K. Oberamt Neuenbürg.
Lekountmachung
betreffend
die zweckmäßige Aufbewahrung von Fleisch in Kühlräumen.
Um Fleisch frisch zu erhalten, ist neben niedriger Temperatur erforderlich, daß die Feuchtigkeit der Luft einen bestimmten Grad nicht überschreitet.
Bei einer Temperatur von 3—5 Grad, wie sie in den Kühlräumen herrschen soll, wird die Vermehrungsfähigkeit der Miktroorganismen und deren zersetzende Einwirkung auf das Fleisch erheblich herabgesetzt, aber keineswegs völlig verhindert. Es gibt eine ganze Reihe von Bakterien, die sogar bei 0" sich zu vermehren und diejenigen Veränderungen im Eiweiß hervorzurufen vermögen, welche man als Fäulniserscheinungen bezeichnet. Das längere Zeit im Kühlraum lagernde Fleisch unterliegt also der Gefahr der bakteriellen Zersetzung und wird, auch wenn es nach dem Herausnehmen aus dem Kühlraume noch tadellos frisch erscheint, sehr viel schneller als frisches Fleisch der Fäulnis anheimfallen, da die Zahl der Bakterien sich inzwischen schon außerordentlich vermehrt hat. Es ist eine bekannte Tatsache, daß das im Eisschrank oder auf Eis aufgehobene / Fleisch trotz niederer Temperatur in verhältnismäßig kurzer j Zeit der Verderbnis anheimfällt. .
Um in den Kühlräumen das Fleisch in gutem Zustande zu erhalten, muß zu der niedrigen Temperatur noch hinzukommen: ein gewisser Trockenheitsgrav der um« gebenden Luft. Die Luft darf nicht mit Feuchtigkeit gesättigt sein. Wenn die Luft noch imstande ist, Feuchtigkeit aufzunehmen, so wird sie die Oberstäche des Fleisches ein- trocknen und für die Entwicklung der Mikroorganismen ungeeignet machen. Also erst das Zusammenwirken von niedriger Temperatur und trockener Luft gewährleistet die Haltbarkeit des Fleisches Die Erfahrungen haben gelehrt, daß schon gute Resultate erzielt werden, wenn die Luft in den Kühlräumen eine relative Feuchtigkeit von 60—78 Prozent (jedenfalls nicht über 75 Prozent) besitzt.
Ebenso wie die Ermittlung der Temperatur, muß auch die Feststellung des Feuchtigkeitsgrades mit Hilfe eines Instruments geschehen, und zwar empfiehlt sich am meisten die Benützung feldsteintragender Haarfeuchtigkeitsmesser (selbstregistrierende Haarhygrometer), wie ie sich in der Kühlhallenpraxis schon bewährt haben. Ein elbsleintragendes Instrument ist deshalb vorzuziehen, weil es die Feuchtigkeitsverhältnisse fortlaufend aufschreibt und somit eine ununterbrochene Kontrolle ermöglicht.
Die Ortsbehörden werden ersucht, hierauf die Beteiligten zur Nachachtung hinzuweisen. (Vgl. Min.-Erlaß vom 39. August 1906, Amtsbl. S. 257.)
Den 17. Mai 1912.
Regierungsrat Hornung.
Vorstehendes wird hiemit zur allgemeinen Kenntnis gebracht.
Wildbad, den 30. Mai 1912.
Stadtschultheitzenamt:
Baetzner.
Wildbad.
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