Erscheint DimStag, Donnerstag, SamStag und Sonntag ȟ der GratiS-Beilags Der SonntagS- G ast.'
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Sonntag, 10. Juni
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1900.
Am Mittwoch, 20. Juni, vorm. 8 Uhr, findet in Calw auf dem Brühl eine staatliche BezirkS-Rindviehschau statt. Preise können bei der Schau in nachfolgenden Abstufungen zuerkannt werden, a) für Farren ,u 140, 120, 100, 80 Mk.; b) für Kühe zu 120, 100, 80, 60, 40 Mk. Diejenigen, welche sich um Preise bewerben wollen, haben ihre Tiere mindesten! bis 10. Juni beim Oberamt Calw unter Benützung der vom Ober- Mi zu beziehenden Anmeldescheine anzumelden und spätestens bis zu der eben angegebenen Zeit auf dem MusterungSplatz aufzustelleu.
' In Aichelberg ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.
D De* Fall 4-retsvitrs.
Der Beginn de- südafrikanischen Krieges und die anfänglichen Erfolge der Barren regten Vergleiche zwischen Miliz- und stehenden Truppen an, die nicht zum Vorteil der letzteren auSschluqen. Indessen hat der Verlauf des Kriege- dieser vorschnelle Urteil umgestoßeu; in verhältnismäßig kurzer Zeit ist das Boerrnheer trotz aller Tapferkeit zum Aufgeber« aller früher errungenen Vorteil« gezwungen worden.
Wie jetzt erst ausführlicher bekannt wird, haben die Boeren noch zwischen Johannesburg und Pretoria den Engländern eine Reihe hitziger Gefecht» geliefert; sie haben im Nordosten deS OranjestaatS den General Rundlr bei Senekal geschlagen und bei dem noch nördlicher, näher zur Grenze Transvaals gelegenen Lindley ein ganze- Bataillon Land- Niiliz zur Uebergabe gezwungen. Sowohl Rundle wie Methuen habin vergebliche Anstrengungen gemacht, die Landmiliz herauszuhauen. Nach diesem großen Erfolge zogen die Boeren sich zurück und stellten es den englischen Führern gern anheim, jetzt ihrerseits Siegesdepeschen nach London zu senden.
Dies« neuen energischen Vorstöße der Boeren im Rücken der Hauptarmee haben aber den Frldwarschall Lord Robert- nicht mehr von seinem Hauptziele Pretoria abzulenken vermocht. Er ist vor der Hauptstadt der Südafrikanischen Republik erschienen, und diese hat, obwohl stark befestigt, oha« den Versuch eines Widerstandes kapituliert.
Offenbar haben di« Engländer diesen neuen, überraschenden Erfolg vor allem der Unlust der Boeren sich in Festungen einschließen zu lassen, zu verdanken. Da di« Boeren aber nur im Guerillakriege, in Ueberfällen, Kriegslisten und Verteidigungen aus gedeckten Stellungen stark sind, Festungen dagegen weder zu nehmen noch zu verteidigen verstehen, so liegt er auf der Hand, daß sie durch ihre Gegner schließlich von allen wichtigen und beherrschenden Punkten verdrängt werden. Für wen haben sie nun Pretoria in jahrelangen Anstrengungen befestigt? Doch ausschließlich für die Engländer! Da- ist es ja gerade, v>as diese wollen: in starke, unangreifbare Stellungen rin- rücken, sich dort sestsetzen und eS nun den Boeren überlassen, sie von dort zu vertreiben.
Er tritt jetzt dir ungewöhnliche, in der Kriegsgeschichte ziemlich beispiellos dastehende Erscheinung ein, daß ein kriegführender Teil den Kampf für beendet ansieht, der andere noch nicht. Die Engländer haben Johannesburg, Pretoria und di« Goldfelder — mehr brauchen sie fürs erste nicht. Nachdem sie di« Bahnverbindung mit Laurenz» MarqueS sichergrftellt haben, werden sie vermutlich darauf verzichten, den Boeren in ihre Berge und Steppen zu folgen, und nach Zurücklassung eine- Okkupationheeres in wohl- verschanzten Stellungen einen großen Teil ihrer Streitkräft« aur Südafrika zurückziehen. Sollten die Boeren dann auf- neue zum Angriffe Vorgehen, dann können diese nur die Eisenbahnverbindungen unterbrechen und die Hauptstädte umlagern, nicht aber die Engländer wieder aus dem Lande treiben.
Da- deutsche Volk muß diesen Ausgang de- Krieges auf das tiefste beklagen, denn mittelbar kämpften di« Boeren nicht blos für ihre sondern auch für unsere Interessen. Je übermächtiger England wird, desto übermütiger und rück- stchtrlos« wird es auch. Der Sieg der englischen Heere in Südafrika ist gleichbedeutend mit dem Sieg« de- englischen Kapitals, der englischen Industrie.
Kammer der Abgeordneten.
* Stuttgart, 7. Juni. (123. Sitzung.) Auf der Tagesordnung steht der Antrag des Abg. Eggmann, betreffend ^EVerteilung der Schulkosten. Diese sollen uicht mehr »ach der Anzahl der im Schulverbande stehenden Familien, wndern nach der Steuerkraft der Beteiligten verteilt werden.
wird der Schulkommission überwiesen. ES Eag der Kommission für Gegenstände der inneren Berwaltung und die Bitte der Buchbinder um Erlaß eines «ervotes an die Lehrer, künftig Schulartikel zu vertreiben. R ^"llkren Debatte wird der Antrag auf teilweise
eruckstchtigung der Bitte angenommen. Zuletzt erledigt me Kammer noch die Prüfung der ständischen Kassenrechnungen.
* Stuttgart, 7. Juni. (Kürzung der kaufmännischen Lehrzeit.) Ueber 50 Stuttgarter Firmen haben sich auf Anregung de» Stuttgarter Handels»««»- und der höheren Handelsschule bereit erklärt, solchen jungen Leuten, welche die obere Abteilung der Handelsschule (Aufnahmebedingung: EtnjährigenzeugniS) besucht haben, eine Kürzung der Lehrzeit um «in Jahr zuzugestehen.
* Heilbronn, 8. Juni. Ein« abstürzende Steinschicht erschlug heute nachmittag in den Sandsteinbrüchen beim Jägerhaus zwei verheiratete Arbeiter von Gruppenbach und verletzte «inen Drittten erheblich.
* Heilbronn, 8. Juni. Die beiden Kinder deS Straßenbahnführers Bohn wurden gestern abend in Willsbach bei ihrer Großmutter aufgefunden.
* (Verschiedener.) In Cannstatt ist ein Kanonier der dortigen Artillerieabteilung ertrunken. — Freiherr v. Münch ist einer Notiz der „Reich-post" zufolge aus Winnenthal, wohin er auf Anordnung der Rottweiler Strafkammer in voriger Woche verbracht worden war, wieder entlassen worden. — Auf dem Bahnhof in Gerabronn wollt« Metzgermeister Gerhäuser von Langenburg in den schon in Bewegung gesetzten Zug einsteigen, geriet dabei unter die Räder, wobei er quer durchschnitten wurde. — Mit eigener Lebensgefahr rettete der 11jährige Sohn des StadtpflegerS L. in Nagold einen 10jährigen Kameraden vom Tode de- Ertrinkens. — Der Metzger Fetzer von Schorndorf, der vor einigen Tagen von einem Pferde derart an den Kopf geschlagen wurde, daßer bewußtlos vom Platze getragen werden mußte, ist nun gestorben. — Der Säger Wilhelm Gaiser von Baier-bronn, welcher bei F. A. Braun in Oppenau in Arbeit stand, hat sich daselbst erhängt, weil di« Eltern seiner Geliebten ihr« Zustimmung zur Heirat versagten.
* Pforzheim, 6. Juni. Frau Witwe Emma Jäger, geborene Kiehnle, hat durch letztwillige Verfügung zu Gunsten gemeinnütziger, wohlthätiger und kirchlicher Bestrebungen insgesamt 908 000 Mk. der Stadtgemeinde Pforzheim testamentarisch vermacht. Die Ueberraschung ist hier um so größer, als bisher in Pforzheim Zuwendungen von auch nur annähernd ähnlicher Höhe nicht vorkamen.
* Die alten Thaler werden abgeschafft, der Reichstag hat gegen die Stimmen der Konservativen und Antisemiten die Abänderung unsere- Münzgesetzcs angenommen. Daist der letzte Schritt zur Durchführung der reinen Goldwährung. Durch das Umschmelzen unserer alten Silber- thaler in Fünfmarkstücke u. s. w. wird dem Volk eine -Äußerst beliebte Münze entzogen, mit welcher eS ferne Verbindlichkeiten in jeder Höhe bezahlen durfte, während die Marksilbermünzen nur bis zum Betrage von 20 Mk. angenommen zu werden brauchen. Alle die zahlreichen Petitionen auS kleingewerblichrn Kreisen zu Gunsten der Beibehaltung der allbeliebten Thalerstück« sind unbeachtet von der ReichStagS- mehrheit in den Papierkorb geworfen worden, di« merkwürdigerweise zu behaupten wagte, der Thaler sei ein« weniger beliebte Münze im Volk als da- ungefüge silberne Fünfmarkstück.
2 Zur Linderung der Leutenot ist in Deutschland mehrfach die Heranziehung italienischer Landarbeiter vorgeschlagen worden. Die italienische Regierung hat nunmehr gegen die Verwirklichung solcher Maßnahmen Vorkehrungen getroffen. Das italienische Ministerium des Aeußern richtete an alle Bürgermeister Italien- ein Rundschreiben, es könne angesichts der sich breit machenden Agitation für Auswanderung italienischer Landarbeiter nach den preußischen Ostprovinzen nicht nachdrücklich genug vor solcher Auswanderung warnen, die die Landarbeiter in eine schlimmere Lage bringen würden, als sie in der Heimat hätten, vorausgesetzt, daß ihnen garantiert« Verträge nicht einen Verdienst zusicherten, der sie für da- Opfer der Auswanderung entschädigte.
* Köln, 7. Juni. Die Konferenz der HandelSkamwer- vertreter wählte eine neungliedrige Kommission zu Verhandlungen mit dem Kohlensyndikat wegen Abstellung der Kohlennot.
* Jüterbog, 8. Juni. Gestern abend gegen 6 Uhr schlug der Blitz in den Lager-Pulver-Schuppen ein und zündete. Die Chaussee wurde, da man jeden Augenblick «ine Explosion befürchtete, für den Verkehr gänzlich gesperrt. Gegen 8 Uhr erfolgt« auch tatsächlich unter furchtbarer Detonation di« Explosion. Das Magazin enthielt 15 000 Kilogramm Pulver. Das Gebäude selbst ist nicht gänzlich zerstört. Menschenleben sind nicht zu beklagen.
Arrrläir-isHe».
UV) Wien, 8. Juni. Der „Neuen freien Press«" zufolg« beschloß die Konferenz der Obmänner beim Minister
präsidenten, daß Tag- und Nachtsitzungen zur Ermüdung der Obstruktion abgehalten werden sollen. Dir Vertreter der Parteien verpflichten sich, die Beschlußfähigkeit de» Hauser zu organisieren. Den Abgeordneten wird die Anwesenheit bei den Sitzungen zur Ehrenpflicht gemacht.
^ London, 7. Juni. Nach einer Meldung der Agentur Dalziel au» Shanghai haben die Familien der meisten Gesandtschaften, auch der englischen, Peking verlassen, manch« Chinesen folgten diesem Beispiel.
* London, 8. Juni. Die Blätter veröffentlichen Depeschen, worin es heißt, britische Marinesoldaten erhielten Befehl, den Weg nach Peking zu erzwingen. Im Ganzen seien 900 Mann von der Flotte gelandet, em« Streitmacht, welche größer sei, als die aller anderen Mächte zusammengenommen.
* Warschau, 8. Juni. Der Schah von Persien ist gestern hier angekommen. Bei der Fahrt zum Residenz- schlosse bildete die gesamte Garnison in der Straße Spalier.
* Den größten Gewinn aus dem TranSvaalkrieg zieht Rußland. Während England mit der Unterjochung der Buren beschäftigt ist, hat Rußland in Asien sich Vorteil« von unabsehbarem Wert verschafft. Er hat sich Persien finanziell und damit überhaupt unterthänig gemacht; es hat seinen Einfluß in Afghanistan so befestigt, so daß diese» vielumstrittene Nachbarland Indien- England für immer verloren ist. Weiter hat sich Rußland dar nördliche China wirtschaftlich erobert, er hat ein Eisenbahnmonopol im Norden KleinasienS sich verschafft, «S hat die englisch-japanisch« Vorherrschaft in Korea gebrochen und den schönsten Hafen Korea», Masampfo, sich angeeignet. Diesen freien Hafen am Stillen Ozean hat Rußland seit Jahrzehnten erstrebt. Hier legt eS nun seine Flotte fest, gewinnt damit die hervorragendste Machtstellung im Stillen Ozean und sein Einfluß auf China und Japan ist unüberwindlich.
'lV. Tientsi» , 8. Juni. (Reutermrldung v. 7. dr.) Der Eisenbahndienst zwischen Tientsin und Peking ist wieder eingestellt. Die Behörden weigerten sich, den englischen Soldaten die Benützung der Eisenbahnlinie zu gestatten, obgleich die Engländer sich erboten, die Linie wiederherzustellen, wie di, Behörden es wünschten. H:ute sind 75 Mann österreichisch- ungarischer und 80 Manu russischer Truppen hier einge- troffen.
* Lourenzo Marques, 7. Juni. Der New-Aork- Herald meldet von hier, Präsident Krüger habe auf da- Anerbieten, laut dessen jedem nach den Vereinigten Staaten au-wandernden Transvaal« 100 Acker überlassen werden sollen, mit folgenden Worten geantwortet: „Wir danken für Ihr hochherziges Anerbieten, aber meine Bürger sind entschlossen, bis zum Tode für ihr eigene- Land und ihr« Unabhängigkeit zu kämpfen."
'W. Lourenzo Marques. 8 Juni. Der amerikanische Konsul HolliS ist von seinem Besuche, den er dem Präsidenten Krüger in Machadedorp abstattrte, hierher zurück- gekehrt. HolliS, der mit Krüger rin« längere Unterrdung hatte, hat demselben dem Vrrnehmen nach freundschaftliche Mitteilungen der amerikanischen Regierung überbracht, in denen Präsident Krüger gedrängt wird, Frieden-Verhandlungen einzuleiten.
Nachrichten vom südafrikanischen Kriege
* Allmählich kommt etwas Licht in di« Ereignisse, welche sich vor der Besetzung Pretoria.- durch die Engländer zugrtragen haben. Es ist nicht recht verständlich, warum Lord Roberts keine Einzelheiten über da- Bombardement vom 4. Juni gemeldet hat, denn da- Ergebnis war doch insofern ein für die Engländer günstiges, als die Buren am Tage darauf ihre Stellungen räumten. Daß sie alle ihre Geschütze, enorme Massen Proviant und obendrein noch 1600 englische Gefangene Mitnahmen, mag dem britischen Oberbefehlshaber recht ärgerlich gewesen sein, aber r- ist doch nicht- Neue», daß die Buren in ihren Bewegungen noch viel rascher als di« Engländer sind. Mit Ausnahme der Mitkämpfer des StarrkopfeS Cronj« haben die Engländer noch kein« größere Truppenmacht der Buren zur Uebergabe zwingen können.
* Dem Bureau Lassan wird aus Pretoria berichtet» daß am Dienstag morgen folgende- Telegramm deS Ausführlichen Raad in Pretoria eintraf: „Regierung und Volk find einig in dem Entschluß, den Kampf im Bezirke Lyden- burg fortzusetzen, solang« noch Leben in ihkien ist."
^V. London, 8. Juni. Dem Reuter'schen Bureau wird au- Leribe vom 5. d. gemeldet: General Rundle führte mit einer starken Abteilung ein« Rekognoszierung nordöstlich von Hammonia au- und kundschaftete dabei die Lage de- BurenlagrrS aus. Nach der Rekognoszierung ist Rundle in- Lager zurückgrkehrt.
Verantwortlicher Redakteur: W. Kieker, Mensteig.