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und wurde überfahren. Der Tod trat augen­blicklich ein, indem die Räder ihm den Kopf vom Hals trennten.

tzannstatt, 18. Sept. Wer gestern früh über den sog. Gittersteg bei Cannstatt kam, konnte ein anziehendes Schauspiel auf dem Neckar sehen. Es war die Hauptprobe zu dem am 27. d. M, dem ersten Tag des Volks­festes, stattfindendcn Fischerstechen. Eine große Anzahl Schiffe, von kundigen Schiffern geleitet und mit gewandten Turnern bemannt, letztere mit langen Stechern, eine Art Lanze bewehrt, lagen an beiden Usern des Flusses und harrten des Zeichens zum Beginn des Turniers. Kaum war dieses gegeben, als die Schiffe je paar­weise vom Ufer abstießen und in der Nickte des Flusses so nahe an einander vorbei fuhren, daß die Stecher mit ihren Lanzen sich gegen­seitig treffen konnten. Mancher Stecher wurde von seinem Gegenpart ins kalte Wasser gestoßen und erreichte schwimmend das Ufer oder wurde in eines der nächsten Schiffe gerettet. Daß das sonst ernste Turnen abwechslungsweise auch komische Szenen darbot, sowie der frische Mut und Humor der kräftigen lebensfrohen Turner machte einen wohlwollenden Eindruck. Nach dem Fischerstechen soll am Abend des 27. Sept. auf dem Neckar zwischen Gitter­steg und Eisenbahnbrücke ein großartiges Feuer­werk abgebrannt, sowie eine Auffahrt mit be­leuchteten Gondeln und ein Matrosentanz mit lebendem Bild bei bengalischer Beleuchtung ver­anstaltet werden. Die Stadt Cannstatt, welche schon öfter bewiesen hat, daß sie derartige Feste in gelungener Weise zu veranstalten versteht, bietet, wie es scheint, auch jetzt wieder Allem auf, die Besucher des Volksfestes zu befriedi­gen. Möge auch die Witterung hiezu günstig sein.

Keidenheim, 14. Sept. Heute früh ver­starb Heinrich Völter, geb. am 1. Januar 1817, der Sohn des hiesigen Papierfabrikan­ten Völter. Er erlernte das väterliche Ge­schäft, wurde später Direktor bei einer sächsi­schen Papierfabrik, bis er am väterlichen Ge­schäfte sich betheiligte. Sein Vater, sodann H. Völter ssn. hier und die beiden Söhne Heinrich und Christian Völter haben die Holz- schleif m aschine erfunden, Heinrich Völter selbst hat sie so verbessert, daß der Holzstoff zur Papierfabrikation verwendet werden konnte. V. ist als der eigentliche Erfinder der Fabri­kation von Papier aus Holz zu bezeichnen. Er führte das Holzichleifgeschäft später allein und durch seinen Fleiß und Talent auf dem betretenen Gebiete erwarb er sich mehrere Pa­tente, die er in den europäischen Staaten aus­nützte, für Amerika um sehr hohe Summen verkaufte. Vor Jahren schon zog er sich von der Fabrikthätigkeit zurück und lebte in den letzten Jahren ganz seiner Familie.

N unoscha u.

Pforzheim, 20. Sept. Von ganz herr­lichem Wetter begünstigt, verlies vorgestern die Zusammenkunft der benachbarten Schwarzwald- vereins-Sektionen in Dobel in angenehmster Weise. Von allen Seiten pilgerten die Schwarz- rvaldfreunde nach dem hochgelegenen Dobel, allwo sie sich beim trefflichen Mittagsmahl in den gastlichen Räumen der Sonne vereinigten und bei den launigen Reden und heiteren Toasten der Präsidenten der Karlsruher und Badener Sektion, sowie der Herren Wittum, Bichler und Anwalt Jacob von hier einige Stunden in fröhlichster Geselligkeit zubrachten. Der Rückweg wurde teils über Rothenbach, teils über Neuenbürg genommen und nach Ankunft in unserer Stadt dem Speierer Stoff in der Bavaria und später dem exquisiten Märzen­

bier in der Bahnhofrestauration die gebührende Ehre erwiesen. Die letzten Züge führten die von dem Ausflug hochbefriedigten Gäste wieder nach der Heimat, aber nicht ohne daß die Herren vorher eine baldige Wiederholung solchen Ausfluges geplant hätten.

Heckenheim, 19 . Sept. In Seckenheim gerieten nach der N. Bad. L.Z. zwei Italiener in Wortwechsel, in Verlauf dessen der eine dem andern ein Messer zweimal in die rechte Brustseite stach, so daß der Tod unmittelbar eintrat.. Der Thäter ist verhaftet.

Weinheim, 16. Sept. Eine schauerliche Familientragödie hat sich, wie der N. Bad. Ldsztg. mitgeteilt wird, am 16. d. M, Vor­mittags zwischen 8 und 9 Uhr in Weinheim abgespielt. Ein von feiner Ehefrau getrennt lebender Mann suchte um die angegebene Zeit seine Frau bei seiner Schwiegermutter auf, ver­setzte seiner Gatti mittelst eines Taschenmessers einen tiefen Stich in die Seite und schlitzte seinem 16 Monate alten Kinde den Leib auf. Nachdem er seine Schwiegermutter ebenfalls verletzt hatte, jagte sich der Thäter eine Kugel durch den Kopf, die sofort tätlich wirkte. An dem Aufkommen des verletzten Kindes wird gezweifelt, während die Verletzungen der Frau des Mörders und ihrer Mutter glücklicher Weise keine lebensgefährliche sein sollen.

München, 19. Sept. Der Ausschuß zur Vorberatung der Branntwemsteuervorlage hat das ganze Gesetz mit 17 gegen 4 Stimmen angenommen

Aus Stettin, 19. Sept., wird gemeldet: In der verflossenen Nacht wurde die Eisen­bahnstationskasse in Labes in Pommern er­brochen und 50 000 ^ daraus entnommen. Die beiden Diebe, die jedoch erkannt wurden, sind flüchtig.

Kiek, 17. Septbr. Zur Zeit weilt in unserer Stadt der Vertreter eines bedeutenden italienischen Bauunternehmers am Panama- Kanal. Der Herr ist direkt von Amerika hier angekommen, um sich über die Arbeiten am Nordostsee-Kanal zu orientieren.

IZochum, 17. Sept. Pastor Tümmel aus Remscheid soll wegen einer Rede, die er am Sonntag auf dem Stiftungsfeste des evang. Arbeitervereins in Weitmar gehalten hat, wie­derum unter Anklage gestellt werden. Zeugen sind schon vernommen worden. Es handelt sich um eine Aeußerung gegen den Katholi­zismus.

In Koblenz war der israelitische Kaufmann und Armeelieferant S., dessen Vermögen auf ungefähr 900 000 Mark geschätzt wird, weil er sich der Verleitung zum Meineid schuldig gemacht haben soll, verhaftet worden. Gegen eine Kaution von 20 000 Mark auf freien Fuß gesetzt, ist derselbe seit Sonntag spurlos verschwunden.

Kamöurg, 18. Sept. Der Senat be­antragt die Bewilligung eines Betrages von 7 205 000 behufs Herstellung einer Sand­filtration des gepumpten Elbwassers, womit die Stadt versorgt wird.

Kaiserslautern, 17. Sept. Bei Dreisen, Route Kaiserslautern-Kirchheimbolanden, ent­gleiste ein Materialzug. Mehrere Arbeiter wurden schwer verwundet. Von Kirchheim­bolanden ist Hilfe nach der Unfallstelle äbge- gangen.

Mühlhausen, 16. Sept. Gestern wurde auf einem der hiesigen Arbeitsplätze ein Stein­hauer französischer Nationalität festgenommen, der seine Nebenarbeiter, Altdeutsche und Elsässer, mit deutschfeindlichen und aufrührerischen Re­densarten fortgesetzt soweit belästigte, daß es einzelnen derselben denn doch schließlich zu arg wurde und diese lieber die Arbeit einzustellen

beschlossen, als ferner die giftigen Auslassungen des Franzosen anzuhören. Als derselbe noch schließlich seinen Deutschenhaß gegen einender Arbeiter durch Fußtritte ins Gesicht bethätigie, hatte auch die Geduld der übrigen ein Ende; sie führten die Verhaftung des Friedensstörers herbei.

Aus Schlesien. Am 21. Septcmbrr wird die Wittwe Wachsmann in Siemianowitz bei Laurahütte hundert Jahre alt. Nicht weniger als 160 Familienangehörige werden sich an ihrem Geburtstage um die ehrwürdige Greisin schaaren, nämlich 15 Kinder, 60 Enkel, 80 Urenkel und 5 UrurenkA, im Alter von i Ve bis 80 Jahren. Ein anderer Fall außer­ordentlichen Kindersegens kann aus dem Dorfe Josefsgrund bei Zülz gemeldet werden. Dort wurde dieser Tage einer Arbeiterfamilie sage nnd schreibe das achtzehnte Kind geboren. Von der zahlreichen Nachkommenschaft sind 14 Kinder am Leben und gesund, wie die Fische im Wasser. Die Antiklimax des Lebens­alters geht von 21 Jahren bis zu 4 Monaten herab.

Gmunden, 17. Sept. Die Begräbnis­feier für Friedrich Theodor Bischer hat heute unter großer Teilnahme aus nah und fern stattgefunden und einen überaus würdigen Verlauf genommen. Von der württembergi- schen Regierung war ein Beileidschreiben ein­gegangen. Außer zahlreichen Abordnungen, welche oer Feier beiwohnten, waren besonders viele Protestanten aus dem Salzkammergut am Grabe anwesend. Hier sprachen der evang. Pfarrer Koch aus Gmunden, dann Baurat Flattich namens der Familie, Schriftsteller Emil Franzos namens der Wiener Concordia, Professor Hänel namens des Komites für die Stuttgarter Bischer - Feier, Professor Bach namens des Stuttgarter Polytechnikums, Pro­fessor Zeman namens der nächsten Freunde Vffchers, endlich Oberbaurat Leins im Namen der ehemaligen und gegenwärtigen Schüler des Verstorbenen. Der Bürgermeister legte im Aufträge der Stadtvertretung Tübingens einen Kranz am Grabe nieder. Mit einem Chor- gesange des hiesigen Gesangvereins schloß die Feier.

Paris, 19. Sept. General Boulanger hielt gelegentlich der Truppenübungen eine An­sprache an die Offiziere. Er empfahl die Ent­wicklung der Offensivtaktik; die Stunde der Abrüstung habe noch nicht geschlagen; es sei Thorheit, das zu glauben, Verbrechen, das zu sagen; dies würde heißen, der Frieden um jeden Preis sei das einzige Ziel Frankreichs. Seine Feinde wüßten, daß dem nicht so sei; es gelte also: Vorbereitungen für Frankreich.

Paris, 19. Sept. Die Einberufung der Sektion der Feldeisenbahn-Arbeiter zur Hebung, für welche ein Kredit von 100000 Franks bewilligt wurde, findet nächste Woche bestimmt statt; hiefür ist die Sektion der Westbahn be­stimmt. Die mobile Sektion bezieht Kanton­nement am Polygon von Sartocy. Die Heb­ungen finden an dem Gare des Maletots zwischen Versailles und Saint-Cyr statt; die Dauer wird dreizehn Tage betragen.

Brüssel, 17. Sept. Der russisch-offiziöse Nord" erklärt, eine Zusammenkunft des Kaisers Wilhelm mit dem Zaren würde auch, wenn sie stattgefunden hätte, nicht die geringste po­litische Bedeutung gehabt haben, da der Zar fest entschlossen sei, sich durch keinen Vertrag mehr die Hände binden zu lassen.

Aus Messina laufen, wie unter dem 18. Sept. gemeldet wird, trostlose Nachrichten ein. An 30 000 Einwohner sollen bisher wegen der Cholera geflüchtet sein. Einige der höchsten Beamten der Stadt sind an der Cholera ge-