sttzerin braucht die Wasserkraft dieser Mühle zu der neu zu erstellenden Wasserleitung.

* Stuttgart, 20. Jan. (Strafkammer.) Wegen Ver­gehens der absichtlichen Umgeldsgefährdung wurde heute der Wirt und Metzger Theodor Dinkelacker von Obertürk­heim zu einer Geldstrafe von 1949 Mk. 76 Pf. und wegen unabsichtlicher Umgeldsgefährdung durch Nichtanmeldung von Wein bei Einlagerung zu einer Ordnungsstrafe von SO Mk. verurteilt, ferner der Mitangeklagte Küfermeister Albert Haug von dort wegen Beihilfe zu elfterem Ver­gehen zu einer Geldstrafe von 450 Mk. unter solidarischer Haftung für die Kosten. Dem Vernehmen nach wird durch den Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Elsas gegen das Urteil Revision an das Reichsgericht eingelegt werden

* Kluttgart, 22. Januar. Die Einnahmen der württem- berstschen Staatseisenbahnen betrugen im Jahre 1902 nach demSchwäbischen Merkur" zusammen etwa 57 Millionen, gegen 56 Millionen im Vorjahre.

* (Eine Milchpanschrrin.) Die Bauerswitwe Pauline Scheib in Nacknang ist vom Schöffengericht wegen eines fortgesetzten Vergehens der Milchfälschung zu der Geldstrafe von 30 Mk. an deren Stelle im Uneinbringlichkeitsfalle eine Gefängnisstrafe von 6 Tagen zu treten hat, verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat die Amtsanwaltschaft Backnang Be­rufung erhoben, worauf die Angeklagte zu der Geldstrafe von 100 Mk., event. der Gefängnisstrafe von 10 Tagen ver­urteilt wurde und die Kosten des Verfahrens beider In­stanzen zu bezahlen hat. Dem konsumierenden Publikum wird es zur Befriedigung gereichen, wenn gegen solche Milchfälscher, deren es trotz mehrfacher Beispiele immer noch giebt, auf empfindliche Strafen erkannt wird.

ff Hliedliugeu, 23. Jan. Der Paradieswirt u. Schweine­händler Albert Hiller von hier ist mit dem Erlös aus einem nach Stuttgart bestimmten Schweinetransport im Betrag von etwa 3000 Mk. flüchtig gegangen und hat Frau und 11 Kinder zurückgelassen. Uebcr das Vermögen des Flüch­tigen, der steckbrieflich verfolgt wird, ist Konkurseröffnung beantragt.

ff Alm, 23. Jan. Der Bäckermeister Glöckler von hier ist durch Beschluß der Bäckerinnungskrankenkasse von der Mitgliedschaft dieser Kasse angeblich wegen mehrfacher der Kasse gegenüber begangener Betrügereien ausgeschlossen worden. Hiegegen hat Glöckler die Entscheidung des Ge­meinderats, als der Aufsichtsbehörde, angerufen. Es wurde nun festgestellt, daß Glöckler in der That seit Jahren den Bestimmungen des Statuts zuwidergehaudelt hat, indem er hauptsächlich den Diätvorschriften des Arztes keine Folge leistete. So ging er häufig ins Wirtshans, was ihm gänz­lich untersagt war, nahm alkoholische Getränke in großen Mengen zu sich, nahm teure Bäder, ohne den Kassenvorstand zu unterrichten, ließ sich Champagner kommen und legte dann die Rechnungen der Kasse zur Begleichung vor. Trotz dieser Verfehlungen gegen das Statut war der Gemeinderat der Ansicht, daß die für eine Ausschließung in tz 9 des Statuts angegebenen Voraussetzungen nicht zutreffend sind und hob den Beschluß des Kassenvorstands auf.

* (Verschiedenes.) Am 11. ds. abends wurde in Oggelsbeuren ein 25jähriger junger Mann von einem Knecht anläßlich eines Streites mit einem dreischneidigen Dolch ins Genick gestochen. Der Verletzte ist am Dienstag abend gestorben. In Herbertingen kam das drei Jahre alte Kind des Bauern Fink dem Ofen zu nahe und erlitt so schwere Brandwunden, daß es nach kurzer Zeit starb. In Tuttlingen brachen zwei Schüler der Wilhelmsschule auf dem Eis der Donau ein und ertranken.

* Der Plan eines Elektrizitätswerkes der Heliosqesellschast im Albthal ist jetzt vollständig abgethan. Das Ministerium hat das Gesuch der Gesellschaft endgiltig abgewiesen.

* Hat niemand den Jörgele Buchmaier gesehen? Der

W Lef-frrrchl. M

Der Irrtum ist viel leichter zu erkennen als die Wahrheit zu finden. Jener liegt auf der Oberfläche, damit läßt sich wohl fertig werden; diese ruht in der Tiefe, danach zu forschen ist nicht Jeder­manns Sache.

HerHards Irau.

Erzählung von Martin Bauer.

(Fortsetzung.)

Das kleine Mißgeschick brachte Lili in einige Ver­legenheit, zumal es einige Heiterkeit erregte. Helmuth trat rasch hervor, hob den schmucken Flüchtling auf um ihn mit graziöser Verbeugung seiner Eigentümerin zu über­reichen. Lili nahm ihren Hut mit aufrichtigem Danke für den lieben Ritterdienst entgegen.

Herrlich gestaltete sich der Aufenthalt auf Lüderwitz, herrlich der Hemmtt Lili's, nicht genug wußte sie in ihrer eigenartigen Geschwätzigkeit über ihren ersten Ausritt, über den Besuch bei Helmuth, über dessen reserviertes Verhalten, seine an den Tag gelegte Aufmerksamkeit für Erna zu plaudern. Erna lobte in Helmuth den liebenswürdigen Gesellschafter, der in hübscher gewinnender Wei e mit ihr verkehrte.

Gerhard war sichtlich befriedigt von Lilis drolligem, prikantem, gelegentlich etwas zärtlich anschmiegendem Wesen, dem gegenüber er seine gewohnte etwa? abstoßende Miene etwas ablegen mußte. Er gab sich mit anscheinend größtem Behagen dem Verkehr mit seiner anmutigen Schwägerin hin.

Bei den weiteren gegenseitigen Besuchen, die sich dem Ausflug nach Lüderwitz anschlossen, erregte es schließlich die Aufmerksamkeit Gerhard's, daß Helmuths braune Augen­sterne, mehr als ihm lreb war, auf Erna hafteten. Dadurch bekam er manchmal eine Wolke auf die Stirn, und die Blicke, die zuweilen die elegante Gestalt, das hübsche Gesicht seines neuen Vetters streiften, enthielten nicht immer Liebes und

Ettlinger Landsmann schreibt über ihn in Fettdruck:Ge­sucht wird ein am 29. Jan. 1870 geborener Jörgele Buch- mairr aus Sttttnae», der rechtsmäßiger Erbe von 3 Will. Dollars in Amerika ist; wer ihn ausfindig macht, bekommt 25 000 Dollars. (Abendpost, Chicago, 29. Dezember 1902.)"

* Mannheim, 20. Jan. (Konkurs.) Gestern fand in Ludwigshasen eine Gläubigerversammlung der Maschinen­fabrik Gebrüder Hemmer, Aktiengesellschaft in Neidenfels statt. Nach der Bilanz sind die Verhältnisse überaus traurige. Das ganze Aktienkapital (875 000 Mark) ist verloren. Die Gläubiger der Gesellschaft werden nur sehr wenig erhalten. Die Unterbilanz beträgt 798 854 Mk. Verdient wurpe in den letzten Jahren überhaupt nichts. Nach dreistündiger Debatte wurde angesichts der Zurückhaltung der beteiligten Banken die Anmeldung des Konkurses beantragt.

* Perli«, 22. Jan. Der Landrat Dr. v. Willich in Birnbaum hat sich erschossen. Seinen Freunden war be­kannt, daß er sich seit längerer Zeit in hochgradiger ner­vöser Erregung befand. Einer der eifrigsten Vorkämpfer des Deutschtums in den Ostmarken ist in ihm dahinge­gangen.

* Auf der Havel unweit Iierli« sind am Montag nach­mittag drei Schlittschuhläufer ertrunken. Man berichtet darüber: Der Gymnasial-Oberlehrer Dr. Wilhelm Busch vom Steglitzer Gymnasium war mit drei Berliner Lehrerinnen, Fräulein Seyffert und zwei unverheirateten Schwestern Namens Rättig nach Wanusee gefahren, um mit ihnen auf der Havel eine Schlittschuhpartie zu unternehmen. Bei der Restauration Pfaueninsel bog die Gesellschaft, die sich seit­her am Ufer gehalten hatte, nach der Mitte der Havel ab, weil am Ufer das Eis keine ebene Fläche mehr darbot. Aber die Gesellschaft hatte nicht beachtet, daß dort eine nur mit schwachem Eis überdeckte Fahrrinne sich befand, durch die am Samstag und Sonntagvorher Schleppdampfer mit Güterladungen von Wannsee nach Potsdam gezogen waren. An dieser Stelle brachen Fräulein Seyffert und Fräulein Margarete Rättig durch die schwache Eisdecke plötzlich und gleichzeitig durch. Dr. Busch sprang, während sich an ihm noch Fräulein Frida Rättig festhielt, den Untersinkenden sofort nach, verschwand aber im nächsten Augenblick eben­falls unter dem Eise, während Frida Rättig sich an einer kräftigen Eisscholle laut um Hilfe rufend festzuhalten ver. mochte. Nun nahten sich von beiden Ufern bald Leute. Bon Sacrow kamen 6 Fährleute und von Nikolskoe vier. Von Sacrow her vermochten die sechs Fährleute die breite Dampfer-Fahrrinne mit den mitgebrachten Leitern nicht zu überbrücken, auf die schwache Eisdecke durften sie sich nicht wagen, ohne selbst ihr Leben nutzlos zu riskieren. So konnten nur die vier Helfer von der Fahrstraße von Nikolskoe her in Aktion treten. Man reichte Fräulein Frida Rättig eine Stange und einen Haken. Die Dame aber hielt noch krampfhaft ihre untersinkende Schwester fest. Einer der Retter kroch nun nahe an die Einbruchstelle heran und zog Fräulein Frida, die an einer Scholle einen kleinen Halt gefunden Halle, aufs feste Eis. In demselben Augenblick aber sank die kurz vorher nochmals auftauchende Schwester vollends unter und war nicht mehr zu sehen. Nach der Darstellung der geretteten Dame, die nach dem nahen Förster­hause gebracht wurde, sind Oberlehrer Dr. Busch und Fräulein Seyffert mehrmals aus dem Wasser aufgetaucht, hätten sich an den Eiskanten wiederholt festzuhalten versucht, ihre Hände sind aber immer wieder abgezlitten, schließlich sind auch ihre Kräfte erlahmt und beide Opfer ertranken fast gleichzeitig.

* Jentsch-HAafrika ist streckenweise ein Paradies an Fruchtbarkeit. Frau Missionar Richard in Jziona am Nyassa- See schreibt: Mit dem Regen kommt wieder die schöne Obst­zeit für uns. Wir haben schon acht verschiedene Sorten. Ananas, Feigen. Omaren, Maulbeeren, Anona, Grenadella, Papaien und Bananen. Dazu noch japanesische Pflaumen, >

-t-;-

Freundliches. Aber er hate sich dabei so gut in der Ge­walt, daß Helmuth keine Ahnung davon bekommen konnte, daß dieser mit ihm so außerordentlichem Wohlwollen be­gegnende junge Mann andere als nur freundschaftliche Wünsche für ihn hegen könne. Und doch hatte Gerhard schon einmal zwischen den Zähnen gemurmelt:Ich wünschte, dieser unselige Mensch wäre da, wo der Pfeffer wächst."

Was hast Du gesagt?" fragte Lili, in unschuldiger Vertraulichkeit ihr Köpfchen ein wenig an seine Schulter schmiegend, ein Anblick, bei dem Erna sehr blaß wurde und Helmuth sich ärgerlich auf die Lippen biß.

Gerhard murmelte etwas zur Antwort, das die vor­angegangene Bemerkung an Deutlichkeit keineswegs über­traf, und Lili pfiff die ersten paar Takte derkleinen Fischerin" ; sie konnte pfeifen wie ein Junge und war stolz auf diese Kunstfertigkeit, dann zuckte sie die Achseln auf eine reizend wegwerfende Weise und machte ihrem Schwager den Vorschlag, eine Partie Schach mit ihr zu spielen. Ger­hard ließ sich bereit finden, und Lili brachte eilfertig das Schachtischchen herbei und begann mit flinken Fingern die Figuren auf dem Brett zu ordnen.

Aber Du läßt mir heut die weißen, nicht wahr," schmeichelte Lili, in der Art eines kleinen Kätzchens.Die weißen gewinnen immer, und ich will heut entschieden ge­winnen."

So entschieden? Und warum denn?"

Gerhard fragte mehr aus Höflichkeit denn aus wirk­lichem Interesse. Lili sah ihn an, wunderlich, daß sie nie­mals rot wurde, wenn sie in Gerhards Augen blickte.

Ich habe einen Wunsch, den Du mir erfüllen wirst, wenn ich diese Partie gewinne," gestand sie ohne Zögern.

Gerhard mußte lächeln.

So, werde ich das wirklich? Du scheinst ziemlich überzeugt davon. Wenn es nun aber ein unvernünftiger Wunsch ist?'

die wunderschönen Granatäpfel, sowie Zitronen und Zucker­rohr, über das unser Junge förmlich in Aufregung gerät, wenn er es nur von ferne sieht. Er ißt sehr viel Obst und Gemüse und ist dabei blühend und gesund. Heute muß ich Mehlsäcke ans Kaliko nähen. Weizenmehl lasse ich in der Nähe durch Eingeborene holen. Auch giebt es schönen Honig; 8 bis 10 Pfg. kostet das Pfund. Aehnlich lauten die Nachrichten aus West-Usambara, wo auf der Plantage Balangai bis Ende November 405 000 Kaffeebäume ge­pflanzt wurden, die ein gesundes und kräftiges Aussehen zeigen. Von den auf der Plantage Lewa gepflanzten 250000 Kautschukbäumen können in diesem Jahre bereits 15 000 angezapft werden. Die probeweise angestellten An­zapfungen ergaben einen Kautschuk, der, nach Deutschland gesandt, von Fachkennern eine sehr günstige Beurteilung fand.

* Aerk«, 22. Jan. Wie dieNat.-Ztg." mitteilt, ward im Reichstag vor Beginn der heutigen Sitzung der Ausbruch einer Präsidialkrisis für wahrscheinlich gehalten. DieUeber- zeugung von der Unzulässigkeit des vom Präsidenten Balle­strem erlassenen Verbots, die Reden des Kaisers in der Krupp-Angelegenheit zu erörtern, sei im Reichstag allgemein. Es soll auch innerhalb des Präsidiums zu einer Auseinander­setzung über das Verbot gekommen sein. Daß Graf Balle- strem in der nächsten Legislaturperiode nicht mehr Präsident werden wird, gilt als sicher. Es sei auch noch zweifelhaft, ob er es für den Rest der gegenwärtigen Session bleiben wird.

* Aremerhavea, 22. Jan. Der hiesige Fischereidampfer Kommandant" ist von seiner letzten Fangreise nicht zurück­gekehrt. Man glaubt, daß er samt seiner 10 Mann starken Besatzung gesunken ist.

* Nach Meldungen aus Akte»» in Westfalen giebt sich in den verschiedensten Industriezweigen im Lenne-Thal nach langjährigem schlechten Geschäftsgang eine lebhaftere Be­schäftigung kund. Um alle Aufträge bewältigen zu können, sind zahlreiche Drahtwerke gezwungen, Ueberschichten einzu­legen, die Stahlwerke, die Nadel- und Messing-Gußwaren­fabriken haben ganz bedeutende Aufträge zu erledigen, ebenso die Kupfer- und Nickelfabriken.

* Nach einer Depesche der Morgenpost aus Stettin wurde in einer Versammlung pommerischer Landwirte, an der der Führer des Bundes der Landwirte, Freiherr von Wangenheim, teilnahm, eine pommerische Ansiedelungs-Ge­sellschaft mit dem Sitz in Stettin gegründet. Zweck der Gesellschaft ist die Anbahnung einer gesunden inneren Kolonisation in Pommern. Das Unternehmen ist sozial­politisch von großer Tragweite.

Ausländisches.

ff Maris, 23. Jan. In der Deputiertenkammer richtete heute Bassins an Jaures, den Führer der Sozialisten und Vizepräsidenten der Kammer, die Frage, wie er sich verhal­ten würde im Falle eines Krieges mit Deutschland. Jaures führt aus: Anf dem internationalen Gebiet gebe es viele Dinge, welche phantastisch zu sein schienen, die aber jetzt Ge­stalt anzunehmen anfingen. Der thatsächliche und end­gültige Friede beginn: in Europa möglich z« wer­den. Es gäbe nur 3 Dinge, die das Volk schwächen: Die Lüge, die Trägheit und das Fehlen von Idealen. Die Franzosen besäßen die Eigenschaften, die diesen Fehlern ent­gegengesetzt seien. Seit 32 Jahren habe es keinen großen Krieg in Europa gegeben. Es sei dies das erste Mal, daß man einen so langen Frieden genieße. Frankreich hoffe, daß er noch lange andauern werde. Es gebe in Europa 2 große Bündnisgruppen. Beide wünschten den Frieden und schon zeige sich der Keim der europäische« Allianz, die durch Arbeit und Frieden geschaffen werden würde. (Bei­fall links.) Es bestehe eine fortschreitende Tendenz, ein fried­liches Bemühen, welche man sowohl auf Seiten des Drei­bunds wie des russisch-französischen Bündnisses feststellen könne. Redner hebt sodann hervor, der Dreibund sei ge-

O, bitte, ich habe nie unvernünftige Wünsche," sagte Lili pikiert, und Gerhard zog die Stirn kraus und stieß ein deutlich vernehmbares:Hm" hervor.

Im übrigen," setzte er hinzu,ist diese Debatte gänz- lich überflüssig, denn daß Du wirklich gewinnen könntest, ist ja doch nicht im Ernst anzunehmen."

So nicht? Meinst Du?"

Und Lili beugte sich mit ernstem Eifer zu ihren Schachfiguren nieder. In Wahrheit spielte Lili recht herz­lich schlecht, weil immer viel zu viel Gedanken auf einmal ihr Köpfchen bunt durchwirbelten, und es war ihr noch nicht einmal gelungen, sich gegen ihren Schwager siegreich zu behaupten, ein Umstand, der ihr schon zuweilen kleine Ver­drießlichkeiten bereitet hatte.

Aber heut lag die Sache anders. Lili hatte ihren Stuhl so gerückt, daß sie dem Platz, auf dem Erna mit ihrer Stickerei beschäftigt saß, den Rücken zukehrte, sie sah deshalb weder. Helmuth noch sein ganzes albernes Gethue auf diese despektierliche Weise bezeichnete Lili die Art seines Verkehrs mit ihrer Schwester während Gerhard, der ihr gegenüber saß, das Bild fortwährend vor Augen hatte.

Und es war ein sehr hübsches Bild, das mußte jeder unbefangene Zuschauer zugeben. Ernas feines, schmales, zartgefärbtes Gesicht hob sich in fast leuchtender Weise neben seinem von Luft und Sonne dunkelgefärbten Antlitz hervor, ihre sinnigen grauen Augen, stillen, klaren, aber dennoch unergründlichen Berzseen vergleichbar, bildeten einen hübschen Gegensatz zu dem dunklen, glänzenden Augeu- paar, das die nur mühsam verhüllte Leidenschaft seines Be­sitzers wiederzuspiegeln schien.

Dos sxtrsroes ss touobsnt," dachte Gerhard un­willkürlich, und hatte denn Lili in kindischer Unüberlegtheit es nicht ausgeplaudert, daß zwischen Erna und Helmuth schon vor Jahren gewisse Beziehungen bestanden hatten?