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In Her russischen Sovjetrepublik scheint ^etzt dis gegenrevolutionäre Bewegung in Fluß gekom­men zu sein. Die Covjets werden sowohl vom Süd- Lsten der Republik als vom Osten (Sibirien) und vom Norden aus bedroht. Im Norden, an der Murman- Evste, sind die Engländer jetzt einfach gegen alle völkerrechtlichen Sitten vormarschiert, und schaffen sich Recht" durch Hinrichtung der Vertreter der Sovjet- lbehörden. Gleichzeitig haben sie Truppen in Archan­gelsk gelandet, die vielleicht in südlicher Richtung nach Wologda marschieren werden, dem Sitz der diplo­matischen Vertreter der Entente in Rußland. Die Auf­forderung der Sovjetregierung, diese Vertreter möchten sich doch gefälligst, wie es Brauch sei, in der Residenz­stadt Moskau, dem Sitz der Sovjetregierung, nieder- lchsen, beantworteten sie dahin, daß es ihnen in Wolo^ia ganz gut gefalle, und daß sie sich dort sicher genug fühlen, das heißt ohne die Umschweife der diplo­matischen Höflichkeit: wir wollen mit Euch nichts zu tun haben. Wenn die Herren Ententevertreter in Ltoskau gesessen hätten, wäre der Putsch gegen die Sovjetregierung auch nicht so leicht zu organisieren ge­wesen. So aber besitzen die Engländer sogar die scham­lose Frechheit, in Rußland selbst Truppen für ihre Zwecke anzuwerben. Wie sich die Russen selbst zur Gegenrevolution stellen, ist noch nicht recht ersichtlich Es scheint aber, daß die Strömung gegen die Sovjets von Tag zu Tag an Umfang gewinnt. Gerade auch in Sibirien ist die gegenrevolutionäre Bewegung sehr stark. Der von den Bürgerlichen anerkannte General Horwat hat sich sogar zum Zaren über alle russi stheu Völker ausrufen lassen. Wie Reuter meldet, soll «m auch die Intervention Japans feststehen. Aber die Japaner haben es anscheinend doch nicht durch- gesatzt, daß sie allein von Sibirien Besitz nehmen. Sie Müssen sich die Mitwirkung Amerikas gefallen lassen, und noch einer weiterenHilfstruppe". Erhebend wäre dieses Eingeständnis der japanischen Unselb­ständigkeit den Amerikanern gegenüber nicht, wenn tatsächlich in diesem Rahmen die Besetzung Sibiriens durch die Entente vor sich ginge. Das Vorgehen der Entente aber in Rußland kennzeichnet aufs trefflichste den wahren Charakter dieser Näubergesellschaft. Der ehemalige russische Bundesgenosse soll nun vollständig wirtschaftlich und militärisch ausgeplündert werden, und merkwürdigerweise sind es wieder die Amerikaner, die hier vorangehen, die Amerikaner, die aus lauter Freiheit?- und Eerechtigkeits"-Fanatismus nicht nur Europa nach ihren Anschauungen umformen wollen, sondern auch die astatischen Länder. Wenn wir uns ohne irgend welchen Grund in die Angelegenheiten aller Völker der Welt mischen wollten, so würde «an von Washington aus in dis Welt brüllen: die Deutsche» wollen die Welt beherrschen. Amerika aber, das keinem andern gestattet, sich irgend wie militärisch auf dem amerikanischen Kontinent zu betätigen, darf sich ohne Widerspruch von irgend welcher Seite ge­statten. überall ,nitzureden, weil es bekanntlich den Völkern dieFreiheit" bringen will, 0.8.

Helsferich deutscher Gesandter in Moskau.

(WTD.) Berlin, 23. Juli. Der frühere Stellvertre­ter des Reichskanzlers, Staatsminister Dr. Helfse- rich, ist zum diplomatischen Vertreter des Deutschen ^Reiches in Moskau ernannt worden.

Der Lormarsch der Engländer an der Mnrmanküste.

(WTB.) Stockholm, 23. Juli. Nach einer Meldung aus Helsin gsors sind die Engländer auf ihrem Vorrücken von Archangelsk gegen Murman begriffen Letztere Stadt ist bereits ernstlich bedroht. Die Mit­glieder des Arbeits- und Soldatenrats in Kem wur­den gefangen genommen und hingerichtet. Die Truppen der Alliierten haben die Linie Kantalaks Kem besetzt.

Die Sovjetrepublik und die Entrntemachenschasten.

(WTB.) Moskau, 20. Juli. Nach einer Meldung der .Zswestija" soll der französische Generalkonsul dem Volkskommissar für Auswärtiges erklärt haben, daß das Mitglied der französischen Mission Euinet seine Vollmachten überschritten habe, als er den Tschechen für die Eroberung Sibiriens namens der Verbands­mächte dankte. Das Blatt weist dagegen auf franzö­sische und englische Pressestimmen hin, welche die Tsche­chen als Retter Rußlands feiern- und in der Besetzung der sibirischen Bahn durch die Tschechen den Zeitpunkt kür das aktive Eingreifen Japans verkünden, um sich die ihm in der Weltpolitik zukommrnde Stellung zu sichern. Trotzki veröffentlicht einen Aufruf, die Wolga» den Ural und Sibirien vom Feinde zu säubern und die blutabsperrende sibirische Schlange zu ««ärgerr. Er verbietet allen Militärbeamten, den englischen und französischen Offizieren irgend welche Hilfe zu leisten. Diese Offiziere seien streng zu über­wachen und ihre Abreise zu verhindern. Die Eng­länder haben Leute der russischen Abteilung für den außerordentlichen Schutz der Murmanbahn zum Ein­tritt ins Vcrbandsheer überredet, auch Werbungen der russischen Zivilbevölkerung zum Eintritt organisiert. Die Werbungen waren anfangs erfolgreich, jetzt ist wegen der Bedrückungen ein scharfer Umschwung ein­getreten. Die Nätcgewalt in Archangelsk ver­fügte die Räumung des Kriegshafens, die Anlage von Befestigungen, Mobilisierung der Genie- und Artil­lerietruppen, sowie allgemeine Mobilisierung der jüng­sten fünf Jahrgänge,

Amtliche Bekarmlmüchttirgen.

Auf Grund des den Lebensmittelmarken vom Monat Juli augehesteten Bcftellabschnitts für Leinen-Näh­zwirn kann im Lause dieser Woche bei den einschlägi­gen Geschäften des Bezirks Leinen-Nähzwirn bestellt werden. Die betreffenden Geschäfte haben die bei ihnen eingegangenen Bcstellabschnitte bis spätestens 31. Juli d. I. unter Angabe der Zahl dem Oberamt einzu- sendeii. Konnuuualverband:

Calw, den 22 Juli 1918. Neg.-Nat Bruder.

Sühne für die Ermordung Mirbachs.

(WTB.) Berlin, 23. Juli. Nach einer Mitteilung Tschit scher ins an den kaiserlichen Geschäftsträger in Moskau sind bis zum 19. Juli mehr als 200 linke Sozialrevolutionäre, die an der Lr- inordung des Grafen Mirbach und an dem Ausstand gegen die Sovjetregierung beteiligt waren, erschossen worden. Hierunter befinden sich Alexandrowitsch. ehe- nraliger Gehilfe des Präsidenten der außerordentlichen Kommission, welche die Verschwörung gegen den Grasen Mirbach leitete, der Kommandant Jaroff,. sein Ge­hilfe M. Easerine und die Kommissionsmitglicder M. Fillanoff. F. Kabanoff, M. Kostiuk. I. Kosino. I. Boukrine, A. Touchmanosf, S. Koulakosf, A. Lopo- uknine, V. Nicntzeff, S. Pinieguine. Mehr als 100 Schuldige wurden verhaftet, darunter auch der Bevoll­mächtigte des Zentral^ mite es im Stabe der Abteilung Popoff. Orcchkin, und das Mitglied dieses Stabes Sabline.

Die Ukraine auerkennt die Vereinigung Bessarabieus mit Rumänien.

(WTB.) Bukarest, 23. Juli. Aus Jassy wird gemeldet: Der Minister des Aeußern der Ukraine entsandte nach Jassy einen Sonderkurier mit einer Note, in der die Wiederaufnahme der diplomati­schen Beziehungen zwischen Runränien und der Ukraine verlangt wird. Die Ukraine hat überdies einen Kon­sul in Kischinew ernannt, Lies bedeutet nach der Auf­fassung rumänischer Blätter, daß die Ukraine die Vereinigung Bessarabiens mit Rumänien anerkannt hat.

Zur Vorgeschichte des Friedens mit Rumänien.

(WTB.) Wien, 24. Juli. (Wien. Korr.-Bur.) Wie aus Haag gemeldet wird, veröffentlicht die in New- Pork erscheinendeEvening Post" den Text eines angeblich an König Ferd'inand von Rumä­nien gerichteten Privatbriefes Kaiser Karls, der in der zweiten Hälfte des Februar ab- gesandt worden sei und die Haltung Rumäniens in der Friedensfrage entscheidend beeinflußt haben soll. Wie das Blatt meldet, sei der Brief einem Vertreter der Ass. Preß" in Jassy durch Dertrauensmißbrauch be­kannt geworden. In diesem Brief habe Kaiser Karl den König Ferdinand mit herzlichen Worten auf die großen Gefahren aufmerksam gemacht, die aus der über Osten hereinbrechenden sozialistischen Welle für alle nionarchistischen Etaatswesen hervorgehen. Kaiser Karl habe dann die Gefahren geschildert, die bei der Ausbreitung des Bolschewismus über die russische Grenze für Oesterreich-Ungarn entstünden und die in gleicher Weise das rumänische Königshaus bedrohen würden. Deshalb sei Kaiser Karl in seinem Brief dafür eingetretcn, daß der rumänische König sich mit ihm und den andern Monarchen Europas zum Kampf gegen die Anarchie vereinige. Auch habe der Kaiser versprochen, daß, falls König Ferdinand die Alli­ierten verlasse, Oesterreich-Ungarn und Deutschland ihn in der Wahrung seines Thrones unterstützen würden. Kaiser Karl habe in dem Brief dargelegt, daß Ru­mänien von den Alliierten verlassen worden sek und habe auf dessen hilflose Lage gegenüber den mächti­gen zentralen Kaiserreichen hingewiesen. Seinen Brief habe der Kaiser mit folgendem Satz geschlossen: Dies ist die Zeit, in der die Könige zusammenstehen müssen.

Die vorstehende Mitteilung über den angeblichen und, wie hier gleich festgestellt sei, in Wirklichkeit nicht existierenden Privatbrief des Kaisers an König Ferdinand von Rumänien ist vielfach unrichtig. Der Sachverhalt ist folgender:

Einem im Einvernehmen mit den Verbündeten ge­stellten Antrag des Ministers des Aeußern Grafen Czernin entsprechend, hat Kaiser Karl im Februar d. I. einen österreich-ungarischen Stabsoffizier beauftragt, dem König von Rumänien auf mündlichem Wege eine Mitteilung zugehen zu lassen. Zu jener Zeit haben die Mächte de, Vierbunds bereits ihren Waffenstill­stand mit Rumänien abgeschlossen gehabt, der Friedensvertrag mit der Ukraine stand an jenem Zeit­punkt in seinen EruniHügen fest und die Friedensver­handlungen mit Rußland befanden sich in vollem Gange. Der entsandte Offizier entledigte sich seines Auftrags dadurch, daß er die für König Ferdinand be­stimmte Mitteilung des Kaisers Karl einem das per­sönliche Vertrauen des Königs von Rumänien ge­nießenden rumänischen Offizier zur Weiterleitung be­kannt gab. Diese in zwei Unterredungen gemachten mündlichen Mitteilungen, aus denen der Korrespondent derAss. Preß" in Jassy einen Brief des Kaisers au König Ferdinand von Rumänien kon- striert hat, hatten folgenden Inhalt: Falls der König von . Rumänien sich zur Erlangung eines Frie­dens an die Mächte des Vierbunds wenden winde, so hätte er kein Refus zu fürchten. Die von seinem

Lande verkängken Friedensbed!ngungen würden ehren« voll sein. Rumänien könne ohne eine Verpflichtung zum Eintritt in den Kampf gegen seine derzeitigen Alliierten zu übernehmen, eine Vereinbarung mit den Vierbundmächten zu dem Zwecke treffen, gemeinsam mit ihnen die Gefahren einer internationalen Revo­lution und Anarchie zu bekämpfen. Aus einer solchen eventuellen Abmachung könne jedoch den Mächten des Vierbunds nicht die Verpflichtung erwachsen, Rumänien in seinem Kanipf gegen Rußland Hilfe zu leisten, da der Vierbnnd sich mit der Sovjetregierung nicht mehr im Kriegszustand befinde. Was die Frage des terri­torialen Besitzstandes Rumäniens anbelange, so be­merkte der entsandte österreich-ungarische Offizier, daß in diesem Stadium hierüber keine Zusage gemacht wer­den könne, daß diese Frage vielmehr ebenso wie alle weiteren Details den Verhandlungen der Bevollmäch­tigten Vorbehalten sei.

Da der dem österreich-ungarischen Offizier erteilte Auftrag nach Weitergabe dieser Mitteilung erledigt war, erklärte er hiermit seine Mission als beendet. Wie bekannt, hat die rumänische Negierung kurz da­rauf den Vierbundmächten ihren Wunsch nach Ein­leitung von Friedensverhandlungen bekannt geben lassen.

Aus dem feindlichen Lager.

Der belgische Ministerpräsident über Hertlings Rede.

(WTB.) Le Havre. 23. Juli. DieAg. Havas» meldet: Bei einem von der belgischen Regierung bel­gischen Parlamentariern gegebenen Frühstück erklärte Ministerpräsident Cooremanz Belgien will keinen Frieden, als einen Frieden der Ehre und des Rechts und es weist die kühne, kürzlich im Reichstag ausgesprochene Theorie, aus Belgien ein Faust­pfand in den Händen seines Schuldners zu machen, der von Belgien Bürgschaften für seinen Angreifer verlangt, zurück. Belgien «ird sich über die Reorgani­sation der Beziehungen zu den Staaten nur in vollem Einvernehmen mit den Mächte« anssprechsn, die mit ihm für die Sache des Rechtes kämpfe«.

Die Teilnahme der sranzös. Kolonialvölker am Kriege.

(WTB.) Bern, 23. Juli. DemTeinps" zufolge haben die französischen Kolonien bisher 880 000 Sol­daten und 238 000 Arbeiter nach Frankreich geschickt.

Die englischen Vorbereitungen zum Wirtschaftskrieg nach dem Kriege.

(WTB.) Amsterdam. 23. Juli. Nach einer Meldung desAllg. Handelsblad" aus London enthält der Ent­wurf des Gesetzes über die Aufhebung der feindlichen Banken die Bestimmung, daß sie innerhalb fünf Jahren nach dem Kriege nicht wieder er­öffnet werden können.

Der Wirtschaftskampf gegen Deutschland in Amerika.

(WTB.) Washington, 23. Juli. (Reuter.) Der Ver- walter des feindlichen Eigentums, Palmer, teilte mit, daß er die großen im Besitz von Deutschen befind­lichen Metallgesellschasten Vogelstein k Co., sowie Peer-Sontheimer 6-, Eo. in Ncw Pork übernom­men Habs. Die Masse beträgt über 14 Millionen Dol­lars. Palmer erklärte, das; diese Uebernahme in Verbindung mit andern für immer die deutsche Kontrolle in der Metallindustrie dieses Landes vernichten werde. Wie behauptet wird, hängen die beiden Aktiengesellschaften eng mit der Deutschen Metallgesellschaft zusammen. Sie besaßen auch Aktien zahlreicher amerikanischer Gesellschaften. Der Regie­rungsagent erklärte, die übernommenen Gesellschaften hätten große Mengen Kupfer für die Ablieferung an ein deutsches Metallunternehmen nach dem Krieg in Vorrat gehabt. Sie erhielten dafür einige Hundert­tausend Dollars in Noten.

Lichtlose Tag« in Amerika.

(WTB.) Bern. 23. Juli. DerMatin" berichtet aus New Pork, daß die Regierung für unbestimmte Zeit vom 25. Juli ab für die Staaten New England, NewPersey, NewPork, Pennsylvania, Delaware und Maryland, sowie für den Distrikt Kolumbia vier licht­lose Nächte, in den übrigen Staaten zwei lichtlose Nächte in der Woche angeordnet habe. (Also hat man in Amerika auch schon KohlenmangelI)

Ein neuer Trabant Wilsons.

(WTB.) Washington, 23. Juli. Reuter meldet: Das Staatsdepartement meldet, daß Honduras am 19. Juli Deutschland den Krieg erklärte. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen erfolgte am 18. Mai.

Vermischte Nachrichten.

Naubiiberfall auf einen Zug.

DieFrkf. Zig." meldet aus Oberhausen vom 23. Juli: Heute nacht wurde ein auf der Fahrt von DuisburgnachOber Hausen befindlicher Eüter- zug von bewaffneten Räubern überfallen, die mit vor­gehaltenem Revolver das Bahnpersonal zwangen, die Ausräubung ihrer Wagen zuzulassen. Eine von der Station Oberhausen abgegangene Hilfsmaschine, die mit Bahnbeamten besetzt war, gelangte an dem Ort der Tat an, als dis Räuber noch mit der Fortschaffung der Säcke beschäftigt waren. Es gelang den Bahn-' beamten, von den gestohlenen Säcken neun zurückzu- hclen. Die Bande selbst konnte bisher nicht ermittelt werde,;.