Beilage zur' Chronik."

ICra. 23. Samstag, den 3. April 13TO.

Unierhalikndts. Astern unter'rn Schnee.

Erzählung von Hei»»r. Grans.

(Nachdruck verboten.!

Dem Zauber, den die keusche Schönheit Hedwigs auf jeden hervorbrachte, der mit ihr in Berührung kam, konnte sich Graf Eugen um so weniger entziehen, als sie ihm so uner­wartet begegnete unv er bis dahin von einem strengen, durch die Gicht gewarteten Baker in kindischer Abhängigkeit fern von der Welt, in der Zurückgezogenheit und Einsamkeit des alten Schlosses gelebt hatte. Das oft bezweifelte göttliche Wunder einer Liebe auf den ersten Blick vollzog sich rasch zwischen zwei Menschen, die der Himmel selbst für einander bestimmt zu haben schien,, und als Graf Eugen das junge Mädchen durch den stillen, mondbe- glünzten Wald bis zu ihrem Dörfchen begleitet und sich dort in herzlichster Weise und mit dem Versprechen des Wiedersehens verabschiedet, da rief es wie mit Zaubermacht in seinem Innern:Die ist es over keine sonst auf Erden!"

, Von nun an erschien Graf Eugen fast täglich im Pfarrhaufe, wo Friedrich seinen Freund" den Eltern vorgestellt hatte, und als dieser zur Universität zurückkehren mußte, und der Pfarrer nun immer bedenklicher das Zu­sammensein der jungen Leute beobachtete, über welches man bereits im Dorfe allerlei Be­merkungen machte, da hielt es die Liebe und Ehrenhaftigkeit des jungen Grafen für geboten, die Situation aufzukiären und Hedwigs Hand von den greifen Eltern zu erbitten. Die Freude darüber war unbeschreiblich, denn ihr Herzenskind hielten sie einer Krone nicht für unwürdig. Trotzdem hatte der Pfarrer die Besonnenheit, mitten in dem Jubel auf die Einwilligung des Vaters hinzuweisen, der dies­seits und jenseits der Grenze als ein harter, hochmütiger Aristokrat gefürchtet war. Doch Graf Eugen schien in diesem Punkte sehr siegesgewiß, da er als künftiger Majoratsherr unabhängig sei, nur wünschte er, seinen Vater von der Verlobung erst in Kenntnis zu setzen, wenn dessen schwere Krankheit eine Besserung erfahren.

So war der Januar des neuen Jahres vergangen, als die Besuche des jungen Grafen immer seltener wurden und plötzlich ganz ein­gestellt blieben, was zu allerlei Besorgnissen Veranlassung gab, die immer nur ihren End­punkt in einer schweren Krankheit Eugens fanden. Schon war Hedwig entschlossen, in das Schloß zu eilen und persönlich Er­kundigungen einzuziehen, als ein Schreiben des alten Grafen eintraf, in dem dieser mit harten Worten erklärte, nie seine Einwillig­ung zu einer Mesalliance seines einzigen Sohnes geben zu wollen und den gutmütigen Pfarrer so empfindlich an der Ehre packte, daß der Pfarrer eine Antwort gab, die jede Beziehung zwischen dem Schloß und dem Pfarrhaufe aufhob.

Hedwig litt unendlich und um so mehr, als sie den tiefbekümmerten Eltern ihr Leid zu verbergen sich bemühte. Die schon halb aufgegebene Reise nach Amerika wurde jetzt wieder ausgenommen, da man sich von der Entfernung Vergessenheit des Schmerzes ver­

sprach. Am ersten Ostertag war nach der Predigt, Mittags, ein Wagen bestellt, der Hedwig zur Bahnstation Schmiedeberg bringen sollte, so daß sie mit dem Nachtzug von Breslau aus nach Berlin und von dort nach Bremen, wo sie am zweiten Feiertage von einer befreundeten Familie empfangen würde, gelangte. Der Pfarrer harte das Alles sehr hübsch geordnet, aber der Himmel hatte es anders beschlossen.

Der verehrte Leser entsinnt sich vielleicht noch des ungeheuren Schneefalles, der das Schmiedeberger Thal mit elementarer Gewalt heimgesucht und die armen Bewohner der tiefer gelegenen Ortschaften von der Außenwelt ab- schnitt, sie lebendig begrub. Diesem Schick­sal war auch das in einer Mulve gelegene Dorf D. . . ., Hedwigs Heimat, verfallen. Äußer dem vom Sturm gedrehten Wetterhahn des Kirchturmes und einigen hohen Baum­wipfeln, die aus dem unendlichen Leichentuch, wie hilfeflehend, hervorragten, verkündete nichts d e Stelle, wo menschliche Wohnungen standen, wo die Bewohner sich eben für die Ofterfeier rüsteten. Es war vielleicht das erste mal, daß au diesem Feste die Kirchenglocken der Gemeinde nicht verkündeten, daß JesusChristus erstanden sei.

Bei dem schwachen Schimmer einer kleinen Schirmlampe, die vergebens die grauenhafte Finsternis zu durchdringen versuchte, saß der Pastor, umgeben von seiner Familie und las ^ aus der Bibel vor. Seine Stimme klang in dem lebendigen Grabe unheimlich, und die tröstenden Worte, welche er an die Seinen richtete, entbehrten der Ueberzeugung. Drei Tage und Nächte hatte man in diesem schwülen, erstickenden Raume zugebracht und die Hoff­nung auf Erlösung wurde immer fraglicher, da mehr und mehr die schmalen Speisevorräte schwanden.

Während der Pfarrer in seiner Vorlesung eine Pause machte, vernahm man durch die tiefe Stille, außerhalb des Hauses ein eigen­tümliches Scharren und Kratzen. Alles horchte erschreckt auf, und als der Pastor vorsichtig, und nicht ohne Mühe, die Hausthüre, gegen welche sich erdrückend eine Schneewand lehnte, zu öffnen suchte, kroch aus den hereinstürzen- oen Schneemassen, in welchen er einen förm­lichen Gang gegraben, Hektar, Graf Eugens prächtiger Hühnerhund, schweißtriefend, hervor. Das treue Tier stürzte auf Hedwig zu, welche auf die Kniee gesunken war und um- >pranz sie mit freudigem Bellen und Winseln. Wir sind gerettet!" rief sie, und schluchzend brachen die lang verhaltenen Thränen hervor. Wie die Taube mit dem Oelzweig einst Noah erschien, jo sollte ihr Hektar verkünden, daß Eugen zu ihrer Rettung in der Nähe sei.

Fast den ganzen Tag über vernahmen die Bewohner des Pfarrhauses donnerähnliches Krachen, das dumpfe Geräusch der Schnee- pslüge, und mit Hilfe einer Kompagnie Infan­terie, die mit Hacken und Schaufeln versehen war, erstand das Dorf nach und nach wieder, wie aus einem Grabe. Der Führer und unermüdliche Leiter dieser Arbeiten war Graf Eugen, der als der Erste jetzt das Pfarrhaus betrat, um der fast verzweiselten Familie Ret­tung, Freude und Glück zu bringen.

In einem ernsten Augenblick hatte Eugen dem totkranken Vater sein Ehrenwort verpfän­det, bis zu dessen Tode jede Verbindung mit dem Pfarrhaus abzubrechen.Was dann ge­

schieht, kann ich nicht hindern", hatte der Kranke gemeint,das magst Du allein ver­treten." Erst seit drei Tagen war Eugen der neue Majoratsherr und als er diese Nach­richt der Geliebten überbringen wollte, erfuhr er mit Entsetzen das Unglück, zu dessen Ab­wehr er alles in Bewegung gesetzt hatte.

Durch die freigelegten Thüren und Fenster strömte das so lang entbehrte Tageslicht und und erfüllte Alles mit Dank und Glückselig­keit. Die Glücklichsten aber waren Eugen und Hedwig, welche sich fest umschlungen hielten, während verständnisvoll der treue Hektor zu ihnen aufblickte.

Gott segne Euren Bund!" sprach feier­lich der alte Pfarrer.Ich denke, jeder von uns wird stets im treuen Gedächtnis bewahren dieses Osterfest unter'm Schnee!"

Vermischtes.

(Zahl der Kinder infranzösischen Familien.) Die Erhebungen, welche von der französischen Verwaltung behufs Anwen­dung des neuen Wehrgesetzes, welches den Vätern von mehr als 7 Kindern gewisse Vor­teile sichert, angestellt worden sind, haben er­geben, daß in Frankreich 2 Millionen Haus­haltungen existieren, die keine Kinder, 2'/2 Millionen die ein Kind, 2 300 000 die zwei Kinder, l'/e Millionen, die drei, ungefähr eine Million, die vier,- 500 000, die fünf, 300 000, die sechs, und schließlich 200 000, die 7 und mehr Kinder haben.

(Gesunder Appetit.) Einen staunens­werten Beweis von einem gesunden Appetit lieferte ein Gärtnergehilfe in Neu-Ulm. Der­selbe verzehrte nämlich infolge einer Wette, nachdem er kurz vorher ein Stück Rauchfleisch, eine Portion Schweizerkäse, zwei Nickelwürste nnd eine Portion saure Leber mit gerösteten Kartoffeln ,nebst der entsprechenden Anzahl Brote gegessen hatte, noch 20 Stück hartge­sottene Eier aus der Schale. Wohl bckomms!

Ilr. 391 des praktischen Wochenblattes für alle HausfrauenKurs Kaus" (viertel­jährlich nur 1 Mark) enthält:

Wochenspruch:

Der tief vor Dir sich krümmt.

Dem sieh doch auf die Hand Er greift vielleicht nach Sand Der für Dein Aug' bestimmt.

Diese Nummer, eingeleitet durch das unse­ren jungen Christen gewidmete GedichtZur Konfirmation", giebt an leitender Stelle An­weisung zur Behandlung und Pflege des Weinstocks", der ein zeitgemäßer, nützlicher Aufsatz überBriefaufschriften" folgt. In dem AufsatzeDer Kleiderrock" wird eine von Schnittmustern begleitete Anweisung zum Anfertigen dieses Kleiderstückes gegeben. Der Fortsetzung der anregenden ErzählungDer getreue Eckart" schließen sich die Rubriken Ostern", Hausgarten", Kleidung", Kunst im Hause" undKüche" an, alle geben neue und wichtige Ratschläge, u. a. zur Anfertigung und Verzierung von Ostereiern, ferner zur Frühjahrssaat in Hausgärten.Die neuen Dichterstimmen" und ein reicher Meinungs­austausch imBriefkasten der Schriftleitung" bilden nebst dem BeiblattFürs kleine Volk" gleichfalls einen sehr wertvollen Teil dieser beliebtesten deutschen Frauenzeitung.