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bis zur Ankunft ihres Gemahls verweilt, dort
ein.
Köln, 6. April. Einen schaurigen Fischzug machten heute Vormittag mehrere Fischer am Eingang des nördlichen Sicherheitshafens. Dieselben hatten ihr breites Netz ausgeworfen und waren, als dasselbe beim Anziehen große Anstrengung erforderte, in der frohen Meinung, einen reichen Fang gethan zu haben. Die Beute bestand jedoch in zwei aneinander gebundenen Leichen, die eines elegant gekleideten Frauenzimmers und eines erheblich jüngeren Mannes. Die Lebensmüden scheinen am vergangenen Mittwoch Abend die unselige That ausgeführt zu haben. In der Tasche des Mädchens fand man den Rest eines Briefumschlags mit dem Poststempel Mainz, in der Tasche des jungen Mannes eine Rückfahrtkarte nach Frankfurt a. M. Es ist bis zum Abend noch nicht gelungen, die Persönlichkeiten festzustellen. Anscheinend sind es Süddeutsche.
Werlin, 10. April. Laut „M. Ztg." sollen die einmaligen Kosten der im Reichstag zu erwartenden Militärvorlage 40—50 Mill. betragen.
— Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht eine kaiserliche Kabinetsordre, welche den Reichstag auf den 6. Mai einberust.
— Anläßlich des 75. Geburtstages des Fürsten Bismarck sind bei dem Postamt in Friedrichsruh 3047 Telegramme mit 122 429 Worten eingelaufen.
— Der am 6. Mai zusammentretende neue Reichstag wird, so viel bis jetzt zu übersehen ist, drei wichtige Vorlagen zu erledigen haben: eine militärische, eine kolonialpolitische (die weitere Bewilligung von Geldmitteln für die Wißmansche Schutztruppe betreffend) und den Entwurf des Arbeiterschutz-Gesetzes.
— Fürstbischof Dr. Kopp von Breslau soll in Kürze zum Kardinal ernannt werden, und zwar in besonderer Würdigung der außerordentlichen Verdienste, die er sich auf dem Gebiet der Sozialpolitik erworben hat. Auch soll dem schlesischen Prälaten von weltlicher Seite eine besondere Auszeichnung zugedacht sein.
Kamburg, 10. April. Die hiesigen Malergehilsen haben heute Morgen fast in allen Geschäften die Arbeit eingestellt; sie verlangen einen Minimallohn von 60 während die Malerinnung nur 50 bewilligt.
Wien, 9. April. Aus Anlaß des Ausstands der Maurer ist es am 8. April zu bedauerlichen Ausschreitungen gekommen. Der Schauplatz der wüsten Szenen waren die westlichen Vororte der Stadt, Ottakring, Hernals und Neulerchenseld. Gegen Abend begannen die Zusammenrottungen einen bedrohlichen Ka- rakter anzunehmen. Als die Polizeiwache ein- schreiten wollte, wurde sie mit Johlen und Schreien empfangen und vielfach mit Steinen beworfen. Einige Allarmschüffe blieben erfolglos; darauf wurde die Polizei gezwungen, mit dem flachen Säbel einzuhauen. Gegen 6 bis 7 Uhr ging der Pöbel, dessen Massen immer größer wurden, zur Zerstörung und Plünderung über. Die Geschäftsleute in den obengenannten Bezirken schlossen, so weit sie es noch vermochten, ihre Läden. Der Pöbel erbrach und zerstörte eine Anzahl von Geschäftslokalen; die Geschäftsbücher und die Waren wurden auf die Straße geschleudert, alle erreichbaren Fensterscheiben der Häuser, sowie der vorbei- sahrenden Straßenbahnwagen zertrümmert. Ein Branntweinladen wurde geplündert, der Branntwein teils ausgetrunken, teils auf die Straße geschüttet und dann plötzlich in Brand gesteckt, wodurch große Feuersgefahr entstand. Der Pöbel suchte sogar die Löschung zu verhindern. Um 8 Uhr wurden 2 Schwadronen Kavallerie
und 1 Bataillon Infanterie nach Neulerchenseld entsandt. Die Polizei erwies sich als viel zu schwach und das Militär traf viel zu spät ein. Um 10 Uhr abends war die Ruhe wieder hergestellt. 37 Personen wurden am Abend verhaftet. Die Zahl der verwundeten Polizeileute wird auf 10 angegeben.
West, 9. April. Vor einigen Tagen ist die Mezö-Hegyeser Zuckerfabeik gänzlich abgebrannt. Die Maschinen schmolzen zu /armlosen Massen zusammen. 9500 Meter-Zentner Rohzuckel, welche im Magazin untergebracht waren, und circa 8—10 000 Meter-Zentner Zucker-Material wurden vernichtet. Der übermenschlichen Anstrengung gelang es trotz des herrschenden großen Windes, das Raffinade- Magazin und das Beamten-Gebäude zu retten. Der Schaden wird auf ungefähr 85 000 fl. geschätzt.
— Wie der „Pester Lloyd" mitteilt, haben sich die Ergebnisse desZoncntarifsin Ungarn in den ersten sieben Monaten überaus günstig gestaltet. Der Personenverkehr zeigt einen riesigen Aufschwung, die Zahl der Reisenden hat sich in sieben Monaten von 2 554 641 auf 6 800 539 gehoben, demnach eine Steigerung von 170 Prozent. Die Einnahmen im Personenverkehr haben sich in den ersten sieben Monaten von 5 167 392 auf 6 106 245 fl. gehoben; die Steigerung betrug demnach 940 850 fl. gleich 17 Prozent.
Waris, 9. April. Der vor einigen Tagen in der Umgebung von Paris als Spion verhaftete, in Deutschland geborene Sprachlehrer Max Meyer ist auf Einspruch der amerikanischen Gesandtschaft in Freiheit gesetzt worden.
Waris, 10. April. Es verlautet, der Herzog von Orleans sei gestern freigelassen worden.
London, 9. April. Stanley erklärte, die britisch-ostafrikanische Gesellschaft gestatte in Afrika die völlige Ausrottung des Wildes, wodurch für die Europäer Nahrungsmangel her- beigcführt werde. Es wäre besser die betreffenden Gebiete den Deutschen zu überlassen, die bessere Ordnung halten.
Madrid, 10. April. Die deutsche Botschaft in Madrid hat zu Ehren des Prinzen Heinrich von Preußen ein Bankett gegeben. Der Prinz machte gestern einu Spaziergang mit der Königin-Regentin und reiste Abends nach Sevilla.
Waleneia, 11. April. Als der Carlistenführer Marques Carvalho hier eintraf, fand von einer nach Tausenden zählenden Menschenmenge eine feindselige Kundgebung auf dem Bahnhofe und vor dem Carlistenklub, wo sich 2000 Personen angesammelt hatten, statt. Die Menge drang in das Gebäude ein, steckte die Möbel in Brand und suchte die Löschversuche der Feuerwehr zu verhindern. Eine andere Gruppe zertrümmerte die im Klubhofe stehenden Wagen. Versuche, auch eine Kirche m Brand zu stecken, wurden durch die Truppen verhindert. Der Pöbel errichtete Barrikaden; der militärische Oberbefehlshaber der Stadt hält die ganze Garnison unter den Waffen.
Wewyork, 10. April. In Sharon (Ohio) wurden 10 Personen durch einen Wirbelsturm getötet; in Highlandpark (Newyork) wurden zahlreiche Häuser und die Kirche zerstört.
Aewyork, 8. April. In Edgerton (Kansas) wurde eine Frau zum Bürgermeister gewählt; ebenso wurden Richterposten, Gemeinderatssitze und Polizeistellen mit Frauen besetzt.
Hiesiges.
Wildöad, 9. April. I. Großherzogl. Hoh. die Prinzen Karl und Wilhelm v. Baden kamen gestern Vormittag hier an und begaben
sich nach im königl. Badhotel eingenommenem Gabelfrühstück nach Besenfeld zur Auerhahnen- jagd.
— Graf v. Toll mit Familie, kaiserl. russ. Gesandter in Kopenhagen, ist zum Kurgebrauch in Wildbad eingetroffen und im Hotel Klumpp abgestiegen
— Die diesjährige Musterung der Militärpflichtigen des hiesigen Bezirks findet am 23. April in Calmbach statt.
Vermischtes.
— Einem Amerikaner, Mc. Harrison, ist es gelungen, den berühmtesten Collie, (schottischen Schäferhund), Namens „Christopher", für die neue Welt zu erwerben. Dieser Spaß kostet die Kleinigkeit von 1000 Pf. Sterling oder 20 000 ^l. Zwanzigtausend Mark für einen Hund! Trotzdem würden sich's die Engländer das Doppelte kosten lassen, wenn sich der Kauf wieder rückgängig machen ließe, denn „Christopher", der Sieger auf den größten Ausstellungen, ist heute der gefeiertste Collie der Welt. Man rühmt die Collies als die intelligentesten aller Hunde.
— Unter den z a h l r e i ch e n Gratulanten, die am 1. April ihre Glückwünsche nach Friedrichsruh gesandt haben, befindet sich auch der Dramatiker Ernst von Wildenbruch. Er widmete dem Fürsten Bismarck einen mächtigen Lorbeerkranz mit folgenden Versen:
Du gehst von Deinem Werke Dein Werk geht nicht von Dir,
Denn wo Du bist, ist Deutschland,
Du warst, d'rum wurden wir.
Was wir durch Dich geworden.
Wir wissen's und die Welt,
Mas ohne Dich wir bleiben,
Gott sei's anheimgestellt.
(Selb st verrat.) Richter: . . . Der Angeklagte bestreitet, in der Nacht ruhestörenden Lärm verursacht zu haben! Zeuge! (Nachtwächter): Aber i' bitt' die Herr'n — wie hätt' i' denn sonst wach werd'n könne'?
(Revanche.) Gast: Aber das Bier ist heute schlecht, man kann es ja kaum trinken:
— Wirt: Drucken S' nur die Augen zu und schlucken Sie's nunter." (10 Minuten später.) Wirt (zum Gast, der nur die Hälfte seiner Zeche bezahlt): He! das ist ja zu wenig!
— Gast: Drucken S' nur die Augen zu und schieben Sie's ein.
(Väterlicher Stolz.) Sie sollten gar nicht meinen, welche Fortschritte meine Elsa im Klavierspiele macht. Gestern erst hörte ich, wie der Klavierlehrer ihr sagte, daß sie ihm immer um zehn Takte voraus ist.
Ganz wahrhaftige Wetterregeln.
Giebt's im April viel Regengüsse Dann kriegt man draußen nasse Füße.
Sind im Mai von Schnee die Felder frei, Jst's mit dem Schlittschuhlaufen vorbei.
Wenn um Marien die Sonne sticht.
Geh' in den Schatten, dann merkst Du's nicht. Kommt der Regen aus Norden dem kalten. Darfst Du den Schirm nicht nach Süden halten. Wenn der Rauch ganz senkrecht zur Höhe geht. So darfst Du glauben, daß der Wind nicht weht. Ist um Johanni große Hitzen,
Dann werden Mensch und Tiere schwitzen. Schrei'n um Martini vor Kält' die Dohlen, Mußt Du den Paletot vom Leihainte holen. Wenn der Hase feist zu Holze zieh'n thut.
So laß' ihn braten, dann schmeckt er gut. Dreht sich der Wind von Süd nach Westen, So beachte dies nicht, das ist am besten.
Zieht früh im Herbst die Lerche fort,
Dann find'st Du sie am andern Ort.