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verbeten und den Wunsch ausgesprochen hat, es mögen an die Stelle der Feste Handlungen der Wohlthätigkeit und des Gemeinnsinns treten, so wird der Jubiläumstag auch von der Bevölkerung in aller Stille begangen. Keine Festlichkeit kennzeichnet den denkwürdigen Tag. wohl aber eine stattliche Zahl von milden Stiftungen und gemeinnützigen Einrichtungen, in welchen reiche Private und Körperschaften wetteifern.
Wien, 5. Dez. Von einem gestern Abend vom hiesigen Staatsbahnhofe abgegangenen Kourierzug wurde laut „Fkf. I." durch die rechtzeitige Entdeckung eines Anschlages ein furchtbarer Unfall abgewendet. Bei Grußbach wurde, vermutlich durch rachsüchtige entlassene Bahnarbeiter, ein Schienenpaar abgerissen. Glücklicherweise konnte der Kourierzug noch rechtzeitig benachrichtigt werden.
Wien, 6. Dez. Gestern Abend veranstalteten in Preßburg eine Anzahl Studenten eine Straßenkundgebung gegen den Bürgermeister und warfen in dessen Haus die Fenster ein, weil vorgestern bei einer Festvorstellung im Theater die Büste Kaiser Franz Josephs mit schwarzgelben Farben drapiert war; die Polizei trieb die Demonstranten auseinander.
Mudapest, 3. Dez. Wie aus Lugos gemeldet wird, steht das zwischen Forazest und Pkoscn liegende Waldgebiet in Flammen. Bisher wurden ca. 500 Joch von den Flammen ergriffen.
Maris, 3. Dez. Heute früh explodierte im Hafen zu Marseille der Kessel eines Baggerschiffes. Ein Heizer wurde 50 m hoch, über die Mastbäume eines anderen Schiffes weg, emporgeschleudert und in Stücke zerrissen, fünf weitere am Bagger beschäftigte Personen wurden schwer verletzt.
(Kenf, 4. Dez. Auf der Insel des rechten Rhonearmes beginnen mehrere Häuser zu sinken. Durch Abfangen dev unterirdischen Wasser suchte man die ins Sinken geratenen Gebäude alsbald wieder zu befestigen, jedoch ohne genügenden Erfolg. Da die Tragweite dieser Riveauveränderungen vorerst nicht abzusehen ist, herrscht im Publikum große Aufregung.
Mrüssek, 6. Dez. Nach Berichten Brüsseler Blätter mehren sich die Dynamit-Attentate im Hennegau in erschregender Weise; vergangene Nacht wurde versucht, mittelst dreier Dynamitbomben die Glasfabrik Watteau in Mariemont in die Luft zu sprengen; im Keller und in der Wohnung des Polizeikommiffars Morlan- welz wurden gleichfalls zwei Dynamitbomben gefunden.
Krüssel, 7. Dez. Defuisseaux, der Führer der Arbeiterbewegung wurde verhaftet.
London, 3. Dez. Betreffs der Frauen- tyorde wird in der der „Pall Mall Gazette" mit Aufwendung großen Scharfsinnes zu beweisen gesucht, daß der Verüber der Mord- thaten in Whitechapel ein der schwarzen Zauberkunst ergebener Franzose sei. Die Nationalität sucht der Verfasser aus der nach einem der Morde gefundenen Kreideinschrift herzuleiten, in welcher das englische Wort jaws (Juden) jnve.8 buchstabiert wird, wobei die Polizei den Punkt über dem i übersah, so daß es eigentlich juives (Jüdinnen) hieß. — Des weiteren wird gemeldet, daß im Ostende von London am- jüngsten Freitag ein polnischer Jude unter dem Verdachte ein Frauenmörder zu sein, verhaftet worden sei.
Metersburg, 5. Dez. Auf der Bahnlinie Libau Romny fand eine abermalige Zugentgleisung statt. Ein Maschinist blieb tot, mehrere Schaffner wurden lebensgefährlich verr wundet.
In Htußlaud herrscht große Gereizheit gegen Persien, weil der Schah den Engländern Zugeständnisse wegen der Schifffahrt auf dem Karnu-Fluß gemacht hat und den Russen nicht grstatten will, in Meschev ein Konsulat zu errichten. England unterhält schon lange in Mesched, an diesem militärisch wie für den Handel wichtigen Punkt, eine Militäragentur und auch Rußland scheint dies jetzt bewerkstelligen zu wollen. Voraussichtlich wird sich die russische Regierung bei dem abschlägigen Bescheid des Schahs nicht beruhigen.
Griechenlands Weine. — „Das wirklich Gute muß sich Bahn brechen", dieser alte Satz hat sich an den edeln Weinen aus dem sonnigen Hellas in ausgedehntestem Maße bewahrheitet. — Das Jmporthaus von Friedr. Carl Ott in Würzburg, wohl das einzige in Deutschland, das die Einfuhr der Weinerzcug- nisse Griechenlands als seine ausschließliche Aufgabe betrachtet, hat in diesem Jahre wieder eine bedeutsame Kundgebung zu feinen Gunsten zu verzeichnen:
Herr Geheimrat Ritter von Nußbaum in München stellt diesen edelsten aller Südweine das Lob aus, „daß die Wirkung „der von Friedr. Carl Ott eingeführten griechischen Weine „nicht allein eine unverkennbare, momentane Erquickung, auf welche „sich die Kranken immer freuen, sei, sondern daß er auch eine „entschiedene Bethätigung der geschwächten Herzkraft durch dieselben „constatieren könne. „Mein ehrlicher Name," schließt Herr Geheimrat von Nußbaum, „ist mir so wertvoll, daß ich dies Weine „um keinen Preis loben würde, wenn sie es nicht verdienten". —
In Allerhöchster Anerkennung des reellen und großen Vertriebs der Weine seines Landes durch die Firma Fried. Carl Ott in Würzburg hat bekanntlich der Luter derselben von Sr. Maj. dem Könige Georg von Griechenland im im Jahre 1888 den K. Griechischen Erlöserorden erhalten. —
Gewiß sind diese köstlichen Tropfen auch auf dem Weihnachtstisch hochwillkommen. — (Niederlage in Wildbad bei Fr. Funk, Conditor.)
' (Lebensversicherung) Die in neuerer Zeit viel besprochene Kriegs Versicherung ist nun auch von der Allgemeinen Versorgungs-Anstalt im Großherzogtum Baden zu Karlsruhe neu geordnet
worden und zwar derart, daß einerseits die statutcninäßigen Rechte der älteren Mitglieder gewahrt bleiben und andererseits den striegs- dienstpflichtigen in einfacher und milder Weise die Ausdehnung der Versicherung auf die Kriegsgefahr in Höhe bis zu 40 000 schon in Friedenszeiten ermöglicht wird. Bei den an und für sich niederen Prämien der Versorgungs-Anstalt macht die mäßige Kriegszusatzprämie die Versicherung nicht teuerer als bei anderen Gesellschaften. Der Landstum und die Nichtkombattanten fallen nicht unter das Regulativ und sind daher ganz frei von Zusatz-Prämien. Der durch den Kriegsfonds und die rechnungsmäßigen Deckungskapitalien etwa nicht gedeckte Teil der Kiegsschäden ivird der allgemeinen Reserve entnommen, welche in der stattlichen Höhe von z Z, sechs Millionen Mark jede mögliche Garantie bietet. Umlagen nach dem Kriege giebt es sonach nicht bei der Versorgungs-Anstalt, wie auch keine Reduktion der für den Kriegsfall versicherten Summe». Von den sonstigen, in neuzeitigem Sinne geregelten Versicherungs-Bedingungen und Einrichtungen mag besonders die Unanfechtbarkeit (den Betrugssall ausgenommen) und die Unverfallbarkeit der Policen — schon nach Zahlung der ersten Prämie — hervorgehoben werden. Hiernach ist die Versorgungs-Anstalt bestrebt, den Interessen ihrer Mitglieder nach besten Kräften zu dienen. —
V ermisch 1 e s.
— (Ein freudiges, aber schmerzliches Wiedersehen war es, als vor einigen Tage» zwei Handwerksburschen sich in einer Herberge in Osterburg trafen. Waren es doch Vater und Sohn, welche sich beide auf der Wanderschaft befinden und sich zufällig trafen. Weinend erzählten sich beide ihre Erlebnisse, hatte doch der Sohn keine Ahnung davon, daß seine Mutter bereits tot und sein Vater seine Heimat verlassen, um sich in der Fremde sein Brod ebenso wie der Sohn zu verdienen.
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Weihnachts-Mitte.
Um den 152 Kindern unserer Kleinkinderschnle, welche sich so fehr auf den Christtag freuen, eine Christbescheerung bereiten zu können, bitten wir die Kinderfrennde hiesiger Stadt durch gütige Gaben an Geld oder Naturalien, Spielen u. dgl. uns den Weihnachtstisch für dieselben decken zu helfen.
Gaben jeglicher Art nehmen dankbar entgegen:
die Mitglieder des Ausschusses:
Frau Stadtschultheiß Bätzner, „ Oberförster Bosch,
„ Gerichtsnotar Fehleisen, Fabrikant Fein,
Frau vr. Haußmann,
„ Stadtpfarrer Härle,
„ Direktor Kleinlogel, „ Badinspektor Mayer,
Frau Geh. Hofrat Renz,
„ Stokinger z. Bellevue, „ Apotheker Umgrlter,
„ Wetzel z. Badhotel,
sowie der Vorstand u. der Kassier: Stadtpfarrer Härle, Kfm. Pfau u-die Kinderschwestern.
Im Anschluß an obige Bitte erlaubt sich der Unterzeichnete auch für die auswärtigen Anstalten im Lande umher für verwahrloste oder taubstumme oder schwachsinnige oder sonst kranke Kinder um Weihnachtsgaben zu bitten. Wer seither schon für solche Anstalten sein Scherflein beigesteuert hat (z. B- für die Rettungsanstalt S ch ö nb ü h l, welche langjährige Freunde und Wohlthäter in hiesiger Stadt hat, oder für die Taubstummen-Anstalt Winnenden, in welcher 2 Kinder aus hiesiger Gemeinde untergebracht sind, oder für Stetten mit seinen mehr als 200 epileptischen und schwachsinnigen Kindern, oder für das Werner'sche Kinderkrankenhaus in Ludwigsburg), oder wer einer der andern zahlreichen Kinder-An- stalten in unserem Lande (z. B- Stammheim mit 3 hiesigen Kindern), die alle nur von Liebesgaben ihren Pfleglingen eine Christfreude bereiten können, etwas zuwenden möchte, der möge seine — wenn auch kleine — Gabe dem Unterzeichneten zustellen, welcher dieselbe gerne weiter befördert.
Wi l db a d, im Dezember 1888. Stadtpfarrer Härle.