von vormittags 9 Uhr bis abends 9 Uhr pro Stunde 50 Pfg. und während der übrigen Zeit
I Mk. pro Stunde, für Konzerte auswärtiger Kapellen 75 Pfg. bezw. 1 Mk. 50 Pfg. pro Stunde, für Ständchen 2 Mk., für Wirtschaftsfeiern 2 Mk., für Weihnachtsfeiern, Stiftungsfeste u. dergl. 3 Mk., für deklamatorische Vorlesungen, Rezitationen, Vorträge usw., in der Absicht einer Gewinnerzielung berufs- oder gewerbsmäßig veranstaltet 2 Mk., für Weihnachts- und Faschingskneipen 3 Mk., für Polizeistundenverlängerung pro Stunde 50 Pfg.
— Der bekannte Weingroßhändler Emil Weller wurde von der Strafkammer in Mülhausen i. E. wegen Weinpanfcherei zu 1500 Mark Geldstrafe ev. 100 Tage Gefängnis verurteilt. Der Fall erregt großes Aufsehen, da Weller in den weitesten Kreisen bekannt war und gute Geschäfte machte.
— Anläßlich ihrer Uebersiedelung nach Biebrich-Wiesbaden stiftete die Firma Henkell u. Co. Beträge von über 110 000 Mk. und zwar: 30 000 Mk. der Stadt Mainz für Museumszwecke, etwa 10000 Mk. der Stadt Wiesbaden für den gleichen Zweck, 25000 Mk. der Stadt Biebrich für Wohltätigkeitszwecke, 50000 Mark dem Arbeiter- und Beamtenpensionsfonds der Firma.
Essen, 1. Dez. Der in Haft befindliche Maschinensteiger Neuß legte das Geständnis ab, in Gemeinschaft mit dem Schichtmeister Opel den Riefendiebstahl bei der Königlichen Berginspektion Gladbeck verübt zu haben. Das Geld sei in seinem Garten vergraben. Sofort von dem Berliner Kriminalkommissar v. Tresckow
II ausgeführte Nachgrabungen förderten 249 200 Mark zutage. 30 000 Mk. in Papiergeld hatten die Diebe verbrannt.
— Als ein neuer Ersatz für Baumwolle ist, wie schon vor einiger Zeit gemeldet wurde, die Faser des Kapok entdeckt worden. Es ist nunmehr einer Chemnitzer Fabrik gelungen, die Faser spinnfähig zu machen, sodaß die Kapokfaser bald zu einem begehrteren Ausfuhrartikel als bisher werden wird.
Berlin, 30. Nov. Im neuen Etat wurden gefordert im Militäretat 302 000 Mark zum Neubau einer Proviantamtsanlage mit Bäckerei in Stuttgart Schlußrate), 500000 Mark zum Ersatzbau der Kavalleriekaserne in Stuttgart (3. Rate), 150 000 Mk. zum Neubau einer evangelischen Garnisonskirche in Ulm (6. Rate), 500000 Mk. zum Ersatzbau einer Kaserne für drei Eskadrons mit Regimentsstab unter gleichzeitiger Bereitstellung des Geländes zum Zwecke des späteren Ausbaues der Kaserne für ein volles Regiment in Ulm (4. Rate.)
— Noch ein Warenhaus großen Stils wird in Berlin errichtet. Der Kaufpreis für Grund und Boden beträgt 7 500 000 Mk. Man sieht, Warenhäuser „gehen" immer.
Berlin, 2. Dez. Bei der Baumwoll-Ex- portfirma Gebrüder Friedländer und Maaß wurden wegen fortgesetzter Diebstähle^ deren Wert 100000 Mk. übersteigt, mehrere Verhaftungen vorgenommen. Die Diebe lieferten auf Grund fingierter Lieferscheine große Posten durch den Fahrstuhlführer an einen Rollkutscher ab, der die Waren dann auf dem Transport durch Berlin verschwinden ließ.
Wilhelmshaven, 4. Dez. Infolge orkanartigen Sturms ist die holländische Tjalk „Ora et Labora" in der Außenjade in Seenot geraten. 4 Personen sind ertrunken, außerdem 2 Mann einer anderen Tjalk nnd bei dem Rettungsversuch ein Mann des Rettungsboots.
Berlin, 4. Dez. Aus London wird gemeldet: Sämtliche Kanaldampfer berichten von Gefahren, wie man sie seit Jahren nicht gekannt hat. Von einer Unzahl von Schiffsunfällen wird heute gemeldet. Der Dampfer Ellen Bannin, der zwischen der Insel Man und England verkehrt, hat aller Wahrscheinlichkeit nach Schiffbruch erlitten. Er hatte 12 Passagiere und 20 Mann an Bord. Die zur Suche ausgeschickten Dampfer haben auf der Höhe von Liverpool zwei Rettungsboote aufgefunden, die den Namen des vermißten Dampfers trugen, so daß man sich über dessen Geschick keinen Hoffnungen hingibt.
Kiel, 3. Dez. Im Werftprozeß wurden sämtliche Schuldfragen von den Geschworenen
verneint und die Angeklagten freigesprochen.
Brüssel, 1. Dez. Hiesigen Blättern zufolge hat König Leopold in letzter Zeit seine gesammten Immobilien veräußert, indem er sich an der Gründung von Aktiengesellschaften beteiligte, denen er seine Liegenschaften in Belgien, Frankreich und Deutschland als Einlagen überwies. Das Kapital, das bei der belgischen Gesellschaft festgelegt ist, beträgt 12 400 000 Francs. Das ist ein weiterer Schritt zur Enterbung seiner Kinder.
Rom, 3. Dez. Eine Juwelendiebin namens Elisabeth Wehrfritte aus Hornau in Baden hatte sich in Paris an eine reiche Südamerikanerin als Gesellschafterin vermietet und diese nach Marienbad begleitet. Plötzlich war sie mit dem ganzen Juwelenschmuck verschwunden. Jetzt wurde sie durch die hiesige Kriminalpolizei verhaftet. Die Juwelen wurden aber nicht mehr bei ihr vorgefunden.
— Der Juwelendiebstahl in Picadilly, der seinerzeit in der Welt der Diamantenhändler, Schleifer und Liebhaber großes Aufsehen erregte, hat jetzt seine Sühne gefunden. Dem Juwelenhändler Friedrich Goldschmidt aus Paris wurde, wie erinnerlich, in London im Cafe Moniko am Picadilly ein brauner Koffer gestohlen, der für 2'/- Millionen Franken Edelsteine enthielt. Der Dieb hatte einen Augenblick zur Ausführung der Tat benutzt, als der Händler sich die Hände wusch und seinen Koffer hingestellt hatte. Sein Spießgeselle hielt die Verfolger auf, indem er ihnen anscheinend ohne Absicht entgegensprang u. sie zu Fall brachte. Der Verdacht fiel auf zwei Männer, die dem Juwelenhändler von Paris aus gefolgt waren. Diese wurden in dem Agenten Herbert Grinschaw, einem wiederholt vorbestraften Irländer, und einem Kaufmann Josef Higgins ermittelt und festgenommen. Grinschaw wurde zu 3 Jahren und Higgins zu 15 Monaten Zuchthaus verurteilt. Ein Teil der Edelsteine wurde bei den Verbrechern wiedergefunden und dem Bestohlenen zurückgegeben.
Baltimore. Das ganze Geschäftsviertel der Stadt Baltimore steht in Flammen. Der ganze Teil der Bank- und Geschäftsgebäude bildet ein Flammenmeer, obgleich diese Wolkenkratzer fast ganz aus Stahl und Eisen konstruiert sind. Die gesamte Feuerwehr bemüht sich, des Brandes Herr zu werden.
— Das volkreichste Stadtviertel Baltimores soll vollständig eingeäschert worden sein und der Schaden über 300 Millionen Franken betragen. Die Zahl der Vermißten wird auf mehrere Hundert geschätzt.
— Einen Wasserfall von 14 Millionen Pferdekräfte hat man im Stromgebiet des La- plata am Schnittpunkt der Grenzen von Argentinien, Brasilien und Paraguay entdeckt. Amerikanischer Unternehmungsgeist beschäftigt sich bereits lebhaft mit dem Problem, wie diese ungeheure Kraftquelle — wohl die stärkste der Welt — wirtschaftlichen Zwecken nutzbar gemacht werden kann. Lösbar ist das Problem, hat man doch auch die Niagarafälle bezwungen.
Ans AM md lloigclmg.
Calmbach, 3. Dez. Die seinerzeit geplante Fischzucht-Anstalt im Klein-Enztal, die Herr Architekt Speidel aus Pforzheim errichten wollte, welchem Unternehmen aber die Konzession bis zur Lösung der Stuttgarter Wasserversorgungsfrage versagt wurde, kommt nun doch zur Ausführung, und zwar im Hinteren Teil des Würzbachtales, wo ein größeres Wiesengebiet von Herrn S. erworben wurde. Demnächst soll mit dem Bau der großzügig geplanten Anlage begonnen werden. Sie soll u. a. über 30 Weiher erhalten.
Neuenbürg, 6. Dez. Am gestrigen Sonntag nachmittag fand im hiesigen Rathaussaal die ordentliche Herbst-Generalversammlung der Bezirkskrankenkasse unter dem Vorsitz von Sägewerksbes. Eugen Seeger statt, in welcher als Hauptpunkt der Tagesordnung die Neuwahlen in den Kassenvorstand vorzunehmen waren. Die Beteiligung war diesmal eine außergewöhnlich große. Wildbad beanspruchte einen weiteren Vertreter im Vorstand, Calmbach einen Vertreter an Stelle des verst. Vertreters von Höfen; die Vertreter von Wildbad und Calmbach unterstützten sich hierin gegen
seitig und brachten dies bei der Wahl zum Ausdruck. Rud. Stäbler hatte eine Wiederwahl dankend abgelehnt. Von den Arbeitnehmervertretern wurden abgegeben 63 Stimmen und es erhielten: Gottlieb Kiefer-Calmbach 49, Hch. Ade-Neuenbürg und Karl Eisele- Wildbad je 42 Stimmen. Äei der Stimmengleichheit der beiden letzteren mußte durchs Los entschieden werden, welcher von den Beiden für 1 oder 2 Jahre gewählt ist. Das Los entschied, daß Karl Eisele-Wildbad als Ersatz für den ft Gust. König auf ein Jahr einzutreten hat. Von den Arbeitsgebern wurde Fr. Gollmer wiedergewählt. Der Kassenvorstand besteht nun aus: Sägwerkbes. Seeger und Fabrikant Gollmer, Joh. Volz-Wildbad Hch. Ade-Neuenbürg, Gottfried Kiefer-Calmbach uud Karl Eisele-Wildbad. Anträge waren zur Generalversammlung nicht gestellt und konnte dieselbe nach t?i,ständiger Dauer geschlossen werden.
Unier. Haltendes.
fierrlos.
Erzählung von S. CH. vo« Sell.
(Fortsetzung) (Nachdruck verboten)
In der Nacht phantasierte Ulrike. Als Kitty sich über sie beugte, verstand sie die gemurmelten Worte. Die Seele der Kranken war zurückgekehrt in die Gefilde der Jugend und breitete wie einst hoffnungsvoll ihre Schwingen dem Geliebten entgegen. Der Name Egons klang von ihren Lippen.
Am nächsten Morgen aber war die alte Dame klar und ruhig. Sie ließ sich ihren Schmuck bringen und wählte sich einige Andenken aus. Eine kostbare Brosche bestimmte sie für Beate Mansuetos.
„Sie ist zwar eine alte Frau und wird sie nicht mehr lange tragen, aber sie soll doch wissen, daß ihrer gedacht wird."
Dann hieß sie das Bild der heiligen Katharina an ihr Bett stellen und betrachtete es lange sinnend.
„Wunderbar," bemerkte sie nach eine Weile gegen ihre Nichte, „daß jenes Gemälde wie vom Erdboden verschwwnnden istl Die Kunsthändler, die ich beauftragte, die Maler, die ich fragte, Dehns, der sich soviel bemüht, — keiner konnte erfahren, wo es steckt. Uebrigens kannte nicht auch Mansuetos den kleinen Mengerssen und dessen Schwester? Töricht, daß ich nie gebeten habe, sich danach zu erkundigen. Er pflegt mehr zu erreichen als andere."
Kitty errötete. Sie hatte oft an jene Möglichkeit gedacht, sich aber gescheut, den Namen seiner Frau ihm gegenüber wieder zu nennen.
An einem der nächsten Tage war die junge Dame gerade von ihrem täglichen, ärztlich vorgeschriebenen Gang zurückgekehrt, als ihr eine Visitenkarte gebracht wurde — Heinrich Reichmann, stud. jur. Da die Kranke schlief, so hieß sie ihn in ihren Salon führen.
Heinz war ein bildhübscher Student geworden. Er erinnerte an Willy, und es war Kitty seltsam zu Mute, als er ihre Hand an die Lippen zog und ihr ^dankte, daß sie ihn annahm.
„Sie kommen zu trauriger Stunde in unser Haus, Heinz. Ich bin in schwerer Sorge um meine geliebte Großtante."
Seine Teilnahme war warm und ungekünstelt. Er tat mancherlei Fragen und versuchte zu trösten, so gut er konnte.
Dann ließ sich Kitty von ihm erzählen.
„Ostern habe ich mein Abiturienten-Exarnen gemacht. Den Sommer über war ich bei Mama in München — Studierens halber, Aber es wurde nicht viel daraus. Die Welt da unten ist zu schön! Und das Herrlichste waren die Herbstferien. Da gings mit dem Rucksack auf dem Rücken in die Berge."
„Immer habe ich mir gewünscht, eine Fußtour durch die Alpen machen zu können," sagte Kitty.
„O, wer einmal mit Ihnen wandern dürfte durch die schöne Gotteswelt!" rief er mit einem aufleuchtenden Blick.
„Dahin wird's wohl nicht kommen."
„Wer weiß, unverhofft kommt oft." ,
„Und nun wollen Sie hier fleißig sein?