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chen als geheilt entlassen worden und die Eltern desselben erlassen im Brettener Wochenblatte eine öffentliche Danksagung.
Genf, 23. März. Bei dem gestrigen Vortrage Stöckers wurde Stöcker durch Pfeifen und Johlen am Sprechen verhindert. Als die Polizei einschritt, entstand im Saale eine heftige Schlägerei. Eine Anzahl Lärmmacher wurde mit Gewalt aus dem Saal entfernt. 3 Rädelsführer, darunter 2 Würt- temberger und ein Preuße, wurden verhaftet.
Aus Italien wird gemeldet, daß der Bankerott der Stadt Neapel eine vollendete Thatsache und nicht länger zu verschleiern ist. Der Gerichtsvollzieher geht auf dem Oberbürgermeisteramt tagtäglich aus und ein und notifiziert eine Beschlagnahme nach der andern. Die englische „Gas-Gesellschaft" fordert 800000 Lire^ die „Tram-Gesellschaft" 150,000 Lire, die „Wasserleitungsgesellschaft" 1400 000 Lire, Außerdem har die „Societa Veneta" einen Arrest auf 7 000 000 Lire eingebracht. Dabei hatte die Stadt erst vor mehreren Jahren 40 000 000 Lire ausgenommen. Die Ver- waltung hat toll gewirtschattet.
L o K cr L e s.
Wildbad, 24. März. In der letzten Sitzung des Gewerbe-Vereins wurde den Mitgliedern wieder ein genußreicher Abend bereitet durch einen Vortrag des Herrn Reallehrer Fein über
Die Elektrizität
in ihrem Wesen und in ihren Anwendungen,
zu welchem sich eine zahlreiche Zuhörerschaft im Gasth. z. Sonne eingefunden hatte. Es waren daselbst eine Anzahl Apparate aufgestellt, welche teils von der Centralstelle geliefert, teils Eigentum der Realschule waren, womit die jeweiligen Versuche vorgenommen wurden. Wir lassen den lehrreichen Vortrag, welcher gewiß auch für weitere Kreise von Interesse sein wird, nachstehend folgen. Derselbe lautet:
„Meine Herren! Wenn der Name Elektrizität genannt wird, so gruselt es wohl Manchem, der mit Fremdwörtern auf gespanntem Fuße steht und er denkt bei sich: warum haben wir kein deutsches Wort für einen Begriff der heutzutage im täglichen Leben so häufig genannt und so häufig gebraucht wird. Und da in unserer Zeit ein Bestreben nach Verdeutschung in allen Richtungen zu finden ist (ich erinnere nur an das Wort Zwiebel- Tunke sauos aux oignoiw) so erlaube ich mir Sie auf die deutsche Bedeutung des Wortes aufmerksam zu machen: die Uebersetzung aus dem Griechischen lautet „Bernsteinkraft"; dieser Name deckt aber das Wesen der Elektrizität nur zum geringsten Teile, indem nicht nur der Bernstein diese Kraft besitzt, sondern nahezu alle Körper mehr oder weniger, ja die ganze Erde fiel bst, von ihr durchdrungen sind. Meiner Ansicht nach wäre es treffender den Namen der Kraft nach ihrer gewaltigsten Erscheinung zu wählen und sie „Blitzkraft" zu taufen. Dieser Name würde ihre ungeheure Geschwindigkeit und ihre riesige Gewalt sehr treffend bezeichnen. Jedoch der Name Elektrizität ist einmal ein geschichtlich gewordener. Schon Thales von Milet, einer der 7 Weisen Griechenlands, wußte, daß der Bernstein, wenn er gerieben wird, kleine leichte Körper anzieht; und weil die Griechen den Bernstein „Elektron" nannten, so hieß man später diese ihm innewohnende Kraft „Elektrizität". Erst der Engländer Gilbert fand um das Jahr 1600, daß auch Glas, Schwefel und Harz
durch Reiben elektrisch werden und leichte Körperchen anziehen, ganz gleich aus welchem Stoff dieselben bestehen, z. B. Papicrstückchen, Federn, Goldschaum rc. sBei den Schulkindern sind Kautschuk-Federhalter besonders beliebt, um damit zu Hause oder vielleicht auch in der Schule zu spielen; indem Kautschuk ein sehr elektrisches Pflanzenharz ist. Der hochgefeierte Stadtschultheiß von Magdeburg, Otto von Guerike, der auch die Luftpumpe erfand, versah im Jahr 1650 eine Schwefelkugel mit einem Handgriff und machte sie durch schnelles Drehen und Reiben in der linken Hand elektrisch. Dabei bemerkte er, daß die von der Kugel einmal berührten Körper von ihr nachher abgestoßen wurden (Versuch). Im Jahr 1729 beobachtete ein Engländer, Stephan Grap, daß man die Elektrizität sortierten könne. Es gelang ihm mittelst einer von seidenen Fäden getragenen leinenen Schnur die Elektrizität 100 Schritte weit fortzuleiten und er machte dabei die wichtige Entdeckung, daß einige Körper die Elektrizität leiten und andere nicht. Er teilte daher die Körper in Leiter und Nichtleiter ein. Die besten Leiter sind: Metalle, Kohle, der tierische Körper, Wasser und Dämpfe; die besten Nichtleiter sind: Glas, Schwefel, Harz, Siegellack, Seide, trockene Luft.
Will man einen Körper gegen den Verlust der ihm mitgeteilten Elektrizität sichern, so muß man ihn isolieren, d. h. ihn von allen übrigen Körpern durch Nichtleiter trennen; dazu läßt man ihn bei trockenem Zustande der Luft von Glassäulen tragen oder hängt ihn an rein seidenen Schnüren auf. Die Telegraphenleitungen sind durch Porzellan- Halter an Holzstangen gegen die Erde; die unterseeischen Kabelleitungen durch Gummischläuche gegen das Meerwasser isoliert. Der schon genannte Stephan Gray isolierte eine Metallkugel und erfand so einen der Hauptteile der Elektrisiermaschine, welcher „Konduktor" genannt wird. Jede solche Maschine hat 3 Hauptteile: den geriebenen Körper oder die Glasscheibe, das Reibzeug u. den Konduktor. Das Reibzeug besteht aus weichen, seidenen Kiffen, die durch Federn gegen den geriebenen Körper gedrückt werden und mit einer Metallmischung aus Zink, Zinn und Quecksilber eingerieben sind.
Im Jahr 1745 elektrisierte ein Bürger von der Stadt Leyden in Holland warmes Wasser in einem Glase. Als er zufällig den im Wasser stehenden Draht berührte, erhielt er einen empfindlichen Schlag. Der berühmte Franklin, der nordamerikanische Buchdrucker ° entwickelte diese Entdeckung weiter zu der sog. „L cy dener F la s ch e," die auch Frank- lin'sche Tafel genannt wird. Er belegte eine Flasche außen und innen mit Staniol oder fein gewalztem Zinn und stellte einen Metalldraht mit einem Metallknopf hinein. Dabei machte er die Entdeckung, daß durch die einfache Zufuhr von Elektrizität in das Innere der Flasche sich auch außen die gleiche Menge Elektrizität ansammelte; dieselbe sich also verdoppelt hatte. Da aber der innere Staniol- belag vom äußeren durch das Glas der Flasche isoliert ist, so mußte die äußere Elektrizität vom Erdboden angezogen worden sein und er gab der inneren den Namen „pos i- tive" und der äußeren den Namen „negative" Elektrizität. Ferner fand er, daß diese beiden Arten das Bestreben hatten, sich zu vereinigen, wenn man eine leitende Verbindung zwischen dem äußeren und inneren Belag herstellte. Er erhielt dadurch einen lebhaften Funken oder wenn er die Verbindung mit der Hand herstellte einen lebhaften Schlag (Versuch)
Aus diesen Versuchen erhellt, daß glei ch artige Elektrizitäten sich abstoßen und ungleichartige sich anziehen; ferner, daß jede Elektrizität in ihrer Nähe ein Herbeiströmen der entgegengesetzten Elektrizität bewirkt und endlich, daß in jedem Körper von Natur beide Elektrizitäten vereinigt vorhanden sind und durch Reiben erst von einander getrennt werden in der Art, daß die eine auf dem geriebenen Körper bleibt und die andere sich im Reibzeug verliert.
Obgleich nun diese Versuche uns mit verschiedenen Eigenschaften der Elektrizität bekannt gemacht haben, so fehlt uns doch noch die Vorstellung von dem Wesen unserer Kraft. Es liegt noch ein Schleier des Geheimnisses über ihr, den zu lüsten es erst den letzten Anstrengungen der neuesten Wissenschaft gelungen ist. Die Elektrizität unterscheidet sich von ihren Verwandten, dem Lichte und der Wärme, wesentlich dadurch, daß sie für gewöhnlich unsere 5 Sinne nicht wahrzunehmen vermögen. Nur ein Sinn macht in oft unliebsamer und erschreckender Weise ihre Bekanntschaft; es ist unser Fühlsinn; wenn unsere Gefühlsnerven durch einen Schlag aus einer Batterie oder gar durch einen Schlag aus der elektrischen Wolke vom Himmel herab d H. durch Blitz getroffen werden oder wenn sie auf sanftere Weise durch die gewitterschwüle Luft in beängstigender Weise zum Zucken gebracht werden. Auf der Gefühlswirkung der Elektrizität beruht auch die Abneigung gewisser Personen gegen gewisse Tiere, deren Haare stark elektrisch sind, wie die der Katzen. Die Licht-, Schall- und Wärmeerscheinungen, die bei der elektrischen Entladung oder dem Blitze auf- treten, sind nicht mehr die Elektrizität selbst, sondern die verwandelte Elektrizität, so daß man sagen kann nur der Sinn des Gefühls allein und unter gewissen Umständen auch der des Geschmacks geben uns unmittelbare Kunde von dem Vorhandensein einer unheimlichen Naturkraft, die sich vor den Hellen Sinnen des Gehörs und Gesichts verbirgt und nur dem dunklen Sinne des Gefühls in erschreckender Weise sich offenbart. Daher war es erst der neuesten Zeit Vorbehalten, das Rätsel ihres Wesens teilweise zu lösen. Zu zeigen in wie weit dies der Wissenschaft gelungen, ist die weitere Aufgabe unseres Vortrags.
„Was ist denn eigentlich Elektrizität?" fragte ein Bauer einen Jäger. Dieser antwortete: „Ha guck Jockel, do ist mei Dächsel, wenn i dem auf den Schwanz trett, no schreit er vorn!" und das thuat d' Elektrizität! Der Bauer war sehr befriedigt von dieser Erklärung und der Jäger auch. Im Grunde hatte der Mann recht. Die Empfindung des Schmerzes wird als elektrischer Strom durch die Nervenstränge dem Gehirn zugeführt und dieses führt sie den Stimmwerkzeugen zu, welche sich zu einem Schrei zusammenziehen. Die Entdeckung, daß die Muskeln und schließlich alle Organe des menschlichen und tierischen Körpers durch Elektrizität zu ihrer Thätigkeit gereizt und veranlaßt werden, hat Galvani, ein italienischer Professor in Bologna im Jahr 1590 gemacht. Die Art der Elektrizität, welche ec entdeckte, unterscheidet sich wesentlich von der bis jetzt behandelten Reibungselektrizität und wurde nach ihm Galvanismus oder Berührungselek- trizüät genannt. Galvani hatte seiner Gemahlin, um sie von lästigem Husten zu befreien, eine Froschbrühe verordnet und stellte, während einer seiner Gehilfen neben ihm die Frösche zubcreitete. Versuche mit der Elektrisiermaschine an. Plötzlich bemerkte der Gehilfe zu seinem Schrecken, daß die toten Frösche,