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das Recht und die Gerechtigkeit zu schirmen, die Wohlfahrt und das Gedeihen der Bewohner zu fördern. Der Kaiser zählt vabei aufl das Vertrauen und die Ergebenheit der Bevölkerung und die treue Pflichterfüllung der Behörden. Durch eine unparteiische Rechtspflege und durch eine gesetzmäßige, wohlwollende, umsichtige und mit fester Hand geführte Verwaltung wird die unverjährbare Verbindung des Landes mit dem deutschen Reiche eine so innige werden, wie zu den Zeiten der Vorfahren.
Wismar (Mecklenburg), 11. März. Die Stadt Demitz ist überschwemmt. Das Wasser steht in den Straßen bis I Vs Meter hoch. Die Einwohner flüchteten nach der Zitadelle. Der Post- und Eisenbahnbetrieb ist eingestellt.
Leipzig, 22. März. Die Zurichter und Kürschnergehilfen in Leipzigs Umgegend sinken. Es fällt dies um so mehr ins Gewicht, als die für diese Artikel bedeutende Ostermessc vor der Thür steht.
— Ganz Dänemark im Schnee. Nicht nur die Hauptstadt, sondern fast das ganze Königreich gleicht seit 8 Tagen einer eng eingeschlossenen Festung. Der Winter steht mit solcher kernfester Dauer vor den Thoren, wie man es seit 100 Jahren nicht erlebt hat. So weit das Auge reicht, ist der Sund mit Eis bedeckt, ja die Belte sind gefroren, aber was viel schlimmer ist, das sind die ungeheuren Massen von Schnee, die das ganze Land bedecken, die Häuser, die Dörfer und Städte fast verschüttet und beinahe jede Verbindung unmöglich gemacht haben. Ellenhoch liegt der Schnee in Kopenhagen auf der Straße, unmittelbar vor der Stadt erhebt er sich zu Höhen von 10 bis 12 Metern, dabei heftige Stürme und ungewöhnliche Kälte. Wenn wir nicht telegraphische Verbindung gehabt hätten, so wären wir tagelang von dem Verkehr mit der Welt abgeschnitten gewesen. Gestern Nachmittag, so wird der „Vossischen Zeitung" von dort vom vorigen Montag geschrieben, erreichte die erste Schlittenpost Kopenhagen, sie bestand aus 10 Schlitten und war seit Sonnabend Mittag von Korsör unterwegs gewesen. Die Führer der Schlitten haben große Strapazen erdulden müssen, von Wegen ist fast jede Spur verschwunden, stellenweise liegt der Schnee auf Seeland fünf bis sechs Ellen hoch. Man hat kaum eine Vorstellung davon, wie es in den Provinzen aussieht, man weiß nur, daß das dänische Land im Schnee begraben liegt. Heber die Vorgänge in Berlin sind wir auf das Ritzausche Bureau und auf die eingehenden Drahtberichte „Politikens" ausschließlich angewiesen gewesen.
H>est, 20. März. Bekes-Esaba, die Hauptstadt des Bekeser Comitats, ist von der Vernichtung bedroht. Das Wasser hat die Dämme durchbrochen; dreitausend Soldaten sind beschäftigt, dieselben wieder herzustesien. Wenn die Elemente die Oberhand behalten, verschwindet die Stadt vom Erdboden. (Die Gemeinde Bekes-Esaba hat 33 000 Einwohner.
22 März. Der Kaiser spendete für die Ueberschwemmten in Ungarn 10 000 fl. Der Verkehr auf der Linie Esaba-Pest ist infolge eines Dammbruchs unterbrochen. Die Hochflut durchriß den Eisenbahndamm der Arad-Pester Linie in einer Länge von zwei Kilometer. Dadurch wurde Esaba vor der. Katastrofe bewahrt.
t-- Szathmar, 19. März. Das Wasser nimmt im Weichbilde der Stadt, welche einen fürchterlichen Anblick bietet, ab. Etwa 200 Häuser liegen in Trümmern, der Einsturz vieler anderer wird befürchtet.
Aaris, 20. März. Der Ordenshandel
prozeß gegen Caffarel und Frau Limouzin wurde heute beendet. Das Zuchtpolizngericht nahm bei Caffarel mildernde Umstände an und verurteilte denselben zu 3000 Fr. Geldbuße, die Limouzin zu Omonatl. Gefängnis.
H^aris. Boulanger aus der Armee entfernt. Das „Journal officiel" veröffentlicht einen Bericht des Kriegsministers, in dem entschiedene Thatsachen aus dem früheren Verhalten des General Boulanger registriert werden. Danach sei Boulanger drei Mal ohne Urlaub nach Paris gekommen. Der Bericht konstatiert die Schwere solchen Mangels an Disziplin, namentlich wenn dieselbe von einem General ausginge und beantragt, Boulanger in Nichtaktivität zu versetzen Der Bericht ist vom Präsidenten der Republik genehmigt.
Italien. Wie der „Figaro" noch erfährt, habe der Papst seiner Familie bereits mitgeteilt, daß ihr von den aus Anlaß seines Jubiläums zusammengeströmten Reichtümcrn nichts zukommen werde. Die Geschenke kommen bekanntlich in ein Museum oder werden an arme Kirchen verteilt; das bare Geld aber werde als Notpfennig für den heiligen Stuhl angelegt.
Rom, 22. März. In politischen und militärischen Kreisen ist die Meinung vorherrschend, daß die gestrige inhaltsschwere Turiner Meldung des „Esercito Jtaliano" über einen von Frankreich beabsichtigten Handstreich übertrieben ist, daß sie jedoch einen Kern von Wahrheit enthalte. Das genannte Blatt ermahnt neuerdings zur Vorsicht gegenüber Frankreich, da es den erstbesten Grenzzwischenfall zur Kriegserklärung benutzen könne.
Aus I*etersöurg, 17. d. wird gemeldet: Eine in einer geheimen Druckerei hergestellte Flugschrift ist dieser Tage bekannten russischen und fremden Persönlichkeiten zugestellt worden, wahrscheinlich auch dem Zzaren. Die Flugschrift ist ausgezeichnet abgefaßt, verdammt in gemäßigten Ausdrücken die russ. Reaktionspolitik und sagt innere Katastrophen vorher. Die Polizei ist bemüht, die geheime Druckerei, welcher die Schrift entstammt, aufzuspüren.
Aus Warschau wird gemeldet, daß das Hochwasser in Russisch-Polen schreckliche Verheerungen angerichtet hat.
Äosta, 22. März. Die Regierung sandte große Quantitäten Waffen und Munition an die ostrumelische Grenze.
Aus Lissabon, 21. März wird gemeldet: In Oporto brach im dortigen Theater infolge einer Gasexplosion während des letzten Aktes der Vorstellung Feuer aus. Das Theater ist vollständig zerstört. Bisher sind 10 Tote und zahlreiche Verwundete aufgefunden worden. — Nach einem später angekommenen Telegramm stürzten sich viele Zuschauer, da sie das Freie nicht gewinnen konnten, aus den Fenstern auf die Straße. Mehrere Personen erstickten, andere wurven beim Ausgange erdrückt. Die Mehrzahl der Verunglückten saßen in den Logen des dritten Ranges und den Galerien. Ganze Familien sind umgekommen. Die Zahl der Todten wird nunmehr auf achtzig geschätzt.
— Ein fürchterliches Eisenbahnunglück ereignete sich heute unweit Savannah. Als der von Newyork nach Jacksonville (Florida) gehende Schnellzug über eine Brücke fuhr, gab dieselbe nach und der ganze Zug wurde in die Tiefe hinab geschleudert und zerschmettert. 20 Personen wurden auf der Stelle getötet, 6 find seitdem ihren Verletzungen erlegen und andere Schwerverletzte dürften nicht wieder aufkommen. Die Zahl der verletzten Passagiere wird auf 35 angegeben.
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(Wegen Raummangels unlieb verspätet).
Kaiser tot! Die Trauerfahnen wallen
Flugs vom Schlosse zu Berlin Der Kaiser tot! — Die Totenglocken Hallen In dumpfem Chor durchs deutsche Reich dahin; Von Hohenzollerns hochgetürmter Spitze Bis zu des Kongo wildem Wogenschwall,
Durch alle Lande zuckt es gleich dem Blitze, Rings um den Erdball tönt's wie Donnerhall.
Legt Trauer an, Ihr Fürsten und Monarchen, Schart Euch um seinen Katafalk im Kreis,
Den letzten Gruß dem hohen Patriarchen,
Den letzten Blick dem edlen Heldengreis!
Was Er erlebt — wer hat's von Euch erfahren? Was Er vollbracht — wo hat's ein Fürst gethan? Und doch, ein Jüngling noch in Nestors Jahren, Bei jeder Pflicht der Erste auf dem Plan!
Gesenkten Haupts, mit stummer Trauermiene Stellt Euch um Euren Herrn zur Totenwacht, Ihr, seine Helden, seine Paladine!
Im Rat des Friedens wie im Sturm der Schlacht. Wie Kaiser Karls erlauchte Tafelrunde,
Wie König Artus' stolze Massonei
Verband Er Euch zum festgeschloss'nen Bunde,
Zum edlen Wettstreit ritterlicher Treu.
Und Du, sein Heer, sein herrlich Volk in Waffen, Das Er so oft zu Kampf und Sieg geführt. Durch das Er uns ein Vaterland geschaffen. Senk' auf Ihn Deine Fahnen tief gerührt!
Oft ließest Du Dein Hurra Ihm erdröhnen. Wenn Er sich sonnt' in Deiner Waffen Glanz. Zum letztenmal soll nun Dein Gruß Ihm tönen. Und nun erst recht: „Heil Dir im Siegerkranz l"
Und Du, sein Volk, tritt still an seine Bahre Und dank Ihm, wie man einem Vater dankt: Wie liegt Er schön im silberweißen Haare,
Die bleiche Stirn vom Lorbeer voll umrankt; Er, der sein einundneunzigjährig Leben,
Ein Landesvater wie ein Held im Streit,
Mit treuem Fleiß und nimmermüdem Streben Nur Deiner Größe, Deinem Wohl geweiht!
Heran auch Du! nicht ferne sollst Du stehen.
Du Mann der Arbeit mit verschwielter Hand, Wohl dankbar darfst Du Ihm ins Antlitz sehen. Der Dir ein schön Vermächtnis zugewandt;
Die schwere Not der bösen Zeit zu mindern. Das war die letzte Sorge, die Er trug.
Das harte Los des armen Manns zu lindern Der letzte Ruhm, für den sein Herze schlug.
Und nun schlaf wohl in Deines Gottes Frieden, Der Tag war lang, so süßer sei oie Ruh.
Solch hohes Ziel war wenigen beschießen.
So gottgesegnet war kein Fürst wie Du.
Von Deiner Jugend sturmumwölkten Tagen Zu Deines Abends goldner Glorienpracht Auf Adlersflügeln hat Ec Dich getragen,
Zum Wunder Dich vor aller Welt gemacht!
In Gnaden woll' Er Dich auch dort empfangen Als seinen frommen und getreuen Knecht,
Der demutsvoll der Hoheit Weg gegangen.
Im Glauben fest, im Wandel schlecht und recht! Reich ihm die Palme, Königin Luise,
Und freu Dich des heimgekehrteu Sohns Und grüße segnend aus dem Paradiese Sein Volk, sein Haus, ven Erben seines Throns!
Larl Gcrock.
*) Wir entnehmen das obige, tiefergreffende Gedicht mit Bewilligung der Deutschen Verlags-Anstalt In Stuttgart einer Extra-Beilage der neuesten Nummer der weltbekannten illustrierten Zeitung „lieber La,,» und Meer". Von dieser Extra-Beilage wurde eine Seperat-Ausgabe veranstaltet, betitlest „Wilhelm I-, Deutscher Kaiser «,,» König von Preuße». Ei» Erinnerungsblatt", welche für den überaus billigen Preis von s« Pf. von jeder Buchhandlung oder gegen Einsendung von l>0 Pf. von der Verlagshandlung franc» unter Kreuzband bezogen werden kann.