Aeilage zurWiLöbcröer Ghronik."

U-ro. 7S.

Unikrhaltkndrs.

Die MstermühL'e.

Eine Dorfgeschichte von Hermann Robolsky

(Nachdruck verboten.)

s4j (Fortsetzung.)

Die Küchenmagd mußte dann sofort für die Gäste Kaffee kochen, und hinterher wurde der Tisch mit Wurst, Schinken und dergl. be­setzt, als ob total ausgehungerte Menschen ge­sättigt werden sollten. An dieser Abfütterung nahm aber der Müller nie teil. Er ent­schuldigte sich stets mit ganz unabweisbarer Abhaltung, und die eben nicht Blöden ließen es sich dann auch ohne den generösen Wirt schmecken.

Blieb der Hausfreund noch bis zum Abend in der Elstermühle, so pflegte Hartwig die kleine Gesellschaft unter die laubreichen, schat­tigen Bäume zu geleiten und sie dort mit Bier zu traktieren. Dann hätte es aber blos Jemand hören sollen, welch' schwierige Pro­zesse der unvergleichliche Rechtspraktikant in letzter Zeit alle glücklich durchgeführt hatte! Leute, die schon mit einem Fuß im Gefäng­nis standen, wurden durch dasschneidige" Berufungs-Verfahren des von allen Richtern gefürchtetenKleinen" ganz frei gesprochen. Einem Rittergutsbesitzer gewann der Gesetzer­kenner einen großen Wald heran , den der Fiskus wiederrechtlich seit Jahren als Staats­eigentum ausgenützt.Kein anderer Jurist" wollte vor ihm die Führung des sehr kompli- zirten Prozesses übernehmen, und dergleichen Dinge mehr. So erzählte wenigstens der sich wie ein Täuberich brüstende Federheld voll komischer Wichtigkeit, indem er mit der Rechten die Haartrolle mächtig emporstrich. In Wirk­lichkeit hatte der Possirliche aber vielleicht für eine Dienstmagd einen Brief an deren Schatz geschrieben, der sie untreu im Stich gelassen, oder jedenfalls eine Steuer-Reklamation für 50 aufgesetzt.

Der Müller hörte die Aufschneiderei ge­duldig mit an, nickte auch wohl an geeigneten Effektstellen Beifall, glaubte aber natürlich doch nur sein Teil von den unverschämten Lügen. Opposition machte der sonst leicht zum Streite Geneigte dem Prahlhans nie.

Nicht selten mußte der Gast auch sehr ge­heime Dinge zu erzählen haben, denn er faßte dann den leise widerstrebenden Wirt an den Aermel und zerrte ihn halb mit Gewalt bis an das Ufer des schilfbewachsenen Teiches. Hier strich der Kleine grad wie ein kollernder Truthahn fortwährend vor dem geduldigen Zuhörer hin und her, gestikulirte mit den Armen und ergriff im Eifer seines Vortrages des Müllers Hand, die er heftig hin- und Herzog.

Den Leuten in der Mühle war es ge­radezu ein Rätsel, daß sich ihr Herr von dem Rechtsverdreher" so bemeistern ließ. Jüngst hatte einer der Knechte bei notwendigem An­lasse es versucht, solch' wichtige Sprechstunde zu unterbrechen. Den hatte der Winkeladvokat aber schön heimgeschickt, und auffallender Weise wagte Hartwig nicht, seines Arbeiters Partei zu nehmen.

Es war ein milder, lauer Sommerabend. Unter den säulenschlanken Buchen am Mühl­teich saß FrauAnwalt" Forbach mit ihren vier Töchtern, aus steinernen Satten saure

Mittwoch, den 2. Oktober

Milch speisend, während der Herr Gemahl wieder in eifrigem Vortrage mit dem Besitzer des Hauses am Teichufer auf- und abspazierte.

Diesmal trug gegen alle Gewohnheit auch der Müller sein Teil zur Debatte bei. Er sprach sehr laut und mehrere Male stieß er die Worte aus:Es ist eine unverschämte Spitzbüberei!"

Hartwig galt als großer Fischfreund. Er hatte in seinem Teiche eine Karpfenzucht ange­legt, und von diesen delikaten Schuppentieren waren ihm schon mehrere Male nächtlicher Weile etliche gestohlen. Der Dieb mußte sich bei seinem strafbaren Thun sehr sicher fühlen, denn er nahm jedesmal nach dem Fang die Fische am Ufer aus und ließ die Eingeweide wie zum Hohn liegen. Immer geschahen diese Räubereien an der schilfreichen Waldseite des Teiches

Sie hätten schon Mal des Nachts eine Wache ausstellen sollen, um den Thäter zu erwischen!" rief der Bucklige und wischte mit einem Blättchen Papier die Brillengläser klar.

Ist längst geschehen!" rechtfertigte sich der Müller;aber vergeblich. So viel haben wir herausgebracht, daß der Dieb ein halb- wachsener Bengel sein soll."

Hm, eine plötzliche Ueberraschung und ein imponirtes Entgegentreten liefern uns den Schuldigen vielleicht am Frühestens in die Hände., Die Macht der Intelligenz und der Würde ist ja im Stande, sogar einen Löwen zu bestricken."

Hartwig lachte:Wir haben immer ge­glaubt, ein stämmiger Knecht mit armdickem Knüttel wäre die geeignetste Person zum Postenstehen gewesen."

Ach was!" krähte der Weltweise.Die rohe Kraft muß sich stets dem Geiste unter­ordnen. Wie würde sonst ein Elephant den Menschen respektieren?"

Ich weiß nicht," zweifelte der weißbe­staubte Mann und sah wieder vor sich nieder, wie Sie damit Diebe sangen wollen. Die Art und Weise wäre wirklich neu!"

Gut!" brüstete sich jetzt der Knirps in einer Anwandlung von Uebermut.Ich werde diese Nacht die Wache hier am Ufer über­nehmen, und stellt sich der Bengel wieder zum Karpfenholen ein, so überliefere ich Ihnen den­selben morgen als reuigen und zerknirschten Sünder."

Da bin ich neugierig auf Ihre Fang­methode," sagte der Fischliebhaber.Wenn der Spitzbube wirklich kommt und Sie gewahr wird, giebt er ohne Zweifel Fersengeld, wie er schon gethan hat."

Ganz einfach: ich lasse ihn erst einen Kaltblütier Herausangeln. Dann trete ich plötzlich aus dem Versteck hervor, schmettere den Missethäter mit energischen Worten auf die Kniee nieder und führe Ihnen den Willen­losen unter dem Vorgeben zu, daß Sie ihm verzeihen würden. Haben wir den Spitz­buben erst in der Mühle, so wird er der Po­lizei übergeben."

So? Na, meinetwegen. Ich will Ihnen auf Wunsch noch einen Knecht zur Hilfe mit Herstellen. Wir haben Mondschein, und da können sie sich gegenseitig im Auge behalten."

Ist nicht von Nöten!" spreizte sich der Selbstbewußte und schob seine Rechte vermögen in den Westeuausschnitt.Mit meiner Rede richte ich mehr aus, wie Sie mit 10 Knechten."

1SSS.

Das Gespräch der Beiden war ganz laut geführt. Der neulich von dem Anwalt so derb angefahrene Hofarbeiter hatte Wort für Wort am Mühlenschutz mit angehört. In sich hineinlächelnd, verließ der Lauschende seinen Stand und begab sich wieder mit gleichgiltiger Miene an die Arbeit.

Forbach schickte die Seinen unter dem Vorwände, noch bis spät in die Nacht schrift­liche Arbeiten für seinen Freund anfertigen zu müssen, nach Hause.(Forts, f.)

Vermischtes.

(Radfahren und Rudern.) Die Wiener internationaleGesundheits-Sportzeit­ung" schreibt unter diesem Titel u. a: Die beiden besonders wichtigen Gebiete des Ge­sundheitssportes sind stets in erster Linie zu schätzen. Der Radfahrsport hat sich zum Ge­meingut der ganzen Welt gemacht, auf allen Straßen schwingen sich die schmucken Räder, deren Zweck es ist, die Glieder ihrer Reiter zu stählen und die Ziele derselben im Fluge zu ereilen. Besonders lohnend erweist sich das Fahrrad der Touristik, in der cs heute wahre Wunder leistet. Wer zu größeren Fuß­touren zu bequem war und die Eisenbahn be­nutzte, der hat von der bereisten Gegend ent­weder nur einen teilweisen einseitigen Anblick gehabt oder überhaupt gar nichts gesehen. Auf dem Rade aber, mit dem man ganz nach Willen da und dort länger verweilen kann, hat man freie Uebersicht nach allen Seiten, Berg und Thal, Dorf und Hain streift das Auge klar und rein. Und Radfahrer kann jeder werden, es hängt nicht derart von der Jugendkraft und Oertlichkeit ab wie beim Ru­derer. Der edle Rudersport hat sich nur dort entwickelt, wo das entsprechende Fahrwasser dazu da ist, und wo dies der Fall, da soll er auch ordentlich ausgenützt werden; denn er ist, was die gleichmäßige Körperbildung und Kräftigung anbelangt, unbedingt im Vorzüge. Daß man in verschiedenen Städten, wo Wasser genug da wäre, nicht mehr Lust dafür zeigt, ist bedauerlich, ja geradezu eine Sünde! An den Eltern wäre es gelegen, ihre Söhne an­zueifern, sie würden bald frischere und gesün­dere Gestalten sehen, als wenn die jungen Herren aus den dunstigen Wirts- und Cafe­hauslokalen heimkehren, wo sie gerne ihre Stunden verhocken, statt daß sic mit gesundem Sport ihrem Leben nützen.

(Manöverwitze.) Ein Stabsoffizier zum anderen nach dem Biwak.Morjen, Herr Major! Jut jeschlafen?" Major:Ach Jott! wie schläft man jetzt überhaupt! Am Abend legt man sich mit Helm und Schärpe nieder und am nächsten Morgen wacht man mit Zylinder und Glacehandschuhen wieder auf."

Nach zehnjährigem Schweigen hat Wilhel­mine von Hillern, die Verfasserin derGeyer- Wally", einen großen Roman vollendet, mit welchem die bekannte FamilienzeitschriftVom Fels zum Meer" nun ihren neuen Jahr­gang eröffnet. Dieser RomanAm Kreuz" ist er betitelt und die Autorin nennt ihn einen Passionsroman ist deshalb schon von un­gewöhnlichem Interesse, weil er die bevor­stehenden Ammergauer Passionsspiele zum Mittelpunkt hat und eine große Anzahl der Akteure jener Spiele auch in dem Roman in hervorragender Weise Mitwirken, ja beinahe die Haupthelden der neuen Schöpfung der stets kühnen und originellen Autorin sind.