Mannigfaltiges. (Nachdruck verboten,)

Die Bereitung des Ahornzuckers. (Mit Bild auf Seite 150.) Der in Nordamerika heimische Zuckerahorn enthält gleich unserer Birke im Frühjahr eine Menge zuckerhaltigen Saftes, der durch Eindampfen zu Zucker verarbeitet werden kann. Die weißen Ansiedler der Neu-Englandsiaaten ziehen daher zu Anfang März in den Wald, zapfen die zuckerhaltigen Bäume an, sammeln den Saft in Gesässen und kochen ihn zu dem rohen, krümelnden, bräunlichen, nicht krystallisirenden Ahornzucker ein, welcher sehr haltbar und trotz seines etwas herben Beigeschmackes sehr geschätzt ist. Das haben ihnen nun neuerdings auch die Indianer abgesehen, und unser Bild auf Seite l50 führt den Lesern ein Jndianerdorf zur Zeit der Zuckerbereitung vor Augen. Wir sehen die angezapsten Bäume mir den untergestellten Eimern, sehen den Schlitten mit der Kufe, welcher von Baum zu Baum fährt, um den Ahorn- säst aus den Eimern zu sammeln, und endlich im Vordergründe den großen eisernen Kessel, worin bei Tag und Nacht andauernder Feuerung der Zucker eingedampsl und in marktgute Waare verwandelt wird, welche die Ansiedler gern kaufen.

Miezchens neue Kradatte. (Mit Bild auf S. 151.) Die beiden Mädchen aus dem hübschen Genrebilde von W. Schütze, das unser Holzichnitt aus Seite 151 wiedergibt, haben schon oft bemerkt, wie stolz ihre Brüder waren, w um sie Sonntags mit einer neuen Kravatte namentlich wenn .diese recht schön buntfarbig zur Kirche gehen durften, und so haben sie denn in ihrem naiven Sinne beschlossen, auch die Hauskatze mit einem solchen Schmuck zu versehen. Jetzt ist das Werk vollendet, und die Kleinere hält der Katze den Spiegel vor, damit diese sich auch selbst bewundern könne. Miezchen scheint zwar nicht sonderlich erbaut von dieser Aus­zeichnung, ist jedoch gut erzogen und klug genug, um den Mädchen, deren Liebling die Katze ist, den Spaß nicht zu verderben, und hält daher ruhig still.

Seltsame Bestrafung eines Kir­chenräubers. Am 23. Mai 1778 ging der Küster der St. Michaelskirche zu Jvri in der französischen Landschaft Sologne früh vier Uhr nach dem Gotteshause, um zum Angelus zu läuten. Zu seiner großen Be­stürzung fand er die Thüre offen und Spuren von Einbruch unverkennbar. Er eilte ver­stört zum Pfarrhause und meldete dem Geist­lichen, Herrn Pivert, was er gesehen. Der Pfarrer säumte nicht, dem Küster zu folgen, und erlebte, in die Kirche eingetreten, ein an's Wunderbare grenzendes Schauspiel. Vor der Thüre der Sakristei (wo die Abend- mahlsgeräthe und andere Kostbarkeiten der Kirche verwahrt wurden) lag, auf den Fuß­boden hingestreckt, ein wild aussehender Mensch todt in seinem Blute, durchbohrt von der Lanze des heiligen Michael, dessen Holz­bild halb zertrümmert auf seiner einen Seite lag, auf der anderen eine zähnefletschende Teuselsfigur, stark beschädigt. Dem erschrocke­nen Pfarrer schwamm vor unbeschreiblicher Bestürzung zuerst Alles vor den Augen und er war einer Ohnmacht nahe. Aber unter Beihilfe des Küsters erholte er sich bald und stellte nun folgenden seltsamen Vorgang fest.

Die Räuber (es waren nach unverkennbaren Spuren ihrer mehrere gewesen) halten, in die Kirche eingedrungen, die stark versicherte Thüre zur Sakristei erbrechen wollen. Ihr heftiges Rütteln und Stoßen hatte die lebens­große, über der Thürsütterung befindliche Gruppe,Sankt Michael mit Satanas kämpfend", dermaßen erschüttert, daß die schweren Figuren herabgestürzt waren und der Heilige mit der Lanze dem nächsten Frevler die Brust durch und durch gestoßen hatte. Die Uebrigen waren, von wildem^Entsetzen ge­packt, entflohen; der Durchbohrte hatte sich zwischen Teufel und Sankt Michael verblutet.Aber, Küster," fragte endlich der tief erschütterte alte Pfarrer, die Lanze des Heiligen war ja von altem wurmstichigen Holze und halb zer­fallen; wie konnte die den starken Mann durchbohren?"Hochwürdiger Herr," antwortete der Küster,Sie haben Recht, und die Lanze hätt's nicht gekhan. Aber da mußte sie mir, als ich in den letzten Fasten den Heiligen verhüllen wollte, unter den Händen in Staub zerfallen, und ich ahnungs­los, was ich thue hole den alten schweren Spontan , der noch auf dem Kirchmboden unter anderem Eisenwerk lag, und befestige diesen dem Hei­ligen statt jener in der Hand! Nun sage mir Einer, ob er solchen zu führen gewußt! Wahrlich, die Sakristei sammt den geweihten Schätzen waren in guter Hut!" Die Wahrheit der Geschichte ist wohl verbürgt. fL. Z.j

Ein Schachmataoor. Der Opernkomponist Francois Philidor, gestorben im Jahre 1795, war nebenbei ein unübertrefflicher Meister auf dem Schachbrett?. Unter Anderem vermochte er das Spiel einer Person im Neben­zimmer zu leiten, während er selbst eine zweite Parthie spielte. Doch strengte das seinen Geist zu sehr an, weshalb er sich selten dazu bereit fand. Der Gras v. Artois halte von dieser Fertigkeit gehört und bot dem Künstler eine solche Parthie um hundert Louisd'or an. Philidor erklärte dem Prinzen, daß derselbe die Parthie ganz gewiß verliere, gab aber endlich nach, worauf Artois die beiden Spieler bezeichnte, wovon der Eine nach Angabe Philidor's die Figuren setzen, während der Andere, selbst ein tüchtiger Meister, selbst­ständig voigehen sollte. Heimlich besaht der Prinz aber dem Gehilfen Phili­dor's, einen der ihm von demselben aufgetragenen Züge unrichtig auszuführen.

Dann setzte er sich selbst mit Philidor zur Parthie nieder. Beide Turniere begannen. Nach einigen von dem Mann im Nebenzimmer gemeldeten Zügen gebot Philidor demselben, einen Springer zu ziehen. Der Gehilfe aber zog statt dessen einen Läufer und berichtete etwa zwanzig Züge später, daß der Gegner seinem König mit der Königin Schach böte.Das ist unmöglich!" rief Philidor.Unser Springer würde sie ja nehmen!"Es steht kein Springer da," rief der Mitschuldige des Prinzen,sondern ein Läufer." Was, ein Läufer?" Philidor hielt die Hand vor die Augen und ließ die Parthie noch einmal in der Erinnerung vorübergehen.Bei dem fünften Zuge," sagte er dann,als ich Sie anwies, den Springer zu ziehen, haben Sie mich falsch verstanden und dafür den Läufer gezogen." Bei diesen Worten erhob sich der Graf v. Artois, von Erstaunen und Bewunderung hingerissen, von seinem Sitze, bekannte den gespielten Streich und bat um Verleihung, Am nächsten Morgen schickte er dem Künstler die hundert Louisd'or rn einer goldenen Dose mit seinem Namenszuge in Diamanten. fL. M.)

Lügenfritze.Du bist ein rechter Lügenfritze!" heißt es oft mehr drollig als boshaft im Volksmunde. Dieser seltsame Titel für einen Menschen, der die Unwahrheit spricht, datirt aus sehr alter Zeit. Nach dem Tode Kaiser Friedrich Barbarossa's, wie nach dem Friedrich's II., trat nämlich eine Reihe von Prätendenten auf, welche sich für Barbarossa respektive für Friedrich II, au-gaben. Schlosser spricht in seiner Weltgeschichte von dreißig solcher Präten­denten. Für Friedrich II. gab es deren wenigstens sechs, welche seit dkm Auftreten eines derselben, des Tile Kolup (Dietrich Holzschuh),Lügen- fritzen" genannt wurden. Einen henkte man in Sicilien; er hatte die Leute zu überreden gesucht, er sei Kaiser Friedrich und habe, um seine früheren Sünden zu sühnen, eine Wallfahrt in das gelobte Land unternommen, von

wo er nunmehr zurückgekehrt sei. Um die­selbe Zeit (1286) trat ein Anderer mit de - selben Ansprüchen in Apulien auf. Ebenso einer in Lübeck, der aber vorzog, sich bei Zeiten aus dem Staube zu machen. Ebenso verbarg sich bei Ankunft des Kaisers Ru­dolph (1273 bis 1291) ein gewisser Heinrich, der sich bis dahin als kaiserliche Hoheit ge­riet hatte. Den oben genannten Tile Ko- lup, der in Neuß zur Freude der Feinde Rudolph's von Habsburg sein Unwesen trieb, sollen die Wetzlarer, und einen anderen ähn­lichen Betrüger König Adolph zu Eßlingen haben verbrennen lassen. fR f

Der Fürstenpsalm. Hoffährtigc und hochmüthige Beamte waren dem Her­zoge Ernst I. von Gotha, der Fromme ge­nannt, ein Greuel. Als er einstmals erfuhr, daß ein solcher Beamter die Unterthane» plage, sandte er ihm eine Bibel mit dem Aufträge, alsbald den 101. Psalm zu lesen, Der Beamte fing an zu lesen und fand im 6. und 6. Verse die Worte:Ich mag des nicht, der stolze Geberden und hohen Mnth hat. Meine Augen sehen nach den Treue» im Lande, daß sie bei mir wohnen, und Hobe gerne fromme Diener." Diese Worte mach­ten einen solchen Eindruck auf den Beamte», daß er plötzlich wie umgewandelt wurde und sich bestrebte, der gefälligste Beamte zu sei», Unter den Amtleuten und Hofdienern aber entstand das Sprichwort, wenn Einer sich nicht wohl verhielt:Der wird bald den Fürstenpsalm zu lesen bekommen." fG. Nur gemüthtichl DieMorning- post" in Boston vom 24. April 1822 kün­digte thatsächlich Folgendes an:Der Redak­teur gibt hiermit den geehrten Lesern Nach­richt, daß nächsten Sonnabend kein Blatt erscheint, indem er einen großen Truthahn zum Geschenk erhielt, den er an diesem Tage in Ruhe verzehren möchte!" K>.

Hharade.

Die beiden Ersten jedes Jahr Ganz unabweislich kommen. - Von meiner Dritten hast fürwahr Tn in der Schweiz vernommen.

Willst Du zum Ganzen, wiederum Wird Dir die Schweiz nur frommen,

Adolf Nagel,

Auslösung folgt in Nr. 39.

Auflösungen von Nr. 37: des Kapsel-Räthsels: Lehrer Ehre;

des Silben-RSthse ls: Paganini, Adalbert, Utrecht, Lodoiska, Jturup, Nerm, Escadron, Lippi, Ural, Campe, Chriemhild, Agrippa (Pauline Lucca Adelina Patti),

Alle Rechte Vorbehalten.

Verlag von Chr. Wildbrett in Wildvad. Nedigirl, gedruckt und hnauSgegeben von Hermann Schön'ein in StnIIgart.

Auch dabei.

Ein Herr erzählt in Damengesellschast von dem Lebe» und Treiben eines Viehmarktes.

Denken Sie sich nur/ ruft er aus,was für ein Gewühl das war! 3000 Ochsen waren dort!"

O Gott!" ruft entsetzt ein Dämchen,wie froh bin ich, daß ich nicht dabei war!"