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„Das ist empörend!" rief Hercher, als er die Zeilen gelesen hatte. „Das kann offenbar nur von Ernst selbst auSgehen!"
„Es geht von ihm aus!" rief Harport. „Das ist seine Antwort auf Ihre Bemühungen, eine Aussöhnung zu Wege zu bringen!"
„Ich bin so überrascht und entrüstet, daß ich es kaum zu fassen vermag," fuhr Hercher fort, während er die wenigen Zeilen noch einmal durchlas. „Er weiß, wie sehr diese Mittheilung Sie kränken muß, er fordert Sie förmlich heraus!"
„Er soll es nicht ungestraft gethan haben. Heute noch mache ich mein Testament — ich enterbe ikn!"
„Nicht heute — übereilen Sie nichts!" fiel Hercher ein. „Ich kann mir einen solchen herausfordernden Trotz nicht vorstellen. Es kann durch einen Anderen in die Zeitung gekommen sein, die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen und an sie werde ich mich vorläufig anklammern. Haben Sie mit irgend Jemand darüber gesprochen?"
„Mit Niemand außer dem Kommerzienrath."
„Ich auch nicht — da kann allerdings freilich niemand Anderes als . . ."
Er beendete seine Worte nicht.
„Ich traue es ihm zu — er hat es gethan! Dies ist die Antwort auf meinen Wunsch, daß seine Heirath geheim bleiben möge!"
„Ich bitte Sie, übereilen Sie nichts! Ich begreife ja Ihre Entrüstung, dieselbe ist nur zu gerecht, aber ehe Sie handeln, lassen Sie uns erforschen, durch wen diese Mittheilung in das Blatt gelangt ist. Ich kenne den Redakteur, ich werde ihm schreiben und Auskunft von ihm verlangen, er kann mir dieselbe nicht verweigern."
„Und wenn er eS thut?"
„Er wird es nicht thun. Ich werde sofort schreiben, wir senden den Brief sofort ab und lasten aus Antwort warten."
Hercher trat an Harport's Schreibpult und schrieb. „Hören Sie und sagen Sie, ob Sie hiermit einverstanden sind," sprach er, als er den Brief beendet hatte, dann las er: „Geehrter Herr Doktor. Herr Harport ist durch die Mittheilung über seinen Sohn in der heutigen Morgennummer Ihres Blattes auf das Unangenehmste und Peinlichste berührt; er ist der Ueberzeugung, daß diese Zeilen geschrieben sind, uni ihn zu kränken, und ich kann mich dieser Ueberzeugung nur anschließen.
Sie würden mich zu Dank verpflichten, wenn Sie mir umgehend mittheilen wollten, durch wen Sie diese Mittheilung empfangen haben. Meiner Diskretion dürfen Sie versichert sein. Mit größter Werthschätzung
Wilhelm Hercher, Ingenieur."
„Sind Sie hiermit einverstanden?" ...
fügte Hercher hinzu.
„Ja," gab Harport zur Antwort.
„Dann wollen wir diese Zeilen sofort durch einen Boten an den Redakteur senden und ihn auf Antwort warten lassen; in spätestens einer Stunde können wir dieselbe haben, ich werde so lange hier bleiben!"
Der Bote wurde abgeschickt und ihm die größte Eile anbefohlen.
„Ich würde selbst zu dem Redakteur geeilt sein, wenn ich nicht befürchtet hätte, daß ich dadurch genöthigt werde, mich in Auseinandersetzungen einzulasien; dieselben würden mir sehr peinlich gewesen sein. Ich bin jetzt auch zu erregt dazu."
Harport schritt schweigend im Zimmer auf und ab.
„Fassen Sie keinen Beschluß, ehe wir die Antwort des Redakteurs haben," bat Hercher.
„Ae mehr ich darüber nachsinne, um so weniger bedarf es für mich einer Antwort," entgegnete Harport. „Wer hätte diese Mittheilung der Zeitung übergeben sollen, wenn es nicht Ernst selbst gethan hätte, um mich zu kränken! Für Andere hat dieser Artikel ja kein Interesse! Mein Sohn ist ja keine Persönlichkeit, über dessen Verhcirathung die Zeitungen berichten!"
„Das Alles muß ich zugeben und doch will ich die Hoffnung, daß eS nicht von ihm ausgeht, nicht schwinden lassen!"
„Wer außer ihm hätte dies thun können?"
»Ich weiß es nicht," gab Hercher zur Antwort.
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„Hat Meta diese Zeilen gelesen?" forschte Hercher.
^ ^oll sie auch nicht lesen!" rief Harport. „Ich würde
Taufende darum geben, wenn wir Beiden die einzigen Menschen wären, die sie gelesen haben. Nun, ich weiß jetzt wenigstens, was ich zu thun
habe — ich schwanke nicht mehr! Ich werde dieses Blatt aushebm und meinem Testamente beilegen lassen."
„Haben Sie wirklich die Absicht, Ernst zu enterben?" fragte' Hercher.
„Ja, jetzt steht mein Einschluß fest!"
„Bester Herr Harport, ich glaube nicht, daß Sie das Recht haben."
„Wer kann mir das Recht nehmen, über mein Vermögen z» verfügen?"
„Sie dürfen Ihren Sohn nicht vollständig enterben! Das tz Verbietet dies!"
„Ich kenne das Gesetz, ich habe mit meinem Rechtsanwälte darüber Rücksprache genommen. Ich weiß, daß ich ihm nicht Alles entziehe» darf, nur auf das Pflichttheil kann ich ihn beschränken, und das werde ich thun! Nicht ich werde das Testament aufsetzen, die Bestimmung, die ich treffe, soll nach meinem Tode unanfechtbar sein, durch eine» Notar werde ich meinen testamentarischen Willen aufsetzen lassen!"
„Nun, ich hoffe, es wird eine Zeit kommen, in der Sie freiwillig dieses Testament wieder aufheben," bemerkte Hercher. „Ich gebe dir Ueberzeugung nicht auf, daß Sie sich doch einst mit Ernst wieder aus-s söhnen werden."
Der Bote kehrte zurück und brachte die Antwort des Redakteurs.
Ungeduldig öffnete Hercher den Brief.
„Lesen Sie — lesen Sie!" drängte Harport.
Die Zeilen, welche Hercher vorlas, lauteten:
„Geehrter Herr. Ich bedauere, Ihrem Wunsche nicht Nachkommen zu können. Sie werden übersehen haben, daß die Mittheilung unter Eingesandt und unter dm redaktionellen Striche steht, sie ist also Inserat. Den Inserenten verrathen dars ich nicht. Ich würde nur dann genöthigt sein, seinen Namen anzugeben, wenn dik Mittheilung eine Beleidigung oder Unwahrheit enthielte; wäre das Letztere der Fall, so würden Sie es sicherlich in Ihrem Briefe angedeutet haben. Ich bedamre, daß diese Mittheilung Herrn Harport unangenehm berührt hat. Mit Hochachtung '
vr. M."
„Kann ich nicht erzwingen, daß du Name des Inserenten angegeben wird?"? rief Harport.
Hercher zuckte mit der Schulter. „Leider nicht," antwortete er. „Sie könnten dies nur durch eine Klage erzwingen, die Mittheilung bietet aber keim Veranlassung zu einer Klage, weil sie eine Beleidigung nicht enthält!"
„Dann weiß ich, was ich zu thun habe!" sprach Harport.,
Hercher versuchte nicht, auf den Vater seiner Verlobten versöhnend einzuwirken. Er schützte dringende Geschäfte vor und ging fort Harport begab sich zu einem Notar und ließ durch denselben das Testament aufsetzen, in welchem er den Sohn bis auf das gesetzlich bestimmte Pflichttheil enterbte.
Tie Vehmlinde bei Dortmund. (S. 84,
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Ernst hatte sich verheirathet. ,
Die meisten Menschen würden die junge Ehe eine sehr wunder- s liche genannt haben, denn es war fast, als ob zwei Kinder plötzlich I mitten in das Leben hinein versetzt wären mit der Aufgabe, sich mm j selbst durchzuringen. Ernst hatte bei allem Leichtsinn, den er früher M entwickelt, sich doch in mancher Beziehung einen kindlichen Smn m-W« wahrt, er hatte das Geld mit vollen Händen fortgeworfen, °h"e Schwierigkeit zu kennen, Geld zu verdienen, und Ullu gab ihrem Gattm! in dieser Hinsicht nichts nach. Auch sie kannte, obschon sie Schau-Z spielerin gewesen war, das Leben sehr wenig.
Nun sollten die beiden Menschen einen eigenen Haushalt suh und zwar mit sehr geringen Mitteln, gar Mancher würde über Ml Wirthschaft bedenklich den Kopf geschüttelt haben, sie fanden sich md-k» mit der glücklichen Unbefangenheit der Jugend in die ungewohmenM Verhältnisse hinein. Es gab etwas, was ihnen über Alles hinweghall,, das war die Liebe, und sie liebten sich wirklich innig. Wie sehr sich theuer waren, das empfanden Beide erst, nun sie sich ganz angch hörten; nicht selten ist ja das Umgekehrte der Fall.
(Fortsetzung folgt.