dem sich die kleinen europäischen Staaten, die bisher wahrlich genug Gelegenheit gehabt haken, die Tyrannei Englands und Amerikas z» spüren, anschliejzen können, und der auch in der Lage sein wird, ihnen Schutz gegen angelsächsische Vergewal­tigung zu gewähren. O. 8.

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Ter FriedenZtmnd der mitteleuropäischen Völker.

(WTB.) Berlin. Ter Zweck des Besuches, zu dem der österreich ungarische Minister des Aeußern, Gras Burian, heute in Berlin erwartet wird, ist, wie dieNorddeutsche All­gemeine Zeitung schreibt, ein doppelter. Er gilt zunächst der persönlichen Fühlungnahme des neuen Leiters der österreich- ungarischen auswärtigen Politik mit den Männern, welche die Staatsgeschäfte des Verbündeten Deutschen Reichs führen. Diese bewährte Sitte ist nicht als reine Zeremonie zu be­trachten, sie ist von großem politischen Werte, denn auch in den Staatsgeschästen ist das menschliche und persönliche Verhält­nis der leitenden Persönlichkeiten von außerordentlicher Wich­tigkeit. Der Entschluß der beiderseitigen Regierungen, das bisher bestehende Bündnis in eine neue und festere Form zu bringen, ist von der Öffentlichkeit beider Länder, soweit sie positiv auf dem Boden des Staats steht, begrüßt worden als eine Notwendigkeit zur Erhaltung der politischen und wirt­schaftlichen Stellung der beiden Mächte und als Hoffnung, daß das Verteidigungsbündnis den Gegnern endlich die Ueberzeugung von der Unbesiegbarkeit unseres Bundes und damit die Geneigtheit zum Frieden vermitteln werde. Die Richtlinien für die Vertiefung des Bündnisses stehen bereits fest. Dem Besuch des Grafen Burian wird die Bedeutung beigemessen, daß er die sachliche Arbeit zur Vertiefung des Bündnisses einleiten und ein Stück vorwärts bringen wird. Die zu lösenden Aufgaben gliedern sich in politische und wirt­schaftliche Fragen. Man darf wohl annehmen, daß die Be­sprechungen in Berlin vor allem der politischen Seite der Bündnis erneuerung gelten. Nicht nur die im Viervund ver­einten Böller, sondern auch die Welt unserer Feinde und die der Neutralen werden in diesen Tagen mit Spannung nach Berlin blicken. Im Vierbund wächst von einem glück­lichen Verlauf der Beratungen das beruhigende Gefühl der Sicherheit für die Zukunft. Die Feinde sehen ihre Bemüh­ungen, den Bund zu sprengen und Deutschland und Oesterreich einzeln zu vernichten, auf immer gescheitert. Den Neutralen kann aber aus dem Friedensbund der mitteleuropäischen Völ­ker die Hoffnung erwachsen, daß sie in ihm einst ein rettendes Gegengewicht gegen die wirtschaftliche und politische Tyrannei der seebeherrschenden angelsächsischen Staaten finden werden.

Die Absichten der Entente in Oesterreich-Ungar«.

* Berlin, 9. Juni. DieVoss. Ztg." meldet aus Wien: DieReichspost" veröffentlicht heute an leitender Stelle eine etwas abenteuerlich klingende, aber (wie das Blatt versichert) absolut authentische Information, die ein grelles Licht auf die politische Offensive wirft, die die Entente mit England an der Spitze, innerhalb der österreichisch- ungarischen Monarchie zu entfalten beabsichtigt. Das Matt schreibt: Es liegen uns, mitgeteilt von besonders vertrau­enswürdiger Seite, Aeußerungen aus den Kreisen der Stock­holmer englischen Gesandtschaft darüber vor, wie die En­tente die Lage der Monarchie beurteilt. Die englische Ab­wägung geht, in knappen Strichen gezeichnet, dahin: Wir müssen unser Ziel auf dem Wege über die österreichische Öffentlichkeit und die österreichische Presse erreichen. Das Ziel ist und bleibt, Oesterreich-Ungarn vom Vierverband lcszulösen. Die Lage Oesterreichs ist nach außen hin die günstigste unter allen Kriegführenden. Italien ist heute der einzige wirkliche Gegner de: Monarchie und seine An­sprüche sind das einzige, was Oesterreich heute hindert, den Frieden zu haben. Für England hingegen ergibt sich fol­gendes Bild: Während Italien Oesterreich-Ungarn ans die Seite Deutschlands drängt, ist diese» Italien für die En­tente ohne Wert. Es kostet die Enr.nte viel Geld und Material und ist nicht imstande, die Front in Frankreich und Flandern zu entlasten, und irgendwie zur Haupt- emscheidung Leizutragen. Die" Entente ist infolgedessen ge­neigt, die italienischen Interessen zu opfern und Oesterreich- Ungar« zu gewinne«. Gelingt dieser Murr, io zerfällt der Traum vcn Mitteleuropa. Die Türkei müßte sich ohne Verbindung mit Deutschland dem Willen der Entente beu­gen. Im Orient wäre die deutsche Macht ausgeschaltet und England und Frankreich behielten ihre Eroberungen in Mewpfamien und Palästina Dieses Ziel ist zu erreichen durch entsprechende Einwirkungen ans Oesterreich-Ungarn, die ko eingestellt sein müssen, daß es durch die Abtrennung von Deutschland geringere Gefahr zu laufen scheint, als es durch sein Verbleiben auf seile» Deutschlands aus sich nimmt.

Aus dem feindlichen Lager.

Die Offensiv« im Westen und die sranzöfische Ernte.

Seit Beginn des Krieges leides Frankreich schwer unter dem Wegfall fruchtreicher Geireidegebicte. Die Besetzung weiter landwirtschaftlicher Strecken durch die deutschen Trup­pen hat eine sehr erhebliche Minderung der französischen Lrnteerträge verursacht. In der Kammersttzung vom 28. Januar 1918 erklärte der französische Lebensmittelmiinster, daß die letzte Ernte Frankreichs bei einem Bedarf von 78 Millionen Doppelzentnern nur 31 Millionen Doppelzentner betragen hätte. Danach war also schon im vorigen Jahre

S / § F ? §

Frankreich mit wesentlich mehr als der Hälfte seines Ge­treidebedarfs auf Lieferungen des Auslandes angewiesen. Die diesjährige Offensive im Westen muß die Getroidenot Frankreichs noch außerordentlich verschärfen. Wir ver­nahmen aus der französischen Presse, daß die Bauern hinter der Front ahnungslos die Felder bestellt haben. Sie haben den Versicherungen der Regierung und der Zeitungen ge­glaubt und bestimmt angenommen, daß ste die diesjährige Ernte voll einbringen würden. Nunmehr sind sie Hals über Kopf von ihren Feldern und von ihrem Vieh geflohen und müssen, da die französischen Militärbehörden sie nicht rechtzeitig zur Räumung aufgefordert haben, froh sein, wenn ste hier und da ein Stück Vieh mitnehmen konnten. Wieder hat Frankreich reiche Erntestriche verloren. Aber nicht nur die Ernte in den schon eroberten Gebieten, sondern auch die Ernte der dahinter liegenden Strecken kann als ent­gangen angesehen werden,, da bei der dauernden Bedro­hung das Gebiet direkt hinter der Front nicht mehr als Erntegebiet zu betrachten ist. Damit ist die Abhängigkeit der französischen Eetreideversorgung vom Auslande von neuem verschärft worden. Diese Abhängigkeit ist um so peinlicher, als der Ä-Bootkrieg die reguläre Verschiffung von Getreide nach Frankreich unmöglich macht.

Zur Geschichte des russisch-französischen Bündnisses.

Die folgenden, vom Journal veröffentlichten Tagebnch- aufzeichnungen eines Pariser Bürgers bilden einen hübschen Beitrag zur Geschichte des französisch-russischen Bündnisses: Oktober 1893. Ein russischer Admiral ist in Paris. Unbe­schreibliche Begeisterung. Meine Frau hat drei Offiziere Sr. Majestät des Zareu auf die Stirn geküßt. Es ist eine große Ehre für mich. Ich kaufe russische Staatspapiere. Juli 1894. Herrliche Reden der Reglcrungsvertreter über das Bündnis. Meine Tochter spielt täglich die russische Hymne. Ich kaufe russische Staatspapiere. Oktober 1896. Seine Majestät der Zar, unser großer Verbündeter, ist nach Paris gekommen. Un­beschreibliches Gepränge. Papierblumen an den Bäumen in den Champs Elysees. Ein Kürassierregiment hat die zwei­jährige Großfürstin Olga am Bahnhof empfangen. Welche Ehre für Frankreich! Ich kaufe russische Staatspapicre. August 1897. Felix Faure wurde vom Zaren empfangen. Historische Trinksprüche. Man versicherte uns, daß die Russen unseregroßen Brüder" sind Aber diese Brüder brauchen viel Geld. Ich kaufe russische Staatspapiere. Seine Majestät der Zar und die Zarin haben uns noch einmal besucht. Die Re­gierung sagt uns: Mer Rußland borgt, borgt Frankreich." Ich bin vor allem Patriot, außerdem liebe ich es, mein Geld sicher anzulegen. Ich kaufe russische Staatspapiere. Die fol­genden Jahre: Große Brüder des Nordens ... Anleihe ... Loubet reist nach Rußland ... Historische Trinksprüche ... Anleihe ... Hetman der Kosaken ... Russische Musik ... Anleihe ... Der flämische Koloß ... Das heilige Rußland .. Anleihe, Anleihe, Anleihe. Ich kaufe russische Staats­papiere. Mai 1918. Wie, die Coupons werden nicht einge­löst? Das wäre ein Skandal! Hundert unserer Minister ha­ben Rußland, seine Kosaken und seine Anleihen gefeiert. Haben diese Kerle wenigstens auch russische Staatspapiere? Wenn meine Coupons nicht bezahlt werden, werde ich mich furchtbar rächen: ich werde niemals wieder die Brücke be­treten, dir den Namen Alexander m trägt."

Bo ihn hält Nekrutiernngsreden.

(WTB.) Escourt (Natal), 6. Juni. In einer Rede sagte hier heute General Botha: Südafrika wäre seiner freien Verfassung nicht wert, wenn es dem Rufe nach Hilfe für die Sache der Alliierten nicht Folge leiste. Heute, führte er aus, kämpfen die Alliierten gegen eine Uebermacht. (?) Aber ste glauben an Gott, der niemals zugeben wird, daß die ge­rechte (!) Sache unterliegt. Selbst wenn Paris fallen sollte, werden wir nicht aufhören, weil wir unsere Treue und Frei­heit nicht preisgeben. (Beifall.) General Botha erhob sodann

die dringende Forderung, daß jeder geeignete Mann sich so­fort einreihen lasse und betonte das günstige Ergebnis der letz­ten Anstrengungen zur Hebung des Mannfchaftscrsatzes.

Wenn ein St-miSmann unter den Alliierten dieGerech­tigkeit" der Sache der Alliierten richtig einzuschätzcn weiß, so ist es Botha, der die englische Methode selbst zu spüren be­kommen hat. Aber ein großer Teil der Buren denkt heute nicht mehr daran; er wird in ein paar Jahrzehnten zu den Stockenglündern gcyören, seine Muttersprache ausoegeben haben, und nun dafür emketen, daß das englische Kotonial- land immer größer wird. Wir dürfen uns darüber nicht täu­schen: Ein einflußreicher Teil der früheren Burencepubliken, dessen Führer Botha und SmutS große Propaganda dafür machen, geht auf nichts mehr und nichts weniger aus, als auf die Einverleibung von Deutschsüdwest- und Deutsch ostafrüa in das englische Südafrika. Zusammen mit den englischen Südafrikanern treten sie dafür ein, daß die deutschen Kolonial- lander an Südafrika angeschlossen werden. Deshalb haben sie sich auch dafür hergegeben, die deutschen Kolonialtruppen zu bekämpfen, trotz des Widerstands eine« Teils ihrer Landsleute unter dem früheren Führer Herhog. Wir haben aber die feste Zuversicht, daß Botha mit seinen vsrengländerten Volks­genossen uns wird gestatten Müssen, auch in Zukunft ihr Nach­bar zu bleiben. Die Schciftl.

Erpresserische Heranziehung der Ausländer zum amerikanischen Heeresdienst.

(WTB.) Stockholm, 10. Juni.Stockholms Tidningc:" berichtet, daß das amerikanische Repräsentantenhaus beschlos­sen habe, alle wehrpflichtigen Ausländer anszuweise», die die Befreiung vom Militärdienst forderten.

Zur Lage im Osten.

Der Prozeß gegen die Mitglieder des polnische» Hilfskorps.

(WTB.) Marmaros-Sziget, 8. Juni. (Wien. Korr.- Bur.) Heute begann bei der Expositur des Feldgerichts des 7. Generalkommandos in Marmaros-Sziget die Hauptverhand- lung gegen die Angeklagten des aufgelösten polnischen Hilfs­korps. Die Anklage lautet aus Verbrechen wider die Kriegs­macht des Staats, begangen in Kriegszeiten ohne Einver­ständnis mit dem Feind durch unbedingte Werbung und An­stiftung eines Desertionskomplotts, Meuterei, umfangreich« Diebstähle und öffentliche Gewalttätigkeit. Nach der Verlesung begann die Vernehmung eines der Hauptangeklagten, des Le» gionhauptmannS Intendanten Dr. Roman'Gorecki. Dieser er­klärte sich als nichtschuldig und betonte, daß die infolge de- Brest-Litowsker Friedensvertrages unter der polnischen Na­tion hervorgerufene Mißstimmung wegen der Einverleibung der polnischen Gebiete in die Ukraine, die Gerüchte über ein« Auflösung der polnischen Legion, der Rückkitt der polnischen Negierung und die Demission des Regentschastsrats die Le­gionäre in ein unhaltbares Verhältnis zu der polnische« Oeffentlichkeit und in Widerspruch zu ihren militärische» Pflichten gebracht habe. Die Weitervernehmueg GorecktS erfolgt Montag.

Die tschechischen und südslawischen Ueberläuscr in Sibirien.

(WTB.) Kiew, 10. Juni. Nach Meldungen der Mos­kauer Presse stehen die Hauptkräfte der tschecho-slowakische« Truppen, etwa 15 000 Mann, im Gebiet von Tscheljubinsk, wo sie einen Teil der sibirischen Bahn besetzt und Waffen und Artillerie erbeutet haben. Die Truppen der Ratsregierung haben Tschebeljabinsk geräumt und sich bei Slatoyst konzen­triert. In den bei dieser Stadt ausgefochtenen Kümpfen sind oie tschechischen Truppen geschlagen worden. Eine andere Gruppe der tschechischen Truppen steht dicht bei Samara, des­sen Lage gefährdet sein soll. Eine Gruppe Tschecho-Slo- waken hat sich der sibirischen Magiskate von Nowo-NikolajewSk bis zum Talga bemächtigt. Der direkte Drahtverkehr mit Ost- jibirien soll unterbrochen sein. Nach Meldung der Zeitung Nascha Nodina" stehen die tschecho-slowakische« Truppen unter dein Schutz der vier Ententestaaten England, Fraek- reich, Italien und Amerika, die an die Ratsregierung die Forderung gestellt haben sollen, daß den tschecho-slowakische« Truppen die Waffen belassen werden. Es handelt sich um die vom österreich-ungarischen Heer übergelaufenen Tschechen und Südflawen, die nach dein Friedensschluß mit den Mittel­mächten nun hätten ausgeliefert werden sollen. Sie haben sich aber anscheinend mit Hilfe der Entente bewaffnet, und skeben nun nach Wladiwostok, um, wie ste sagen, nach Frankreich be­fördert zu werden. Die russische Sovsekegierung aber verlangt mit Recht die Entwaffnung dieser Leute, und geht deshalb gegen sie mit Waffengewalt vor. Interessant ist es nun, daß die Ententestaaten diese aufrührerischen Horden beschützen ued von der Sovjetregterung verlangen, daß den Ausrührern die Waffen belassen werden. So steht es aus mit denIdealen" der Ententcstaaten von der Freiheit der Völker, wenn die Entente nicht einmal einem neukalen Staat gestattet, tn sei­nem eigenen Gebiet Ordnung zu schassen. Die Schrisil.

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Gedenket der Ludendorff-Spende!