartens abgespielt haben sollte. Der Thatbestand ist folgender: Kurz nach Mitternacht bemerkte der Wächter Heim, als er auf seinem Rundgang durch den Zoologischen Garten an dem Bärenzwinger vorbeikam, wie ein vollständig unbekleidetes Frauenzimmer neben dem Eisbären auf dem Felsen im Hintergrund des Zwingers saß, anscheinend noch unverletzt. Die Frage, wie sie dahin gekommen, beantwortete sie dahin, man möge sie gehen lassen. Der Wächter holte den in der nahen Waldschmidtstraße wohnenden Wärter des Bärenzwingers. Schon in seiner Wohnung vernahm dieser ein gellendes Hilfegeschrei. Der Bär hatte, angelockt durch den Geruch des Fleisches, zunächst seine Tatze in die Haare der Unglücklich - Wahnsinnigen geschlagen und ihr die Zöpfe sammt der Hinterhaut des Schädels durch einen Hieb vollständig abgerissen und sie gewissermaßen skalpiert. Im nächsten Augenblick zerfleischte auch schon ein Hieb den rechten Arm, und als nun das Blut herausspritzt« leckte das Tier dasselbe gierig auf. Ehe noch das Gewehr aus dem Gesellschaftsgebäude des Gartens zum Erschießen des Bären zur Stelle gebracht werden konnte, hatte der Bär durch einen neuen Tatzenhieb den Unterleib seines unglücklichen Opfers aufgerissen. Der Tod trat kurze Zeit darnach ein und es blieb nun nichts anderes übrig, als den zerfetzten Körper der Irrsinnigen dem Rachen des Bären zu entreißen. Das Raubtier, welches die Absicht bemerkte, vereitelte jedoch das Unternehmen, bis es denverzweiselten Anstrengungen gelang, den Bären soweit von der Leiche zu entfernen, daß endlich der Körper vorgezogen, angeknüpft und nun rasch in die Höhe gezogen werden konnte. Das ganze gräßliche Drama spielte sich innerhalb .weniger Minuten ab. Oben auf der Brüstung des Zwingers fand man die fein säuberlich zusammengelcgten Kleider der offenbar Jrrsinigen.
Merlin. Das endgültige Programm für die große Reise des Kaisers ist nunmehr wie folgt festgesetzt: Der Kaiser und die Kaiserin werden am 25. Juni morgens in Kiel ein- treffen, am 29. Juni nach Hamburg und von da per Schnelldampfer „Fürst Bismark" nach Helgoland fahren. Die Hamburg- Amerikanische Packetfahrt-Aktien-Gesellschaft hat das Kaiserpaar zu der Fahrt auf ihrem neuesten prächtigen Dampfer cingeladen. Es läßt sich schon jetzt voraussehen, daß der Kaisertag auf Helgoland sich zu einem äußerst glänzenden gestalten wird. Am 30. Juni wird das Kaiserpaar sich von Helgoland nach Wilhelmshaven begeben, uiy dem Stappellauf des neuerbauten Panzers v" beizuwohnen. Am
1. Juli erfolgt die Ankunft in Amsterdam- am 3. die Abreise nach England, am 4. die Ankunft in Windsor. Am 14. Juli reist das Kaiserpaar per Bahn nach Leiht und von da auf dem „Hohenzollern" nach Bergen. Die Kreuzerkorvettc „Prinz Wilhelm" wird die kaiserliche Dacht auf den oben bczeichneten Seereisen begleiten.
Königsberg, 23. Juni. Der kommandierende General Bronsart v. Schellendorf ist gestorben. Die deutsche Armee verliert an ihm einen verdienten und hochgebildeten Führer, der von 1883—1889 die Geschäfte des preußischen Kriegsministeriums in ausgezeichneter Weise geführt hat. Er halte sich zuvor schon als militärischer Schriftsteller und als eurer der Hauptgehilfcn Moltkes im Generalstabe e>nen Namen gemacht. Er war einer der drei Abteilungschefs des großen Generalstabs im Kriege 1870 71 und ihm siel u. a. am Abend der Schlacht von Sedan die Ausgabe zu, im Namen des Königs von Preußen den Oberbefehlshaber der französischen Armee zur Uebergabe aufzufordern. Oberstlieutenant v. Bronsart betrat als der erste deutsche Soldat Sedan und führte auch die ersten Verhandlungen mit Napoleon III, dessen Anwesenheit bei der feindlichen Armee bis dahin dem großen Hauptquartier unbekannt geblieben war. Heinrich Bronsart v. Schellendorf ist am 25. Februar 1832 in Danzig geboren. Sein schriftstellerisches Hauptwerk ist „Der Dienst des Generalstabs", ein auch in fremden Armeen eingeführtes Lehrbuch, anerkannt die beste Anleitung zu jenem bedeutungsvollen Dienst. Ein Bruder des Verstorbenen, früher eine Zeit lang Generalstabschef des 13. Kgl. württ. Armeekorps, ist kommandierender General in Hannover.
Petersburg, 24. Juni. Großfürst Michael Michailowitsch (geb. 1861) wurde unter Kuratel gestellt, di« Verwaltung seines Vermögens seinem Vater und seinem Bruder Georg übertragen.
Vermischtes.
(Eine H ochz c itsgesellsch aft auf dem Velociped.) Die Stabt Chillons hat am 15. Juni Gelegenheit gehabt, einem bisher sicherlich noch nicht dagewesenen Schauspiele anzuwohnen. Eine ganze Hochzeitsgesellschaft fuhr auf Zwei- und Dreirädern zum Hochzeitsmahle. Auf Tricycles folgten die Brautjungfern. Die etwas tollkühneren männlichen Brautführer hatten Bicycles bestiegen, und die übrigen Hochzeitsteilnehmer saßen rittlings auf ihren Bicycles.
Vl/sttsn-Hussioktsn
auk Niunä äsr Lsrivbts äor äontsobsn ssswarta in Hamburg.
(diavküruok Verbots».)
27. ckurii: 8onvig, wolkig, sebön warm, soliwül, später auKrisebenck windig. 8triob- weiss Olswittsr unck 1'latxrsgvn.
28. ckuui: ^Varw, beiter, sebwiil, später stark wolkig, regsndrobsnd. 8triobwsiss Oswittsr. I-sbbakt an cksn Rüsten.
29. duni: Vsrändsrlieb, wolkig, teils beiter, massig warm. 8triebwsisss Os witter uuä liegen.
30 duni: 8tark wolkig, abwsebselnd auk- krisebsndsr ^ind, kubier. 8triebwsiss Oswittsrrsgsn. I-ebbakt in den 8es- gebistsn.
1. duli: 8tark wolkig, okt trübe, windig, kubier, regsndrobsnd. 8triobweise Oo- witter unä Regen. I-ebbatt am blesrs.