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Sonntag, 13. Juni

1897.

In Altensteig findet ^ dem von der Stadt- Gemeinde zur Verfügung gef Men Musterungsplatz am Donnerstag de« 1. Juli d. I., vorm. 10 Uhr, eine staatlicheBezirks-Rindviehschau statt.

Zugelaffen werden zu der Schau

Zuchttiere des roten und Fleckviehs,

nämlich

a) Farren, sprungfähig, mit 24 Schaufeln;

b) Kühe, erkennbar tragend oder in Milch, mit höchstens 3 Kälbern.

Preise können bei der Schau in nachfolgenden Abstufungen zuerkannt werden:

a) für Farren zu 140, 120. 100, 80

b) für Kühe zu 120, 100, 80, 60

Uebrigens wird bemerkt, daß die Höhe, wie auch

die Zahl der zu vergebenden Preise jeder Abstufung erst bei der Schau selbst unter Berücksichtigung der Beschaffenheit der vorgeführten Tiere endgiltig fest­gesetzt wird.

Diejenigen, welche sich um Preise bewerben wollen, haben ihre Tiere mindestens 10 Tage vor der Schau bei dem Oberamtstierarzt unter Benützung der von diesem zu beziehenden Anmeldescheine anzu­melden und spätestens bis zu der oben angegebenen Zeit auf dem Musterungsplatz aufzustellen.

Württsrnbrrgtscher Landtag

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 10. Juni. (145. Sitzung.) T.-O.: Bericht der Steuerkommission über den Entwurf eines Gesetzes betr. die Einkommensteuer. Das Haus tritt in die Tagesordnung ein. Berichterstatter ist Abg. Gröber. Derselbe macht einige allgemeine Mit­teilungen über den Gang der Verhandlungen in der Kommission und spricht die Hoffnung aus. daß in solchen Punkten, wo eine Einigung in der Kommission nicht erzielt wurde, dies im Plenum der Fall sein werde. Der Kommissionsbericht sei so ausführlich, daß dem Berichterstatter gestattet werden könne, sich auf den­selben im wesentlichen zu beziehen. Minister Dr. v. Ri ecke spricht seine Befriedigung darüber aus, daß das Haus noch in dieser Tagung in die Beratung des Gesetzentwurfs einzutreten beschlossen habe. Es sei allerdings auch höchste Zeit. Der Kommissionsbericht sei mit einer Ausführlichkeit und Gründlichkeit aus­gearbeitet, wie es noch selten im Hause der Fall ge­wesen fei. Er könne jetzt schon sagen, daß die Re­gierung mit einer Reihe von Kommissionsbeschlüssen sich einverstanden erklären könne. Die Kommission beantragt, dem Art. 1, welcher die steuerpflichtigen Personen behandelt, noch einige Bestimmungen beizu- firgen, welche die Frage der Steuerpflicht im Falle des unterbrochenen Aufenthalts u. s. w. regeln. Frhr. v. Ow und Ministerialrat Fischer sind für den Regierungsentwurf. Abg. Gröber bittet, den Kom- Missionsbeschluß anzunehmen. Das Haus beschließt demgemäß. Zu Art. 2 nimmt das Wort Abg. H a u ß - mann. Der Artikel bestimmt, daß juristische Personen und Stiftungen, Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und die Erwerbs- und Wirtschafts­genossenschaften, welche in Württemberg ihren Sitz haben, einkommensteuerpflichtig sind. Redner geht eingehend auf den Inhalt des Artikels ein, man stehe vor der Frage, ob man hier die juristischen Gesichts­punkte auf die Steuergesetzgebung übertragen wolle. Selbstverstäydlrch fei es nicht, die juristischen Personen hier zu behandeln, wie die physischen Personen. Doch sprechen eine Reibe von Gründen dafür. Man werde im Laufe der Debatte auf die Sache noch öfter stoßen und müsse sich fragen, ob es sich nicht da und dort um ungerechte Doppelbesteuerung handle. Bei dieser Frage komme es mehr auf den wirtschaftlichen Effekt - an, als auf den juristischen. Die Formulierung vermögensfähige Vereine" in der Kommissionsfassung des Art. 2 sei nicht ohne Bedenken. Redner beleuchtet sodann die volkswirtschaftliche Seite der Erwerbs­

gesellschaften, es liege kein Grund vor, die großen rationellen Betriebe einseitig zu sehr zu belasten. Die Stiftungen sind zu besteuern, doch ist auch hier Doppel­besteuerung zu vermeiden. Den Art. 2 werde er annehmen. Abg. Gröber: Die prinzipiellen Bestimmungen des Art. 2 werden noch später bei verschiedenen Einzel­bestimmungen zur Sprache kommen. Dem Vorredner sei zuzugeben, daß Art. 2 von großer Tragweite sei. Uebrigens sei es ganz richtig und sicher praktisch, die juristische Fiktion auf das Gebiet der Steuergesetz­gebung zu übertragen. Redner tritt einzelnen Aus­führungen des Vorredners gegenüber. Mit derDoppel­besteuerung" sei es nicht so schlimm. Härten müssen natürlich vermieden werden. Es ist aus praktischen Gründen notwendig, die juristischen Personen zu be­steuern, Berücksichtigungen und Nachlässe in einzelnen Fällen seien notwendig. Abg. Haußmann-Ba- lingen: Dem Steuergesetz ist nichtBerücksichtigung", sondernGerechtigkeit" zu Grunde zu legen. Er sehe nicht ein, weshalb wohlthätige Stiftungen mehr be­rücksichtigt werden sollen, als z. B. solche für wissen­schaftliche Zwecke. Ministerialrat Fischer: Die juri­stischen Personen können von der Steuerpflicht nicht befreit werden. Gegen die Fassung des Art 2 nach dem Kommissionsbeschluß hat die Regierung nichts einzuwenden, da ein materieller Unterschied nicht be­stehe. Abg. Gröber erwidert dem Abg. Haußmann, daß er auch auf dem Boden derGerechtigkeit" stehe. Gerade deshalb werde man in den einzelnen Fällen genau zu prüfen haben. Der Art. 2 in der Fassung der Kommission wird angenommen. Art 3 wird ohne Debatte angenommen. Art. 4 enthält die Bestimmung über steuerfreie Personen. (König, Königin, Gesandte, Gesandtschaftsbeamte, Staatsanstalten, Fonds, Unter­richts- und Erziehungsanstalten, die auf der Privat- wohlthätigkeit beruhenden Anstalten und Vereine für müde Zwecke.) Prälat v. Lechler bittet, den Re­gierungsentwurf in der Richtung wieder herzustellen, daß auch den Königlichen Witwen Steuerbefreiung gewährt werde. Minister Dr. v. Riecke tritt gleich­falls dafür ein, ebenso unterstützt Frhr. v. Hermann den Antrag des Prälaten v. Lechler. Die Kommission wirke mit ihrem Beschluß verletzend. Berichterstatter Gröber weist diesen Vorwurf zurück. Es liege kein Grund vor, von dem bestehenden Recht abzugehen. Abg. Haußmann: Die Steuerprivilegien dürfen jetzt nicht ausgedehnt werden. Die Ausführungen des Frhrn. v. Hermann hätten können unterbleiben. Er gebe den Antragstellern anheim, ihren aussichtslosen Antrag zurückzuziehen. Frhr. v. Hermann polemi­siert gegen den Vorredner. Prälat v. Lechler: Man solle das bestehende Recht belassen. Bericht­erstatter Gröber: Was Herr v. Lechler wolle, sei nicht bestehendes, sondern wäre neues Recht. Abg. Haußmann weist einige Aeußerungen des Frhrn. von Hermann zurück. Für eine Verbeugung gegen den Thron sei die Volkspartei nicht zu haben, wenn es sich hiebei um eine Beugung der Üeberzeugung handle. Prälat v. Sandberger hält es für zweckmäßig, wenn v. Lechler seinen Antrag zurückziehen würde. Prälat v. Lechler entspricht diesem Wunsch. Ziff. 14 werden genehmigt. Abg. Haußmann bean­tragt die Steuerbefreiung von kirchlichen Fonds nicht zu genehmigen. Prälat v. Sandberger verteidigt diese Bestimmung, es handle sich hiebei evangelischer- seits eigentlich nur um den geistlichen Unterstützungs­fonds, dessen Verhältnisse Redner eingehend schildert. Die Leistungen des Fonds werden von den Empfängern versteuert. Eine Doppelsteuer wolle ja der Abg. Hauß­mann nicht. Bei der kath. Kirche handelt es sich hiebei um den Jnterkalarfond. Hier liegen die Verhältnisse ganz ähnlich. Der Reservefonds sollte allerdings ver­steuert werden. Abg. Haußmann-Balingen be­gründet seinen entgegengesetzten Standpunkt. Die in Frage stehenden Fonds seien früher auch nicht steuer­frei gewesen. Auch die Gemeinden seien nicht steuer­frei. Man könne ja dann die einzelnen Empfänger

steuerfrei belassen. Prälat v. Sandberger: Es handelt sich nicht um Befreiung der Kirche gegenüber der bürgerlichen Gemeinden. Die Kirchengemeinden seien ja auch nicht steuerfrei. Der Standpunkt des Vorredners sei nicht haltbar. Abg. Rembold: Seine Freunde werden dem Antrag v. Sandberger beitreten. Es handle sich nicht um ein Privilegium für die Kirche. Das Kirchengut habe der Staat. Abg. Sachs tritt für den Antrag Haußmann ein. Man müsse sich mög­lichst vor Steuerbefreiung hüten, dem Standpunkt der Gerechtigkeit könne anderweitig Rechnung getragen werden. Abg. Haußmann polemisiert gegen den Abg. Rembold. Der Staat leiste mehr, als was der Höhe des Kirchenguts entspreche. Berichterstatter Gröber steht auf dem Standpunkt des Herrn von Sandberger, den er nachdrücklich unterstützt. Der Staat sollte anerkennen, daß hier besondere Verhält­nisse vorliegen. Minister Dr. v. Riecke spricht sich in gleichem Sinne aus. Auch aus praktischen Gründen kommt man zu dem Antrag v. Sandberger. Der An­trag v. Sandberger wird in namentlicher Abstimmung mit 40 gegen 38 Stimmen angenommen. Der Antrag Haußmann ist damit abgelehnt.

Landesrrachriihts«.

* Herrenalb, 9. Juni. Wie derPf. B." hört, sind die Arbeiten an der Bahn Karlsruhe-Herrenalb so weit vorgeschritten, daß die Einweihung der Bahn schon auf 15. August festgesetzt ist. Ueber die weitere Fortsetzung der Bahn von Herrenalb nach Pforzheim sollen noch Verhandlungen mit den einzelnen Gemein­den und der württembergischen Regierung schweben.

* (Verschiedenes.) In Winnenden bestieg das 45jährige Söhnlein des Oekonomen Wahl die Glasbedachung der Werkstätte des Schlossermeisters Drück; das Dach brach durch, infolgedessen fiel der Knabe auf den Zementboden herab und verletzte sich derart, daß er bald darauf starb. In Höfen bei Winnenden fiel ein 80 Jahre alter Mann beim Kirschen­pflücken so unglücklich vom Baume, daß er alsbald eine Leiche war. In Wolfschlugen, OA. Nürtingen, hat sich ein verheirateter Fabrikarbeiter, Vater von 7 Kindern, erhängt. Am Mittwoch nacht ist in Weiler (Kirchheim u. T.) das Oekonomie- gebäude des Bauern Flogaus abgebrannt. Am Pfingstmontag feierte in Sommenhardt der 76- jährige, frühere Bürgermeister, Jakob Schroth mit seiner Ehefrau das seltene Fest der goldenen Hochzeit.

Ausländisch«».

* Budapest, 10. Juni. In Gyoma tötete der reiche Gutsbesitzer Heinbach seine Frau, drei Kinder und sich selbst aus Verzweiflung darüber, daß das Hochwasser ihm so kolossalen Schaden zugefügt hat.

* Paris, 10. Juni. Lockroy hat zu dem Budget pro 1898 den Antrag gestellt, um 260 Mill. Staats­güter zu veräußern und die Summe für die Marine und die Neuanschaffung der Artillerie zu verwenden.

* Lille, 11. Juni. Ein Eisenbahnzug in der Richtung LilleDünkirchen überfuhr eine Radfabrer- schar; drei Radfahrer wurden sofort getötet.

* London, 11. Juni. Nach einer Meldung des Reuter'schen Bureaus aus Djedda ist daselbst der Ausbruch der Pest offiziell bekannt gegeben worden.

D Der internationale Bergarbeiter-Kongreß in London nahm einstimmig einen von der Föderation der Grubenarbeiter Großbritanniens eingebrachten Beschlußantrag an, wonach die Arbeitgeber für alle Grubenunfälle verantwortlich sein sollen, wie auch immer die Bestimmungen über die Haftpflicht in dem betreffenden Lande lauten.

L Konstantinopel, 10. Juni. Der Sultan läßt auf Kosten seiner Privatschatulle sämtliche Trup­pen der Operationsarmee in Thessalien und Epirus neu ausrüsten. Gegen 30000 Uniformen gingen be- reits dorthin ab.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.