gewerbetreibende ohne Ausnahme, also jeder Bauunternehmer, Baugewerksmeister, Architekt, Maurer-, Zimmermeister usw. verpflichtet, über jeden Neubau oder Umbau ein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes „Baubuch" zu führen und zwar gesondert für jedes Bauwesen. Aber auch jeder private Bauherr ist zur Führung eines Baubuchs gezwungen, wenn er zu dem Bau fremde Gelder benötigt und verwendet, was wohl in den weitaus meisten Fällen zutreffen wird. Die Unterlassung der Baubuch- sührung oder die unordentliche Führung ist mit einer hohen Strafe (Gefängnis bis zu einem Jahr und Geldstrafe bis zu 300 Mk.) bedroht.
— Die von der Reichspostverwaltung geplante Einführung von Depeschenbriefen, die, abends aufgegeben, während der Nacht zum Satze von 1 Pfennig für das. Wort abtelegraphiert und am anderen Morgen auf dem ersten Bestellgang dem Adressaten vom Briefträger ausgehändigt werden sollen, wird von den großen Firmen und Geschäftshäusern aufs lebhafteste begrüßt. Der Staatssekretär hat auf seine Umfrage von den betreffenden Häusern Dankes- und Zustimmungsantworten erhalten. Der Plan erscheint darnach gut und wird wohl schon in nächster Zukunft ausgeführt werden. In Frankreich besteht eine ähnliche Einrichtung schon seit Jahr und Tag.
— Von den Ausführungsbestimmungen zu den neuen Steuern sind bis jetzt nach dem Berl. Tagebl. die für die Schaumweinsteuer, die Schaumweinnachsteuerordnung und die Kaffee- und Teenachverzollungsordnung vom Bundesrat erlassen worden. Wer sich, um die Steuer zu umgehen, allzuviel Kaffee oder Tee zugelegt hat, hat feine Rechnung ohne den Bundesrat gemacht. Ueber 10 Kilogramm wird auf alle Fälle nachverzollt, selbst in Haushaltungen. Hat man mehr als 10 Kilogramm, so ist der ganze Besitz der Haushaltung nachzuverzollen. Wer am 1. August 1909 im freien Verkehr befindlichen Kaffee oder Tee im Besitz oder Gewahrsam hat, muß die Waren spätestes am 5. August 1909 bei der Zollstelle seines Bezirks schriftlich unter Angabe der Art, der Menge und des Aufbewahrungsraumes anmelden. Wenn der Nachzoll festgesetzt ist, muß er innerhalb acht Tagen entrichtet werden. Beim Schaumwein wird bekanntlich jeder Vorrat von mehr als 10 Flaschen, auch in Privathänden, nachversteuert. Die Nachsteuer geht von 6 Pfg. bis zu 1 Mk. Wer am 1. August 1909 im freien Verkehr befindlichen Schaumwein im Besitz oder Gewahrsam hat, muß ihn spätestens am 5. August 1909 bei der Steuererhebestelle seines Bezirks schriftlich anmelden. Schaumwein, der der Nachsteuer nicht unterliegt, bedarf aber der Anmeldung nicht.
— Zündhölzer mit zwei Köpfen, das wird die neueste kuriose Erscheinung im Handel sein, als Folge der neuen Zündholzsteuer. Durch die Steuer erhöht sich der Preis für ein Päckchen von 10 Schachteln auf ca. 30 Pfg. Um nun angesichts dieser Verteuerung einigermaßen einen Ausgleich zu schaffen, sind die Zündholzfabriken daran gegangen, Streichhölzer mit Zündköpfen an beiden Enden anzufertigen. In mehreren großen Fabriken wird mit fieberhafter Tätigkeit daran gearbeitet, um möglichst bald einen großen Vorrat von Zündhölzern ans den Markt bringen zu können. Die Steuer kann diesem Doppelzündholz nichts anhaben, da die Steuersätze nach der Zahl der in den Schachteln enthaltenen Streichhölzer bestimmt sind und nicht nach der Zahl der Zündköpfe.
— Das schweizerische Zentralpolizeibureau in Bern und der Schweizer Hotelierverein haben einen internationalen Nachrichtendienst zum Schutze gegen die Hotelmarder eingerichtet, an dem die Polizeibehörden der schweizerischen und der größten Fremdenorte des Auslands beteiligt sind.
Paris, 26. Juli. Die Blätter feiern in warmen Worten den heutigen Flug Beriots als eine der glänzendsten und kühnsten Fahrten. Durch einen im Amtsblatt erschienenen Erlaß wurde Beriot zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Er erhielt die Nachricht darüber bei seiner Landung in Dover. Beriot hat beschlossen, sich auch um den für den Flug von London nach Manchester ausgeschriebenen
25 000 Francs-Preis zu bewerben. Der englische Aeroklub hat beschlossen, an der Stelle, wo .Beriot landete, ein Denkmal zu errichten.
Pfari s, 29. Juli. Aus Melilla wird unter dem 28. Juli gemeldet: Seit dem Kampf vom 27. Juli ist die Eisenbahn abgeschnitten und oamit die Versorgung der spanischen Vorposten mit Munition und Lebensmitteln unmöglich geworden. Ihre ^Stellungen werden also wahrscheinlich aufgegeben werden müssen. Die Lage in Melilla ist ernst. Man kämpft unter den Mauern der Stadt. Außer dem General Pintos sind 1 Qberst, 2 Oberstleutnants, 1 Major, 5 Hauptleute, viele subalterne Offiziere und etwa tausend Mann gefallen. Die Zahl der Verwundeten, unter denen sich viele Offiziere befinden, beträgt 1500 bis 2000. Das Hippodrom ist mit Leichen angefüllt.
London, 31. Juli. Ein Spezialkorrespondent des „Daily Telegraph" in Barzelona telegraphierte dem Blatte am Mittwoch folgendes: Dutzende von Priestern nnd Nonnen sind von den Aufständischen erbarmungslos hingeschlachtet worden, einige am Altar das Kruzifix umarmend oder in tapferer Verteidigung ihrer Heiligtümer gegen die Revolutionäre, die allenthalben Feuer anlegten. Der Mob verhinderte die Wagen des Roten Kreuzes am Eintritt in die Klöster und stieß die Leute, die Hilfe bringen wollten, brutal zurück, sodaß die Insassen bei lebendigem Leibe verbrennen mußten. Ganz Barzelona glich einem großem Flammenmeer. Bisher zählte man 120 Tote und über 300 Schwerverletzte. Allenthalben sind Abteilungen des Roten Kreuzes in Tätigkeit. 10 000 Revolutionäre trugen im Zuge die verkohlten Ueberreste der Opfer, Leichen, Körperteile, Köpfe auf Stangen umher und zogen die Marseillaise brüllend, durch die Straßen! der Generalkapitän sah die Grausamkeiten mit an, wagte aber nicht auf die Menge feuern zu lassen. Bis Dienstag abend sind über 1000 Menschen getötet worden. Die Szenen, welche sich in den Straßen abspielten, waren furchtbar und grauenerregend^
Lok<-il'«'S.
W ildbja d. Dem „Schwäb. Merk." wird von hier unterm 30. Juli geschrieben: Unsere Bergbahn befördert zur Zeit täglich 600 bis 800 Personen zur Sommerberghöhe; es ist bei den Kurgästen beinahe zur Gewohnheit geworden, jeden Tag den Sommerberg aufzusuchen und dort in dem herrlichen Walde sich zu ergehen oder auf der Riesenterrasse (600 gm) des Sommerberghotels den Kaffee einzunehmen. Unser Bergbahnunternehmen wird infolgedessen Heuer ein noch höheres Erträgnis abwerfen als im Vorjahr; man rechnet jetzt schon mit einer Dividende von etwa 12"/°. Begreiflich erscheint es deshalb, daß die Stadtgemeinde sich einen Teil des Gewinnes sichern will. Nachdem sie durch unentgeltliche Abgabe des Terrains, Gewährung von lOjähriger Steuerfreiheit, Lieferung des Stromes zu halbem Preis, Herstellung von Wegen u.s. w. das Bahnunternehmen unterstützt hat, hat sie sich bekanntlich das Recht Vorbehalten, 10 Jahce lang die Aktien der Gesellschaft zum Nennwert zu übernehmen und weitere 20 Jahre mit successiver Kurssteigerung bis 105"/°. Als daher das erste Geschäftsjahr schon mit einer Dividende von 8"/° abschloß, machte sich bald in der Bürgerschaft eine Strömung für sofortige Uebernahme der Bahn durch die Stadt bemerkbar, was zu Verhandlungen zwischen der Stadt und der Bergbahn führte. Das Ergebnis derselben ist bis jetzt, daß die Stadt zunächst auf die Dauer von 10 Jahren auf Ausübung ihres Erwerbsrechts verzichten will, wenn ihr künftig ungefähr die Hälfte des Reingewinns abgeliefert wird. Die Aktionäre sehen zwar in ihrer Mehrheit das Verlangen der Stadt, am Gewinne teilzunehmen, als ein gerechtfertigtes an, da sie der Stadt bei der unvorhergesehenen Höhe des Erträgnisses fernere Opfer für das Unternehmen ohne Gegenleistung nicht mehr zumuten wollen; doch herrscht darüber noch Unstimmigkeit, ob die Stadt schon vom heurigen Gewinnerträgnis ihre Anteile beziehen soll oder erst vom nächsten Jahre an. Ein Vorschlag geht dahin, der Stadt vom heurigen Erträgnis 2500 Mark abzuliefern, den Reingewinn aber sonst ganz den Aktionären
zukommen zu lassen. Die auf 2. August ein- berufene Generalversammlung der Bergbahngesellschaft wird hierüber entscheiden. Man hofft allgemein, daß ein Abkommen zwischen Bergbahn und Stadt zu Stande kommt, bei dem beide Teile ihre Rechnung finden und durch das den Aktionären gegenüber, die das Risiko des Unternehmens bisher allein trugen und durch Aufbringung des Aktienkapitals von 200000 Mark den Bahnbau ermöglichten, die schuldige Rücksichtnahme geübt wird.
Wildbad, 2. Aug. Die heutige Generalversammlung der Bergbahngesellschaft und die gleichzeitig tagende Sitzung der Gemeindekollegien hatten das Ergebnis, daß die Sradigemeiride auf 1. Januar 191V die Aktien der Bergbahn zum Renn« wert übernimmt, die Bahn also in die Verwaltung der Stadt übergeht Den Aktionären kommt hienach noch das ganze heurige Erträgnis der Bahn zu, das nach den in der Generalversammlung erfolgten Mitteilungen auf 16 Prozent geschätzt wird. Ueberdiesmill die Stadt die Gründeraktionäre dadurch ehren, daß sie ihnen auf Lebenszeit freie Fahrt auf der Bergbahn gewährt.
h. tfterro^.
Er soll dem Herr sein.
Erzählung von C. Aulepp-Strkbs.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
10. Kapitel.
„Kurtchen, der Onkel und die Tante kommen heute abend!" ruft Hildegard dem Kleinen freudig entgegen, als sie die Anstalt verläßt und die Bonne mit dem Sitzwagen in einem der prachtvollen Laubengänge von edlem Wein bemerkt. Sie ist mit wenigen Schritten neben dem Wagen und reicht dem Knaben die Hand. „Freust du dich, Liebling?"
„O sehr, Tante Hilde I Machen wir da auch Kränze über die Türen?" fragt er, freudig erregt.
Hildegard lächelt und erwidert:
„Aber natürlich I Ich kann nur leider gar nicht helfen, du weißt ja, Tante Hilde ist immer sehr beschäftigt, muß viel bei den lieben Kindern drüben sein."
„Ja, das weiß ich! Aber es wäre doch so schön, wenn wir zusammen Kränze winden könnten. Ich reichte dir die Blumen dann immer zu."
Der Kleine sieht Hildegard bittend an, doch diese schüttelt den Kopf.
„Ja, Kurtchen, das wäre sehr schön, aber ich kann nicht", erklärt sie sanft. „Anna windet die Kränze, doch wir schmücken die Zimmer. In alle Vasen kommen frische Blumen, wir suchen die schönsten Rosen dazu aus. Sieh' das dauert nicht so lange wie das Kränze winden, und wir können es tun, wenn ich in der Anstalt fertig bin."
„Kommt Onkel und Tante sehr spät heute abend?"
„Schelm du! Das heißt mit anderen Worten: Kann ich denn solange aufbleiben? Nicht wahr?"
Kurtchen lacht, dann nickt er und hascht nach ihrer Hand. „Darf ich also so lange aufbleiben?"
Hilde sieht in das reizende, leider aber so blasse Knabengefichtchen, in die lieben, großen Augen, die so bittend die ihren suchen; sie vermag es nicht über sich, dem Kinde ein „Nein zu entgegnen. Eine Sekunde des Zögerns noch, dann sagt sie: „Du darfst auf sein, wenn du vorher einige Stunden schläfst. Onkel und Tante kommen erst spät, da gehören Kinder eigentlich in ihre Bettchen, mein kleiner Liebling."
„Aber ich will gern vorher schlafen, bitte, bitte!" Kurtchen küßt und streichelt ihre Hand, sie entzieht sie ihm lächelnd und sagt:
„Nun, da will ich es erlauben, daß du sie mit empfangen darfst." ,,
„O, danke! Meine süße, süße Tante Hude", jubelt der Kleine auf. Sie sind währeno dieses Gesprächs vor der Villa angekommen- Anna hebt den Kleinen aus dem Wagen uno Hildegard sagt zu ihr: ,
„Nach Trsch können Sie sich von unserem Gärtner Grün und Blumen holen, winden em