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(Nachdruck verboten.)
Erntefest in der Uckermark. (Mit Bild auf Seite 154.) — In der Uckermark, dem nördlichsten Theile der preußischen Provinz Brandenburg, ziehen nach glücklich eingebrachter Ernte die Knechte und Mägde der größeren Güter unter Vorausgang eines Musikcorps im festlichen Gewände durch das Dorf. Die Großmagd trägt, wie auf unserem Bilde Seite 154 zu sehen, eine aus Aehren und Feldblumen geflochtene und mit bunten Bändern gezierte Erntekrone; alle Mägde haben ferner kleinere Kränze auf dem Kopfe und auf ihren Rechen. Unter den nun folgenden Knechten trägt ebenfalls einer eine mächtige Erntekrone, während die Uebrigen Sensen, Rechen u. f. w. schwingen. Tie Erntekronen werden alsdann unter einer kurzen Ansprache, ineist in Versen, der Gutsherrschaft überreicht, welche darauf ihren Leuten ein Fest gibt, wobei dieselben nach Belieben sich in Speise und Trank (Bier) gütlich thun und die ganze Nacht durch in der festlich geschmückten Scheune oder iin Wrrthshaus des Dorfes tanzen dürfen.
Das Schtllerdenkmal in Berlin. (Mit Bild auf Seite 155.) — Das von Reinhold Begas ausgesührte und am 10. November 1871 feierlich enthüllte Schillerdenkmal in Berlin, welches unser Bild auf Seite 155 darstellt, erhebt sich auf dem jetzt Schillerplatz genannten mittleren Theile des Gendarmenmarktes, unmittelbar vor der großen Freitreppe des königlichen Schauspielhauses. Die 2,8 Meter hohe, aus karrarischem Marmor gefertigte Figur des mit dem Lorbeerkranze geschmückten Dichters steht auf einem als Brunnen gedachten Sockel in ungezwungener, edler Haltung. Die Rechte hält über der Brust den weiten, faltigen Mantel zusammen, die Linke eine Schrist- rolle. An den Ecken des Unterbaues sitzen vier allegorische Figuren: vorn links die Lyrik, rechts die Tragödie; hinten links die Geschichte, rechts die Philosophie. Auf der Vorderwand des Postamentes erblickt man in großen, goldenen Buchstaben den Namen des Dichters, die Hinterwand trägt die Widmung: „Dem Dichterfürsten die Stadt Berlin 1871." Die seitlichen Reliefs füllen Schiller's Dichterweihe und Apotheose dar. Gut gehaltene Gartenanlagen schmücken die Umgebung des Denkmals, das em zierlich gearbeitetes eisernes Gitter umschließt.
Für einen Tag genug. — In einigen der nordamerikanischen Neu-Englandstaaien ist fluchen und schwören nicht nur ein Aerger- niß für jeden frommen Mann, sondern nach puritanischem Gebrauche auch, wie der Verkauf von fpicituöfen Getränken, gesetzlich verboten. Neulich spielte sich nun in einem Geschäjtslokal in B. in Connecticut folgende ergötzliche Scene ab. Ein Kalifornier, der von dem oben erwähnten Gesetz nichts wußte oder es verachtete, machte von der kalifornischen Goldgräberfreiheit, nach Lust und Liebe zu fluchen, einen etwas sehr ausgiebigen Gebrauch, als zufällig der Friedensrichter des Ortes eintrat und den Fremden darauf aufmerksam machte, daß er sich Strafe zuziehen würde, im Falle er sich nicht etwas anständiger ausdrücke. „Ich schere mich den Teufel um Eure dummen Gesetze," war die Antwort. — „Und ich nehme Euch hiermit wegen Fluchens >n eine Strafe von einem Dollar," erwiederte der Friedensrichter. —
Dies lockte ein paar neue Flüche aus dem Munde des Kaliforniers. „Drei Dollars!" sagte der Richter gelassen. — „Schockschwerenoth!" rief der Goldgräber wuthend, „legt man denn hier jedes verdammte Wort auf die Wage? Der Henker hole Eure Gesetze." — „Vier — fünf — sechs," zählte der Richter. Abermals entlud sich der Zorn des Kaliforniers in Flüchen, bis endlich der Friedensrichter erklärte, daß die Beschädigung der Gesetze von Connecticut sich jetzt aus einen Werth von fünfzehn Dollars belaufe. Der Kalifornier nahm höhnisch lächelnd eine Zwanzigdollarnote aus der Tasche und reichte sie dem Richter hin. „Hier ist ein fetter Bisten für Eure Himmel- sakraments-Kceuz-Hagel-Donnerwetter-Gesetze, und nun laßt mich in Drerteufels- namen ungeschoren." — „Jetzt macht's achtzehn Dollars," lächelte der Richter, „Ihr bekommt also zwei Dollars zurück." — „O, nicht doch, ich brauche nichts zurück, ich will verdammt sein, wenn ich nicht schneller als des Teufels Großmutter die Differenz zusammenfluche." — „Gerade zwanzig Dollars," meinte der Richter kaltblütig, indem er die Note in die Westentasche steckte. „Und nun, mein weither Sir, bitte ich Euch, legt Euch keinen Zwang auf. Ihr kennt nun den Tarif, und in meiner Westentasche haben noch ein paar Zwanzigdollarnoten Platz." Der Kalifornier war im Begriff, abermals mit einem Fluche zu antworten, stockte aber, besann sich, und meinte dann: „Hol's der — hol's Dieser oder Jener, ich meine, Richter, zwanzig Dollars an einem Tage für's Fluchen sind gerade genug, und ungefähr so viel, wie ich mir leisten kann, für heute wollen wir's lieber sein lasten." sF. Z.j
Peters oes Großen von Rußland Belustigungen. — Es gmg kaum ein Tag hin, wo der Zar nicht völlig sich betrank, dann behandelte er feine Diener grausam, besonders seinen Popen, der zugleich sein Hofnarr war. Der Zar küßte ihm sehr ehrerbietig die Hand, wenn er aus der Messe ging und gab ihm den Augenblick darauf einen Nasenstüber oder prügelte ihn gründlich ab. Tie unglückliche Prinzessin Galizin, die er wegen Theilnahme an einer Verschwörung so fürchterlich Halle peitschen lasten, daß sie wahnsinnig geworden war, mußte ihm in diesem Zustande zur Belustigung bei der
„Wir."
Alter Herr: Wem gehörst Da denn. Kleine? Mädchen: Der Wäscherin Haber.
Alter Herr: Und wie heißt Da?
Mädchen: Marie Bernbnrger.
Alter Herr: Ja — wie kommt denn das? Mädchen: Wir haben wieder gcheirathet.
Tafel dienen. Was auf seinem Teller übrig blieb, pflegte er ihr au den Kops zu werfen. Sie mußte öfter ausstehen und zu ihm kommen, damit er sie Nasenstübern konnte. Gewöhnliche Leute halten für ihn kaum den Werth eines Jagdhundes. Denn als er einst bei seinem Aufenthalte in Berlin mit König Friedrich Wilhelm I. durch die Stadt ritt und den Galgen auf dem neuen Markte erblickte, fragte er, was dies für eine Maschine sei. Nachdem er Auskunft erhalten, war er so begierig, eine derartige Hinrichtung zu sehen, daß er dringend bat, ihm diese Belustigung auf der Stelle zu verschaffen. Der König bedauerte, daß für den Augenblick kein Galgenexspektant vorhanden sei, daß er jedoch in den Gefängnissen' werde Nachfragen lassen. „Wozu die lange Auswahl," versetzte Peter, „hier steht ja Pöbels genug umher, laßt mir zu Liebe den ersten Besten aufhängen!" Da der König erwiederte, daß hier zu Lande nur verurtheilte Verbrecher gehangen würden, wollte der Zar durchaus einen russischen Stallknecht aus seinem Gefolge dazu verwendet wissen. Nur mit großer Mühe gelang es dem Könige, ihn davon abzubringen, v. d. S.
Die Thränenprobe. — Zu den mittelalterlichen Gottesurtheilen, in welchen die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten durch das Eintreffen eines Wunders erwiesen werden sollte, gehörte auch die Thränenprobe. Sie verdankte dem Glauben ihren Ursprung, daß Hexen nicht weinen könnten. Sie wurde folgendermaßen vollzogen. Der Richter legte der Person, welche der Hexerei beschuldigt war, die Hand auf den Kopf und svrach: „Ich beschwöre Dich um der bitteren Thränen willen, die von unserem Heiland, dem errn Jesus Christus, am Kreuze für unser Heil vergossen worden sind, daß ui, im Falle Du unschuldig bist, Thränen vergießest, wenn schuldig, nicht."
Wer kann auf Befehl weinen ? Nur wenige! — So konstatirten denn die Richter in den meisten Fällen, daß die angeklagte Person sich vergeblich bemüht habe, Thränen zn weinen, und damit war ihr Schicksal besiegelt und ihr Todesurtheil gesprochen. — Vergoß eine angeklagte Hexe aus der Folter keine Thränen, so war dies auch ein Zeichen ihrer Schuld und sie wurde verbrannt; weinte sie aber auf der Folter, so erkannte der Richter iu diesen Thränen ein teufliches . Blendwerk und sie wurde — ebenfalls verbrannt. C. T.
Die Damenfrisur in Japan. — Neunjährige Mädchen tragen ihr Haar in einem rothen, an den Hinterkopf gewundenen Tuche; die Stirn bleibt mit Ausnahme einer Locke an jeder Seite frei. Im heiraths- sähigen Alter kämmt die junge Dame ihr Haar vorwärts und formt daraus einen Fächer öder einen Schmetterling und ziert es mit Silberschnüren und verschieden gefärbten Bällen. Damit ist Alles gesagt und die japanischen Jünglinge verstehen diese Zeichensprache. Eine Wittwe, die abermals in den Stand der heiligen Ehe zu treten wünscht, steckt eine Schildpattnadel am Hinterkopfe horizontal an und windet das Haar um diese, während eine des Trostes unzugängliche Wittwe ihr Haar kurz gelockt und ohne allen Schmuck trägt. Diese Letzteren sind jedoch sehr selten! R.
Regentenmaxime. — Als man dem Grafen v. Nassau mittheilte, daß die Holländer der hohen Steuern wegen arg murrten, sagte er: „Wir wollen die Hühner nur immer schreien lassen, wenn sie nur Eier legen."
C. T.
Mthsek.
Ich steh' an Deutschlands Grenzen, Doch nicht am Rhein.
Am ein' und andern Ende Wahr' ich des Reichs Gelände,
Und daß es Deutschland heißet, Verdankt es mir allein.
Auflösung folgt in Nr. 40.
Uikder-Räthser.
sClaire v. Glilmerj
Auflösung folgt in Nr. 40.
Auflösung der Charade in Nr. 38: Winterthur.
Alle Rechte Vorbehalten.
Verlag von Ehr. Wildbrett iu Wildbad. Ncdigirt, gedruckt und herausgegeben von Hermann Schön'e'u in "luttgart.