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Nr. 61.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
93. Jahrgang.
Urschetnrzng-rvetser S «vl wöchentlich. Anzeigenpreis: In» Ob«amtsb«zirk
C»!w für dt« «mfpaltlge Zeit« 12 Vfg.. außerhalb desselben IS Pfg^ Ketlamea >0 und 8ü Psg. Echlnb der Anzeigenannahme 9 Uhr vormittag». Fernsprecher 9.
Mittwoch, den 18. März 1918.
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Die Lage im Osten. — Die Vorbereitungen der Entente für Japans Vorgehen in Sibirien.
Der Friedensschlutz der Petersburger Regierung mit den Mittelmächten hat begreiflicherweise in Rußland nicht all- seitig Genugtuung ausgelöst: bis in die Reihen der Maximalsten hinein wurde das Abkommen als demütigend für "Rußland empfunden. Allgemein kommt die Anschauung zum Ausdruck, daß man sich eben nur dem Zwang gefügt habe. Es machen sich deshalb auch starke Strömungen geltend, die darauf ausgehen, den Frieden nicht anzuerkennen, und di« eine Reorganisation des Heeres anstreben. Diese Stimmung reicht bis in die Reihen der Maximalisten hinein. Aber die Regierung und mit ihr die Arbeiter» und Soldatenröte wollen vorerst von neuen Kämpfen nach außen hin nichts wissen; letztere haben den Vertrag gutgeheißen. Man will fetzt zu erst einmal darauf ausgehen, tm Innern seine Grundsätze durchzusühren, und das dürfte noch eine harte Arbeit geben, denn das Volk ist nicht ohne Weiteres gewitzt, die kommunistischen Ideen auf seine Kosten verwirklichen zu lassen. In Petersburg fühlt sich die Regierung anscheinend nicht mehr sicher, deshalb setz Moskau als Regierungssitz ausersehen sein. Aber dort herrscht zur Zeit noch eine rötere Garde, Und die will nicht Platz machen. Zudem haben die Bolschewik! auch noch gegen die Pläne der Bürgerlichen Front zu machen, die Mackst wieder an sich zu reißen. Was aus diesem Chaos noch werden soll, darüber kann man heute wirklich noch keine Erwägungen anstelle«. Die Aufgabe der Mittelmächte gegen Osten liegt auch vorerst nur darin, Ruhe und Ordnung in den Ländern der russischen Fremdvölker wiederherzustellen. Während diele Aufgabe in den früheren russi sckwn Osst Provinzen ihre Lösung gefunden hat. können die Verhältnisse in Finnland and der Ukraine immer noch nicht als geordnet« angesehen werden. In Finnland herrschen die Marimalisten noch in einem großen Teil dev Landes und üben ihr Schreckensrrgiment dort weiter aus. In der Ukraine stehen unsere Truppen aber schon in der Rahe von Odessa, sodaß man annehmen kann, daß dort bald Ruhe eintritt.
Die Stellungnahme der russischen Regierung znr sibi. rischen Frage ist noch nicht geklärt. Wir erhalten immer nur von englischer Seite Rachrtcksten über die Vorgänge in Sibirien. Danach sollen die Marimalisten daselbst gegen die Bürgerschaft starke Streitkräfte z»r Verfügung haben. Der Kosakengeneral Semenow, der die bürgerliche Republik Sibirien vertrete, hätte sich vor den Truppen der Bastckerviki zurückziehen müssen. Run weiß Reuter auch aus Peking zu melden, daß der chinesische Kommandant van Cba-bin an die Bollck>«wikisührer die Warnung Hab« ergehen lassen, daß seder Einsatz In chinesisches Gebiet eine krie gerii-be Handlung angesehen werde. Der Führer der Bol- schewiki habe daraufhin sofort an die chinesischen Grenrbehör- den der Mandschurei telegraphiert, daß sie keine unfreund licken Absichten gegen China hegten, und daß man nur den Redellenführer Semenew angreifen wolle. Der Einspruch der Chinesen hat natürlich ganz gewisse Gründe. Man will sich einen Vorwand schaffen, um zugleich mit den Japanern In Sibirien einmarschieren zn können. China hat fetzt von der Entente den Auftrag bekommen, die fapanifche Expedition zu unterstützen, damit die Japaner nicht io allein sind. In Japan wrd nun — wiederum nach englischer Quelle — die Trommel der Stimmungsmache für ein Eingreifen in Sibi rien ganz gewaltig gerührt. Der japnnif^e Botschafter in Peking solle Vollmachten haben, um mit China über ein gemeinsames Auftreten „gegen die aus Sibirien drohende Gefahr" zu verhandeln. Die japanische Presse halte infolge de» Friedensschlusses zwischen Deutschland und Rußland Persien, Mittelasien und den fernen Osten für „bedroht", und die öffentliche Meinung werde deshalb über „die deutsch Gefahr im fernen Osten" nachdrücklich unterrichtet. Alf- dir Stimmung für das Eingreifen Japans in Sibirien wird ge «rügend in der Mell vorbereitet, und atz Krönung dieser
Ententcmache hat nun auch Herr Wilson, der Heuchler par excellence an die Russen ein« Botschaft gerichtet, tn der er sie seine» innigsten Mitgefühls an dem schweren Schicksal versichert, und damit vertröstet, daß Amerika unbedingt helfen würde, wenn es könnte. So sollen also wohl die Russen wieder auf die Ententeseite gelockt werden, und es soll uns nicht wundern, wenn die Besetzung der Mandschurei und Sibiriens durch die Japaner und Chinesen noch als Hilfsaktion für Rußland gegen die bösen Deutschen erklärt wird
O. 8.
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Die Stimmung in Petersburg.
Berlin, 13. März. Das ^Berliner Tageblatt" meldet aus Haag: Zn Petersburg sind Berichte des Oberbefehlshabers der Ostseeflotte eingetroffen, wonach die ganze Flotte ln Helsingfors liegt und die Bemannungen mit Ausnahme einer Wache auf jedem Schiff sich entfernt haben. — Nach einer Meldung der „Times" haben daraufhin die Dreadnoughts eiligst Kronstadt verlassen. Der Rest der Flotte werde in Finnland bleiben, wo die Deutschen tatsächlich herrschten Die Eovjets wollen angeblich die demoralisierte and verschwundene Ar,nee reorganisieren, »,n nochmals b.u Kamps gegen die Deutschen auszunehmen.
Die Stärke der Revolutionäre in Finnland.
(WTB.) Stockholm, 11. März. Wie der Korrespondent des WTB. aus zuverlässiger Quelle erfährt, haben di« Roten Gardisten in der letzten Zeit besonders in schwedischen und finnischen Dörfern zahlreiche Mitglieder der männlichen Bevölkerung ermordet. Ihr Plan bei diesem Vorgehen ist, dir bürgerlichen Elemente für die Zukunft so zn dezimieren, daß nie Sozialdemokraten weiterhin d> Mehrheit teilten. Die ^ahl der Roten Gardisten aus Rußland war in der letzen Zeit in Süd-Finnland besonders groß. Die Geiamttruppcn- zahl der Revolutionäre soll sich auf 200 000 belaufen. Allein an der Front bei Abo stehen 50 000 Mann.
Kundgebungen der Livländer an de« deutschen Kaiser.
(WTB.) Berlin. 12. März. Dem Kaiser sind aus Dorpat folgende Telegramme zugegangen:
Eure Majestät bittet die livländisch« Ritterschaft, Ihren untertänigsten Dank entgegenzunehmen für die Errettung Livlands aus Drangsal und Not, und Stellung dieser ältesten deutschen Kolonie unter den Schutz des mächtigen Deutschen Reiches. Die ll'-ländjiche Ritterschaft knüpft daran dos Gelübde unwandelbarer Treue und bittet Ew. Maiestät dessen ^ gewiß zn lein, daß di, Livländer mit Gut and Blut immerdar einzvtreten bereit sein werden für di« Größe de» deutschen Vaterlandes. Im Namen der livländifchen Ritterschaft der residierende Landrat. Gez.: Baron Stael von Holstein, Rit- terschaftsiekretör non Samlon Hsmmewserna.
Ew. Majestät bitten di« in der alten deutschen Hochsch ilc versammelten deutschen Professoren, Dozenten und Studenten ihren tiefgefühlten Dank für die Befreiung deutschen Wortes und Wesens entgegennehm-m zu wollen. Tw. Majestät geloben wir unverbrüchliche Treue und Ergebenheit. Im Auf trag gezeichnet: Professor Dehio, Professor Hahn, Professor Zoege von Mark nfftl
Der Kaiser hat mit folgenden Telegrammen geantwortet: Baron Stael von Holstein, Dorpat. Herzlichen Dank für den Gruß, mit dem mich die livlöndische Ritterschaft erfreut hat. Das deutsche Volk freut sich mit mir. daß unser« Waffen das schwergeprüfte Land vor weiterer Drangsal haben bewahren können. Möge diese schwere Z't di« Auferstehung de« Lakti schen Deutschtums zu freier, freudiger Entwickelung feiner Kraft zur Folg« haben. Gez. Wilhelm f. s?.
Professor Dehio-Dorpai: Herzlichen Dank für den freundlichen Gruß. Es ist mir und dem ganzen akademischen Deutschland eine große Freude, daß die ehrwürdige Alma Mater Dorpatiensis dank dem Sieg unserer Waffen in geistige, Freiheit ihren geschichtlichen Berus als Heimstätte deutsche» Geisteslebens wieder «ufnehmen kann. Große Erinne rungen der Nergangegheit werden damit zu neuem Leben er
weckt. Möge wieder wie tn alten Tagen reicher Segen für vie schwergeprüften Ordenslande und für die deutsche Wissenschaft von ihr ausgehen. Gez. Wilhelm f. f?.
Wilsons Teilnahme an dem Schicksal der Russe». (WTB.) Washington. 11. März. (Reuter.) Präsident Wilson schickte an den amerikanischen Konsul in Moskau folgende Depesche: Ich möchte die Gelegenheit de« Zusammentritts des Kongresses der Coojets ergreifen, um die aufrichtige Sympathie der Regierung der Vereinigten Staaten in dem Augenblick auszusprechen, wo die deutsch« Macht sich eingedrängt hat, um den Kampf für die Freiheit zu unterbrechen und um seinen Erfolg zn bringen, sowie die Wünsche Deutschlands an die Stelle der Ziele des russischen V-st'es zu setzen. Unglücklicherweise ist die Regierung der Bereinigten Staaten jetzt nicht in der Lage, unmittelbar wirksame Hilfe zu leisten, aber sie würde es wünschen, diese Hilfe zu erweisen. Ich möchte dem russischen Volke durch den Kongreß die Gewißheit geben, daß die Regierung der Bereinigte» Staate» jede Gelegenheit benutzen wird, um Rußland noch einmal die volle Souveränität und Unabhängigkeit in seine« eigene« Angelegenheiten.zu sichern und ihm wieder zu seiner großen Rolle im Leben Europas vnd der modernen Welt in vollem Umfang zu verhelfen. Die Regierung der Bereinigten Staaten nimmt mit ganzem Herzen an dem Versuche des russischen Volkes teil, sich von jeder alten autokratischen Regierung zu befreien und Herr seines eigenen Lebens zu werden.
Die Loge auf den Kriegsschauplätzm.
Die deutsche amtliche-Meldnng.
(WTV.) Großes Hauptquartier, 12. März. (Amtstch.) Westlicher Kriegsschauplatz: Die feindliche Artillerie entwickelte am frühen Morgen an vielen Stelle« der Front namentlich zwiich Lqs «ud der Scarpe rege Tätigkeit. Auch in den Abendstunden lebte der Fenerkampf vielfach auf. Im Borfeld der beiderseitigen Stellungen tam es zu kleineren Insantericgesechten. Das Feuer englischer Artillerie a,:i rückwärtige Ortschaften fordert« zahlreiche Opfer unter der französischen Bevölkerung. Auch Cambroj erhielt mehrere Schuß schwersten Kaliber». Zur Vergeltung für feindlich« Fliegerangriffe am S. und 10. März aus Stuttgart, Eßlingen, Unter» tärkheim und Mainz habe» unser« Flieger in letzter Nacht Pari« ausgiebig »ad erfolgreich mitVom» br» belegt. Leutnant Freiherr von Richthof«» errang seinen 27. Lustsieg.
von den anderen Kriegsschauplätzen nicht» Reue».
Der erste Seneralquortiermeister: Ludendarff.
Die französischen Berichte über den neuesten Fliegerangriff aus Paris.
(WTB.) Paris, 13. März. Amtlich wird mitgeteilt: Ein feindlicher Fliegerangriff hat stattgefunden. Das Signal wurde 9.10 llhr abends gegeben. 7 Geschwader wurden gemeldet, di« sich auf Paris zu bewegten. Um 10.15 Uhr wurden an mehreren Punkten Bombenabwürfe fcstgestcllt. Meiischrnee-kuste und Sachschaden wurden verursacht. Weitere Mitteilungen werden gemacht werden, sobald genauere Berichte eingehen.
(WTB.) Pari», 12. März. (Amtlich.) Der Alarm endete um 12.15 nachts. Nach den ersten Berichten war es etwa 60 feindlichen Fliegern gelungen, die Linien zu überstiegen. Dank dem Sperrfeuer der Artillerie, das während der ganzen Dauer des Angriff» mit großer Heftigkeit fortgesetzt wurde, konnte «ine gewisse Anzahl der Flugzeuge ihr Ziel nicht «reichen. Immerhin wurden zahlreiche Bombe« sowohl auf Paris, wie auf die Bannmeile abgeworfen. Mehrere Gebäude wurden zerstört oder fingen Feuer. Di« Zahl der Opfer ist noch nicht bekannt. Sie wird bekanntge- gcben werden, sobald die Berichte eingegangen sind. Ein ..Gotha" wurde 5 Kilometer von Ehateau Tierry brennend abgeschosse«, feine Besatzung gefangen genommen. Der Haupt-