^ Der französische Bericht von 8er mazedonisch«« Fronk.

(WTB.) Paris. 30. Sept. Französischer Orientbericht vom 28. Sept.: Am 27. Sept. allgemeiner Vormarsch auf der ganzen Front mit einer bedeutenden Beute an Gefan­genen und Material. Die Alliierten des linken Flügels brachen zwischen dem Prespa- und dem Ochridasee und nord­westlich von Monastir den noch bestehenden feindlichen Widerstand und überschritten die Krijshavs auf breiter Front und rückten bis Kitschewo vor. Im Zentrum drangen die Serben mittags in Veles ein, rückten an der Front KarabuusitaNudnik bis auf 23 Meilen nach Uesküb vor, erreichten auch die Gegend KotschanaRadevista und stießen mit Kavallerie in Gegend von Lchove bis auf 6 Meilen an die bulgarische Grenze vor. Die Alliierten des rechten Flügels besetzten die Strumitzagegend und stießen das Strumitzatal östlich hinaus. Seit dem Beginn der Of­fensive wurden über 300 Geschütze erbeutet.

Zur militärischen und politischen Lage.

Fast unsere gesainte Westfront steht nun unter dem ge­waltigsten Ansturm feindlicher Truppenmassen und dem Ein­satz von Kriegsmaterial der Industrien fast der ganzen Welt gegen das deutsche Heer. Wir stehen in einem Kampf, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat. Eine mehrfach überlegene Staatengruppe von Feinden, zusammengeschweißt durch Raubgier, ausgepeitscht durch Lüge und Verleumdung, geht darauf aus, Deutschland und seine Bundesgenossen militärisch zu vernichten, um dann den Merbund zer­stückeln und ihn machtlos machen zu können. Aber nicht um die Vernichtung der Militärmacht des Vierbunds allein ist es den Alliierten zu tun, das ist nur ein Mittel zum Zweck, man will die Vierbundmächte lediglich machtlos machen, um einmal ihnen Gebiete «-nehmen zu können, zum andern, um ihre wirtschaftliche Freiheit beliebig ein­schränken zu können. Es ist schon so, der angelsächsische Bund erhebt mit einem frechen Zynismus seinen Anspruch auf die wirtschaftliche Weltherrschaft und auf die Be­herrschung sämtlicher Kolonialgebiete, d. h. sämtlicher Roh­stoffländer, die eine Lebensnotwendigkeit für die modernen Industriestaaten, besonders für Deutschland, bedeuten. Daß unsere Volkswirtschaft auf die Rohstoffeinfuhr angewiesen ßst. das sehen wir ja täglich vor Augen. Wir können uns also eine Vorstellung machen, wie cs wäre, wenn wir uns von England und Amerika vorschreiben lassen müßten, wie­viel wir Baumwolle, Wolle und Kolonialprodukts der ver­schiedensten Art. wie wir sie vor dem Kriege zur Speisung unserer Volkswirtschaft und zur Ernährung der Bevölkerung eingeführt haben, von nun ab beziehen dürfen. Und der angelsächsische Bund hat es auf Vernichtung unserer Wirt­schaftskraft abgesehen, und auf Isolierung des Deutschen Deichs, um dessen politischen und wirtschaftlichen Einfluß dauernd lahmzulegen. In diesem Sinne haben wir das Ungeheure Ringen im Westen zu betrachten.

Zu den Großangriffen im Raum von Cambrai, östlich von Reims und westlich von Verdun ist jetzt auch eine eng­lisch -belgische Offensive in Flandern gekommen, die von Dixmuiden an sich aus den ganzen Ppernbogen mit den Hauptpunkten Passchendaele P15 Km. nordöstlich Ppern) Becrlasre (15 Km. östlich d) Zanvoorde (12 Km. süd­östlich P.) Hollebeke (8 Km. südlich d) erstreckt. Der jAngciff, der durchschnittlich etwa 2 Km. über die im Früh­jahr dort namentlich im Raum südöstlich dpern ein- tzenotssmene Stellung hinausgetragen werden konnte, ist auf obengenannter Linie zum Stehen gebracht worden. Im Daum von Cambrai haben wir unsere Stellungen etwas zurückgeiiommen. Halbwegs der Straße Soissons Laon Haben die Franzosen ein paar Dörfer gegen Laon zu ge- -gewonnen (Chavignon, 15 Km. südlich Laon, und die dicht südlich liegenden Orte Vaudesson und FortdeMalmaison). Oestlich Reims haben die Franzosen ebenfalls wuchtige An­griffe geführt, die aber durchweg unter schweren Verlusten für de» Feind gescheitert sind. Der einzige Erfolg war die ^Einnahme des 85 Kilometer östlich Reims gelegenen Dorfes Somme-Py, der 2 Km. hinter der Linie vom Frühjahr liegt. Die Amerikaner haben in den nördlichen Argonnen, 30 -Km. westlich der Zitadelle von Verdun, 10 Km. nördlich von Vienne le Chateau, weitere örtliche Fortschritte gemacht; sie sind bis Binarville (5 Km. nördlich von V. l. CH.) und Apremont (15 Km. nordöstlich V. l. LH.) gekommen. Beide Orte liegen einige Kilometer hinter der Linie vom Früh­jahr. Selbstverständlch machen die feindlichen Berichte, wie üblich, bei jedem Ort, der ihnen überlassen wird, eine feuil- letonistische Schilderung über den großen Gewinn, den sie erzielt haben. Die Franzosen und Engländer wollen schon je mehr als 10 000 Gefangene gemacht haben, die Belgier '4000. Es ist ja selbstverständlich, daß unsere Heere, die jeden Flecken Gelände bis zum äußersten halten, bei dem schrittweisen Rückzug Gefangene und Kriegsmaterial ver­lieren, aber diese Eefangensnzahlen haben gegenüber dem Riesensinsatz von beiden Seiten gar nichts zu be­deuten. Die Hauptsache ist, daß unsere Verteidigungs- front intakt gehalten wird, ob sie hier und dort zurück- genommen wird, ist gleichgültig, wenn nur die Kampfkraft nuferer Feldgrauen anhält. Diese müssen wir aber im Innern durch feste, ernige Haltung stärken. Jeder muß sein Bestes auch im Innern daran geben, im Interesse der Gesamtheit. Nicht der Eigennutz darf jetzt, wie es bisher leider auf wirtschaftlichem und innerpoliti­schem Gebiet der Fall war. der Leitgedanke bei unserm

Handeln sein, sondern dle Rücksicht auf dle Allgemelnheik, auf die große Not des Vaterlandes.

In diesem Sinne hat jetzt auch die nationalliberale Fraktion des Reichstags eine Entschließung angenom­men, die darauf angelegt ist, die schleunige Zusammenfassung aller nationalen Kräfte zu ermöglichen. Es soll danach eine engere Verbindung zwischen Regierung und Volks­vertretung angestrebt werden, durch Eintritt weiterer Ver­trauensmänner der Parteien in die Regierung, die bereit sind, die Verantwortung für die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Deshalb sollen die Artikel der Reichsoerfas- svng aufgehoben werden, wonach ein Reichstagsabgeordneter nicht zugleich Mitglied des Bundesrats und der Reichs­regierung sein darf. Es wird sich hier also um die Auf­nahme eines Sozialdemokraten in di« Regierung handeln. Als Aktionsprogramm nach innen und außen wird vor- gefchlagen: Einheitlichkeit zwischen Reichsleitung und den verantwortlichen Militärbehörden, durchgreifende Reform des Auswärtigen Amtes, schleunige Regelung des preußi­schen Landtagswahlrechts gemäß der Regierungsvorlage, baldige Entscheidung über die Staatsform von Elsaß-Loth­ringen. Bezüglich der Außenpolitik wird Erlangung eines Friedens auf der Grundlage der Unversehrtheit des Reichs­gebiets angestrebt und der Rückgabe der deutschen Kolonien. Belgien soll politisch und wirtschaftlich unabhängig bleiben, unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts der Vlamen. Was die Wünsche bezüglich der Ostpolitik anbelangt, so decken sie sich mit den Payerschen Erklärungen von dem wirtschaftlichen Anschluß der selbständigen Randstaaten an die Mittelmächte. Mit dem Baltenland und Litauen soll eine möglichst baldige politische, wirtschaftliche und militäri­sche Verbindung hergestellt werden. Auch dem Gedanken eines Völkerbundes steht die Fraktion sympathisch gegen­über, der natürlich einen Wirtschaftskrieg und die Be­schränkung der Freiheit der Meere ausschließen müsse. Man sieht, die Nationalliberalen haben das Gebot der Stunde, Sammlung im Innern und möglichste Verringerung der politischen und moralischen Angriffsfläche im Hinblick auf die Propaganda unserer Feinde erfaßt, und eine Grund­lage vorgezeichnet', auf der die ganze Nation geschlossen hinter Regierung, Heeresleitung und Volksvertretung treten kann. Auf dieser Plattform dürste eine Konzentration unserer politischen Kräfte möglich sein, von denen wir jetzt keine entbehren können, wenn wir nicht unsere Stoß­kraft nach außen verlieren wollen.

Was die Lage auf dem Balkan anbelangt, so wissen die feindlichen Berichte immer noch von einem Vor­dringen der Allierten nach Norden zu berichten. Es scheint, daß die Alliierten das bulgarische Waffenstillstandsangebot nicht angenommen haben, daß sie sich aber bereit erklärt haben, während die Operationen fortgshen, mit den bul­garischen Unterhändlern zu verhandeln. Natürlich kommen aus dem feindlichen Lager schon wieder die ausschweifendsten Hoffnungen und Pläne zum Ausdruck. Man verlangt völ­lige Entwaffnung des bulgarischen Heeres und Unterwer­fung unter die Bedingungen der Entente. Es wird nun viel darauf ankommen, ob die Reserven der Mittelmächte rechtzeitig angelangen, um die Widerstandskraft des bulga­rischen Heeres zu stärken. Dann könnte vielleicht die Situ­ation ein ganz anderes Gesicht bekommen. Bor allem aber gilt es für uns, ruhiges Blut zu behalten. Die Entente hat schon manchen ihrer Bundesgenossen verloren und hat nur mit erneutem Kriegswillen weiter gekämpft. Wir stehen im Kampf um unser Leben, da dürfen wir uns nicht durch solche Nebenschläge entmutigen lassen. Für uns handelt es sich nur darum, die Nerven zu behalten, und dem Feinde zu zeigen, daß trotz aller seiner Anstrengungen die Niederzwingung Deutschlands nicht gelingt. So muß er schließlich zur Einsicht kommen, daß eine Fortführung des Krieges ihm keine Aussicht verspricht, sein Vernich­tungsziel zu erreiche». Und dann haben wir unser» Exi­stenzkampf siegreich bestanden. O- 8-

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Der frühere bulgarische OberkommanLiereude über die bulgarischen Ereignisse.

(WTB.) Budapest, 20. Sept. (Ung. Korr.-B.) Der frü­here Oberkommandrerende der bulgarischen Armee, General Sawow, erklärte gestern über dis bulgarischen Ereignisse und die durch sie geschaffene Lage folgendes:

Die derzeitige Situation Bulgariens ist nicht so schlecht wie man glaubt. An der Front und im Innern zeigten sich gewisse Unruhen. Diese benutzte der Feind zur Er- kämpfung seines Erfolgs in Mazedonien. Dieser ist ledig­lich als vorübergehend anzusehen und nach kurzer Zeit wird die Lage infolge der Maßnahmen, die von dem Oberkommando der bulgarischen und der verbündeten Ar­meen getroffen wurden, hergesiellt sein. Sie wissen wohl, daß der südliche Kriegsschauplatz nicht der der Bulgaren, sondern des ganzen Vierbundes ist. Infolge dieses Umstan­des kann man volles Vertrauen haben, daß der zeitweilige Erfolg des Feindes durch die Bajonetts unserer tapferen Armeen bald zunichte gemacht sein wird. Was den Frieden betrisst, so will ihn unser Bund und er will auch Opfer bringen, um ihn zu erreichen. Da aber unsere Feinde gegen den Frieden sind, muß der psychologi­sche Moment abgewartet werden, wo wir einen Frieden schließen können, der unser Gebiet und unser Recht auf Da­sein wahren wird. Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich behauptet, daß dieser Moment nicht mehr fern ist. Eben infolge der Nähe dieses Auaenblicks müssen wir noch

einige Opfer bringen, müsse« Geduld haben und im vollen Vertrauen der Zukunft entgegensetzen.

Die Entente und die bulgarischen Vorschläge.

(WTB.) Paris, 28. <sept. (Ag. Havas.) Die mit Bul­garien kriegführenden Ententeregierungen sind mit Vor­schlägen Frankreichs betreffend die auf die bulgarische Note zu erteilende Antwort befaßt worden. In Unter­redungen Clemenceaus mit Lloyd Georgs konnte Ueber- einstimmung in allen Punkten festgestellt werden.

Zuversichtliche Willensstärke Haltung der Ungar«.

(WTB.) Budapest, 30. Sept. (Ung. Korr.-B.) Blätter- msldungen zufolge ist im vorgestrigen Wiener Kron- r a t alles geschehen, was das wohlverstandene Interesse der Monarchie erheischt. Während einerseits die notwendig ge­wordenen militärischen Maßnahmen zur Sicherung einer wirksamen Verteidigung vollzogen wurden, besteht unver­ändert das Bestreben, im ersten möglichen Augenblick eine« Frieden zu schließen, der die territoriale Unversehrtheit der Monarchie unbedingt wahrt und der einvernehmlich mtk dem Deutschen Reich geschlossen werden soll, ebenso wie wir mit diesem auch in den Kämpfen Schulter a» Schulter gestanden haben. In maßgebenden Kreisen wird nachdrücklich betont, daß, wiewohl der Entschluß Bulga­riens auch die Monarchie vor eine außerordentlich schwere Situation gestellt hat, weder zu Kleinmut, noch zu Verzagt­heit Grund vorhanden ist. Wenn die Nerven Ungarns die russischen und die rumänischen Invasionen ausgehalte« haben, wird das Vertrauen und die Zuversicht der Monar­chie auch weiterhin unerschüttert bleiben. Ihre Wehrkraft wird im Süden dem Feind eine neue eherne Mauer eM- gegenstellen. Ihre Diplomatie zeigt auch weiterhin nicht versiegende Willenskraft.

Vermischte Nachrichten.

Großfürst Nikolajewitsch über Rußlands Interessen.

(WTB.) Kiew, 26. Sept.Nowosti Dnja" meldet: Groß, fürst Nikolajew Nikolajewitsch habe einem Mitarbeiter- deq Blattes erklärt: Die Bildung einer Ostfront würde Rußland zugrunderichten. Er verurteile die Einmischung der Entente in di« i»»eren Angelegenheiten Rußland» und die Besetzung russischer Gebiete. Die Rettung könne nur durch Russen kommen. Sei auswärtige Hilfe nötig« dann könne man sich an Deutschland wenden, desse« Interessen den russischen näherständen. Ukraine und Krim! seien Beispiele dafür, daß Deutschland sich nicht in die inne-, ren Angelegenheiten der besetzten Gebiete einmische.

Amerika auf dem Weg nach chinesischen Geschäften.

(WTB.) London, 28. Sept. (Reuter.) DieTimes'' melden aus Tokio vom 21. Sept. Aus Peking komm«A. wichtige Nachrichten über die Beziehungen China» zu den Vereinigten Staaten und Japan. Der chinesische Ees-l sandte in Washington berichtet, daß Amerika dir Kontrolle über di« chinesische Ostbahn zu erlangen trachtet. Md Negierung teilt mit, daß sie beabsichtigt, diese KonzessioG zu verweigern, wie sie sie auch Japan gegenüber bereit» verweigert habe.

Kirchenraub.

(WTB.) Wien, 28. Sept. DiePolit. Korresp." melde- aus Moskau: Ein in Moskau verübter KirchenfrevsR unerhörter Art ruft in allen dortigen Kreisen die höchste Empörung hervor. Das größte Heiligtum der Stadt, das weltberühmte Bild der Mutter Gottes von Kasan, dessen Juwelenschmuck eine» kaum schützbaren Weit darstell-, wurde während des Gottesdienstes dem durch Revolverschüsse schwer verletzten Priester entrissen. Der Kiichenräubek vermochte in der Panik mit seiner Beute zu entkomme». Die Behörde bietet zu seiner Ausforschung die größten mühnngsn auf.

Aus Stadt und Land.

Calw» den 30. September 1918.

Kolonialkriegerspende.

oronialkriegerspende hat die Genehmi­gung erhalten, Beiträge m Württemberg zu sammeln. Es gilt einen längst schuldigen Dank denen abzutrage«, dt« in der Tropensonne Afrikas, fern der Heimat, von jeder Zufuhr abgeschnitten, Deutschlands Flagge hochhielten, bts sich, von der Uebermacht der Feinde erdrückt, ihr bitteres Schicksal erfüllte. Was deutscher Fleiß in 30 Jahren rühriger Kolonialwirtschast aufgebaut hatte, ist ein Raub der Engländer, ihrer weißen und farbigen Hilfsvölker ge­worden; zerstört liegen blühende Pflanzungen, reiche Far­men, der Stolz unserer Landsleute, die Früchte ihrer Arbeit. Und um das Unglückslos unserer schwer heimgesuchten Brü­der in Uebersee vollzumachen, wurden sie vielfach in eine erbarmungswürdige Gefangenschaft fortgetrieüen, die vielen von ihnen Leben und Gesundheit kostete. Ihnen zu helfen« die Wunden zu heilen, die der Krieg den wackeren Vor­kämpfern in Neu-Deutschland geschlagen hat, ist eine Ehren­pflicht eines jeden Deutschen. Gaben nehmen an: Frau Fabrikant Otto Wagner, Fran Apotheker Seeger, Frau Stadtpfarrer Sandberger (Liebenzell). Buch­handlung Emil Georg ii, Buchhandlung Häußler und die Geschäftsstelle desCal wer Tagblatt".