Aus Württemberg.

Stuttgart, 28. Nov. Zwischen der Volks­partei und der Sozialdemokratie sind gleich nach dem Abschluß der Hauptwahlen Verhandlungen angeknüpft worden über ein Zusammengehen bei den Nachwahlen. Diese Verhandlungen sind nun, wie wir hören, soweit gediehen, daß in einer An­zahl von Wahlbezirken mit einer gegenseitigen Unterstützung der beiden Parteien in den zweiten Wahlgängen bestimmt gerechnet wird. Von nationalliberaler Seite hört man, daß die Nationalliberale Partei an ihrem früheren Stand­punkt der Ablehnung einer Großblockpolitik un­bedingt festhält.

Böblingen, 21. Nov. Gestern abend halb 7 Uhr ereignete sich am Aufgang der alten Stutt­garter Straße ein schwerer Unglücksfall. Von Stutt­gart her kamen zwei Lastautomobile der hiesigen Ziegelei, währenddem ein fremdes Bierautomobil aus der Stadt kam. Der 6jährige Knabe des Gipsers Karl Rommel wollte über die Straße springen und kam unter eines der Lastautomobile. Er wurde schwer verletzt ins Bezirkskrankenhaus verbracht; an seinem Aufkommen wird gezweifelt.

Tübingen, 83. Nov. Die Deutsche Partei hat im Amt die Kandidatur Riekert zugunsten des Kandidaten der Volkspartei zurückgezogen.

Tübingen, 31, Nov. Der engere Ausschuß des Schwäbischen Sängerbundes hat beschlossen, das 30. allgemeine Liederfest des Bundes am Sonntag, 32. Juni 1913, hier abzuhalten.

Mühlacker, 32. Nov. Als gestern abend gegen 6 Uhr ein schwer mit eisernen Roststäben beladenes Fuhrwerk bei Mühlacker einen Eisenbahn­übergang passierte, blieb es stecken und konnte nicht mehr von der Stelle gebracht werden. Glücklicher­weise gelang es, den um 6.29 Uhr abends in Stutt­gart eintreffenden Schnellzug Karlsruhe - Stutt­gart, der Mühlacker um 5.31 Uhr verläßt und jeden Augenblick die Stelle passieren mußte, rechtzeitig anzuhalten. Kaum war das Fuhrwerk etwas von der Stelle gebracht worden, als der um 4.47 Uhr in Stuttgart abgehende Schnellzug von der anderen Seite herangebraust kam und direkt in das Gefährt hineinfuhr, daS vollständig zertrümmert wurde. Stücke der ebenfalls zerbrochenen eisernen Roststäbe wurden gegen den noch haltenden Schnellzug Karls­ruheStuttgart geschleudert und beschädigten einen Wagen erheblich. Außerdem wurden einige Fensterscheiben zertrümmert, durch die zwei Passa­giere eines Abteils Verletzungen erlitten. Der aufgefahrene Schnellzug wurde nicht beschädigt.

Hülben, OA. Urach, 21. Nov. Gestern abend wettete ein Bauer mit einem Arbeiter, wenn er einen Sack Mehl in seine Wohnung trage, bezahle er ihn. Der Arbeiter brachte es fertig, worauf der Bauer die Wette wiederholte, und siehe da, der Arbeiter brachte seiner freudig überraschten, viel­köpfigen Familie auch den zweiten Sack Mehl Nr. 1. , Diese Art Wetten verdienen Nachahmung!

Geislingen, 33. Nov. Dieser Tage sollte hier eine Hochzeit abgehalten werden. Der Bräu­tigam war aus Göppingen erschienen. Man stand unmittelbar vor der Trauung, als er angeblich auf kurze Zeit sich entfernte. Die Braut und die Hoch­zeitsgesellschaft warteten und warteten; wer aber nicht wieder kam, war der Bräutigam. Er hatte sich die Sache anders überlegt.

Altshausen, 23. Nov. In einer hiesigen Wirtschaft verkaufte ein junger Bursche eine Kuh­haut, die er auf dem Güterbahnhof gestohlen, als zufällig der Eigentümer dazu trat. Der Siebzehn­jährige wurde verhaftet, nachdem in seiner Woh­nung ein großer Vorrat von Zigarren, Gewehren, Revolvern, Kleiderstoffen, alles entwendete Sachen, vorgefunden wurden.

Vom Bodensee, 23. Nov. Eine aufregende Schmugglerverfolgung erfolgte in der Dienstag- Nacht in Konstanz. Dort war von Zürich die Nachricht eingetroffen, daß eine Sacharinschmugg­lerbande im Automobil nach Konstanz abgefahren sei. Am Ende der Rheinbrücke wurden zwei Schutz­leute und ein Grenzaufseher aufgestellt, die sich hinter dem Eisengeländer verborgen hielten. Einen Mann ließ man einen mit Brettern beladenen Handkarren auf die Brücke fahren, um das Auto zum Stehen zu bringen. Nachdem verschiedene Autos vergeblich angehalten worden waren, kam endlich das richtige, das in äußerst scharfem Tempo die Rheinbrücke passierte und den Handkarren glatt auf die Seite schleuderte. Die Insassen des Autos, zwei oder drei Personen, kümmerten sich nicht im geringsten um die Halt - Rufe der Schutzleute, gaben vielmehr noch acht Revolverschüsse ab, ohne aber jemand zu treffen. Ein Schutzmann gab da­raus gleichfalls fünf Schüsse ab, die aber ebenfalls das Ziel verfehlten. Das Auto entkam in der Richtung nach Radolfzell.

Aus dem Reiche

Unter den Terpentinfässern und Farbenvorräten der Drogen - und Farbenfabrik von Kornbeck, die an den östlichen Flügel des alten Konstanzer Rathauses grenzt, brach am Dienstag Feuer aus, dessen Flammen bis in den Stadtratsaal hinein­schlugen, sodaß dieser zu brennen anfing. Die Löscharbeit der Feuerwehr dauerte mehrere Stun­den. Das Rathaus konnte gerettet werden. Der Schaden wird auf mehrere 100000 Mark ge schätzt. Die Entstehungsursache ist noch nicht auf­geklärt.

Wolfach, 30. Nov. Heute nacht war in unterer Gegend ein Erdbeben. Es wurden mehrere leichte Erdstöße verspürt.

Berlin, 23. Nov. Erzherzog Franz Ferdi­nand ist heute vorm. 10 Uhr 19 auf dem Anhalter Bahnhof eingetroffen. In seiner Begleitung be­fand sich Oberhofmeister Frhr. von Rumerskirch. Der Kaiser, vom Neuen Palais kommend, hatte sich zum Empfang auf dem Bahnhof eingefunden.

Berlin, 23. Nov. Die Leistungsfähigkeit unserer Fliegertruppe wird durch die glän­zenden Ueberlandflüge des Leutnants Geyer von dem Fliegerkommando in Straßburg aufs neue bewiesen. Der junge Militärpilot hat während der letzten 4 Wochen auf einem Aviatik-Doppel- decker über 1400 Kilometer Ueberlandflüge ohne den geringsten Defekt am Apparat oder Motor ausgeführt. Auf seinen Flügen, die ihn u. a. von Straßburg nach Metz, Karlsruhe, Darmstadt, Baden-Baden usw. führten, erreichte der Pilot eine Stundengeschwindigkeit von 110 Kilometer und eine Höhe von über 2000 Meter. Dadurch wird auch der deutschen Flugzeugindustrie das beste Zeugnis ausgestellt; neben dem Aviatik-Doppel- decker haben sich bei den Fliegerkommandos vor allem auch die Tauben, sowie die Albatros- und Otto-Doppeldecker bestens bewährt. Da bisher von den Militärpiloten bereits zahlreiche praktische Erfolge erzielt worden sind, soll die Zahl der Flugzeuge in der deutschen Armee demnächst er­heblich vergrößert werden. Unter den neuen Ap­paraten, die angeschafft werden sollen, sind auch einige englische Bristol-Aeroplane vorgesehen, die jedoch in Deutschland hergestellt sein müssen. Ein ähnliches Abkommen hat kürzlich auch die italieni­sche Heeresverwaltung getroffen.

Potsdam, 21. Nov. Heute vormittag wurden im Exerzierhaus zu Potsdam die Rekruten der Potsdamer Garnison in Gegenwart des Kaisers vereidigt.

Flugplatz Johannistal, 22. Nov. Heute früh kurz nach 8 Uhr stürzte der Flugschüler Leutnant von Winterfeldt bei einem Flugversuch mit einem Otto-Doppeldecker ab. Der Flieger erlitt innere Verletzungen. Das Flugzeug wurde total zertrümmert.

Frankfurt a. M>, 21. Nov. Die Frankfurter Ztg. meldet aus Kalkutta : Ein Boot, das gestern abend ungefähr SV Fahrgäste, darunter 7 Euro­päer, von der Sibporelandungsbrücke zu einem Dampfer bringen sollte, schlug infolge Ueberladung um. Sämtliche Insassen ertranken. Wegen der starken Strömung konnte noch keine Leiche gebor­gen werden.

In der Stahlformerei des B 0 chumer Ver­einswerkes ereignete sich ein schrecklicher Unglücks­fall. Der Arbeiter Vieth, ein 19jähriger junger Mensch, stürzte in die flüssige Eisenmasse und wurde vollständig verbrannt.

In Mülheim wurde ein verwegener Raub­überfall ausgeführt. Einbrecher drangen in die Wohnung des 95jährigen Benjamin Kaufmann und seiner 85jährigen Ehefrau ein. Während die Frau auf die Straße eilte und um Hilfe rief, warfen die Verbrecher dem alten Mann ein Kopf­kissen über den Kopf und betäubten ihn durch einige Schläge. Hierauf stahlen die Einbrecher 20000 Mk. aus dem Geldschrank und verschwanden. Bis jetzt ist es nock nicht gelungen, ihrer habhaft zu werden.

In der Bahrenfelder Straße inAlt 0 na sind während der Abwesenheit der Mutter drei Kinder im Alter von 37 Jahren verbrannt. Der Brand ist, wie eS scheint, infolge Spielens mit Streichhölzern entstanden.

In Passau tötete ein Gastwirt seine Frau durch drei Messerstiche, weil sie, nach seiner An­nahme, Beziehungen zu einem Zimmerherrn unter­hielt. Dem Zimmerherrn brachte er ebenfalls schwere Messerstiche bei.

Aus dem Ausland.

Wien, 21. Nov. Erzherzog Franz Ferdinand ist heute abend um 9.40 Uhr in Begleitung seines Oberhofmeisters nach Berlin abgereist.

Auf dem Wiener Rennplatz wurde dieser

Tage der Prokurist einer großen Wiener Firm­in dem Augenblick, als die Pferde durchs Ziel gingen, vom Schlage getroffen und war sofort tot. Man erfuhr, daß er eine sehr hohe Wette abge­schlossen hatte, die ihm über 10 000 Kronen ein­brachte. Er rief in seiner freudigen Aufregung den Namen des siegenden Pferdes, aus das er gesetzt hatte, und stürzte tot zusammen.

Bei Martensbruck an der Tiroler-schwei­zerischen Grenze stürzte der Postomnibus aus Schuls über einen stellen Geröllabhang 150 Mt. hinab. Nach einer Sturzhöhe von 50 Metern wurde der eine Passagier aus dem Wagen ge­schleudert, während der Wagen mit einer Dame noch 100 Meter weiter kollerte. Die Dame er­hielt komplizierte Brüche und mußte nach dem Hospital in Schuls gebracht werden. Die Schuld an dem Unfall soll den Kutscher tressin.

Petersburg, 21. Nov. Eine vom Kaiser veranlaßte Verfügung des Kriegsministers besagt: Es ist zu meiner Kenntnis gelangt, daß gewisse Militärs in der Gesellschaft falsche Gerüchte über Vorbereitungen zum Krieg und über eine Mobilisierung verbreitet haben. Ich erkläre, da- Maßregeln zur Unterdrückung derartigen Geschwätzes getroffen werden, bis die Schuldigen es widerrufen.

New - A 0 rk, 20. Nov. Der Schreckensplan eines Geisteskranken hat das Städtchen Los An­gelas an der Küste des Pazifischen Ozeans mehrere Stunden in Schrecken versetzt. Auf der Polizei- hauptwache erschien gestern mittag ein maskierter Mann, der auf dem Arm mehrere große Pakete mit Dynamit trug, und erklärte, daß er in wenigen Augenblicken das Gebäude mit seinen Insasse» in die Luft sprengen würde. Da er alle Anstalten dazu traf, blieb den Polizisten nichts anderes übrig, als zu fliehen. Die Gefangenen wurden aus den Zellen geholt, die Bewohner der benach­barten Häuser von der Gefahr benachrichtigt und die umliegenden Straßen für jeglichen Verkehr ge­sperrt. Dann harrte man des Attentats. Als »ine Stunde vergangen war, ohne daß dieses erfolgte, schlich sich ein Schutzmann durch ein Fenster in das Polizeigebäude. Er fand den anscheinend Geisteskranken immer noch mit allerlei Vorberei­tungen beschäftigt. Als dieser sich umwandt«, schlug er ihn mit einem wohlgezielten Djiu»DM> Griff nieder. Am Boden lagen die Pakete mit Dynamit, ohne daß ihr gefährlicher Inhalt Schade« angerichtet hätte.

Nach Nachrichten aus Kingst 0 wn soll ein schwerer Zyklon die Städte Savanna La Mar a« der Südwestküste und Lucea an der Nordwestküste von Jamaika fast vollständig zerstört haben. Ein Frachtdampfer, der am Mittwoch morgen in Port Antonio eintraf, berichtet, daß 42 Personen während eines Sturmwindes in der Montego-Bucht getötet wurden. Diese Meldung wird in einer Depesche des Newyork Herald bestätigt, die dieser aus Jamaika erhielt, und es wird hinzugefügt, daß dec Schaden an Eigentum gleichfalls ein riesiger sei-

Tokio, 20. Nov. Der japanische Kreuzer Nishia" hat bei Aokosaka die Leichen von tti> Mann seiner Besatzung, die bei der Explosion eines Kessels getötet worden waren, gelandet. -Wie es heißt, soll die Explosion gestern abend durch das Auflaufen des Kreuzers auf der Höhe von Shimoda entstanden sein.

Tokio, 21. Nov. Amtlich wird gemeldet, daß der Unfall an Bord des KreuzersNishia" durch die Explosion einer Pülverkiste herbeigeführt wurde. 11 Mann wurden schwer und 9 leichtverletzt.

StandeslZuiH-Ghvonik der Stadt Wildbad vom 2. bis 22. Nov. 1SI2.

G eburterr:

lg. Nov. Kappelmann, Christ. Friedr., Holzh. hier, 1 T. 20. Nov. Waidner, Aug. Friedrich, Schreiner hier, lT.

Aufgebote:

11. Nov. Knittel, Philipp, Kaufmann in Stuttgart, und Staudenmaier, Kreszentia hier. Gestorbene:

1b. Nov. Hammer, Rosine Pauline, geb. Riexing«, Eh«' fraü des Schuhmachermeisters Gottlob Roben Hammer hier, 35 Jahre alt.

16. Nov. Günther, Ernst Hermann, Sohn des Günther,

Johann Martin, Schreiner hier, 1 Jahr alt-

17. Nov. Roller, Emilie Erna, Tochter des Metzgers-

Karl Heinr. Roller in Christofshof, 10Monateaü

Freudenstad t, 22. Nov. In den letzten Tagen ist reicher Schnee gefallen. Auf dem Knie­bis liegt er bereits höher als einen halben Meter, so daß wiederholt der Bahnschlitten in Tätigkeit treten mußte. ,

Verteilungen auf Sie

AiMaüer LbroM

«rönne« del llen Hurtt«igeri» sowie bei Oer krpellltl-s ür. öl leaeneelt gemacftt «ercken.