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Anzeiger und Unterhaltungs-Blatt für Wildbad und Umgebung.

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1837 .

Uro. S7.

SamSrag, den ^0. August

so härter und schwerer treffen, als er nur in den seltensten Fällen in ausreichendem Blaß gegen sie versichert ist. Besteht nun für solche Fälle keine Kreditgelegenheit, so ist er gezwungen, zu dem Wucherer seine Zuflucht zu nehmen und mit allen Strafgesetzen in der ganzen Welt wird sich hiergegen nichts ausrichten lassen. Dies zeigt sich so recht deutlich in solchen Gebieten des Reiches, in denen für das Kreditbedürfnis auf dem Land so gut wie gar nicht gesorgt ist, wie beispielsweise in Elsaß-Lothringen. Hier ist der Bauer dem Wucherer hilflos überliefert und ohne die Gründung zahlreicher Darlehenskassen, welche ihm ohne besondere Schwierigkeit und Umständ­lichkeit Kredit gewähren, wird sich dieser be­trübende Zustand schwerlich ändern. Die genossenschaftliche Selbsthilfe hat deshalb hier ein großes, weites Gebiet zu fruchtbarer, er­folgreicher Thätigkeit; nicht minder aber ist hier den Gemeinden und den übrigen Selbst­verwaltungskörpern die beste Gelegenheit ge­boten, die erste und wichtigste Stütze des Wuchers anzugreife» Neben der Beschaffung

Der Wucher auf dem Lande.

ii.

Wenn nun auch die Ansichten über die Mittel, mit welchen man dem Wucher auf dem Lande zu Leibe gehen muß, eine überaus große Verschiedenheit unter einander aufweisen, so lassen sich dennoch gewisse einheitliche Gesichts­punkte dabei nicht verkennen. Einig ist man darüber, daß es sich nicht darum handeln kann, mit den Mitteln des Staates und den Waffen des Strafgesetzbuches allein die wuche­rischen Ausbeutungen bekämpfen zu wollen, sondern daß auch die gesellschaftliche Selbsthilfe dem Staat unterstützend zur Seite zu treten hat, will man des Nebels Herr werden. Wir unterschätzen die wohlthätigen Wirkungen, welche das Reichsgesetz von 1880 ausgeübt hat, ge­wiß nicht, wir anerkennen auch, daß es im Großen und Ganzen recht kräftig und ver­ständig gehandhabt wurde und die groben Fälle der Bewucherung zurückgedrängt und somit der öffentlichen Sittlichkeit wieder zu

ihrem Recht verholfen hat. Allein, auch ab- -. ^ >

gesehen davon, daß das Gesetz nur für den zahlreicher Kreditgelegenheiten läßt sich der Kredit- und Geldwucher bestimmt ist und so- Bewucherung des Landwirtes in wirksamer mit gerade die für den Landmann drückendsten Weise dadurch entgegentreten, daß man ihn Formen der Bewucherung, den Waren- und veranlaßt, von der Versicherung gegen elemen- ' " - --- -- in böberem Grad Gebrauck ru

Viehwucher, nicht erfassen kann, ist es ein schwererer Irrtum, von der repressiven Macht des Strafrechts eine Heilung der Schäden und Uebelstände erwarten zu wollen, welche nur ans dem Weg der Anwendung prätentiver Mittel beseitigt und gehoben werden können. Das Strafgesetz, welches den Wucherer dem rächenden Arm der Justiz überliefert, erfaßt nur, wie der berühmte Nationalökonom Lorenz v. Stein in seinem Buch über den Wucher und seine Macht sehr richtig gesagt hat, niw die Symptome, nicht die Ursachen, während der weitsehende Staatsmann und Gesetzgeber diese und nicht nur jene zu beachten hat. Und in dieser Beziehung muß bemerkt werden, daß der Mangel, welcher auf dem Land an Ge­legenheit besteht, das vorhandene Kreditbedürf­nis ohne die Hilfe des Wucherers zu befrie­digen, die Hauptursache des großen Umfangs des Wuchers war, ist und sein wird. Würde jedes Kreditbedürfnis in einer Weise befriedigt werden können, welche die Mitwirkung von Wucherern nicht nötig machte, so würden diese von selbst verschwinden. Stets hat es leicht­sinnige und unbedachtsame Menschen gegeben, welche schlecht wirtschaften und deshalb auf den Kredit angewiesen sind; stets hat es Fälle gegeben, in welchen es auck dem einsichtsvollen und umsichtigen Landwirt ohne die Inan­spruchnahme der Kreditkraft unmöglich wird, seine Wirtschaft weiter zu führen. Man denke au die Naturereignisse, von welchen der Land­wirt bedroht ist: Ueberschwemmung, Hagel- schlag, Wolkenbruch rc , Ereignisse, die ihn um

tare Ereignsse in höherem Grad Gebrauch zu machen wie jetzt Neben diesen Mitteln, welche zum größten Teil nicht in den Bereich der Staatsthätigkeit fallen, werden sich durch Ver­schärfung gewisser geltender Gesetze günstige Wirkungen bezüglich des Wuchers erzielen lassen. Wir stehen einem von Reichswegen zu erlassenden Verbot der Verabreichung von Getränken bei Versteigerungen sehr sympathisch gegenüber; weniger glauben wir ein Verbot der Landversteigerung in Wirtshäusern em­pfehlen zu solle», auch eine Nachahmung des ungarischen Gesetzes, wonach Wirtshausschulden nur bis zu einer gewissen Summe klagbar sein sollen, läßt uns kalt; dagegen stimmen wir einem Gesetz, welches gewerbsmäßige Geldverleiher verpflichtet, Bücher zu führen und solche der Behörde offen zu legen, voll­kommen zu, ebenso halten wir eine Ausbrei­tung der Vereine gegen den Wucher, wie solche bereits an der Saar bestehen, für sehr zweck­mäßig. Hoffentlich verschwindet die Frage nicht von der Tagesordnung, bevor Staat und Gesellschaft vereint das Notwendige gethan haben, um die Herrschaft des Wuchers auf dem Land zu brechen. U. U.

Württemberg.

Gestorben: 18. Aug. zu Stuttgart: Kauf­mann Heinrich Wilh. Spring, 87 I. alt; zu Ditzingen: Wundarzt u. Geburtshelfer M. Ade.

Stuttgart, 12. Aug. (Wissenschaftliche Bekleidungskunst.) Auf dem Gebiete des Zu­schnitts der Kleider ist in neuerer Zeit wie

schon bei manch' anderem Beruf ebenfalls das Bestreben ausgetreten, dem praktisch­wissenschaftlichen Prinzip bei Konstruierung des Schnittes allgemeinen Eingang zu verschaffen. Hauptförderin dieser fortschreitenden Entwick­lung ist dieSüddeutsche Bekleidungsakademie" in Stuttgart unter der vorzüglichen Leitung ihres. Direktors Karl Ost, dessenuniverselles Institut für Bekleidungskunst und erste preis­gekrönte fachwissenschaftliche Lehranstalt für das Schneidergewerbe" die einzige derartige Fach­lehranstalt ist, welche mit Erfolg diese aner­kennenswerte Richtung vertritt. Aus den Ver­handlungen des kürzlich zu Stuttgart abge­haltenen zweiten Kongresses genannten Vereins, deren Mitglieder in ganz Deutschland, Oester­reich, Schweiz, Belgien, Holland, England, Rußland und Nordamerika verteilt sind, ent­nehmen wir, daß die Mitgliederzahl innerhalb 3 Jahren von 188 auf 618 gestiegen ist, von denen ca. 150 dem Kongresse anwohnten. Aus den gepflogenen Verhandlungen ist be­sonders hervorzuhebcn, daß zwecks Durchführ­ung obiger Bestrebungen ein ganz neuerfundenes (gesetzlich geschütztes) Universal-Zuschneidesystem vorgeführt, welches das Maßnehmen und Zu­schneiden rationell nach praktisch-wissenschaftlichen Prinzipien lehrt, die noch niemals bei der Zuschneidekunst angewendet wurden. Dasselbe lehrt den Zuschnitt nach mathematisch-geomet­rischen Grundsätzen, welche auf der Mantcl- abwicklung des Kegels, der Kugel und des Cylinders basiert sino, es kennt daher nur Länge- und Weite-, aber keine Schrägmaße. Die Hauptvorzüge des Systems sind folgende: 1) es beruht auf wissenschaftlicher Basis und bietet vor allen andern Systemen diejenige positive Sicherheit des guten Passens, die überhaupt in Anbetracht der Beweglichkeit des menschlichen Körpers zu erreichen je möglich ist; 2) enthält es, weil wissenschaftlich-praktisch, die größte Einfachheit (nur 5 Länge- und 4 Weitemaße); 3) kann bei demselben direkt nach dem genommenen Maße ein fertiges Modell mit allen Zugaben aufgestellt werden und ist das Maßnehmen sowohl unter als auch auf dem Rock gestattet; 4) kommen bei ihm keinerlei Maßinstrumente noch Leibgürtel rc. zur Anwendung, sondern einzig und allein das Zentimetermaßband; 5) die Aufstellung der Westen, Vestons (Sac) und Ueberzieher erfolgt nach demselben Maß direkt ohne der Grundlage eines Rock- oder sog. Grundmodells zu bedürfen, nach denselben mathematisch­geometrischen Prinzipien; 6) braucht der zu bekleidende Körper nicht auf seine Haltung oder Bauart geprüft zu werden, da sich die­selbe aus den neun zur Anwendung kommenden Maßen von selbst ergiebt. Dieses Universal- Zuschneidesystem wurde von dem Kongreß als große Errungenschaft und als das vollkom­menste aller existierenden Systeme bezeichnet.