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Nr. 145

Samstag, den 11. Dezember 1909

45 - Jahrgang

WrrnöftHarr.

Stuttgart, 9. Dez. Direktor v. Stierlin, Abteilungsvorstand bei der Generaldirektivn der Staatseisenbahnen, ist heute vormittag *,'210 Uhr auf seinem Bureau infolge eines Schlag­anfalls rasch verschieden.

Graf Zeppelin, der sich auf der Jagd eine Erkältung zugezogen hatte, infolge deren sich wieder ein Abszeß am Halse gebildet hatte, mußte sich gestern -nachmittag im Katharinen­hospital hier wiederum einer kleinen Operation unterziehen, die glücklich verlies. Das Befinden des Grafen gibt zu Besorgnissen keinen Anlaß.

Neuenbürg, 7. Dez. Die vom 4. bis 6. ds. Mts. in der städtischen Turnhalle vom Oberen Enzgau" veranstaltete I. Gauausstell^ ung in Großgeflügel, Tauben und Kaninchen erfreute sich eines überaus zahlreichen Besuchs. Ausgestellt waren: 3 Stämme Gänse, Enten 4 Stämme, Hühner 59 Stämme, 29 Paar Tauben und 24 Hasen. Die Vereine Neuen­bürg, Birkenfeld und Calmbach hatten für gute Gesamtleistungen einzelner Züchter Ehrenpreise gestiftet. Von -derSüddeutschen Tierbörse" Heilbronn war eine große Ehrenpreismedaille zugesandt worden. Für gute Zuchtleistungen in Großgeflügel wurden I. Preise zuerkannt: 1) Fabrikant A. Gauthier von Calmbach flEm- dener Gänse, weiße Wyandottes, Mechelner- und Andalusier-Hühner), nebst großer Ehrenpreis­medaille für die beste Gesamtleistung; 2) Karl Rometsch, Kürschner von Wildbad (schwarze Bantam; 3) Frau Commerell in Höfen (weiße Pekingenten); 4) Schultheiß Hörnle in Calm­bach (Rhode Island); 5) Philipp Rummel in Birkenfeld (schwarze Minorka); 6) Fr. Fix in Birkenfeld (rebhuhnfarbige Wpandottes). ußerdem kamen noch 22 II. und 19 III. reffe zur Verteilung. Für ausgestellte Tauben erhielten I. Preise: Fr. Fix in Birkenfeld; Fr. Peter in Calmbach; Martin Keck in Birkenfeld und Herm. Oelschläger in Birkenfeld.

Calw, 9. Dez. Gestern haben mehrere Marktbesucher große Verluste erlitten. Ein Bauer von Schönbronn entdeckte in Wildberg, daß er sein Portemonnaie mit 680 Mk. Inhalt verloren hatte. Es enthielt den Erlös von einem Paar Ochsen, die er aus dem Vrehmarkt hier verkaufte. Auf der Bahnhofkasse in Calw hatte er das Portemonnaie noch im Besitz. Ein anderer Marktbesucher von Möttlingen verlor einen Zugbeutel mit nahezu 500 Mk. Inhalt. Er gibt an, imBad. Hof" noch im Besitz des Geldbeutels gewesen zu sein und aus demselben noch seine Zeche bezahlt zu haben. Um 12 Uhr mittags begab er sich auf den Heimweg und als er zu Hause das Geld aufbewahren wollte, war die Tasche in der sich der Beutel befunden hatte, leer. Ein Betrag von etwa 30 Mk. ging ebenfalls gestern vomHirsch" zum Viehmarkt verloren. Es ist säst anzunehmen, daß dieses Geld in die Hände eines Taschendiebs gekommen ist.

Heilbronn, 6. Dez. (Schwurgericht.) Ein Schutzmann als Milchfälscher; mit dieser immer­hin seltenen Angelegenheit hatte sich das Schwur­gericht in seiner letzten Verhandlung zu befassen. Angeklagt ist der frühere Schutzmann Janns von Heilbronn, der beschuldigt wird, daß er in elf Fällen die Milch, zu deren Kontrolle er

bestimmt war, selbst mit Wasser verfälscht hat, um auf diese Weise sich einen Vorteil zu ver­schaffen. Er wurde nämlich in diesen Fällen sn die betreffenden Orte hinausgeschickt, um Nach- und Stallproben zu nehmen und erhielt hierfür Dfäten. In neun von diesen Fällen kam es infolge seiner Anzeigen und Ermitt­lungen zur gerichtlichen Verurteilung der be­treffenden Milchproduzenten und Händler, haupt­sächlich auf das eidliche Zeugnis des Janns hin. Er ist daher in neun Fällen des Mein­eids angeklagt. Für die Verhandlung sind über 80 Zeugen geladen; sie wird daher mehrere Tag^ in Anspruch nehmen.

Pforzheim, 9. Dez. Ein hiesiger kleiner Fabrikant, der 39jährige Goldarbeiter Karl Redinger aus Bauschlott, dem zur Last gelegt war, daß er in den letzten vier Jahren für mindestens dreitausend Mark gestohlenes Gold und Silber aus hiesigen Fabriken als Hehler angekaust habe, wurde von der Strafkammer wegen Hehlerei zu einem Jahr drei Monaten Zuchthaus und zu drei Jahren Ehrverlust ver­urteilt.

München, 9. Dez. Pros. Hermann Kaulbach, Ehrenmitglied der bildenden Künste, ein Vetter von Fritz August v. Kaulbach, ist heute früh st»2 Uhr an einer Gehirnentzündung gestorben. Der Künstler stand im 64. Lebensjahr. Seine Historienbilder und seine Kinderstudien, seine religiös-philosophisch gedachten Werke hatten dem reifen und abgeklärten Künstler und liebens­würdigen Menschen aufrichtige Verehrung aller Kunstfreunde gesichert.

Berlin 9. Dez. (Reichstag.) Die Etats­rede des neuen Reichskanzlers. Auf der Tages­ordnung steht die erste Lesung des Etats. Reichskanzler v. Bethmann Hollweg: Der Etat, in dessen Beratung wir heute eintreten, ist mit Vorsicht aufgestellt. Die Einnahmen sind so voranschlagt, daß sich nach menschlicher jVoraus- sicht dasIst" mit demSoll" deckt. In keiner Beziehung ist das Maß der unbedingten Notwendigkeit überschritten worden. Der An­leihebedarf ist nach Möglichkeit eingeschränkt worden. Dem Reiche eine solide Finanzgebahr- ung zu sichern, ist unsere erste Aufgabe und bei der Lösung dieser Ausgabe werden auch die Parteien wieder zusammenarbeiten müssen die bei den Steuern auseinandergeraten sind. Die Regierungen sind in diesem Kampf nicht untätig geblieben, sondern der unrichtigen Berechnung über die Besteuerung einzelner Artikel nachdrück­lich entgegengetreten. An Mut, für die Vor­schläge der Mehrheitsparteien einzutreten, hat es, den Regierungen chicht gefehlt aber sie durste den Kampf nicht verschärfen. Sie sind auch heute überzeugt, daß nur ihre Zustimmung zu diesenDeschlüssen die Entwicklung der Reichs­finanzen auf den rechten Weg zu bringen ver­mochte. (Lebh. Beifall rechts und in der j Mitte) Die Frage, auf welche Parteikonstellation die Regierungen sich stützen werden, ist falsch gestellt. Niemals wird eine deutsche Regierung Partei­regierung sein. (Lärm bei den Soz.) xNur der Radikalismus hat ein Interesse daran, Deutsch­land in zwei scharf getrennte Lager je nach der Stellung zu den neuen Steuern zu spalten. (Sehr richtig I rechts und in der Mitte.) Die Vorlagen, die des Reichstags harren, sind nicht so interesselos, wie es vielfach dargestellt wird.

Es gibt weite Kreise des deutschen jVolks, die nicht auf die Dauer von politischer Sensation leben wollen. Die werktätige Arbeit des Volks verlangt eine Politik der Stetigkeit und Festig­keit nach Innen und Außen, keine Politik, die nichts anderes kennt, als die Schlagworte Radikalismus" undReaktion." (Beifall.) Das verträgt auck ein Volk auf die Dauer nicht. Wer, wie Deutschland, seine Stellung in nüchterner Arbeit errungen hat, kann sie auch nur in solcher Arbeit behaupten. Und wie dabei alle zusammengewirkt haben, so soll es auch in Zukunft bleiben. Es gibt einen Zwang zum Schaffen, den die Volksgemein­schaft jedenk auferlegt, und ich lebe der Gewiß­heit, daß diese Wahrheit auch die gegenwärtigen Wirren überdauern wird. (Lebh. Beif.)

Eine hervorragende Leistung hat der Berliner KriminaldiensthundFricka" wieder zu verzeichnen. Ein Berliner Kaufmann M. hat zu Osterode in Ostpreußen eine Besitzung. Als er sich Hdort in der vergangenen Nacht aufhielt, ward ihm ein Koffer gestohlen, der für 6000 Mark Wertpapiere und Familien­papiere enthielt. Der Bestohlene wandte sich nach Berlin um einen Kriminaldiensthund, und am Samstag traf ein Berliner Kriminalbe­amter mit derFricka" bei ihm ein. Das Tier erhielt an einer Decke, die auf dem Koffer gelegen hatte, und an einigen Fußspuren Witterung. Es verließ das Haus und ging etwa 200 Meter weit nach der Wohnung eines Schuhmachermeisters, dessen Eigentum unter Zwangsversteigerung steht. Der Meister war nicht zu Hause.Fricka" ging durch die Zimmer, dann wieder ins Freie hinaus und lief nun nach einem See in der Nähe des Ortes. Sie arbeitete sich durch das Schilf hin­durch und wollte auch ins Wasser hinein gehen. Jetzt rief aber der Beamte sie zurück, um sie- vor einer Erkältung zu bewahren. Er setzte sie dann noch einmal auf die Fährte und wieder nahm sie denselben Weg. Jetzt holte der Beamte Leute heran und ließ den See an der verdächtigen Stelle absuchen. Nicht weit vom Ufer fanden die Leute auf dem Grunde den gestohlenen Koffer. Er war geöffnet und leer. Von den Papieren fand man keine Spur. Der Schuhmachermeister wurde ver­haftet, leugnete erst, gestand dann aber, den Koffer gestohlen zu haben. Er habe geglaubt, daß er bares Geld enthalte, und daß er sich damit aus seiner Verlegenheit helfen könne. Weil er aber nur Papiere gefunden, so habe er den Koffer mit dem Inhalt in den See geworfen. Er müsse im Wasser aufgegangen sein und hierbei seinen Inhalt verloren haben. Nach den Papieren wird jetzt weiter geforscht.

Hamburg, 8. jDez. Von den bei Hder Explosion der Gasometer schwer Verletzten ist heute auch der Monteur Friedrich Scheika aus Berlin gestorben, so daß die Zahl der Toten nunmehr 14 beträgt. Das Befinden von noch vier Schwerverletzten ist hoffnungslos. Bei der Katastrophe sind 142 000 ebm Mas ver­loren gegangen. Einer noch größeren Aus­dehnung des Unglücks haben die bei den Retorten angestellten Heizer dadurch vorge^eugt, daß sie gleich nach der ersten Explosion trotz großer Lebensgefahr die Oefen aufrissen, um die Bildung von neuem Gas zu verhindern.