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Karlsruhe, 4. Aug. Die Strafkammer verurteilte den Sozialisten Reichert von Dur­lach wegen Vergehen gegen Z 19 des Sozi­algesetzes in idealer Konkurrenz mit H 129 des R St, G. (Geheimbündelei) zu 6 Monaten Gefängnis.

Mannheim, 4. August, Zum Kongreß der Allgemeinen Radfahrerunion sind viele fremde Fahrer eingetroffen. Die heute abge­haltene Generalversammlung bestimmte Dresden für die Haltung des nächstjährigen Kongresses.

Aus dem ZLreisgau. Obschon es fast jeden Tag regnet, stehen die Feldfrüchte durch­schnittlich doch nicht schlecht. Der Tabak wächst gut, die Cichorien stehen sehr üppig. Kartoffeln giebt es viele und das Obst reift ebenfalls. Die Reben stehen immer noch schön. Sobald heiße Tage kommen, wird es sehr rasch damit vorangehen : denn die Feuchtigkeit steckt im Boden und wird gewaltig treiben helfen. Man darf die Hoffnung auf einen guten Wein lange nicht aufgeben. Nur das Getreide steht nicht schön und hat nun zudem schlechtes Ernte­wetter. Acht Tage nur wären dazu notwendig, Misere Landleute sind dieses Jahr gewöhnt worden, rasch zu arbeiten,

München, 6. Aug. Aus Passau wird Hochwasser gemeldet, Der Inn ist stark ge­stiegen, auch die Donau und die Jlz sind aus den Ufern getreten. An der Rottalbahn sind die Bahndämme stark beschädigt. Die Isar bei München war vorgestern gleichfalls stark angeschwollen, doch ist für jetzt jede Gefahr beseitigt.

Isrankfurt a. M , 5. Aug. Eine vom großen Publikum wenig beachtete, auch unter der Ungunst des beständigen Regenwetters leidende, aber von Fachmännern eifrig durch­musterte Ausstellung hat der hiesige Bienen­zuchtklub gestern eröffnet. Dieselbe umfaßt Alles, was zur Bienenzucht gehört, und ist namentlich auch aus Württemberg stark be­schickt. Die Verlagshandlung von W. Kohl­hammer in Stuttgart hat außer der einschlä­gigen Littcratur ein großes fotograf. Tableau mit 230 hervorragenden Bienenzüchtern ge­sandt, Spindler ^Stuttgart Honigschokolade; auch dieHeilbronncr Wachspresse" von Krauß und Krause daselbst fehlt nicht, und die Jm- kerflaschnerei von W. Renftle in Schw, Hall ist mit einer Menge von Gerätschaften, wie sie der Imker braucht, auch mit einem selbst- thätigen Honig- und Wachsauslaßapparat ver­treten. Seit heute hat Frankfurt auch seine Dampfstraßenbahn. Für die vom Eschenhei­mer Thor ausgehende, 5,8 Km lange Vor­ortsbahn, welche zunächst nach Eschersheim geht, später aber noch weiter geführt werden soll, ist die erste Straßenlokomotive eingetroffen und sofort in Betrieb gesetzt worden. Trotz strömenden Regens zog jeder ankommende und abgehende Zug eine Menge Neugieriger an,

Werlin, Das seinerzeit so viel Staub auf­wirbelnde Battenb erg'sche Eheprojekt macht plötzlich wieder seinen Nundgang durch die europäische Tagespresse, In der Pariser Nouvelle Revue", deren Herausgeberin die Deutschenhaßerin Madame Adam ist, wird der angebliche geheime Bericht des Fürsten Bis­marck an den Kaiser Friedrich veröffentlicht, den der Kanzler über das Heiratsprojekt der Prinzessin Viktoria mit dem Prinzen Alexan­der von Battenberg erstattet haben soll. Dieser angebliche Bericht ist ein umfangreiches Schrift­stück, in welchem der Reichskanzler nochmals die schon bekannten Gründen entwickelt, welche gegen die Verwirklichung des Projektes sprechen und in den politischen Rücksichtnahmen Deutsch­lands auf Rußlaud, speziell aber auf die per­

sönlichen Gefühle des Zaren, gipfeln. Da das Schriftstück fast in jeder Zeile die Ehrlich­keit und Ernsthaftigkeit der deutschen Politik Rußland gegenüber anscheinend zum Ausdruck bringt, so könnte man sich wundern, daß seine Veröffentlichung" gerade von französischer Seite erfolgt. Indessen enthält derBericht" doch verschiedene Stellen, welche erneute Ver­stimmung in Petersburg gegen Deutschland Hervorrufen müßten, wenn derBericht" echt wäre! Aber allem Anscheine nach hat man es in dem von derNouvelle Revue" ver­öffentlichten Aktenstücke nur mit einer Fälschung zu thun. Vermutlich soll die Fälschung den Zweck verfolgen, Rußland und Deutschland von Neuem mit einander zu verhetzen, natür­lich zu Gunsten der Wiederaufwärmung des Schattenbildes der russisch-französchen Allianz. Und durch solche Mittelchen glaubt man an der Seine, die Erfolge des Besuches Kaiser Wilhelms II, beim Zaren abschwüchen zu können! ?

Koblenz, 4, August Die mit der Feier des Geburtstages der Kaiserin Augusta in Verbindung gebrachten Gerüchte von hohen Besuchen, welche dieserhalb in Baden-Baden eintreffen sollen (Königin Viktoria und Kaiser Wilhelm) entbehren schon insofern jeder Be­gründung, als die Kaiserin den 30. Sept, in stiller Zurückgezogenheit zuzubringen und nicht, wie früher in Baden-Baden zu verleben gedenkt.

Aörlih, 4. Aug. Die Neiße ist um 8 Fuß gefallen und damit die Hauptgefahr be­seitigt. Der Schaden in der Umgebung ist gößer als im Vorjahre, Auch Verluste von Menschenleben sind zu beklagen. Der Verkehr nach Laubau, Friedeberg, Fliesberg, Hirschberg und Löwenberg ist gänzlich unterbrochen,

Sprottau, 5. Aug. Die Fluthen des Bober haben hier außerordentlich große Ver­heerungen an Häusern und auf Getreidefluren angerichtet. Die Bewohner der betroffenen Grundstücke haben sich mit großer Lebensge­fahr gerettet. Das Fischerwerder steht ganz unter Wasser, seine Bewohner konnten nicht schnell genug mit ihrem Hab und Gut die oberen Stockwerke aufsuchen. Der Wasserstand beträgt Uber vier Meter, seitdem ist ein ganz langsames Fallen eingetreten.

Meiningen, 3. Aug. Am Sonntag mittag hat es in Dermbach in Thüringen ge­schneit, Der Schnee lag eine halbe Stunde später noch einen halben Zoll hoch auf den Dächern. In den Hundstagen!

Wien, 4. Aug. In den letzten Tagen wurden viele Gegenden durch Wolkenbrüche, Stürme und Hagel arg heimgesucht, in Folge dessen vielfache Störungen im Eisenbahn- und Telegraphenverkehr vorgekommen sind.

Wrag, 4. Aug, Aus zahlreichen Orten treffen Berichte über durch anhaltende Regen­güsse herbeigeführte Wasserschäden ein. Hier steigt das Wasser fortdauernd. Kuchelbad und Modran sind überschwemmt.

Waris, 5. August. Boulanger hat nun­mehr seine Kandidatur um die im Departe­ment Charente-Interieurs und im Departement der Somme erledigten Deputiertensitze bestimmt aufgestellt. Derselbe reist heute Abend nach Saintes, kehrt aber Dienstag hierher zurück, um die an ihn abgeordneten Delegierten der Somme" zu empfangen.

Amiens, 7, Aug. Eine große Anzahl Streikender griffen gestern Abend die Weberei von Cocquel an. Die Gendarmen versuchten vorzudringen, doch warfen die Streikenden große Sammtstücke vor die Pferde, um sie aufzuhalten. Nach kurzer Zeit wurde das Gebäude vollständig geplündert; plötzlich brach - Feuer aus. Die Feuerwehrleute eilten herbei.

um den Brand zu löschen, doch wurden sie von den Streikenden hieran gehindert. Schließ­lich kam eine Abteilung berittener Jäger, welche die Streikenden mit dem Säbel angriffen, wäh­rend die Gendarmen trotz der gegen sie ge­schleuderten Steinmassen Feuer gaben. Meh­rere Pferde wurden verwundet. Nachdem hie­rauf noch eine Abteilung Polizisten und eine Jnfanterieabteilung herbeigeholt waren, wur­den die Streikenden aus der Straße verdrängt und die Zugänge zu derselben militärisch be­setzt. Das Feuer wurde gelöscht.

Hiom, 7, Aug. Griechenland teilte Ita­lien mit, daß es die Besetzung und die Ober­hoheit über Zula anerkenne, Der Ausbruch auf der Insel Vulcano dauert fort. Gewal­tige weißglühende Steinblöcke, kleine Bims­steine werden ausgeworfen. In Porto zerstörte das Feuer die Anpflanzungen und Häuser, so­wie das Strafhaus und die Weinniederlagen. Die Beamten und Soldaten, welche landeten, mußten wegen der Steinblöcke die Insel ver­lassen. Die Steinblöcke, welche des Nachts feurigen Bällen gleichen, verursachen Erdlöcher, die sich mit Wasser füllen Die vulkanischen Erschütterungen sind überall hörbar, der Wind trägt die Asche bis nach Sizilien.

London, 3. Aug. Infolge der heftigen Regengüssen waren in Essex gestern viele Ort­schaften überschwemmt. Der Lordmayor ver­anstaltet eine Sammlung zum Besten der Ueberschwemmten Londons, Aus Suakin wird von unerträglicher Hitze gemeldet. In der ersten Hälfte des Juli wehte fast beständig ein starker Südwestwind, welcher buchstäblich die Haut verbrannte Es war, als ob man vor einem großen Feuer stände. Das Ther­mometer stieg auf 108".

Wetersöurg, 4. August. Aus West­rußland, dem Weichselgebiet und aus Minsk wird in Folge des starken Regens Hochwasser gemeldet.

Aework, 6. Aust, General Sheridan ist gestern Abend gestorben, (Sh. war 1831 zu Sommerset im Staate Ohio von irischen Eltern geboren. Er war einer der thätigsten und glücklichsten Führer in den Kriegen der 60er Jahre. 1869 wurde er Gsnerallieute- nant und Kommandeur der Division des Mis­souri mit dem Hauptquartier in Chicago. 1883 wurde Sh. zum Höchstkommandirenden der Arme ernannt und in's Kriegsdepartement nach Washington berufen.

Philadelphia, 26, Juli. Seit einiger Zeit richten Gewitter, furchtbare Regen, Wirbel­winde und der Feuerdämon unberechenbaren Schaden in verschiedenen Staaten des Ostens und Westens an. Von Pittsburg wird ge­meldet: Die Gewässer des Monongahela- Flusses und seiner Nebenflüsse haben während 60 Stunden Verwüstungen und Verheerungen, wie solche in diesen Gegenden niemals ihres Gleichen hatten, angerichtet. Von Pittsburg bis hinauf zu den Bergen in Westvirginien sind Städte überflutet, Fahrzeuge gesunken, Häuser und Bauholz fortgeschwemmt, Felder mit der Weizenernte in Garben und der reifenden Frucht zerstört, viele Familien ob­dachlos gemacht und die Ersparnisse langjäh­riger Arbeit zu Grunde gerichtet. Eine De­pesche aus dem Staat Maryland meldet, daß der Potomak-Fluß durch furchtbaren Regen so schnell angeschwvllen und aus seinen Ufern getreten, daß nur wenige Farmer an dessen Ufern ihr Hab und Gut retten konnten. Der Verlust an Vieh soll ein ganz außerordentli­chersein. Ein Orkan mit schwerem Hagelschlag hat den Frankdistrikt im Staat New-Iork heimge- sucht. In dem Städtchen Malone fielen Hagel­schlossen, welche 5 Zoll im Umfang maßen.