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Aus Aom berichtet die „Kreuzz.": Hofkreisen zufolge würde das ital. Königspaar die Pathenstelle beim jüngsten deutschen Kaisersohne übernehmen.
San Wemo Ein anscheinend den höchsten Ständen angehöriger Fremder wurde hier erschossen vorgefunden. Bei der Leiche fand sich ein Zettel, der die Worte enthielt: „800 000 Rubel verloren, mein Name bleibe verschollen."
Gdessa, 30. Dez. In ganz Rußland herrscht eine seit Jahren nicht dagewesene Kälte. Der Dampfer Orel mit 1400 Rekruten an Bord ist im Schwarzen Meere eingefroren; alle Versuche, zu demselben zu gelangen, waren bisher vergeblich. Wenn der Frost nicht bald nachlätzt, wird eine Katastrophe für den Dampfer befürchtet.
St. Petersburg, 1. Jan. Von dem hiesigen Sohne Schliemanns, welcher Beamter im Justizministerium ist, erfahren angeblich die „Nowosti", er und seine Schwester Nadesha, beide Kinder erster Ehe Schliemans, würden einen Erbschaftsprozeß anstrengen. Nach derselben Quelle besaß der Verstorbene eine jährliche Revenue von 90000 Rubeln und legte den eigentlichen Grund zu seinem Vermögen nicht in St. Petersburg, sondern in San Francisco. Das in Kalifornien verdiente Geld vermehrte Schliemann später in St. Petersburg bis zum Jahre 1868.
Petersburg, 3. Jan. In dem am 16. Jan. beginnenden großen Nihilistenprozeß sind 96 Personen des Hochverrats angeklagt.
London, 3. Jan. In Upper Wortley bei Leeds veranstalteten gestern bei einem Schulbazar Schulkinder lebende Bilder, genannt „Schneeflocken". Fünfzehn Kinder waren von Kopf bis zum Fuß in weiße Wolle gehüllt und trugen Papierlaternen. Eines der Kinder fing Feuer, sofort brannten alle. Durch die Geistesgegenwart des Schuldieners, welcher die brennenden Röcke umhüllte, wurde eine allgemeine Verbrennung verhütet, trotzdem starben 4 Kinder an den Brandwunden.
Washington, 1. Jan. Das Indianer- Departement empfing gestern ein Telegramm von dem in Pine Ridge weilenden außerordentlichen Jndianeragenten, demzufolge in dem Kampfe am Porcupine Creek etwa 150 Indianer getötet wurden, während 30 verwundet und zu Gefangenen gemacht wurden.
Mew-HorK, 2. Januar. In Pineridge sind beträchtliche Verstärkungen amerikanischer Truppen eingetroffen, welche eine verabredete Bewegung zur Umzingelung des indianischen. Lagers unternehmen. Die Truppen wollen die Indianer durch Hunger zur Unterwerfung zwingen, wofern letztere nicht einen Kampf vorziehen.
Tntkkhalitndts.
Dem Kühnen lächelt das Glück.
Für Hermann Mandel gab es kein größeres Vergnügen als das Derbyrennen. Er war ein leidlich fleißiger Kommis in einem Londoner Bankgeschäft. Jahraus, jahrein that rr unverdrossen seine Pflicht aber sobald das Derbyrennen im Anzuge war, wurde er unruhig. Entweder er erkrankte, und gab vor, zu Hause bleiben zu müssen, oder einer seiner Verwandten starb plötzlich und er mußte seiner Beerdigung beiwohnen, kurzum, immer hatte er eine Entschuldigung, die ihn seinem Schreibpult an jenem weihevollen Tage fern- hielt. Seine beiden Prinzipale begannen bereits ein wachsames Auge auf flhn zu haben und schon das letztem«! wäre er beinahe um
seine einträgliche Stelle gekommen. Darauf aber wollte er es denn doch nicht ankommen lassen. Voll guter Vorsätze begab er sich heute — am Derbytage! — an den Ort seiner geschäftlichen Thätigkeit und hoffnungslos seufzend nahm er seinen Platz hinter dem Schreibpult ein. Kaum hatte er sich gesetzt, als einer der Prinzipale in das Kontor trat.
„Wer von Ihnen hat gestern einen Herrn Neumann empfangen, der hier vorsprach?" fragte er.
„Mir hat er sich vorgestellt und ich habe ihn in Ihr Zimmer gewiesen," entgegnete einer der jüngeren Schreiber.
„Würden Sie ihn wiedererkennen?"
„Ich glaube wohl, aber —"
„Hat keiner der anderen Herren ihn bemerkt? Ich wünsche ihm Jemand in die Umgebung von London nachzuschicken."
„Ich würde ihn überall heraussinden," sagte Hermann Mandel, ohne sich zu besinnen.
Sein Gebieter sah ihn zweifelhaft an, und die jüngeren Kommis kicherten verstohlen, denn sie wußten ganz genau, daß Hermann Mandel ihn nur ganz flüchtig gesehen harte.
„Sind Sie Ihrer Sache auch gewiß?"
„Ganz sicher," erwiderte Mandel, der nur die Gelegenheit benutzen wollte, um aus dem Kontor zu gelangen.
„Kommen Sie einmal hier herein," sprach der Prinzipal und ging in das Zimmer, in welchem sein Kompagnon saß.
Mandel war sich bewußt, daß er sich auf Glatteis begeben hatte, er konnte aber der Versuchung nicht widerstehen, von seiner Arbeit wegzukommen.
Die beiden Herren verhandelten eifrig, obwohl ganz leise miteinander. Endlich wandte sich der Aeltere von ihnen an den Kommis mit den Worten: „Herr Mandel, wir zahlten an diesen Herrn Neumann gestern Geld und haben eben zufällig gehört, daß Jemand, der ihm sehr ähnlich sieht, unter dem Namen Kurtis unter dieser Adresse in Chelmsford wohnt. Wir glauben, daß ein Irrtum vorliegt und wollen uns aller gerichtlichen «schritte enthalten, ehe wir unserer Sache gewiß sind. Sie kennen nun doch Herrn Neumann, der gestern hier war, von Ansehen, wie?"
„Ja wohl, Herr," sprach Mandel dreist.
„Nun, wir beauftragen Sie, nach Chelmsford zu fahren und sich davon zu überzeugen, ob Herr Neumann und Herr Kurtis eine und dieselbe Person sind. Wenn es der Fall, so sind wir natürlich beschwindelt worden und Sie haben uns dann sofort eine Drahtmeldung zuzuschicken, damit wir uns mit der Polizei in Verbindurg setzen können. Sie verstehen mich?"
„Wenn er aber nicht zu Hause ist," sagte Mandel, dem die Sache anfing, bedenklich zu werden.
„So müssen Sie warten, bis er nach Hause kommt und Sie ihn sehen. Sie dürfen natürlich keinen Fehlgriff thun und machen sich am besten sogleich auf den Weg."
Mandel war nach dieser Mitteilung doch etwas beklommen und halb und halb geneigt, seine Aussage zurückzunehmen. Er hatte aber nicht das Herz, es zu thun , da feine Vorgesetzten die Sache als abgemacht anzusehen schienen. Er tröstete sich mit dem Gedanken, daß Niemand in dem Kontor Herrn Neumann wiedererkennen konnte und sein Auftrag somit als ein vollkommen hoffnungsloser auch keinen Schaden zu bringen vermochte. Mandel trat auf die Straße mit der Absicht, pflichtschuldigst mit dem nächsten Zuge nach Chelmsford zu fahren ; als er aber in die Gracechurchstraße gelangte, erlitt sein Vorhaben den ersten Stoß durch
die Reihe der Fuhrwerke, die nach Epsom unterwegs waren. Es kam ihm der plötzliche Gedanke, daß, da er Herrn Neumann ja doch gar nicht kannte, er ebenso gut nach dem Derbyrennen, als nach Chelmsford fahren könnte. Er überlegte die Möglichkeit, nach dem Hauptrennen nach London zurückzukehren, und nachmittags nach Chelmsford zu eilen, so daß er zu sagen vermöchte, er sei dagewesen. Während der Versucher so an ihn herantrat, wurde er laut von zwei jungen Leuten begrüßt, welche in Staubröcken, weißen Hüten und Gazeschleiern, in einer Droschke erster Klasse an ihm vorüberfuhren.
„Hallo", rief sein Schulfreund Robert Brand, jetzt Schreiber bei einem Rechtsanwalt, „komm mit!" Wir fahren nach Epsom, Halt Kutscher! ^
Mandel war unentschlossen. Seine Pflicht so in's Gesicht zu schlagen, schien ihm doch nicht gut.
«Ich kann nicht, Leute, ich muß zur Stadt hinaus,"
„Wir auch."
„Ja, aber ich habe Geschäfte zu besorgen."
„Wir fahren auch nicht zum Vergnügen, wie Tom? Ganz das Gegenteil."
„Ich muß gleich nach Chelmsford," sagte Mandel und that, als ob er gehen wollte.
„Chelmsford? Ist das nicht ein Dorf auf dem Wege nach Epsom?" Er wußte recht wohl, daß Chelmsford ganz wo anders lag. „Nun, Du kannst ja mit uns fahren und Deine Geschäfte nach dem Wettrennen besorgen. Du brauchst erst Nachmittags nach Chelmsford zu reisen."
Es war das derselbe Gedanke, der Mandel eben erst gekommen war, und er besaß nicht Charakterstärke genug, um das zweite Mal zu widerstehen. Klugheit und Pflichtgefühl bei Seite werfend, sprang er in den geöffneten Wagen, der sofort weiterfuhr. (Schluß folgt.)
Gemeinnütziges.
— Fettflecken auf Tuch und Zeugstoffen werden bekanntlich meist mit flüchtigen Kohlenwasserstoffen (Benzol, Petroleumäther u. dergl.) entfernt. Dieselben haben sämtlich die unangenehme Eigenschaft, daß sie trotz der mit der Bezeichnung „geruchlos" versehenen Ankündigungen einen mehr oder minder intensiven Geruch zurücklasse», der erst nach längerem Aushängen an der Luft vollständig verschwindet. In den meisten Fällen lassen sich Fett- und Schweißflecken durch Behandeln derselben mit einer Mischung aus 1 T. Salmiakgeist mit 3 T. absolutem Alkohol und 3 T. Schwefeläther leicht und wirklich geruchlos entfernen.
Vermischtes.
— Wie nötig es ist, Verwandte und Bekannte in Amerika zur deutlichen Angabe ihrer Adresse zu veranlassen, beweist eine Statistik der amerikanischen Postverwaltung, wonach im letzten Geschäftsjahr die Zahl der unbestellbaren Briefscndungen6,217,876Stück, 882,513 Stück mehr als im Vorjahre, betrug. Von diesen enthielten 20,437 Stück bares Geld im Betrag von 35,245 Dollars; in 23,636 Stück waren für 13,43519 Dollars Wertpapiere und 3696 Stück enthielten Postbanknoten im Betrage von über 5798 Doll.; 37,639 Stück enthielten Quittungen, 119,286 Freimarken', 40,331 Stück Photographien. An die Absender konnten von obigen Wenbe-. trägen 36,166 Doll, nicht zurückgegeben werden
(Gasautomaten.) Der Automat hat jetzt in Birmingham auch bei den Gasmessern