über die schwarz-weiß-roten Grenzpfähle und lassen es sich bei unseren Freunden und Berufsgenossen' in den Ländern mit Frankenwährung wohl sein, während ihre Volksgenossen, wenn sie dasselbe in der Markwährung bieten, in vielen Fällen nur vegetieren, oft aber darben und zugrunde gehen. Unter diesen Umständen sei es an der Zeit, daß den durchaus ernst und sachlich geleiteten Berufsverbänden und ihren Vorstellungen mehr als bis-! her Gehör geschenkt werde. Das deutsche Volk habe ein Recht darauf, daß es seine notwendigen Nahrungsmittel zu Preisen erhalte, bei denen auf der einen Seite seine Bauern und Viehzüchter bestehen, das Gesamtvolk auf der anderen Seite aber gesundheitlich und kommerziell seine Stelle im Rate der Völker behaupten könne. Der Redner empfiehlt daher schließlich folgende Resolution zur Annahme: „Die in Baden-Baden tagende 39. Generalversammlung des Internationalen Hotelbesitzer-Vereins (Sitz Köln) bittet den hohen Bundesrat, in Rücksicht auf den offenkundigen und zahlenmäßig nachgewiesenen Notstand in allen Schichten des deutschen Volkes, besonders aber in Ansehung der äußerst schwierigen Lage des so wichtigen und aufstrebenden Fremdenverkehrs, Hotel- und Restaurationsgewerbe, sobald als nur immer möglich, geeignet erscheinende Schritte zu tun, um die Fleischpreise wieder auf einen erträglichen Stand zurückzuführen." Die Resolution gelangte unter lebhaftem Beifall einstimmig zur Annahme.
Metz, 1. Oktober. Der Aviatiker Haas, der um 4 Uhr 59 Minuten in Trier ohne Passagiere zum Flug nach Metz startete, ist bei Wellen a. d. Mosel gestürzt. Haas ist tot, sein Apparat zerbrochen.
Metz, 1. Okt. Jeannin hat den ersten Preis in Höhe von 20 000 Mark für den Fernflug gewonnen.
Kassel, 2. Okt. Der von mehr als 1000 Delegierten besuchte Vertretertag der Nationalliberalen Partei, dessen Beratungen am gestrigen Samstag hier begannen, gestaltete sich zu einer machtvollen Vertrauenskundgebung für den in letzter Zeit viel angegriffenen Führer Bassermann. Vollkommen einmütig stellte sich der Vertretertag auf den Boden der Politik Bassermanns. In einer glänzenden Rede legte der Führer den Standpunkt der Partei dar. Ein geschichtlicher Rückblick zeigte die Ursachen des wechselnden Aufschwungs und Niedergang der Partei, deren Straffheit und Einigkeit sie in schlimmen Zeiten immer wieder aufwärts geführt habe. Heute geht eine tiefe Mißstimmung durch das Volk und unaufhaltsam gehe die radikale Welle über alle bürgerlichen Parteien hinweg. Nichts wäre aber verfehlter, als dieser Strömung durch eine künstliche Sammlung der Parteien ent- gegentreten zu wollen; es müssen vielmehr die Ursachen dieser Verstimmung durch eine Volkstümliche Politik beseitigt werden. Der Großblock einschließlich der Sozialdemokratie sei ein Phantasiegebilde; idie Sozialdemokratie müsse mit aller Energie bekämpft werden. Mit der Fortschrittlichen Volkspartei werde vielfach ein Zusammengehen herzustellen sein, da sonst der Liberalismus aus der Stichwahl verdrängt werden würde. Die Politik der Konservativen im Verein mit dem Zentrum sei vielfach geeignet, die Sozialdemokratische Flut zu stärken. Eine Besserung der Verhältnisse sei nur zu erreichen, wenn der Liberalismus einschließlich des Freisinns Gleichberechtigung zugestanden erhalte. Wir beharren auf der vollen Selbständigkeit der nationalliberalen Partei (Stürm. Beifall) und zwar auf der vollen Selbständigkeit nach rechts und nach links. Wir werden uns hüten, eine Schutztruppe der Konservativen und Ultramontanen zu werden, ebenso wie wir ein bloßes Anhängsel der links von uns stehenden Freisinnigen zu sein ablehnen. Wir sind und bleiben >eine Mittelpartei, die bestrebt sein muß, einen Ausgleich zu schaffen zwischen rechts und links. Es ist auch nicht möglich, die Selbständigkeit der Provinzen anzutasten. Wir müssen ihnen Freiheit lassen. Wie das für Baden gilt, so gilt dies auch für Schleswig.Hol- stein und andere. Weiter sind wir aber auch darin einig, daß es für uns heißt: Arbeiten und nicht verzagen. Woher kommt es, daß Zentrum und Sozialdemokratie solche Erfolge haben? Doch nur von der rastlosen Propaganda ihrer Ideen. Dagegen sind wir reine Waisenknaben. Bassermann schloß seine mit jubelndem Beifall ausgenommenen Ausführungen mit den Worten: „Keine gekünstelte Wahlparole, Taten der Gerechtigkeit, Taten des Fortschritts tun uns not!" — Redner! aus allen Teilen des Reiches sprachen ihre volle Zustimmung zu den Ausführungen Bassermanns aus. Für Württemberg sprach Prof. Dr. Kindermann-Hohenheim, für Baden Abg. Rebmann-Karls
ruhe, der das Bündnis der bad. Nationalliberalen mit der Sozialdemokratie zu rechtfertigen suchte. Auf die Annahme einer Resolution wurde, da eine solche nur die überzeugenden Darlegungen Bassermanns abgeschwächt hätte, verzichtet. Der zweite Verhandlungstag brachte ein tiefgründiges Referat des preußischen Landtagsabgeordneten Schröder, aus dem einige Gesichtspunkte hervorgehoben seien: , Bei einer für das ganze Volkswesen eminent wichtigen Schicht von rund 5 Mill. Haushaltungen sei es doch nicht leicht, Maßnahmen zu treffen, die den Mittelstand in allen Teilen fördern können. Die Nationalliberale Partei habe in ernster Tätigkeit sich bemüht, den Forderungen des Bauernstandes, der Beamten, der Privatbeamten und der Handwerker, sowie der Kaufleute gerecht zu werden. Der Redner trat mit großer Wärme für die Durchführung der Pensions-Versicherung der Privat-Beamten ein, die neuerdings wieder bessere Aussichten auf baldige Durchführung habe. Der gewerbliche und kaufmännische Mittelstand sei in seiner Existenz durch die Warenhäuser und Konsumvereine bedroht. Leider hätten alle Mittel gegen die Warenhäuser zu keinem durchschlagenden Erfolg geführt; auch die Konsumvereine können natürlich nicht verboten werden; es müsse vielmehr eine Selbstbeschränkung des kaufenden Publikums eintreten. Staat und Gemeinde sollten durch Einschränkung der Regiearbeiteu und beim Submissionswesen die selbständigen Gewerbestände unterstützen, zumal gerade die Stände die Lasten und Einschränkungen der staatlichen und Sozialpolitikschwer empfinden. Durch mehrere Diskussionsredner wurden die einzelnen Ausführungen des Redners besonders beleuchtet.
— Der Berliner Rechtsanwalt Benno Schwarz hat, wie der „Inf." mitgeteilt wird, jetzt eine Erbschaftssache glücklich zu Ende geführt, die tatsächlich fast märchenhaft klingt. Es handelt sich um eine Hinterlassenschaft von nicht weniger als 36 Millionen Dollar oder 150 Millionen Mark, die einem armen Hausierer in Prag zugefallen sind. Die Geschichte dieser einzigartigen Erbschaftsangelegenheit ist folgende: Vor einem Jahr starb der bekannte amerikanische Multimillionär und „Bierkönig" Lord Alfred Lonsdale. Bei seinem Tode hinterließ er das obengenannte Vermögen von 36 Millionen Dollar, für die keinerlei Erben aufzufinden waren. Da der Millionär ein Testament nicht hiuterlafsen hatte und unverheiratet geblieben war, so schien es, als ob für sein ungeheures Vermögen der Staat als glücklicher Besitzergreifer in Betracht käme. Die Nachforschungen nach der Herkunft des Lord Lonsdale und nach seiner Familie ergaben aber eigenartige Aufklärungen. Der Millionär mit dem englischen Namen Lonsdale war tatsächlich weder ein Engländer noch ein Amerikaner, sondern ein russischer Jude, der Jtzig Glitzenstein hieß. Er entstammte aus einer armen Hausiererfamilie, die in Ka- lisch wohnte und zum Teil noch jetzt dort ansässig ist Von allen 13 Brüdern, welche die arme Hausierersfamilie aufzuweisen hatte, wurde allein der jüngste namens Jtzig Soldat. Er wurde in die Garnison nach Tomsk geschickt, wo er 2 Jahre diente. Nach dieser Zeit desertierte er und floh nach England. Hier machte er sehr schnell sein Glück. Anfangs gelang es ihm nicht, ein Unterkommen zu finden. Nach wenigen Monaten gründete er eine Restauration, die den Grundstock zu seinem späteren ungeheuren Vermögen bildete. Binnen weniger Jahre hatte er durch Börsenspekulationen ein Vermögen von ungefähr einer Million Mark erworben und mit diesem Geld Brauereien gegründet. Er zeigte sich bald als echter Amerikaner. Er kaufte nach und nach alle amerikanischen Bierbrauereien auf, sodaß er bald Herr fast sämtlicher größerer Bierbrauereien Amerikas war. Trotz ungeheurer Ausgaben wuchs fein Vermögen sehr bald ins Riesenhafte und er> eichte am Ende seines Lebens die Höhe von 150 Millionen Mark. Durch die Nachforschungen des genannten Berliner Rechtsanwalts wurde festgestellt, daß ein Bruder des Lord Lonsdale jetzt noch in Kalisch als armer Hausierer lebe. Er heißt Josef Glitzenstein. Ferner lebt noch eine Schwester des Lords, die an den Prager Hausierer Josef Baumann verheiratet ist. Diese beiden sind neben zwei Neffen, deren Eltern bereits tot sind, und die die Kinder einer andern Schwester Lonsdales find, die Erben des ungeheuren Vermögens. Das Geld ist zum Teil in London, zum Teil in New-Uork angelegt. Die Londoner Gelder werden anstandslos ausgezahlt, dagegen müssen die New-Aorker Gelder erst durch Nachweise der Erbschaftsberechtigung erhoben werden. Auf Anregung des Rechtsanwalts Schwarz hat sich ein
Bankkonsortium mit einem Vermögen von 100 000 Mark gebildet, die dazu dienen sollen, die Koste» der Erbschaftsangelegenheit zu bestreiten. Sämtliche Erbberechtigten haben bereits eine Reise nach Amerika angetreten, um dort persönlich ihre Ansprüche unter Vorweisung der notwendigen Papiere geltend zu machen. Bald werden mehrere arme Hausierer, die bisher in der größten Notdurft gelebt haben, zu den reichsten Leuten der Welt gehören. Ein nicht alltägliches Schicksal!
Wien, 1. Okt. Graf Zeppelin hat an den Bürgermeister Neumayer ein Schreiben gesandt in dem er mitteilt, daß ein Bruch an einer Maschine der das Aluminium liefernden Fabrik den Ersatzbau der beiden letzten zerstörten Luftschiffe derart verzögert habe, daß er den Flug nach Wien in diesem Jahre nicht mehr werde ausführen können.
— Einem Bericht aus New-Aork zufolge, Kitt der geniale Erfinder Edison mit einer neuen Erfindung, die zur Befriedigung der Schaulust dienen soll, an die Oeffentlichkeit. Es ist ihm eine neue Verbindung von Kinematograph und Phonograph gelungen, die der Wirklichkeit äußerst nahe kommt. Edison hat zunächst einein Kreise von Freunden seine Erfindung vorgeführt. Die leisesten Geräusche bei Gesten und Bewegungen, das Aufschlagen der Hand auf den Tisch, das Geräusch beim Fallen eines Balles wurde von den sprechenden Bildern so wiedergegeben, daß man die Wirklichkeit zu sehen glaubte. Die Unterschiede, die bisher bei sprechenden Bildern zwischen dem Ton und dem lebenden Bilde bestanden, sind fast vollkommen verschwunden.
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Lokales.
8 Wild b ad,3. Okt. Ein außerordentlich großer Leichenkondukt bewegte sich gestern Nachmittag 4 Uhr zum Friedhof. Galt es doch, dem so jäh aus dem Leben geschiedenen Kgl. Badinspektor Feucht die letzte Ehre zu erweisen. Sein unvermutet und unerwartet rasches Abscheiden rief hier allgemeine tiefgehende Teilnahme hervor. Mehr als M Dezennien hat der Verstorbene die Stelle eines Badinspektors bekleidet. In ausgezeichneter Weise hat er diesen schönen und schweren Posten ausgefüllt. Tüchtige Fachkenntnisse, verbunden mit zäher Energie und nie erlahmender Arbeitsfreudigkeit befähigten ihn in hohem Maße zu seinem Amt. Wir alle wissen, daß wir neben anderen maßgebenden Faktoren ganz besonders auch ihm viele» Dank schulden im Hinblick auf die großen und zeitgemäßen Fortschritte, die unser weltberühmtes Bad in den letzten Jahrzehnten zu verzeichne» hat. Seiner Verdienste, die ja stets anerkannt wurden, wurde auch an seinem Grabe in beredter Weise gedacht. Herr Geh. Hofrat Dr. W e iz sälker widmete dem Dahingeschiedenen namens der Badverwaltung einen warm empfundenen Nachruf unter Niederlegung eines prächtigen Kranzes. Herr Stadtpsleger Gutbub legte namens der Stadt und Herr Baddiener K. Eisele namens des Perso» nals der Badverwaltung einen Kranz am Grabe nieder. Die Tätigkeit des Verstorbenen bleibt für alle Zeit eingeschrieben in den Annaleu des hies. Heilbades. — Möge ihm die Erde leicht sein, möge sein echt männlicher Geist seiner schwerbetroffenen Familie Leitstern sein, ein Geist, der auch in bewegten Zeiten klar und sieghaft blieb. Wir alle aber wollen uns im Hinblick auf diesen Todesfall an das bekannte Wort erinnern:
„Rasch tritt der Tod den Menschen an; es ist ihm keine Frist gegeben; es stürzt ihn mitten in der Bahn, es reißt ihn fort vom vollen Leben . . !"
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Der HKinz-Hemahl.
Roman von Henriette v. Meerheimb.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
„Ja, Paris ist wunderbar schön. Mich bezaubert es förmlich!" rief Georg begeistert. „Sehen Sie diesen Platz! So einen gibts nicht zum zweiten Male in der Welt. Und hier der Triumptz bogen mit seinen wundervollen Reliefs, diese Freiheitshelden, wie in diesen da ist Kraft und Leben in den Gestalten, die von den Zeiten der Revolution erzählen!"
Nadine nickte. „Hier ist Paris so schön, wie es in anderen Teilen furchtbar ist."
„Bisher sahen Sie nur die finsteren Seiten- Darf ich mit Ihnen zusammen die Schönheit, die Freude suchen? Uns Künstlern tut das Not, nnr verkümmern sonst."
Nadine antwortete nicht.
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