A«S dem Reiche
Berlin, 29. Juli. Der gestrige Tag war für Berlin der heißeste des ganzen Sommers.
Binz (Rügen), 39. Juli. Beim Anlegen eines Vergnügungsdampfers an der Binzer Seebrücke brach das Geländer des Sieges. 50—60 Personen stürzten ins Wasser. Das Unglück ist größer, als zuerst angenommen wurde. Bis heute früh 7 Uhr sind 14 Leichen geborgen worden, Männer, Frauen und Kinder. Die Namen sind noch nicht festgestellt, da es sich größtenteils um Ausflügler handelt, die in Binz zu den Pferderennen eingetroffen waren. Die meisten Toten sind vermutlich Kurgäste aus Berlin, Greifswalde und anderen Orten. Die Brücke war von über 1000 Personen besetzt, die Bruchstelle selbst von etwa 200 Personen, von denen im Augenblick des Zusammenbruches etwa die Hälfte ins Wasser stürzte. Die ungeheuere Verwirrung, die infolge der Katastrophe eintrat, läßt sich schwer beschreiben. Im Wasser trieben vor Schreck halb wahnsinnige Leute und klammerten sich an die Trümmer der Brücke an. Vom Lande drängte unter wildem Schreien eine große Menschenmenge nach dem stehen gebliebenen Teil der Brücke. Einige Minuten sah es aus, als ob der Tod vieler Menschen im Wasser gewiß wäre. Im Augenblick der höchsten Not erschienen die Matrosen des Flaggschiffes „Preußen" von der dritten Division des vor Binz ankernden Hochseegeschwaders mit ihren Rettungsbooten. In ganz Binz herrscht große Erregung.
Binz, 29. Juli. Marineboote und Taucher suchen die Unfallstelle und deren Umgebung ab. Von den geretteten Personen sind mehrere verletzt worden, die in Hotels, Pensionen und bei den Badeärzten untergebracht worden sind, da ein Krankenhaus nicht vorhanden ist. — Bisher sind 11 Opfer des gestrigen Unglücks rekognosziert. Sie stammen alle aus Nord- oder Mitteldeutschland. Die Badeverwaltung vermutet, daß alle Leichen geborgen sind. Sie wurden sämtlich in die Leichenhalle gebracht. Das Unglück dürfte nach Ansicht der Badeverwaltung aus den Bruch eines Balkens zurüäzuführen sein, der vor 6 Wochen von einer Greifswalder Firma neu eingesetzt worden ist. Die gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet. Bis 11 Uhr mittags werden noch 2 Vermißte gemeldet.
Binz, 29. Juli. Auch ein Polizeibeamter, der das Ein- und Aussteigen überwachte, ist ums Leben gekommen. Eine Mutter, die ihren 16jährigen Sohn verloren hat, wurde wahnsinnig. — Nach einer von der Firma Sputh in Greifswald gegebenen Darstellung ist die von ihr im Jahre 1905 erbaute Binzer Brücke durch das Eistreiben im vergangenen Winter beschädigt worden. Eine Abnahme der Reparaturarbeiten durch die Bauinspektion hat, da sie gesetzlich nicht vorgeschrieben ist, nicht stattgefunden. Durch die Nordstürme der letzten Tage ist die Brücke vermutlich schadhaft geworden. Einige Bolzen haben sich wahrscheinlich gelockert, sodaß dem Anschein nach der in Frage kommende Mittelbalken nur noch an einem Bolzen gehangen hat. Infolge des plötzlichen großen Andranges dürfte auch dieser Bolzen nachgegeben haben, wodurch das Unglück herbeigesührt worden ist.
Bremerhaven, 29. Juli. Auf der Weser bei Blumental ging gestern nachmittag eine Wasserhose nieder. Ein Segelboot mit 4 Personen kenterte und 3 von ihnen ertranken, darunter 2 Engländerinnen. Außerdem ertrank ein Herr Heinrich Blüttmann aus Bremen.
München, 29. Juli. Zu dem Todessturz zweier Münchener Flieger ist zu berichten, daß der verunglückte Josef Fischer, von Beruf Dekorationsmaler, erst vor 3 Wochen hier bei den Flugmaschinenwerken Otto das Pilotenzeugnis erwarb. Er war noch nie mit Passagier geflogen und wagte aus einer Höhe von 500 Meter einen so steilen Gleitflug, daß ein sanftes Landen aus-
Der erste Dämmerschein füllte das Gemach und hüllte die Greisin und das junge Weib zu ihren Füßen in ein mildes Halbdunkel. Frau v. Werthern rollte das Strickzeug zusammen und faltete die Hände über dem Scheitel der vor ihr Sitzenden, deren Kopf sich an ihre Kniee lehnte — Lotte schloß die Augen.
„So saß ich als Kind," flüsterte sie halblaut. „Du erzähltest mir dann Märchen, Ahne, und ich war so glücklich."
„Und jetzt sitzest du hier als junges, liebendes und geliebtes Weib," erwiderte die Großmutter zärtlich, „und bist erst recht glücklich — nicht wahr, Lott', du bist doch glücklich?"
„Ja, Ahne, ich bin's," lautete der ruhige Bescheid, und doch schmiegte sie sich fester in den Schoß der alten Frau, als müßte sie hier Schutz suchen vor einem unbekannten Etwas . . .
(Fortsetzung folgt.)
geschlossen war. Er hatte auch noch nie im Gleitflug landen müssen. Sein Begleiter war der erst 17 Jahre alte Monteur Georg Kugler der Flugmaschinenwerke Otto, dort seit 1'/- Jahren tätig und eifriger Anhänger des Flugsports. Der Apparat, ein Otto-Doppeldecker, stürzte in einen Kartoffelacker und wurde vollständig zertrümmert. Die beiden Flieger waren sofort tot und schrecklich zugerichtet.
Nürnberg, 29, Juli. (8 Deutsches Sängerbundesfest). Ganz Nürnberg steht noch unter dem Eindruck des wundervollen Festzuges, der am gestrigen Sonntag Nürnbergs Straßen durchzog und sowohl durch seine Größe wie die Art seiner Ausführung auf Jahrzehnte hinaus in der Erinnerung der Bevölkerung wie der Festteilnehmer bleiben wird.
Das am Samstag begonnene deutsche Sängerbundesfest in Nürnberg nahm unter den 40000 Sängern seinen Fortgang. Die Festrede hielt Rechtsa>lwalt List aus Reutlingen.
AuS - e n» Ausland.
In einem Kaufmannsgeschäft am Rudolfsplatz inBudapest fand infolge unvorsichtigen Hantierens eine Gas- und Benzin-Explosion statt. Das Gebäude wurde stark beschädigt. Mehrere Personen wurden gelötet, eine Anzahl andere mehr oder weniger schwer verletzt.
Petersburg, 29. Juli. In Wilna wurden fünf Personen, die im Zusammenhang mit dem Fall Dreßler verhaftet worden waren, wegen Auslieferung des Mobilmachungsplanes an Deutschland zu 4—8 Jahren Zuchthaus verurteilt.
Die streikenden Londoner Dockarbeiter sind dem Beschluß der Streikkommission, die Arbeit heute wieder aufzunehmen, nicht beigetreten. Sie haben in einer großen Massenversammlung die Fortsetzung des Ausstandes beschlossen.
Der Führer der Alabamaexpedition, Kapitän Mikkelsen und ein Mitglied Jversen, sind bei Shamroks bei 74'/- Grad nördlicher Breite aufgesunden worden.
Der deutsche Botschafter Freiherr von Wangenheim ist in Ko n sta nti n op el eingetroffen und hat die Geschäfte der Botschaft übernommen.
Die Lage in der Türkei hat sich trotz des Ministerwechsels, der unter spezieller Berücksichtigung der albanesischen Wünsche vollzogen wurde, nicht merkbar gebessert. Der Aufstand in Albanien war noch nie so ernst und allgemein wie gegenwärtig, woraus klar hervorgeht, daß die Albanesen die durch den Krieg mit Italien gebundene Kon- stantinopeler Regierung zur Anerkennung der Selbstständigkeit Albaniens zwingen wollen. Die Regierung hat somit gegen zwei Fronten, gegen den äußeren Feind im Süden und gegen die Rebellen im Nordwesten zu kämpfen, und dieser Kampf wird noch erschwert durch die Uneinigkeit innerhalb der leitenden Konstantinopeler Kreise und die Ansprüche der Militärpartei. Tripolitanien den Türken zu nehmen, hat Italien nicht die Macht, fällt es ihm dennoch zu, so tragen dazu die inneren türkischen Wirren einen wesentlichen Teil bei.
Konstantinopel, 29. Juli. Der ehemalige Vali und Kommandant von Tripolis, Ibrahim Pascha, ist zum Führer der albanischen Mission ernannt worden nnd wird unverzüglich nach Albanien abreisen.
Konstantinopel, 29. Juli. Die Ernennung, des Ministers des Innern ist noch nicht erfolgt. Kiamil Pascha hat sich von seiner Unpäßlichkeit erholt. Er begab sich gestern auf die Pforte und hatte eine Konferenz mit dem Großwesir. Man versichert, daß Kiamil Pascha auf der Auflösung der Kammer besteht, sonst würde er demissionieren. Der ehemalige Großwesir Ferid Pascha wurde zum Präsidenten des Senats ernannt. Finanzminister Fiad Pascha hat das Ministerium des Innern übernommen und an seine Stelle tritt Abdul Rahmann. Das neue Kabinett wird sich morgen der Kammer vorstellen und eine programmatische Regierungserklärung zur Verlesung bringen. Weiter wird es dann eine Anzahl von Maßnahmen beantragen, welche die Kammer ablehnen dürfte. Daraufhin wird das Kabinett seine Entlassung nehmen, vom Sultan aber wieder ernannt werden und die Kammer auflösen.
Saloniki, 29. Juli. Malissoren haben in der Gegend von Skui Urel zwei Bataillone angegriffen, die zwei Geschütze mit sich führten. Die Malissoren besetzten die Ufer des Mati und marschierten nach Kruja, von wo dringend Verstärkungen gefordert werden.
Der Truppenchef von Mitrowitza (Albanien) verließ seinen Posten. Die Einnahme der Stadt Mitrowitza durch die Albanesen steht unmittelbar bevor.
Konstantin opel, 29. Juli. Die Pforte hat die Reservisten auf den Dardanellen und auf Smyrna entlassen, weil England eine Versicherung
dahin abgegeben hat, daß Italien sich in Zukunst jedes Angriffes auf die türkische Küste enthalten werde.
Tokio, 29. Juli. Der Kaiser ist, nachdem er schon längere Zeit bewußtlos lag, sanft gestorben. Die Trauer in Japan ist eine allgemeine
NliZ Slaltt UNS Umgebung.
Wildbad, 30. Juli. Aus Dresden kommt die Nachricht, daß Justizminister I)r. Otto, Vorsitzender im sächs. Staatsministerium, welcher vor etwa vier Wochen von hier nach beendigter Kur wieder nach Hause gereist war, im Alter von nicht ganz 60 Jahren einem Nierenleiden erlegen ist.
Wildbad, 30. Juli. Das Konzert, welches der Jnstrumentalverein Pforzheim am letzten Sonntag in den Kgl. Anlagen gab, brachte unserer Stadt viel Besuch aus der Umgebung. Die Darbietungen des Vereins fanden allseitig Anerkennung.
— Der Kaufpreis für das Bäuerlen'sche Grundstück in der Enztalstraße beträgt 19250 Mk>, nicht 10 250 Mk., wie am Samstag berichtet.
Wildbad, 29. Juli. (Cvang. Diakonieschule.) Der 6. Kursus der Evang. Diakonieschule in Stuttgart beginnt Mitte September ds.Js. und dauert bis Mitte Dezember. Der Kurs führt ein in die Kinder- und Waisenpflege, in Jugendpflege aller Art, Geschichte der christlichen Liebestätigkeit, Erziehungslehre, volkswirtschaftliche Fragen u. s. f. Das Schulgeld für den ganzen Kurs beträgt 25 Mark, für einzelne Fächer 3 Mark. Für Beköstigung und Wohnung müssen die Schülerinnen selbst sorgen, doch werden gerne Heime zur Unterkunft nachgewiesen. Anmeldungen nimmt bis 1. September ds. Js. entgegen Frl. Schmidt, Stuttgart, Panoramastraße 4, Schulvorsteherin. Während der Sommermonate können auch Anmeldungen nach Gmünd an Frl. Bertha Schuster, Oberbettringerstraße, erfolgen. — Das Evang. Kindergärtnerinnenseminar in Stuttgart beginnt einen neuen Kurs zur Ausbildung von Kindergärtnerinnen am Montag, den 2. September ds. Js. Aufnahme finden junge Mädchen mit guter Gesundheit, Erziehung und guter Schulbildung im Alter von 16—28 Jahren. Die Vorsitzende, Frl. Bossert-Stuttgart, Johannesstraße 50, und die Seminarleiterin, Frl. Blind-Stuttgart, Forststraße 16, erteilen gerne Auskunft jeder Art und nehmen Anmeldungen entgegen.
Die beiden am Freitag abend in Stein bei Pforzheim wieder aufgestiegenen Offiziersflieger sind gegen 8 Uhr abends auf dem Cannstatter Exerzierplatz gelandet. Ihr Apparat wurde in der Halle des württ. Flugsportklubs untergebracht.
StanöesvrrH-GHvonik
vom 30. Juni bis 26. Juli 19t 2 Geburten:
24. Juni Keller, Wilh. Christian, Holzhauer in Sprollenhaus, 1 Tochter.
27. Juni Bott, Robert Friedrich, Gipser hier, 1 Tochter. 29. Juni Müller, Martin Friedrich, Holzhauer in Ziegelhütte, i Tochter.
28. Juni Eisele, Karl Hermann, Bäckermeister hier,
1 Tochter.
29. Juni Mehr, Karl, Gastwirt hier, 1 Tochter
1. Juli Rau, Wilhelm Friedrich, Hilsswärter, hier,
1 Sohn.
3. Juli Mössinger, August Heinrich, Holzhauer in Sprollenhaus, 1 Sohn.
5. Juli Kenngott, Friedrich Wilhelm, Küchenchef, 1 Sohn.
14. Juli Hammer, Theodor, Maurer, hier, 1 Tochter.
17. Juli Haag, Ernst Otto, Holzhauer in ZiegelkM,
1 Sohn.
15. Juli Bautz, Wilhelm, Schreiner hier, 1 Sohn.
18. Juli Niederberger, Friedrich, Kgl. Forstwart in
Sprollenhaus, 1 Sohn.
16. Juli Zotz, Eduard, Maurer hier, 1 Sohn.
19. Juli Bott, Robert Karl, Kutscher hier, 1 Tochter.
Aufgebote:
12. Juli Reichardt, Karl Friedrich, Kaufmann in Zuffen
hausen, und Schmid, Johanna Philippine, hier.
Gestorbene:
2. Juli Lehre, Sofie Wilhelmine, ledig hier, 31 Jahre alt. 7. Juli Schmid, Christof, Schuhmacherhter, 64 Jahre alt.
13. Juli Pfau, Luise Karoline, We. des Metzgers Johann
Friedrich Pfau hier, 77 Jahre alt. ^ , 13. Juli Löffler, Ludwig Karl, Sohn des Gärtners Karl Friedrich Löffler hier, 6 Monate alt.
18. Juli Schmid, Karl Friedrich, Zimmermast« hier, 1- Jahre alt.
23. Juli Schmid, Karl Wilhelm, Sohn des Badbesitzers Karl Wilhelm Schmid hier, 15 Jahre alt.
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