zugesprochen, das Urteil auf Kosten des An­geklagten im Anzeigeteil der Neckar-Zeitung bekannt zu machen.

Klosterreichenbach, 29. Jan. Heute ver­unglückte Holzhauer Ulrich Haist beim Holz­führen. Der Wagen geriet ins Rutschen, schlug um und ein Stamm traf ihn so unglücklich, daß der Tod nach zwei Stunden eintrat. Der Mann stand im 50. Lebensjahr.

Ulm, 30. Jan. Mehreren Personen in der Nachbarschaft sind in den letzten Tagen Bettelbriefe aus Süditalien zugekommen. Bei der Vergleichung ergab sich, daß sie alle von der gleichen Hand herrühren, aber verschiedene Unterschriften tragen. Der Abseuder stellt sich als Opfer der Erdbebenkatastrophe hin und erbittet Gaben postlagernd nach Torre del Greco bei Neapel; er ist jedenfalls ein Schwindler.

Am 1. Febr. d. I. begeht Dr. Adolf Richter in Pforzheim, der Präsident der Deutschen Verlagsgesellschaft" seinen 70. Ge­burtstag.

Die Fremdenzahl in Baden-Baden betrug im Jahre 1908 72 899, das sind 2988 weniger als im Jahre vorher. Der Rückgang ist der Finanzkrisis zuzuschreiben.

Aus Anlaß der Kaisergeburtstagsfeier hielt der Reichstagspräsident Graf Stolberg beim Festessen der Reichstägsmitglieder eine Rede, in welcher er nach einem historischen Rückblick auf das Werden des Reiches unter anderm sagte: Nach dem Kriege von 1870/71 hat wohl niemand geglaubt, daß wir 38 Jahre Frieden haben werden. Diesen goldenen Frieden verdankt Deutschland seinem Kaiser. Was dieser getan, läßt sich in der Formel zusammen- sassen: 81 vis xucom, paru bellum, eine fried­liche Politik, gestützt auf ein starkes Heer und jetzt auch eine kriegsbereite Flotte. Als vor zwanzig Jahren unser Kaiser auf den Thron berufen wurde, war mancher besorgt. Aber der Kaiser und dafür ist ihm das deutsche Volk dankbar hat die friedliche Politik fortgesetzt, hat die Armee durch pflichttreue Arbeit vervoll­kommnet, und die Flotte in ihrer jetzigen Gestalt ist seine Schöpfung. Deutschland hat sich zu einer Kolonialmacht herausgewachsen, Landwirtschaft, Handel nnd Industrie haben einen ungeheuren Aufschwung genommen; erst vor wenigen Wochen richtete der Kaiser Fragen an mich, die das Wohlergehen der deutschen Industrie und der Arbeiter betrasen, und in der sozialen Gesetzgebung gehen wir allen Völkern voran. Weder die momentanen finanz­iellen Schwierigkeiten, die beseitigt werden können, noch unser Verhältnis zum Auslande gibt Grund zur Schwarzseherei. Wir sind ein Volk von sechzig Millionen, und in unserem Heer lebt kriegerischer Geist. Wir wollen der Zukunft nicht leichtsinnig, aber wir können ihr mutig und unverzagt entgegensehen. Wir sind ein friedliches, arbeitsames, aber auch starkes Volk, und wenn wir uns auch bisweilen untereinander mehr zanken, als wünschenswert, sind wir doch einig: Wir sind einig in der Liebe zu Kaiser und Reich." Graf Stolberg schloß mit einem begeistert aufgenommenen Hoch auf den Kaiser.

Berlin, 29. Jan. In einem kleineren Juwelierladen in der Potsdamer-Straße, in der Nähe der Lützow-Straße, ist gestern nachmittag durch 3 elegant gekleidete Herren an der allein im Laden anwesenden Besitzerin, Frau Richter, ein Raubmordversuch verübt worden. Die Männer, die als Käufer austraten, versuchten die Frau zu würgen; sie schrie aber laut um Hilfe. 2 Männer entflohen, den dritten konnte sie festhalten. Er wurde verhaftet. Einer der entflohenen Komplizen wurde nach langer Jagd in einer Vorstadt gefangen uud heute früh ist es gelungen auch des dritten habhaft z« wer­den. Es stellt sich nach derFrkf. Ztg." her­aus, daß dieser Dritte, namens Herbert Küh- nel, tatsächlich Reserveoffizier eines Infanterie­regiments ist. Man hielt die bei ihm Vorge­fundenen Papiere erst für gefälscht, sie sind aber echt. Die anderen sind bestrafte Verbrecher, die aber elegant austreten, sie heißen Kühne u. Hotze. Als vierter, der während des Raub­anfalls vor der Türe Wache gestanden hatte, ist der Mechaniker und Rennfahrer Otto Stäche verhaftet worden. Man fand in seiner Woh­nung Einbrecherwerkzeuge und Schriftstücke,

aus denen hervorgeht, daß die vier jetzt Ver­hafteten weitere Verbrechen geplant hatten.

In Düsseldorf wurden im Postamt an der Schadowstraße einer Frau, die Geld einzahlen wollte, acht Hundertmarkscheine ent­rissen. Der Räuber rannte in den Hofgarten, übersprang eine Eisstäche und entkam seinen Verfolgern unerkannt.

Das Landgericht in Duisburg bestrafte einen Fabrikanten, der seinen künstlichen Zitro­nensaft als naturreinen angepriesen hatte, wegen Verstoßes gegeu das Nahrungsmittelgesetz zu 1500 Mark, wegen unlauteren Wettbewerbes zu 1500 Mark und zu einer Buße von 10000 Mark an eine Hamburger Firma.

Essen, 28. Jan. Aus New-Jork kam die Nachricht hierher, daß der hiesige Bauunter­nehmer Endlein von einem Onkel in Amerika 26 Millionen geerbt hat. Diese Nachricht wurde erst mit aller Vorsicht ausgenommen. Nunmehr stellt sich aber heraus, daß der amerikanische Goldonkel tatsächlich diese Riesensumme hinter­lassen und außer Herrn Endlein noch einer Anzahl von Verwandten vermacht hatte. Der Millionär ist vor langen Jahren als ein­facher, unbemittelter Arbeiter nach Amerika ausgewandert, und vor kurzem in St. Louis als Junggeselle gestorben. Seit mehr als dreißig Jahren haben seine Angehörigen in Deutschland nichts von ihrem Onkel gehört, und er galt als verschollen. In die 25 Millionen werden sich zunächst vier Familien tellen; es sind Neffen und Nichten, die in kleinen Taunus- ortschasten in der Nähe von Frankfurt a. M. leben.

Wien, 30. Jan. Aus Anlaß der 20jähri- gen Wiederkehr des Todestages des Kronprin­zen Rudolf wurden heute in den Gotteshäusern des ganzen Reiches Seelenmessen gelesen. Kai­ser Franz Joseph wohnte einer stillen Messe in Schönbrunn bei und fuhr hierauf trotz der grimmigen Kälte an der Kapuzinerkirche vor, wo er tief ergriffen am Sarg des Kronprinzen betete.

Zum Bankkrach Diodatie u. Co. in Genf wird gemeldet, daß ein einziger Kunde Wertpapiere im Betrage von 700000 Francs eingebüßt hat, die Diodatie auf eigene Rechnung verkauft hatte. Die verhafteten Bankbeamten erklärten, daß Diodatie jährlich 80000 bis 120000 Francs für seine persönlichen Bedürf­nisse gebraucht habe und das sei der Haupt­grund des Verfalls gewesen.

Rom, 29. Jan. Der Papst, der in früheren Jahren dem deutschen Kaiser zu seinem Geburts­tag nur ein Glückwunschtelegramm gesandt hatte, hat in diesem Jahre ein in herzlichen Worten ab­gefaßtes Glückwunschschreiben in französischer Sprache an den Kaiser gerichtet.

Messina, 29. Jan. Gestern abend 9 Uhr 20 Minuten und heute früh 7 Uhr 45 Minuten erfolgten heftige Erdstöße, mit unterirdischem Rollen. Die Aufräumungsarbeiten in den Hauptstraßen, die nach dem Bahnhof führen, schreiten rüstig fort. Das Wetter ist schlecht und kalt.

Stockholm. Der berühmte Erforscher Sven Hedin hielt gestern abend auf Ersuchen der anthropologisch- geographischen Gesellschaft einen 2'/-ständigen Vortrag überfeine Forschungs­reise in Tibet, dem der König und fast sämtliche Mitglieder der königlichen Familie beiwohnten. Der Präsident der Gesellschaft teilte -zunächst mit, daß dem Forscher die Albert-Medaille ver­liehen und ein vorläufiger Betrag von 10000 Kronen gestiftet worden ist. In seinem Vortrage teilte Sven Hedin u. a. mit, daß er die Quelle des Indus entdeckt und eine genaue Karte des Stromgebiets ausgenommen habe. Ferner habe er den großen Mmalaya überschritten und sei bis zu den heiligen Seen von Mansorowar vor­gedrungen, wo er ein höheres unbekanntes Ge­birge und einen großen See, den größten des ganzen Systems entdeckt habe. Ferner habe er den Lauf und Quelle des Brahmaputra fest­gestellt und dargelegt, daß der^bisher als Quelle angenommene Fluß nur ein Nebenfluß des großen Stromes sei. Endlich habe er den westlichen und östlichen Teil des großen Hima- layagebirges genau erforscht.

Lokales.

Wildbad, 2. Febr. Im schmuck deko­rierten Saale des Hotels zur Post feierte am letzten Samstag der hiesige S'chützenverein seinen Familienabend. Nachdem der Ober- schützenmeister', Herr Robert Kiefer, die Gäste mit launigen Worten begrüßt, entwickelte sich bald die heiterste Stimmung, dank dem ab­wechslungsreichen, gediegenen Programm, das der genannte Herr im Verein mit dem Arrangeur und Dirigenten des musikalischen Teils, Herrn Wörner, zusammengeftellt hatte.H Gesangs­und Jnstrumentalvorträge wechselten mit ein­ander ab. Einige Mitglieder des Vereins sangen drei Münnerchöre, worunter der Koschat'scheSonntag auf der Alm" als be­sonders gelungen hervorragte. Frau Wilh. Treiber und Frl. Luise Treiber (Windhof) und die Herren Wörner, Echinger sen. und jun. erfreuten durch den musterhaften Vor­trag einiger Musikstücke auf Klavier und Sai­teninstrumenten. Die 4 Damen, Frl. Feucht, Schill, Hermann und Blömer führten in reizenden Kostümen einen holländischen Tul­penmädchenreigen mit Gesang auf, der so gut gefiel, daß sie sich zu einer Wiederholung entschließen mußten.Der lustige Ehemann" den Herr Paucke und Frl. Blömer zum Vortrag brachten, löste gleichfalls eine Beifalls­salve und mußte cla oapo gesungen und getanzt werden. Herr Palmgreen trug mehrere aus­ländische Weisen mit Guitarrebegleitung vor und bekundete hiebei neben einer sonoren Ba­ritonstimme eine glänzende Gabe der Auf­fassung. Dazwischen ließen die Schützen­schwestern und Schützenbrüder brausende Schützenchöre erschallen, und nachdem noch die Glücksgöttin einen prächtigen Gabentisch mehr oder weniger launisch unter die Anwesendenverteilt, huldigte alt und jung noch lange, lange dem Tanzvergnügen. Daß Herr W. Großmann durch ausgezeichnete Bewirtung seiner zahlreichen Gäste den guten Ruf seines Hauses glänzend rechtfertigte und aufs neue befestigte, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden. So darf der Schützenverein auch Heuer wieder auf einen durchaus Wohlgelungenen Familien­abend zurückblicken, der jedem Teilnehmer noch lange in angenehmer Erinnerung bleiben wird. Am Sonntag fand dann das sog. Kaiser­schießen statt, das unter dem Einfluß der schlechten Witterung und Beleuchtung ziemlich zu leiden hatte. Schützenkönig wurde Herr Rob. Kiefer, der aber, weil schon im Besitz eines Kaiserbechers, diesen an Herrn Karl Maier (Windhof) abtreten mußte. Die nächsten (Geld)-Preise erhielten Reallehrer Schweizer und Direktor Bopp.

Alnler haltendes.

Der schwarze Koffer.

Autorisierte Uebersetzung aus dem Englischen

von Emmy Becher.

(Nachdruck verboten.) (Fors.)

Ob Austin ihm eine Warnung zugehen las­sen würde? Die Frage war schwer zu beant­worten. Es war mir aufgefallen, daß er mir in jener ersten Unterredung in derPension", der man Fräulein Simpkinson anvertraut hatte, die Angabe gemacht, seine Tante habe in Nro. 17 der Strandparade allein gewohnt. Offen­bar hatte er es nicht für nötig erachtet, seines Bruders Aufenthalt im nämlichen Hause zu erwähnen, vielleicht nur deshalb nicht, weil dieser kein ständiger Bewohner, sondern nur zeitweiliger Gast war. Es war ja auch ganz natürlich, daß Austin sein Möglichstes tat, den Bruder vor dem Galgen zu retten, dem er freilich nicht entgehen würde ich brauchte die Schlinge, die ich ihm schon um den Hals gelegt, ja nur zuzuziehen.

In der Eisenbahn nahm ich Philipps Brief aus meinem Notizbuch und las ihn wieder und wieder in dem Bestreben, irgend eine Andeutung über seinen Aufenthalt zu finden.

Am bekannten Platz, bei dem alten Moh­ren," das war alles.

Der Mohr" war vermutlich nicht im buchstäblichen Sinne zu verstehen; sollte es sich aber zufällig wirklich um einen Schwarzen handeln, so würde das meine Aufgabe wesent-