Bahnhof das Bahngeleise überschreitende Dame, die ihren auf den Schienen stehen bleibenden Hund an sich herholen wollte, von der Lokomotive erfaßt und auf die Seite geschleudert, wodurch sie schwere Verletzungen erlitt. Die Verunglückte ist die Frau Hauptmann Jakobi, welche schon mehrere Jahre hier wohnhaft ist. Kurz nach ihrer Verbringung in ihre Wohnung ist dieselbe verschieden.
Ulm, 28. Mai. Der Gewinner des zweiten Haupttreffers der Conweiler Lotterie im Betrag von 5000 Mark ist ein hiesiger kleiner G es ch äftsmann,der das Geld rechtwohl brauch en kann.
Ulm, 29. Mai. Die von der Ulmer Karnevalsgesellschaft veranstalteten Passagieraufstiegr mit dem streuen Zeppelinkreuzer U 2 VlI finden nun bestimmt am 19. Juni statt. Ein früherer Termin ließ sich nicht ermöglichen da die Motors des Luftschiffs nicht bis zum 5. Juni, wie man gehofft hatte, betriebsfertig werden und während der Tage bis zum 12. Juni die fahrsichere Mannschaft der Zeppelinsgesellschaft mit dem U 2IV auf der Reise nach Wien abwesend ist. Den Teilnehmern an den Aufstiegen wird versichert, daß der nunmehrige Termin bestimmt eingehalten werden wird. Da einige der zu den Aufstiegen Angemeldeten zu dieser Zeit nicht ankommen können und ihre Karten zu- rückgegebev haben, sind noch etwa ein Dutzend Billette abzugeben.
— Die Wochenschrift des Internationalen Hotelbefitzer-Vereins bringt in ihrer neuesten Nummer eine Annonce, die wegen ihrer Eigenart als Zeichen der Zeit bekannt gegeben zu werden verdient. Sie lautet: „Für die Luftschiffahrtsgesellschaft in Friedrichshafen suche ich per sofort einen tüchtigen gewandten und im Service durchaus erfahrenen Kellner, welcher den Restaurationsbetrieb auf eigene Rechnung übernimmt. Körpergewicht höchstens 70 Kilogramm. Offerten an Wilh. Pittack, Pächter vom Konversationshaus Baden- Baden.
Berlin, 31. Mai. Der Reichsanzeiger meldet: General der Kavallerie z. D. Graf von Zeppelin wurde nach erfolgter Wahl zum stimmberechtigten Ritter des Ordens panr Io mörite für Wissenschaft und Künste ernannt.
Berlin, 30. Mai. Leibarzt Dr. Jlberg und Geheimrat Professor Bär begaben sich heute früh zum Kaiser, um den Verband an der rechten Hand zu wechseln. Sie fanden die Operationswunde durchaus normal, sodaß keinerlei Komplikationen zu befürchten sind.
Wien, 31. Mai. Heute vormittag fand im Rathause unter Teilnahme des Fürsten Fürstenberg, des Bürgermeisters und Vertreter der Militär- und Zivilbehörden eine Besprechung statt zur Feststellung des Programms zur Ankunft des Grafen Zeppelin. Fürst Fürstenberg teilte die Fahrtdispositionen des Grafen Zeppelin mit, der am 9. Juni, abends, in Friedrichshafen aufzusteigen, am 10. Juni, 3 Uhr nachmittags in Wien einzutreffen und nach langsamer Fahrt über die Stadt auf der Simmeringer Heide zu landen gedenkt. Der Kaiser wird den Flug vom Schönbrunner Schloß aus beobachten und den Grafen Zeppelin sodann auf dem Landungsplatz begrüßen. Das Luftschiff soll etwa 24 Stunden verankert bleiben Seitens des Kriegsministeriums werden alle Garnisonen von der bayrischen Grenze an bis Wien und von Wien bis Troppau angewiesen werden, dem Grafen Zeppelin jederzeit zur Verfügung zu stehen. Außerdem steht ein vollständig ausgerüsteter Zug der Staatsbahn zur Hilfeleistung bereit. Seitens der Gemeindevertretung sind dem Grafen Zeppeliu mehrfache Ehren zu geduckt.
— Am 1. Juni d. Js. soll auf afrikanischer Erde ein neues bedeutsames Staatengebilde ins Leben treten, die Südafrikanische Union. Man versteht hierunter die Vereinigung der vier wichtigsten englischen Kolonien Südafrikas, des Kap- landes, Natals, Transvaals und der Oranjeriverkolonie, zu einem einheitlichen Staatswesen mit einheitlicher Regierung, an deren Spitze als Premierminister General Louis Botha, der bisherige Chef der Transvaalregierung stehen wird. Derselbe Botha, welcher in dem letzten Verzweiflungskriege der Buren gegen das mächtige England als oberster Befehlshaber der burischen Streitkräste den Engländern so viel zu schaffen machte. Herr Botha ist augenblicklich in der Bildung seines neuen Kabinetts begriffen, mit dessen Vollendung wird dann^auch^ie^Südafrikanische^lnio^
Aus Stadt und Wgebuug.
Neuenbürg, 30- Mai. Die neu ins Leben gerufene Automobilverbindung zwischen Neuenbürg- Marxzell und Herrenalb, die seit 15. Mai im Betrieb ist, hat sich bis jetzt ganz gut eingeführt und wird namentlich auch von der ländlichen Bevölke-j
rung viel benützt. Die bisherigen Ergebnisse lassen erkennen, daß das Unternehmen lebensfähig und ausdehnungsfähig ist. Die Gesellschaft hat bereits einen zweiten Wagen in Bestellung gegeben, der zunächst als Reservewagen dienen, später aber für den Winterbetrieb in Betracht kommen soll. Die Einführung des letzteren ist abhängig von der Uebertragung der Postsachettbeförderung an die Gesellschaft, wozu die Anregung bereits gegeben ist; er soll auf die Strecke Neuenbürg-Marxzell mit Anschluß an die Albtalbahn beschränkt bleiben.
Das Familienkreuz.
Roman von M. Gräfin v. Bünan.
(Fortsetzung) (Nachdruck verboten)
Die ganze Stadt nahm teil an der Beerdigung. Der traurige Tod des jungen, als hervorragend tüchtig bekannten Arztes erregte bei allen das wärmste Mitleid. Etwas Neugier mochte wohl auch dabei sein. Jeder wollte gern sehen, wie die junge, schöne Witwe das Unglück trug.
Aber man konnte nicht viel beobachten. Ein dichter Kreppschleier bedeckte ihr Gesicht. Stumm ging sie am Arm ihres Bruders hinter dem Sarge her, während der alte Rochlitz die gebeugte Mutcer des Verstorbenen führte.
Käthe konnte nicht sogleich mit ihrem Vater nach Lukow reisen. Zuerst mußte sie ihren Hausstand auflösen und ihrer Schwiegermutter eine kleine Wohnung einrichten. Mit Staunen und Verwunderung hört die alte Frau es mit an, daß ihr Sohn so viel für sie zurückgelegt hätte, daß sie auskömmlich für sich leben könne. Ihr hatte er alles vermackt, der gute Sohn! Große Tränen tropften über das alte Gesicht.
Die alte Frau fühlte in der Tat eine große Erleichterung, daß sie nicht mehr mitihrer vornehmen Schwiegertochter Zusammenleben mußte. Jetzt brauchte sie nicht ängstlich an ihre Manieren zu denken, mußte nicht mehr befürchten, daß ihre Anwesenheit störe, sie mit irgend etwas abstoßen könne.
Kurz vor ihrer Abreise ging Käthe noch einmal auf den Kirchhof. Die verdorrten Kränze mit den langen weißen Atlasschleifen, vom Regen beschmutzt, vom Wind zerrissen, lagen noch auf dem frisch aufgeschütteten Grab.
Trost- und hoffnungslos erschien Käthe der verregnete Kirchhof, das nasse Grab, das noch kein grüner Efeu mitleidig verhüllte. Der Wind riß an ihrem langen Kreppschleier, peitschte ihr die Röcke eng um die Kniee.
Sie legte die frischen mitgebrachten Rosen auf das Grab und faltete die Hände. Aber auch das Gebet kam ihr stumpf und lau vor. Sie zog den Schleier wieder übers Gesicht. Eiligen Schrittes verließ sie den Kirchhof. Als die Gittertür mit scharfem Klirren ins Schloß schnappte, atmete sie unwillkürlich tief auf.
15.
„Papa hat Käthe vollkommen die Stelle unserer verstorbenen Mutter eingeräumt," sagte Paula Sponeck etwas verdrießlich zu ihrem Bruder, der ein paar Urlaubstage bei ihr verbrachte. „Von dem Augenblick an, da sie als Hartungs Witwe Lukow wieder betrat, ist sie die Herrin und Hausfrau dort geworden."
„Das ist ja auch ganz gut so." Bodo stieß ein paar tadellose Rauchringe aus dem kreisrund geöffneten Mund und sah dem Zergehen derselben in der stillen Luft gedankenvoll zu. „Ich finde, wir können alle froh sein, Papa so gut versorgt und verhältnismäßig heiter zu wissen. Der Haushalt geht bei Käthe wie auf Gummirädern, sie reitet mit Papa auf den Feldern herum, er bespricht alles mit ihr — das Größte und das Kleinste."
»Ja — ja, sie ist ein wahres Wunder von Vortrefflichkeit! Paulas Ton klang merkwürdig gereizt.
„Du mußt zugeben, daß Käthe viel liebenswürdiger geworden ist, Paula. Sie verletzt niemanden mehr mit ihren schroffen Urteilen und Launen. Sie ist wohl durch eine harte Schule gegangen, das arme Ding."
„Hat sie dir etwas von ihrer Ehe erzählt?" fragte Paula neugierig. „Für mich ist das natürlich alles ein Buch mit sieben Siegeln."
„Käthe ist sehr verschwiegen. Aber ich weiß doch manches durch andere."
„Was denn?"
„Ja, das möchtest du wohl gar zu gern wissen?" neckte Bodo.
„Ach geh, sei nicht langweilig!"
„Du halst ja doch nicht den Mund, Paula."
„Natürlich tu' ich das, wenn es nötig ist Saq's doch endlich!"
„Na, schließlich erfahren's doch alle in.einiger , Zeit. Käthe wird sich wohl.bald wieder verheiraten."
„Was? Mit wem denn? Sie nimmt wohl gar Z einen Kollegen ihres verstorbenen Mannes damit ' sie auch fernerhin die geliebte Krankenhauslust atmen kann?
„Nein, teure Schwester. Diesmal wird sie sich mit dem Rittmeister von Retzow verloben. Sie hat ihn vor Jahren im Marienstift gepflegt — damals schon haben sie sich gern gemocht, sich auch nach Käthes Heirat wiedergesehen.. Jetz wartet er nur das Trauerjahr ab, dann hält er um sie an."
„Das ist gewiß nur Gerede, Courmachen und Heiraten ist zweierlei."
„Diesmal ist meine Quelle eine sehr sichere.
Ich weiß das nämlich alles von Retzow selber Vorigen Herbst, bald nach Hartungs Tod, tms ich mit Retzow im Manöver zusammen. Einet ! Abends am Biwakfeuer ging ihm das Herz auf und er vertraute mir alles an." !
„Hast du das Küthe wiedererzählt?"
„Natürlich. Retzow wünschte das sogar."
„Was sagte sie denn?"
„Sie fiel mir um den Hals in ihrer allen, stürmischen Art und küßte mich halbtot. Dann drückte sie beide Hände gegen die Brust. „Siehst du, Bodo — so Hab' ich mein Herz festhalten müssen!" schluchzte sie. Nun' mich freut's riesig, daß die Käthe nochmal glücklich werden wird."
„Hoffentlich!" meinte Paula etwas zweideutig. „Hat er Geld?"
„Mehr wie genung. Er erbt noch einmal einen größeren Besitz. Er ist das einzige Kind sehr reicher Eltern." .
„Na ja — je größer der Strick, je größer das ^ Glück! Das Sprichwort trifft bei unserem Familienkreuz zu," spottete Paula. „Man konnte wirklich an jeder Gerechtigkeit hier auf Erden zweifeln. Nichts wie Dummheiten macht sie, und hinterher schlägt ihr alles zum Guten aus. Ich gönne ihr ja das Beste, aber Käthes Torheiten haben mich zu tief gekränkt - ich kann nicht so schnell vergessen wie ihr und Papa. (Schluß folgt.)
— In seinem unlängst erschienenen Reisewer! „Transhimalaja" schreibt der berühmte Tibetforscher Sven Hedin u. a. über die evangelisch« : Missionen: „Viele meiner schönsten Erinnerung« aus den langen in Asien verlebten Jahren stamme» aus den Missionshäusern, und je besser ich die Missionare kennen lernte, desto mehr bewunderte ich ihre stille, beharrliche und oft so undankbare Arbeit. Alle die Herrnhuter, mit denen ich m westlichen Himalaja zusammentraf, stehen auf einer sehr hohen Bildungsstufe und kommen außerordentlich gut für ihre Aufgabe vorbereitet hierher. Deshalb ist es stets herzerhebend und in hohem Grade lehrreich, unter ihnen zu weilen, und es gibt unter den jetzt lebenden Europäern niemand, der sich an Kenntnis des Ladakvolks und der Geschichte Ladaks mit diesen Missionaren messen könnte. Einige junge Fante, denen nichts heilig ist, und deren Oberstübchen, nicht entfernt so gut möbliert sind, wie die der Missionäre, glauben, es gehöre zum guten Ton, letztere mit überlegener Beratung zu s behandeln, sie zu tadeln, über sie zu Gericht zu - sitzen und ihre Arbeit im Dienst des Christentums ; zu verurteilen. Was auch das Ergebnis der undankbaren Tätigkeit sein mag, der sebstlose Kampf für eine ehrliche Ueberzeugung ist stets bewundernswert, und in einer Zeit, die an widerstreitenden Faktoren so reich ist, erscheint es wie eine Erlösung, gelegentlich noch Menschen zu begegnen, s die für den Sieg des Lichts auf der Erde kämpfen,
— Die kommende große Kalenderveränderung soll, wie in einem Schweizer Blatt berichtet wird, schon vor der Türe stehen. Es seien bereis Vereinbarungen getroffen zwischen verschiedenen Staats- regierungen und dem heiligen Vater. Der Neu- - regelung liege folgender Entwurf zugrunde; Von ' 1911 an soll Ostern nicht mehr beweglich sein, i sondern auf eiuen festen Tag, nämlich auf den 7 April gesetzt werden. Die 365 Tage des Jahres ; werden in vier gleich lange Vierteljahre von je 91 Tagen oder je 13 Wochen eingeteilt, zusammen 364 Tage. Von den drei Monaten, die auf je' des Vierteljahr entfallen, erhalten die beiden ersten je 30 Tage (also auch der Februar 30 Tage), der dritte 31 Tage und der 365. Tag des Jahres wird als datumsloser Neujahrstag untergebracht. Neujahrstag fällt immer auf einen Sonntag, trägt aber kein Datum jund keinen Wochentagnanien, sondern heißt einfach: Neujahr. Der daraus- - folgende Montag wird als 1. Januar geschrieben- Der alle vier Jahre einfallende Schalttag trägt ebenfalls kein Datum, sondern wird ohne Datumszahl zwischen den 31. uud 1. Juli eingeschoben.
Die Festtage und die Monatstage bleiben infolgedessen zukünitig immer auf den gleichen Wochentagen stehen.