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(Nachdruck verboten.)
Der kaiserliche Sommerpalast in Peking. (Mit Bild auf Seite 202.)
— Der Sommerpalast des chinesischen Kaisers in Peking, Pun-ming-yung genannt, ist ein riesiger Komplex von in Garten- und Parkanlagen mit Seen und Teichen zerstreut liegenden Bauten, welche den Raum eines ganzen Stadtviertels einnehmen. Ein kleiner Theil desselben ist von den Franzosen unter dem Grafen Palikao bei der Plünderung des Palastes am 18. Oktober 1860 verbrannt worden. An diesem Sommerpalast (siehe das Bild auf Seite 202) haben viele Herrscher gebaut und ihn mit allen Schönheiten und Kostbarkeiten ausgestattet, welche chinesische Phantasie nur zu ersinnen im Stande war. Derselbe liegt im nördlichen Theile jener großen, durch eine Granitmauer mit Graben abgeschlossenen „Verbotenen rotken Stadt" (Tseu-Kin-Tsching) in Peking, welche nur dem Hofe und dem Kern der Heeres- und Staatsverwaltung Vorbehalten ist. Der fast rings herum von Wasser umgebene eigentliche Palast, vor welchem verschiedene Pavillons und Sommerhäuser mit offenen Hallen liegen, steht auf einer zehn Fuß hohen, von einer Balustrade umgebenen Plattform. Alle Gebäude sind theils von Marmor, theils von kostbaren Hölzern.
Johann Karl August Musäus. (Mit Bild auf Seite 203.) — Der Verfasser der noch heute bei Alt und Jung beliebten „Volksmärchen der Deutschen", Johann Karl August Musäus, war am 29. März 1735 zu Jena geboren, studirte erst Theologie, wandte sich aber später der Philologie und pädagogischen Bestrebungen zu und wurde 1763 zum Pagenhofmeister am Weimar'schen Hose ernannt. 1770 erhielt er mit dem Titel Professor eine Lehrerstelle am dortigen Gymnasium, an welchem er mit Eifer und Hingebung bis an sein Lebensende wirkte. Die erste Auftage seiner Volksmärchen erschien zu Gotha in den Jahren 1782 bis 1787 und erregte sofort lebhaftesten Beifall, was sicherlich in erster Linie daher kam, daß Musäus den Stoff zu denselben direkt aus dem Munde des Volkes entnommen hatte.
Bald lauschte er den Erzählungen spinnender Alten in den Dorsstuben, bald rief er Kinder von der Straße in sein Zimmer, spielte mit ihnen und bezahlte ihnen ein neues Märchen mit eineni Dreier. Dann wieder wußte er irgend einen alten stelz- füßigen Invaliden zum Erzählen zu bringen und notirte eifrig dessen Mittheilungen, wie wir es auf Seite 203 dargestellt sehen
— kurz, er versäumte keine Gelegenheit, seinen Märchenschatz zu vermehren. Musäus' Lieblingsaufenthalt war ein kleines Gut, das er sich auf der Altenburg bei Weimar gekauft hatte. Sanft und still, wie er gelebt, schied er am 28. Oktober 1787 aus dem Leben, tief betrauert von Allen die ihn gekannt.
Die Macht der Einbildung. —
Buckland, der ausgezeichnete amerikanische Geologe, gab eines Tages, nachdem er kurz zuvor einen Mississippi-Alligator secirt, ein Diner, zu dem er eine zahlreiche und distin- guirte Gesellschaft geladen hatte. Sein Haus und Alles in demselben zeichnete sich durch Eleganz und Geschmack aus. Seine Gäste kamen. Die Tafel sah splendid aus und schimmerte von Silber, Krystall und Porzellan, und das Mahl begann mit einer ausgezeichneten Suppe. „Wie finden Sie diese Suppe?" fragte der Doktor, nachdem er init seinem eigenen Teller zu Ende war, einen neben ihm sitzenden bekannten Gourmand. „Wahrhastig sehr gut," war die Antwort, „Schildkrötensuppe, nicht wahr? Ich frage nur, weil ich kein grünes Fett darin finde." — Der Doktor schüttelte den Kopf. — „Ich finde, sie hat einen Geschmack, der mich fast an Moschus erinnert," sagte ein Anderer, „nicht unangenehm, aber eigenartig." — „Alle Alligatoren haben diesen Geruch," erwiederte Buckland, „der Kaiman besonders — dm ich diesen Morgen secirte und von welchem Sie eben gegessen haben." Alle Gäste geriethen in Bewegung, Alle erbleichten. Ein halbes Dutzend erhoben sich sofort von der Tafel, zwei oder drei stürzten aus dem Zimmer und nur Jene, die einen besonders „guten" Magen hatten, blieben bis zum Ende der ausgezeichneten Tafel. „Sehen Sie, was die Einbildung vermag," sagte da Buckland. „Hätte ich Ihnen bemerkt, daß es Schildkröte sei, oder Vogelnestersuppe, Sie würden sie Alle excellent gesunden haben und Ihre Verdauung wäre die beste gewesen. So mächtig ist das Voruriheil." — „Aber war es denn wirklich ein Alligator?" fragte schüchtern eine Dame. — „Ach, nicht doch, ein ganz guter Kalbskopf war es, nichts weiter," antwortete der berühmte Gelehrte lachend. . D. C.
Lebende Zeitungen. — Als es noch keine Tagesblütter gab, die dem neuigkeilsbedürftigen Publikum allen jenen Klatsch zugänchg machten, mit denen jetzt viele Journale ihre Spalten zu füllen pflegen, existirte in einigen Großstädten eine eigene Zunft, welche sich die Verbreitung der neuesten Vorkommnisse zur Aufgabe gestellt hatte. Das Bedürsniß, die Tagesneuigkeiten zu erfahren, war schon damals gerade so gut wie jetzt vorhanden, und es bildeten sich daher z. B. in Paris bestimmte Sammelplätze, wo zu gewissen Stunden des Tages das neugierige Publikum aus dem Munde der Berichterstatter die Erzählungen entgegennahm. Immerhin aber herrschte bei diesen Versammlungen ein scharf ausgeprägter Kastengeist; die einzelnen Stände hielten zusammen und duldeten Niemand unter sich, der ihnen nicht ebenbürtig war. Im Garten
des Luxembourg vereinigten sich die L-christsteller und Gelehrten, am Kloster St. Augustin die Geistlichen, und aus dem Platze von Notre-Dame die Künstler, während der Garten des Palais Royal dem Adel als Sammelplatz diente, Von diesen Plätzen aus zerstreuten sich die Hörer in die Straßen und trugen das, was sie erfahren hatten, weiter. Hochgestellte Persönlichkeiten stellten sich bei diesen Unterredungen freilich nicht cm; sie hielten sich ihren eigenen „Neuig- keitsmnnn", der die Aufgabe hatte, täglich über alle Vorkommnisse im privaten und öffentlichen Leben Bericht zu erstatten. Im Jahre 1630 wurde sogar in Paris sür diese Art von Gewerbe ein eigener Centralpunkt in Gestalt eines „Neuigkeitsbureau's" geschaffen, wo gegen Entgelt Alles zu erfahren war, was man über die Verhältnisse einzelner Personen und ganzer Familien zu wissen wünschte. sM. L.s
StoicismuS. — Herzog Leopold von Oesterreich, der mit Kaiser Barbarossa in's heilige Land gezogen war, hatte sich bei einer Belagerung durch einen Sturz mit dem Pferde eine Verletzung seines einen Beines zugezogen, die ihn beim Kampfe hinderte. Das Bein war aber nicht zu heilen. „Nun, so schneidet's ab," sagte der Herzog zu seinem Arzte. Das wollte derselbe jedoch nicht unternehmen. Da befahl Leopold zwei Knappen herbei, legte seinen Schenkel auf einen Block, setzte ein Beil mit der Schneide auf den rechten Fleck quer über den Schenkel, ließ den einen Knappen das Beil halten, während der andere mit einem schweren Schmiedehammer darauf schlagen mußte. Der Knappe that dies mit solcher Wucht, daß das Bein schon nach dem dritten Hiebe abflog. Aber die schreckliche Operation half nichts, eine Entzündung trat herzu und der heldenmütige Leopold starb nach wenigen Tagen, wie sein
Arzt vorausgesagt hatte. v. d. S.
Das Wort -es Königs. — Unter Ludwig XIV. von Frankreich hielt sich eine italienische Schauspielergesellschaft in Paris auf, die abwechselnd französische und italienische Stücke aufführte. Deshalb wurde die Gesellschaft m einen Prozeß mit dem THMre srangais verwickelt, da dieses behauptete, die Italiener dürften nur italienisch sprechen. Die Sache kam vor den König, und der große französische Schauspieler Baron sprach im Namen des ThöLtre srangais Er hielt eine meisterhafte Rede und alle Anwesenden hielten die Sache der Italiener für verloren. Dominica, der Sprecher der italienischen Gesellschaft, schien auch schon ganz niedergeschmettert, und begann seine Rede langsam stotternd, italienische und französische Wörter durcheinander würfelnd, als er plötzlich demüthig dazwischen fragte: „Wie darf ich eigentlich sprechen, italienisch oder französisch?" — „Sprich wie Du willst!" entgegnete der König, und Dominica bedankte sich rasch und lief davon. Als der König dies sah, lächelte er und sprach: „Er hat uns überlistet, aber jetzt muß es schon dabei bleiben. Mein Wort ist gegeben!" W. L.
Ein witziger Schuldner. — Der berühmte Rechtsgelehrte Doktor Friedrich Hase, der viele Schulden halte, wurde von dem ebenfalls stark verschuldeten Baron Fuchs- Sternheim mit der Vertretung seiner Angelegenheiten betraut. Als Doktor Hase einst bei demBaron speiste, ließen sich zufällig mehrere Gläubiger zugleich melden. Da trat der Doktor in's Vorzimmer und fragte lächelnd: „Meine Herren, gehen Sie heute aus die Hasen- oder auf die Fuchsjagd?" W. L.
Mlhsel.
Es sct die Thränc vom Himmel geweint, Wird aber das Kleinod nun dadurch lädirt,
So hat poetisch der Dichter gemeint; Daß plötzlich und gänzlich den Kops es verliert,
Doch sind auch wohl andre Thronen ihm gleich. So stellt, verwandelt ganz und gar,
Der Thau nicht minder an Halm und Gesträuch. Der Rest als schöner Baum sich dar.
Auflösung folgt in Nr. 52. 8>'z. Marx.
Mlocr-ItSthser.
Auflösung folgt in Nr. 52.
Auslösungen von Nr. 50: des Buchstab e n - R ät hsels: Barriere, Karriere; des Ar i th mo gr i phs: Wieland, JUade, Ewald, Linde, Alwine, Niel, Dwina.
Alle Rechte Vorbehalten.
Bering von Ehr. WildbrcU in Wildbad. Nedigirt, gedruckt und herausgegeben von Hermann Schöu'ei» in <I»Itgart.
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Gerichtsärztliches Gutachten.
Bezirkschirurg: Ich glaube, der hohe Gerichtshof wird die Exekution an dem Verurtheilten noch einige Zeit ausschieben müssen! Staatsanwalt: Warum!
Bezirkschirurg: Ich halte nach bestem Gewissen und genauester Untersuchung den Manu sür zu schwach, um heute die Hinrichtung übcrste Heu zu können!
kZW