Schreibmaschinenschrist. Dafür war aber der Betrag, den er der Witwe des Verstorbenen vermachte, um so größer. Er belief sich auf nicht weniger als 15 Mill Dollar.

Madrid, 17. Aug. König Alfons be­gnadigte, wie die Blätter melden, 27 Rädels­führer der letzten Unruhen in Barcelona, die zum Tode verurteilt waren, zu Freiheits- bezw. Deportationsstrafen. Dieser Akt erregt allge­meine Sympathie.

Aus New york wird berichtet: Mit einem Kostenaufwand von mehr als einer Million haben die amerikanischen Schneider jetzt in Newyork eine große Ausstellung fertiger Herren­kleidung veranstaltet, die die amerikanischen Kavaliere davon überzeugen soll, daß sie unklug und unpatriotisch handeln, wenn sie sich sklavisch den Weisungen der englischen oder französischen Mode unterwerfen. Mit allen Mitteln soll den Herren die Leistungsfähigkeit amerikanischer Kon­fektion vor Augen geführt werden. Der Clou der Ausstellung sind die Beinkleider mit unver­wüstlicher Bügelfalte; die Falten werden durch eine elektrische Presse hervorgebracht und bleiben im Stoffe haften. Daneben sieht man eine riesige Auswahl bunten Schuhwerks, in denen die Farbennuancen des Leders genau nach der Schattierung kostbarer Seidenstrümpfe, ja sogar der Taschentücher abgetönt ist. An die Aus­stellung ist ein Bureau amerikanischer Zuschneider angegliedert, in dem die Modekünstler unaus­gesetzt an der Erfindung neuer Herrenmoden arbeiten, um so die Modetyrannei der alten

Lokales.

Wildbad, 16. Aug. DemSchwab. Merk." wird von hier geschrieben:Die heurige Badezeit hat nun ihren Höhepunkt erreicht; nach der letzten Kurliste beträgt die Zahl der Kurgäste am 13. Aug. 13056. Die Frequenz- ziffer des Vorjahrs ist damit trotz der ungünsti­gen Witterung im Juli nicht nur erreicht, sondern noch überschritten worden. Ein be­sonderes Merkmal der heurigen Kurzeit ist es, daß das feine und vornehme Kurpublikum außerordentlich zahlreich vertreten ist und die ersten Hotels infolge dessen seit Mitte Juni ununterbrochen besetzt, während mittlere und einfache Wohnungen weniger gesucht sind. Auch das am 10. Juli neueröffnete Sommer­berghotel macht recht gute Geschäfte und ist seit Anfang August annähernd besetzt. Die Bautätigkeit, die sonst im Sommer hier ganz still stand, fft z. Zt. eine recht rege. 'Am Panoramaweg an der Bergbahnstation macht der Neubau desPanoramahotels" des Hotel­besitzers Schmid z. Ochsen und dessen Schwie­gersohns Bechtle unter der Bauleitung der Architekten Bihl und Woltz in Stuttgart recht Me Fortschritte und an der neukorrigierten Rennbachstraße und dem Hohenloheweg sind derzeit 8 Villen- und Wohnhausneubaüten in Angriff genommen worden, wozu noch 2 Neu­bauten bei der Uhlandshöhe und 2 im süd­lichen Teil der Stadt kommen. Man sieht, daß die Unternehmungslust hier augenblicklich größer als je ist und man wird nicht fehl gehen, wenn man diesen erfreulichen Umstand auch den fortgesetzten Aufwendungen der Stadt­gemeinde und des Staats für Zwecke unseres Badeorts zuschreibt."

AlnterHattenöes.

Er soll dem Herr sein.

Erzählung von C. Aulepp-Stübs.

(Forts.) (Nachdruck verboten.)

O Gott! Sie fühlt, es kommt etwas schweres, dem sie Stand halten muß. Der Geheimrat hat ihr nichts von Herberts Absicht, mit ihr und dem Vater vereint in Amerika sein Heim zu gründen, verraten. Nein, das mag er ihr selbst sagen, denkt er.

Und nun sitzt sie hier und wartet mit bangem Herzen und angsterfüllten Augen, die durchs Fenster den Weg entlag starren, welchen er kommen muß. Sie hat das Köpfchen in die hinter demselben verschlungenen Hände und sich an die hohe Rückenlehne des Stuhles gelehnt. Derselbe steht vor dem Nähtischchen und wie dieses auf einem Podium mit kunstvollem Ge­

länder. Man hat von diesem Platz eine hübsche Aussicht in das köstlich duftende Blumenparterre des Parkes, das auf der entgegengesetzten Seite von einer Fontaine begrenzt ist. Der Strahl derselben wird vom Winde seitwärts getrieben und gleicht einer goldig schimmernden, sprühenden Wasserwolke, die sich bald in Millionen Tropfen auflöst, bald wieder in voller Pracht zur Höhe strebt. Hildegards Augen sehen nichts von dem lieblichen Bild, sie haften jetzt nur an der kraft­vollen, männlichen Erscheinung, an dem schönen, ernsten Gesicht, welches ihr zugewandt ist. Ihr Blick trifft in zwei dunkle Männeraugen, sie zuckt leicht zusammen, das Blut strömt ihr heiß ins Gesicht und überzieht es mit einer dunk­len Röte.

So tritt sie ihm entgegen jetzt nicht das kühle, sichere Fräulein Doktor, die erste Assi­stentin der berühmten Kinderheilanstalt sondern ein zagendes, junges Weib, dessen Seele dem Geliebten zujauchzen möchte in unnennbarer Wonne jungfräulicher Liebe und das doch fest entschlossen ist, sich ihm zu verweigern und den bitteren Kelch der Entsagung zu leeren.

Als er ihr jetzt gegenübersteht, blicken sie sich lange und tief in die Augen. Ein schwer­mütiger Ernst lagert auf den jungen Gesichtern, fast feierlich zieht Herbert Paulus die zarte Kinderhand an seine Lippen. Dann geleitet er sie zu einem Sessel und atmet tief und hastig auf. Es ist, als ob seine Brust von einem Alp bedrängt würde, er vermag kein noch so armseliges Wort hervorzubringen. Hildegard sieht dieses stumme Ringen, sieht den Kamps in dem bewegten Antlitz, von welchem sie ihren Blick nicht losreißen kann und eine -Woge heißer, erbarmender Zärtlichkeit steigt in ihr auf. Sie legt leise ihre Hand auf seinen Arm, fast wie ein Hauch kommt es von ihren Lippen:

Herbert!"

Da war der Bann gebrochen. Er faßt nach ihrer Hand und sagt:

O Hilde: Haben Sie Dank, tausend Dank für dieses Wort. Mein Gott, Sie wissen ja, wie es in mir aussieht, ich brauche es Ihnen ja nicht, erst zu sagen. Ich habe es bekämpft, habe es ausrotten wollen mit aller Kraft meines Willens, doch es war stär­ker wie ich es wuchs und wuchs Lawinen gleich wurde es größer und größer der Kampf ist aus Sie haben gesiegt, Hildegard I Ich beuge mein Haupt, wie ich meine Knie jetzt vor dir beuge du gute. Reine!" sagt er in tiefer Bewegung.Was dein Onkel mir sagte, es trennt uns nicht, nie und nimmer mehr, Hilde! Wir gehören zusammen! Willst du mir gestatten, mit dir zu ziehen und mit dir und deinem Vater vereint, drüben jen­seits des Ozeans dir ein Heim zu schaffen, das deine Liebe mir zum Paradies machen wird?" Sein Blick sucht den ihren. Doch sie sieht ihn nicht an, sondern hat die Lieder tief über die feuchtschimmernden Augen gesenkt. Zwei große Tränen rollen über ihre erblaßten Wangen. Sie fühlt, jetzt kommt das Schwere, jetzt muß sie sprechen. Das Beste, das Höchste im Leben sie muß es hingeben, die Liebe zum Vater muß ihr mehr sein als das Glück ihres Herzens. Einen Moment zögert sie, schließt die Augen und lehnt sich in den Sessel zurück. Ihre Seele horcht auf den leisen Pendelschlag des Glückes ein, zwei, drei sie möchte die Sekunden zu Minuten ver­längern. O, könnte sie das Glück fassen und halten mit diesen ihren kleinen weißen Händen! Sie seufzte leise. Dann sagt sie müde, resigniert.

Es darf nicht sein, lassen Sie mich! Ich habe mir vorgenommen, nie eines Mannes Weib zu werden!"

Hilde!" Groll und Schmerz klingt aus seiner Stimme.Aber warum?" Warum, Hilde?"

Ich gehöre meinem Vater, er hat mich lange entbehrt, hat so hart gebüßt," ihre Stimme bricht, sie legt die Hände vor die Augen, um die hervorquellenden Tränen zu verbergen.

Ihrem tiefgebeugten Vater will ich Sie ja nicht streitig machen, sondern Ihnen helfen, seine letzten Lebensjahre zu verschönern, wenn Sie die Meine werden."

Da schaut sie auf und sieht ihm voll ins Gesicht. Ein heiliger Ernst ruht in dem tiefen

Blick, mit welchem sie ihn ansieht, doch um den kleinen Mund zuckt es so schmerzlich, so weh, als sie sagt:

Ich kann das nicht annehmen I Ach ver­stehen Sie mich doch ich vermag es nicht näher zu erklären Sie sind io gut, so edel

ich muß Ihnen undankbar erscheinen ich bin es nicht o Gott, nein, ich bin es nicht! Ich hätte Ihnen diese Unterredung so gern erspart aber Sie wollten es ja nicht . anders." Ihr Ton erschüttert den Doktor aufs höchste. Er nimmt ihre beiden Hände in die seinen, ffine Augen sind ganz nahe den ihren. Eine zwingende Gewalt geht von ihnen aus und läßt ihr Herz rascher schlagen, sie atmet kaum.

Hilde, nun sage mir das eine liebst du mich? fragte er sanft.

Ja!" erwiedert sie leise. Ein befreiender Atemzug hebt des Mannes Brust, ein unter­drückter Jubellaut bricht von seinen Lippen. Er kämpft mit sich, doch, die Liebe ist stärker als sein Wille er zieht das blonde Köpfchen an seine Brust. Sekundenlang ruht sie da, dann richtet er sich auf und streicht die Haar­wellen aus ihrer Stirn. Er betrachtet sie entzückten Blickes. Sie weiß gar nicht, wie liebreizend sie in ihrem Hellen Sommergewand und ihrem lieblichen holden Erröten aussieht. Der Doktor vermag den Blick nicht von ihr zu wenden. Er beugt sich wieder ganz nahe zu ihr hin und sagt bestimmt:

Nun, ich weiß, daß du mich liebst, trennt mich nichts, nichts mehr von dir." Seine Stimme hat etwas von dem alten Metallklang, der keinen Widerspruch duldet, nur fürchtet sie denselben nicht und so antwortet sie ihm dann mit aller Festigkeit ihres klaren biegsamen Organes:Eben, weil ich Sie liebe, will ich Sie nicht in das Verhängnis reißen, welches über meiner Familie schwebt. Dringen Sie nicht weiter in mich quälen Sie mich nicht ich kann Ihr Opfer nicht annehmen I"

Hilde, du nennst es ein Opfer, was für mich die höchste Seligkeit ist?" sagt er vor­wurfsvoll. Ein Leben ohne dich ist weck­los für mich, das mußt du fühlen, wenn die Liebe in deiner Brust wohnt, wie in der meinen. Jeder Pulsschlag gehört dir, Hilde, dir ganz allein." Tief, fast grollend klingt seine Stimme. Doch ich will jetzt nicht weiter in dich dringen

versprich mir aber eines es ist wenig, Hilde, für meine Liebe und Sehnsucht nach dir nach deinen lieben Augen. Rufe mich, wenn ich kommen soll, und wenn du überlegst, dann denke daran, daß dein Grund zur Ent­sagung nicht stichhaltig ist ich lasse ihn nicht gelten, hörst du?"

Nicht stichhaltig," flüstert sie träumerisch nach. Sie neigt ihr Köpfchen vor, ihre Blicke treffen sich und ruhen ineinander in "verzehrender Sehnsucht. Da packt es ihn, er zögert noch, sekundenlang kämpft er mit sich dann neigt er sich vor und drückt einen langen, inbrünstigen Kuß auf ihre reinen, keuschen Lippen, die sich ihm nicht entziehen. Als er sich aufrichtet, lehnt Hildegard totenblaß im Sessel. Die Be­wegung hat sie überwältigt. Ein heißer Blick inniger Zärtlichkeit trifft sie, dann faßt er noch einmal ihr matt hcrabhängendes Händchen und führt es ehrerbietig an die Lippen. Einen Augenblick später ist sie allein. Sie bleibtstill sitzen. Die Tränen rollen unaufhaltsam über über ihre Wangen, sie wehrt ihnen nicht Schauer des Glückes schütteln ihren zacken Körper aber dasselbe leuchtet ihr nicht in sonniger Klarheit, nein trübe Schatten ver­dunkeln es und lassen das bange Herz in namenlosem Schmerz erzittern. Sie stöhnt gequält auf. So viel sie auch sinnt und grübelt, sie findet keinen andern Ausweg, als den der Entsagung. Räderrollen schreckt sie endlich aus ihrem Sinnen auf. Die Tante kommt; sie er­hebt sich hastig und streicht sich ein paar mal mit dem Batisttuch über Gesicht und Augen, doch die eintretende Geheimrätin ahnt schon, was vorgefallen ist und küßt sie zärtlich auf die Stiru. Hildegard aber schlingt die Arme um ihren Hals und flüstert ihr, halb jubelnd, halb von schmerz durchbebt ins Ohr:

Kannst du es dir nur denken? Er liebt mich, liebt mich wirklich!"

(Fortsetzung folgt.)