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Tersesvslitik.

Dar bLhrisÄ « Miniftertum veröfflktlicht bezüglich der Kohlennot eine Entschließung, wonach dir zwkiftllor übertrieben hoben Preise dem Handel zuzuschreiben seien. Die Bildung von Genossenschaften behufs direkten Koften- einkaufeS wird anqrrrgt und den größere« Städten außer- dem, Wenn Genossenschaften nicht vorhanden seien, die An­schaffung großer Kohlenvorräte aus direktem Weg« empfohlen, uw sie an die Gemeindrangehörigen zu angemessenem Preise ebzugeben.

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Liebknecht ist nicht tot. Er ist von neuem aufgelebt in seinem Sohne, dem Rechtsanwalt vr. Karl Liebknecht, der dieser Tage in einer VolkSv-rsammlung sprach, ganz im Sinne deZ BaterS:Nicht- vermag den Koloß der Hop taliSmuS zu bannen als die Sozialdemokratie, nichts als die Ueberführung der Produktionsmittel in den Besitz der Gesellschaft. Dar ist unser äußerstes Ziel . . . Die Sozialdemokratie ist antimonarchisch und republikanisch. So­bald ein Volk mündig ist, hat sich die Monarchie überlebt. Wir sind Feinde de« Vaterlandes der Junker, der Pfaffen und der Viterlandes der kapitalistischen Ausbeutung, und ich möchte Vorschlägen, wir legen uns den Namen derBater- landSlosen" ciL Ehrentitel bei. . . . Nun haben wir ja frei­lich einen Reichstag! Wir hoben ein EtalSbewilltgungSrecht! Aber dies r Reichstag hat sich prostituiert, wat die Mrhr- heitsparteic» anbelangt, er hat sich selbst entmannt und empfängt nun von der Regierung die Behandlung die er verdient."

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Man schreibt uns: Sozialdemokratische Zeitungen haben über die Hunenrede und den Zug nach China viel heftiger geschrieben als Maximilian Harden, der soeben wegen Maje- Wrbeleidigung zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt wurde. Horden wurde aber herausgrgriffen, schreibt die tägliche Rundschau, und Harden wurde verurteilt und zwar zu einer Strafe, die nach Lage der Dinge seine ganz aus seine Per­sönlichkeit zugrschnittene Zeitschrift ruinieren und seine Ge­sundheit vollend« vernichten kann. Harden gab an, daß er als überzeugter Monarchist, als den ihn ja Bismarck aner­kannte, den Kaiser warnen wollte und er kann die Frage erheben, warum die Antiwonarchisten in Deutschland da- sagen dürfe«, was bei ihm verpönt wird, denn e« ist bisher keine Anklage gegen die unerhörte sozialdemokratisch« Kritik am Kaiser und seiner Chinapolitik erhoben worden. Noch schwerer fällt jedoch ins Gewicht, daß diese Verurteilung die Kritik an den kaiserlichen Reden allerdings zähmen, allerdings einschränken, aber sie auch da und dort mutlos wachen würde. Und dar ist ein Unglück für Deutschland; denn wenn der monarchistischen Presse der Freimut der Kritik unmöglich gemacht wird, so wissen wir nicht, wie die wahre Meinung der nationalen Kreis« an den Thron des Kaisers kommen soll Wenn man von der Presse verlangt, daß sie über die Reden des Kaisers ihre Meinung abgeben, aber sich dafür auch bestrafen, bezw. vernichte» lassen soll, so erkürt man sie zum Prügelknaben der Großen und raubt ihr di« besten Kräfte, da sich mit dieser Roll« kein ernster Mensch zufrieden geben wird.

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Die chinesischen Wirren haben über Nacht «in anderes Gesicht bekommen. Kangjuwei war der aufgeklärte Rat- ki-ber de- Kaiser«. ES gelang ihm, als die Kaiserinwitwe all seinen Resorwplänen ein Ende machte, seinen Kopf nach Japan in Sicherheit zu bringen. Jetzt aber hat er die Rück­kehr nach China gewagt und entfaltet in den Südprovinzen, deren Gouverneure schon früher von der fremdenfeindliche« Thorheit der Norden» sich ferngehalten haben, die Fahne drS Aufruhrs. Der Kampf gilt nicht den Fremden, sondern de« einheimischen Herrschergeschlecht. Diese von Kangjuwei »»glsachte Bewegung ist sicherlich das wichtigste Ereignis, öas sich im Lause der chinesischen Wirren bisher abgespielt hat. Bereits hat China gegen Kangjuwei mobil gemacht und den Admiral Ho mit seiner Unterwerfung beauftragt. Ha ist ein Mann von europäischer Fachbildung, der jeder Marine zur Ehre gereichen würde. Sein Flaggschiff sieht steht» wie aus dem Ei geschält au-, nicht- erinnert hier an den traditionellen chinesischen Schmutz, seinen Leuten unter­schlägt er nicht die Löhnung und seine Granaten sind nicht aus Pappe. Gleich Kangjuwei ist er ein Anhänger der modernen Kultur, gleich ihm verfügt er, soweit da- bei «wem Chinesen überhaupt möglich ist, über ein starke» StaatS- v^wußtsein und ist über den Verfall China- tief erbittert. Sich in freundschaftlicher Berührung mit den Fremden. d«r» Kenntnisse anzueignen und mit ihnen au-gestattet, di« Macht der gelben Rasse zu erhalten ist beider Männer "frigstes Bestreben. Ueber Kangjuwri'S Denkweise giebt am beste» eine Red« Ausschluß, di« er im Jahr 1898 in

O.

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1900.

einem patriotischen Verein in Peking hielt.In alten Zriten", so erzählte der Redner,sei China von schwächlichen Bar­barenstaaten umgeben gewesen, von Birma, Lmkiu, Korea. Dadurch hätte China sich daran gewöhnt, alle fremden Mächte für jämmerlich zu halten. Als 1832 zwei englische Kriegsschiff« 3000 chinesische KciegSdsHunken bei Kanton schlugen, glaubte der damalige Kaiser eher an di« Feigheit seine- Admirals, als au die Urbsrlegenheit der Fremden. Dieser Dünkel blieb und so waren die traurigen Ereignisse von 1840, 1856, 1858, 1860 und so fort bi» Schimonoseki, Port Arthur, Kiautschau erklärlich. China verschmähte e» leider, von der Wehrmacht der Gegn.r zu lernen. Im Abendlande kenne man nur das Volk in Waffen, in China aber stecke man umgekehrt die Soldaten unter da- Volk. Von den 600000 Soldaten der grünen Banner- und d-n 300000 Mansschuknrgrrn seien thatsächlich die meistm m bürgerliche Berufe zurückgesunken und hätten keine Waffen- kenntniS. Unter solchen Umständen müsse schließlich China dem AuSlande zum Opfer falle». Damit ober gerate mau einfach in ein Sklaventum. Das von England geraubte Indien habe während hundertjähriger Knechtschaft bis 1872 überhaupt keinen Vertreter im britischen Parlamente gehabt. In dem früher chinesischen jetzt englische« Hongkong, wo fast nur Chinese» lebten, könne jeder beliebige Engländer eS zu hervorragenden Stellungen in der V-rwaltung bringen, wenn er nur fähig sei, aber selbst für den gebildetste« Chinesen, der mit dem roten oder blauen Knopf geschmückt sei und nebenbei über Millionen verfüge, sei nur der Posten de» Kompradors, der Handel-Vermittlers, übrig, der vor seinem Auftraggeber stramm stehe und ängstlich dessen Ge- sichtSauSdruck verfolge. So könne «S noch in ganz China kommen; vor Scham aber könne man sich nicht einmal im Meer ersäufen, den« vom Meer seien die Chinese» dann schon längst abgediängt. Das Volk sei sich darüber aber nicht klar. Di« Franzosen hätten in ihren Nationalgalrrien noch Bilder deutscher Siege von 1870/71 ausgestellt, um so das Nationalgefühl oufzureizen. In China aber werde das alles vertuscht, die Mandarinen seien unwissend, das Volk nicht minder. Mit kleinen Mitteln könne man der Not der Zeit deizukommen versuchen: durch Gesundung der Finanzen, Reorganisation der Heeres und friedlichen Be­ziehungen zu den Mächten. Aber die wahren und durch­greifenden Radikalmittel seien: eine starke Regierung, moderne VolkSerziehung, Abkehr von aberwitzigen Sitten, Erneuerung der Herzen. Die Herzen seien eben eiskalt; Patriotismus in europäischem Sinne fehle den Chinesen. Und dies« heilige Flamme vor allem gelte e§ anzusachen." Dar sind so einige Gedanken aus Kangjuweir Programmrede. Von der Schärfe und Logik, von der absoluien Vorurteilslosigkeit ist man einfach überrascht. Jedenfalls geht daraus hervor, daß der Mann nicht, wie man in Honkong erzählt, nur britlsche- Werkzeug sein kann, sondernChina den Chinesen wünscht." Ueber da- weitere Schicksal des Reformers ist unS Europäern ja alles bekannt. Der Kaiser war s. Z. drauf und dran sich den Zopf abznschneiden, europäische Kleidung anzulegen, seinen Harem zu entlassen, als di« Kaiserin-Tante mit dem Staatsstreich dazwischen fuhr und Kangjuwei fliehen mußte.

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Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 20. Oktbr. In den beiden Sitzungen vom 18. und 19. Oktober beschäftigte sich dir Kammer mit dem WasserrechtSgesetz. Nur an einigen Artikeln wurden Ausstellungen erhoben und dann der Entwurf in der Haupt­sache nach den Beschlüssen der ersten Kammer angenommen. Man hätte gestern leicht auch die Schlußbestimmungen de- Entwurf» erledigen können; da aber die ersten 15 Artikel noch der KommissionSberatung unterworfen sind, so empfahl «S sich, von einer Beratung der Schlußartikel obzuseheu, weil in diesen Artikel» Bestimmungen darüber enthalten sein sollen, wann die EingangSartikel in Kraft treten. Aus diesem Grunde wurde die Sitzung schon um 11 Uhr ab­gebrochen.

LsriröesnsreHirietzten.

* Altensteig, 22. Okt. Welch« Wohlthat eine aus­reichende Wasserversorgung ist, das lehrt wieder so recht dar heurige Spätjahr mit seinem schon längere Zeit an­dauernden Wassermangel. In manchen Gemeinden, dt« versäumten, sich der Schwarzwald-Wasserversorgung anzu- schließen, muß da- benötigt« Wasser schon seit einem Viertel­jahr mittelst Fuhrwerken beigrführt werden. Der Aufwand hiefür an Zeit und Geld ist kein geringer. Mehr und mehr kam deswegen in einer ganzen Reihe von Landgemeinden di, Überzeugung zum Durchbruch, daß er doch gut sei, sich der bewährten Schwarzwald-Wafferversorgung anzu- schließen und er wurden diesbezügliche Gesuche gestellt. Die

Bezirksvorstände der Oberämter Nagold, Calw, Neuenbürg ließen nun an die bürgerlichen Kollegien der interessierten Gemeinden Einladung zu einer Versammlung ergehen zwecks definitiver Beschlußfassung. Die Versammlung fand letzten SamStag nachmittag in der hiesigen Turnhalle statt. Außer den Bezirksvorständen wohnten der Versammlung die StaatS- techniker, Hr. Oberbaurat Ehmaun und He. Ministerialrat v. Mokthaf an. Nach eingehender Verhandlung haben sich nun folgende Gemeinden der Schwarzwald-Wasser­versorgung angeschlossen: vom Oberamt Nagold: die Ge­meinden Fünfbronn, Warth, Nothfelden, Schönbroan; vom Oberamt Calw: Monakam, Ottenbronn, Unterhaugstrtt, Weltenschwaun und vom Oberamt Neuenbürg di« Gemeinden: Beinberg, Maisenbach mit Zainen und JgelSloch, zusammen 12 Ort«. Die Gemeinde Nothfelden erhält die Wasser­leitung für die Bausumme von rund 34 000 Mk., Warth, wo schon ei« VerteilungSröhrenstrang vorhanden ist, hat einen Restbetrag von 8740 Mk. zu entrichten und bei den übrigen Gemeinden kommen die Baukosten auf 70 bezw. 80 Mk. pro Kopf der Bevölkerung zu stehe«. Um den Anschluß genannter Gemeinden zu ermöglichen, wird auf der Pumpstation in Kälbermühle eine weitere Turbine auf­gestellt und da» Hauptreservoir bei Aichelberg entsprechend erweitert. Auch die Gemeinden Ebhausen und Walddorf tragen sich mit dem Gedanken eines Anschlüsse» und wird es von den beabsichtigten Pcojrktausaahmen abhängen, ob sich diese Orte anschließen oder eigene Wasserleitungen bauen. Nach dem Abschluß der Verhandlungen vereinigten sich di« Teilnehmer bei einem frugalen Mahle (75 Gedecke) im Tasthof zum grünen Baum. Hiebei ergriff Hr. Ver- waltungS-Aktuar Müller von Neubulach da» Wort um den Staatstechnikern Anerkennung zu zollen über die ausgezeichnete Bauausführung der Schwarzwald-Wafferversorgung. Hr. Schultheiß Frry von Aichelberg überreichte Hrn. Werkmeister Köhler namens der zur WasterversorgungSzruppe zählen­den Gemeinden als dankbare Anerkennung seiner guten Bauleitung eine goldene Uhr samt Kette. Hr Oberbaurat Ehmann gedachte in seinem Toast der Vertreter der Gemeinden; Hr. Ministerialrat v. Mosthaf gab seiner Freud« Ausdruck über da- Vertrauen, welche» man der K. Staatsregierung «ntgegenbringe und Hr. Oberamtmanu Ritter von Nagold betonte, auf das Evangelium Bezug nehmend, daß die in elfter Stunde gekommenen Gemeinden, bei dem Werke der Schwarzwald-Wafferversorgung geradeso angenommen worden seien, wie di« ersten, d. h. zu gleich günstigen Be­dingungen. Nach dem Anschluß der weiteren 12 Gemeinden umfaßt di« Schwarzwald-Wafferversorgung 40 Gemeinden. Wenn je, so ist bei dieser Einrichtung der Spruch berechtigt: Dar Werk lobt den Meister!"

* Nagold, 19. O!t. Gestern begann am hiesigen Seminar ein pädagogischer Kurs für Theologen. Zu dem­selben stad 10 junge Geistliche eiaderufrn. Die Dauer der Kurses ist auf 6 Woche« festgesetzt.

* Stuttgart, 19. Okt. Zum Chef des württemb. GeneralstabS wurde der preußische Oberst UugeS ernannt.

* Stuttgart, 19. Okt. Ein Beweis für die Steigerung der Holzpreise ist di« Reineinnahme der Württ. StaatS- forstvrrwaltung drS letzten Jahres, verglichen mit derjenigen von früher. Seit 1888 läßt sich ein« sich stetig steigernde Erhöhung der Einnahmen von 5 794 480 Mk. auf rund 9 000000 Mk. im Jahr« 1899 konstatieren. Et entspricht dies einer Ertragssteigerung von 30 Mt. auf 45 Mk. 88 Pf. per ll» im Laufe «ine- Jahrzehnts. Selbstverständlich sind auch die durchschnittlichen Holzpreise entsprechend in die Höhe gegangen: von 6 Mk. 32 Pf. auf 9 Mk. 81 Pf. Per Festmeter Derbholzaofall. Er geht hieraus hervor, welch wertvollen und rentablen Besitz Württemberg in seine» ausgedehnten Waldkomplexen hat.

* Stuttgart, 20. Okt. Der König ist in strengstem Jncognito über Frankfurt-Köln-Braunschweig nach Potsdam gereist und bleibt dort mehrere Tage.

* (Auch «in Witz.) M t dem 1. Oktober hat die Siegelung der Weinfässer aufgehört. An maßgebender Stell« soll man sich den Kopf zerbrechen, war man mit den alten Umgeldsstempeln ansangen soll. Ein Witzbold hat den Vorschlag gemacht, aus denselben eine Glocke zu gießen und solche in einem Turm de- Finanzministerium» aufzuhängrn, um sie als Sterbeglocke zu benutze«, wenn einmal da» ganz« Umgeldsgesetz zu Grabe getragen wird.

* Heilbronn, 19. Okt. Ein Fall der scheußlichsten Kinde-mißhandlung durch die eigene Mutter kam vor der hiesigen Strafkammer zur Aburteilung. Auf der Anklage­bank saß die 36 Jahre alte Ehefrau des Friseur- Mayer in Gundelsheim, Anna, geb. Denk. Die Angeklagte brachte in di« Ehe einen Knaben mit, der jetzt 6 Jahre alt ist und vielleicht nicht der fleißigste und willigste Sohn sein mag; wenigsten» behauptet seine Mutter, daß er überaus unge-