— Vom Elsaß-Lothringischen Krieger-Landesverband werden am 6. August bei Weißenburg am Bayerndenkmal und am 7. August bei Wörth am Kaiser-Friedrich-Denkmal je vormittags Gedächtnisfeiern veranstaltet, welchen Generalfeldmarschall Graf von Häseler als Vertreter des Kaisers anwohnen wird. Die Veteranen der ehemaligen württembergischen Division sammeln sich sodann am 7. August nachmittags halb vier Uhr am Hotel „Weißes Roß" (am Bahnhof) zur Besichtigung des Schlachtfeldes.
— Der Verein deutscher Zündholzfabrikanten hat in einer außerordentlichen Generalversammlung eine Resolution angenommen, in der er die Regierung und die Volksvertretung auf die große Notlage aufmerksam macht, unter der die ganze Zündholzindustrie Deutschlands seit dem Inkrafttreten des Steuergesetzes leidet. Es heißt in der Resolution: „Eine große Anzahl von Fabriken mußte den Betrieb gänzlich einstellen, andere arbeiten unter großen Verlusten mit der Hälfte oder dem Drittel ihrer Produktionsfähigkeit. Tausende von Arbeitern sind brotlos gemacht oder im Verdienst wesentlich geschmälert. Die Versammlung beschließt, daß eine Kommission gewählt wird, die die maßgebenden Stellen auf die Notlage aufmerksam macht und geeignete Vorschläge unterbreitet, um den so schwer geschädigten Fabrikanten und Arbeitern Hilfe zu bringen.
— Die seit längerer Zeit schon spielende „Bassermannfrage" hat nunmehr ihre Lösung dahin gefunden, daß der Abgeordnete Bassermann die Leitung der nationalliberalen Reichstagsfraktion und der nationalliberalen Gesamtpartei beibehält und daß er demnach auch für die nächsten Reichstagswahlen kandidiert. In welchem Wahlkreise letzteres geschehen wird, das ist noch nicht entschieden, jedenfalls wird hierzu ein den Nationalliberalen sicherer Wahlkreis ausgesucht werden. Zur Zeit vertritt Herr Bassermann bekanntlich den Wahlkreis Hoyerswerda-Rothenburg im Reichstage, doch wäre hier seine Wiederwahl wegen der Hrn. Bassermann nicht mehr günstigen Haltung der dortigen Freikonservativen ziemlich zweifelhaft.
Paris, 1. Aug. Hier starb eine 70jährige Bettlerin infolge schlechter Ernährung bezw. infolge Hungers. Sie hat seit längerer Zeit eine Armenunterstützung bezogen. Als nach der Beerdigung ihre Wohnung durchsucht wurde, fand man in ihrem Bett 14,000 Franken.
Lokales.
AuS -er Sitzung der Gemeindekollegien
vom 29. Juli 1910.
Kaufmann und Gemeinderat Ehr. Brachhold bittet gemäß Art. 17 Abs. 3 und 4 des Gemeindeangehörigkeitsgesetzes um Befreiung von der Verpflichtung zur Annahme der Wahl zum Ortsschulratsmitglied; von den Gemeindekollegien wird diesem Gesuch entsprochen und an Stelle des Brachhold Buchbindermeister Wilhelm Rath hrer gewählt. Johann Rath und Johann Proß hier werden für die Zeit vom 1. August bis 15. Okt. ds. Js. als Feldschützen mit einem Taglohn von 3 Mk. 20 Pfg. aufgestellt. — Dem Bergbahnverwalter Edelmann wird mit Wirkung vom 1. April 1910 ab ein Mankogeld von jährlich 20 Mk. aus der Bergbahnkasse verwlligt. — Die Gemeindekollegien beschließen, die seither teilweise in Nutznießung des Farrenhalters Wacker befindlichen Wiesen oberhalb der Brunnenstube der städt. Wasserleitung beim Köpfte mit Wald anzupflanzen, um einerseits einer Gefahr der Verseuchung der dortigen Quellen vorzubeugen und andererseits Ersatz für die durch Erbauung der Bergbahn und des Sommerberghotels weggefallenen Waldflächen zu schaffen; Farrenhalter Wacker erhält an Stelle der aufzuforstenden Wiesen andere städtische Wiesen in Nutznießung. — Die Bergbahnverwaltung wird zur Anlegung .von Geldern bei der Vereinsbank in Wildbad ermächtigt und die Höchstsumme der Einlagen auf 60 000 Mk. festgesetzt. — K. Schul- meist er, Schreiner, Wilhelm Pfeiffer, Wagner und Karl Pfeiffer, Hotelier hier, richten an die Gemeindekollegien die Bitte, ihnen zur Herstellung eines 2 — 2^2 Meter breiten Wegs von der Prinz Peter von Oldenburg-Straße aus bis zu ihren Grundstücken im Hofgarten vom Rathausgarten das nötige Areal zu überlassen; die Gemeindekollegien haben gegen die Abtretung eines 2,l0 Meter breiten Streifens von der genannten Parzelle nichts einzuwenden, knüpfen jedoch die Bedingung daran, daß der Weg als öffentlicher Weg von jedermann benützt werden darf, insbesondere sämtliche Anlieger rechts und links von dem Wege zu dessen Benützung und zur Herstellung von Eingängen vom Wege aus zu ihren Grundstücken dann berechtigt sind, wenn sie ihren Anteil an den Her
stellungs- u. Unterhaltungskosten des Wegs zu tragen und das zur Ausführung der Bismarck-Hofgarten- und Föhrenwaldstraße erforderliche Terrain an die Stadtgemeinde auf jederzeitiges Verlangen unentgeltlich jabzutreten sich verpflichten, diese und noch weitere an die Ueberlassung des städtischen Areals geknüpften Bedingungen sollen in das Grundbzch eingetragen werden. — Es folgen noch Schätzungen und verschiedene kleinere Gegenstände.
At,rrterHcrt.'tenöes.
I a »t i n e n h o f.
Roman von. A. Marby.
Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
„Herr Reimann frühstückt drüben in der Fabrik im Konferenzzimmer nnt den anderen Herren!" rief Harry, vergnügt Auskunft gebend. „Die sind aber lustig, lassen das Brautpaar hundertmal hochleben !"
Doktor Ritters klarer Blick trübte sich in leichtem Unmut, er durchklang den Ton seiner tiefen Stimme, als er sagte:
„Es wäre mir lieber, die Herren Beamten würden ihrer Pflichten während der Arbeitsstunden gedenken, noch ist's nicht Zeit zu feiern! Besser wäre es, sie zügelten ihre heiteren Gefühlsausdrücke, bis sie an der Festtafel sitzen."
„Laß gut sein, lieber Sohn," lächelte der Kommerzienrat mild beschwichtigend. „Es geschieht ja dir zu Liebe und zur Ehre! Da muß der gestrenge Herr Direktor schon mal Nachsicht üben. Und nun — auf frohes Wiedersehen! Ich fühle mich ein wenig angegriffen, will daher versuchen, ein Stündchen zu ruhen, damit ich den Anforderungen dieses Tages an Körper und Gemüt gewachsen bleibe. Also auf Wiedersehen!"
„Sehen wir dich vor der Trauung noch mal drüben, Erhard?" fragte die Mutter, dem stattlichen Sohne die' Hand reichend.
„Nein liebe Mutter —Er konnte dem plötzlichen Drange nicht widerstehen, die teure Frau in seine Arme zn schließen — „meinem Junggesellenheim sage ich schon Lebewohl! Den nächsten Gruß wirst du erst mit deinem Jungen in der feierlichen Weihestunde tauschen."
„Die mir ihn nicht nehmen wird, Erhard?"
„Muttchen — liebes! Sie bringt dir ja noch eine holde Tochter hinzu!" lautete des Sohnes Antwort. Inzwischen flüsterte Kätcken bittend in Irmgards Ohr:
„Erlaubst du, daß ich dich schmücken helfe?"
„Gern, mein liebes Schwesterchen!"
* *
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O Freude, habe acht! — Sprich leise, daß nicht der Schmerz erwacht. — Der Schmerz? Was haben die Glücklichen damit zu schaffen? l Es war Mittag. Aus den reich mit Laubund Blumengewinden geschmückten Fabrikportalen strömten die Arbeiterscharen, aber statt, wie üblich sich zu entfernen, blieben sie in Gruppen auf dem Hose stehen, lebhaft gestikulierend und, wie Doktor Ritters scharfer Blick zu erkennen glaubte, mit ängstlich gespannten Mienen. — „Was kann da passiert sein?" Erhard neigte sich weit aus dem Fenster. Im gleichen Augenblick kam ein Arbeiter über den Hof gelaufen; zwischen der kleinen Villa und dem Herrenhause hemmte er die eiligen Schritte, wie unschlüssig, wohin sich wenden.
Erhard rief den Boten an:
„Krause, wollen Sie zu mir? Was geht drüben gebäudes biegt, wendet Erhard sein stolz getrage- vor?" ! nes blondes Haupt. Er erhebt die Hand zum
„Mit der Maschine scheint irgendwas nicht in! Gruß, dann entschwindet er den sehnsüchtig nach- Ordnung —" stieß der Mann halb atemlos hervor.! schauenden Mädchenaugen in dem Gange, der zum „Herr Oberingenieur Stein ist nirgends zu finden, Kesselhaus führt.
da meinte Herr Reimann, ich sollte schleunigst j Aber Irmgard läßt den Blick nicht davon, sie Herrn Direktor holen. ^ Herr Direktor würden am hofft, nach ein paar Meuten ihn wieder auftauchen
einen Kuß auf Irmgards Lippen und verließ das Zimmer, ohne sich die Zeit zu nehmen, seine Kopfbedeckung aus dein Nebengemach zu holen. Hegte er schlimme Befürchtungen? Es war kaum anzunehmen, oder spornte ihn doch vielleicht der Gedanke, wie oft mit einer einzigen Sekunde Verzug lebendrohende Gefahr sich verknüpft, zur größtmöglichen Eile?
Während er die respektvollen Grüße der Arbeiter mit gewohnter Freundlichkeit erwiderte, erstattete sein öcgleiter Bericht über Bedenken erregende Anzeichen: -
„Die Maschine funktionierte nicht, wie sie mußte gab seltsam heulende Töne von sich und setzte zeitweise aus
„Ich möchte Herrn Stein sprechen —," M Erhard ruhig ein. „Er wird sich in seiner Wohnung befinden, laufen Sie, Krause."
„Hab ihn schon da gesucht, Herr Direktor; Frau Stein konnte mir nicht sagen, wo der Herr Oberingenieur ist."
„Unerhört!"
Mit einer Unmutswolke auf der hohen Stm betrat Doktor Ritter das von einer neugierig harrenden Arbeiterschar besetzte Kesselhaus.
„Ich bitte, daß alle die hier nichts zu tun haben, diesen Raum sofort zu verlassen," erklang Erhards tiefe Stimme, ernst befehlend.
Die Gaffer verschwanden im Nu, nur vier Personen, Maschinist und Heizer — blieben zurück, voll Spannung auf das Urteil ihres kundigen Herrn über die beunruhigenden Symptome; solche seltsamen Geräusche: Rauschen, Stöhnen, gurgelndes Zischen — hatte die Maschine noch nie von sich gegeben. — „Wir können es uns nicht erklären, was hier vorgegangen sein muß —bemerkte der erfahrene Maschinist, „Kessel und Schornstein sind, wie ja Herr Direktor wissen, in tadelloser Ordnung."
„Fast erscheint es, als ob eine Bubenhand
„In der Tat — fiel Erhard finster, hast) bestätigend ein — durch seine blauen Augen l/K wie tödliches Erschrecken, tiefe Blässe überflog M Antlitz — „hier im Abzugsrohr fehlt eine Schreck Hergott, rasch, rasch das Hauptventil-'
Was mit dem Hauptventil geschehen sollte, blieb ewig ein Geheimnis — nicht ein Laut des Ent- setzes wurde hörbar — er erstarb in einem plötzlichen, donnerähnlichen Krachen, die vier Männer im Kesselhause griffen taumelnd nach einem Halt, doch schon barsten die sie umschließenden Wände auseinander, ihm jähen Zusammensturz die Unglücklichen unter Steintrümmern begrabend, in ein und demselben Augenblick, als Oberingenieur Stein schwankenden Ganges, mit weingerötetem Gesicht sich dem Eingang näherte und von dem starken Luftdruck erfaßt, eine weite Strecke fortgeschleudert wurde.
Irmgard hatte sich eines leichten Unmutes nicht erwehren können, als Erhard sie verließ, doch zugleich mischte sie ihrem Schmollen ein Gefühl der Bewunderung bei über des Geliebten Pflichttreue, die ihn selbst der Bitte seiner Irmgard nicht achten ließ, so schwer ihm auch die Trennung an dies ein größten einzigen Feiertage in ihrer beider Leben fallen mochte. Sich weit aus dem Fenster lehnend blickte die Braut in freudigem Stolze der hohen Gestalt des Geliebten nach, so weit ihre leuchtenden Augen sie verfolgen konnten. Der Böse, nicht einmal blickt er zurück — aber doch! Ehe er um die Ecke des langen Fabrik
besten Bescheid wissen.
„Ich komme sofort —"
„Nein, Liebster ich lasse dich nicht " fiel Irmgard Erhard in die Rede, seinen Arm mit beiden Händen umklammernd. „Am heutigen Tage gehörst du mir, nur mir."
Die Pflicht über alles, ihrem ernsten Gebote müssen sich selbst die Rechte der Liebe beugen," lautete Doktor Ritters rasche Entgegnung.
„Erhard bleibe! Gehe nicht!"
In der weichen Stimme lag ein ängstlich bittender Klang, ihre Augen wurden feucht — doch selbst Bitten und Tränen der Heißgeliebten konnten Erhard, so mächtig er sich ergriffen fühlte, seiner Pflicht nicht untreu machen.
„Ich muß!" antwortete er in überzeugend ernsten Tone. „Verzeih, meine Irmgard, beunruhige dich nicht, ich kehre bald zurück."
Ihre kleinen Hände mit sanfter Gewalt von seinem Arm streifend, preßte Doktor Ritter noch
zu sehen. Waren schon Minuten, waren erst em paar Sekunden vergangen, als plötzlich das Herrenhaus erbebt, unter einem erderschütternden Knall?
Ein Krachen und Poltern und Tosen folgt, als ob das ganze Weltgebäude in Trümmer fällt. In der Fabrik springen sämtliche Fensterscheiben und fliegen in tausend Scherben auf dem Hof umher, sie vermengen sich mit niedersausenden Dachsteinen, aber was hat das alles zu bedeuten, gegen den Zusammensturz des. Kesselhauses?
Unwillkürlich am Fensterkreuz sich festklanl- mernd, starrt Irmgard in sprachlosen Entsetzen auf die Dampf- und Staubwolke, die die Lust verfinsternd, sekundenlang den Ausblick auf die Stätte der furchtbaren Explosion verhindert.
Plötzlich steht der Kommerzimrat neben seinem
schreckerstarrten Kinde.
„Was ist geschehen? Wo ist Erhard?" Fabm>j fragt nichts weiter. Nur einen Blick wirft er au»