In der Nacht bemerkte man eine rothglühende Wolke, die sich immer mehr ausdehnte und auf dem Kandang - Hügelzuge zu ruhen schien; je größer sie wurde, desto heftiger wurden die Erderschütterungen, der Erdboden spaltete sich; die glühenden Felsblöcke Hagelten mit erneuter Heftigkeit nieder, und die armen Menschen glaubten alle dem Untergange geweiht zu sein. Auf den Marktplätzen standen sie in dichten Gruppen beisammen; zermalmte Leichname lagen unbeachtet und unbeweint unter den Lebenden; das Wimmern der Sterbenden erregte kein Mitleid, Alles war so überwältigt von der Macht der Elemente und harrte des Endes. So verging die Nacht und nach langen, langen Stunden langen Wartens begann es endlich wieder Tag zu werden. Die Wolke verzog sich, der Aschenregen hörte auf; die Vulkane spieen noch Feuer und Lavaströme aus, aber keine Steinblöcke durchsausten mehr die Lüfte und die Menschen wagten es wieder, sich umzusehen. Die Welt um sie war verändert; die üppige Pflanzenwelt war unter einer fußhohen Aschenschichte begraben und der Anblick der Insel ganz verändert. Wo der 65 Meilen lange Hügelzug von Kandang sich mit seinen reichen Dörfern und Kaffeeplantagen erhoben hatte, brauste jetzt das Meer; die Insel Krakatoa mit ihrem 2000 Fuß hohen Vulkane war verschwunden; von den 16 Leuchtthürmen, die der Sundastraße entlang standen, war nichts zu sehen; dagegen erhoben sich langsam aus den noch immer wild tosenden, kochendheißen Gewässern des Meeres 14 neue Vulkane, und die furchtbare Wandelszene wurde durch die Spaltung des feuerspeienden Berges Maha Meru in 7 neue Vulkane, die ein einziges Feuermeer bildeten, würdig abgeschlossen. Nachmittags versanken plötzlich die Menak- und mittleren Inseln im Meere und von da an trat verhältnismäßig Ruhe ein, obzwar bis zu diesem Augenblicke alle Vulkane noch in heftigster Thätigkeit sind. Soweit sich das angerichtete Unheil bis jetzt überblicken läßt, fanden an hunderttausend Menschen theils im Meere, theils in den Lavaströmen, dann durch den Steinregen und unter den einstürzenden Häusern ihren Tod. Am Seeufer liegen tausende zum Theil gräßlich verstümmelte Leichen; das Meer wirft Unmassen todter Fische und anderer Seegeschöpfe aus, während die Flüsse aus dem Innern Menschenleichen, todte Tiger, Nashörner, Schlangen rc. angeschwemmt bringen. Die Verpestung der Luft ist eine unsagbare und kann die schlimmsten Folgen nach sich ziehen. Zudem ist es schwer, der bedrängten Bevölkerung Hilfe zu bringen. Die Schifffahrt ist durch die Veränderungen des Landes gefährlich geworden; das Meer ist überdies auf Meilen hinaus mit einer mehrere Fuß dicken Schichte von Bimsstein und Lavaschlacken bedeckt, durch welche durchzudringen es ganz unmöglich ist. Das schöne Java ist durch dieses furchtbare Naturereigmß auf lange hinaus wirthschaftlich ruinirt, und der Jammer der armen, so schwer betroffenen
Einwohner spottet jeder Beschreibung. Holland selbst ist durch dieses Unglück in große Trauer versetzt; viele Familien haben Angehörige verloren und die Handelsverluste der holl. Firmen dürften sich auf Millionen belaufen.
Laudesmchrichteu.
Liebenzell, 5. Sept. Gestern Nacht gegen 11 Uhr wurden wir durch Feuerlärm aus dem Schlaf geschreckt. Eine riesige Flammengarbe lohte gen Himmel. Die vereinzelt an der Nagold gelegene Beschlägfabrtk von Weiblen u. Brecht brannte lichterloh. Die Feuerwehr, welche sofort auf dem Platze erschien, mußte ihre Thätigkeit darauf beschränken, das an die Fabrikräume anstoßende Wohnhaus zu schützen, was, da der Winv günstig und Wasser in Ueber- fluß vorhanden war, verhältnißmäßig leicht gelang. Nach einer Stunde schon war das vor kurzem errichtete Gebäude im Innern ausgebrannt und seine Wände mit Feuerhacken zum Einsturz gebracht. Allgemein werden die thäti- gen Fabrikbesitzer, welche schon einmal wegen Wafsersnoth schwer zu leiden hatten, und ihre Arbeiter, denen durch den Brand der Verdienst entzogen ist, bedauert, lieber die Entstehungsursache des Brandes hat man vorerst keine Anhaltspunkte. (S. M.)
Stuttgart, 4. Sept. Wegen Ablebens Sr. König!. Hoheit des Grafen von Chambord ist Hoftrauer auf 8 Tage in vierter Abstufung der Hoftrauer-Ordnung angeordnet worden.
Großbottwar, 3. Sept. Metzger Bauer von hier ließ dieses Frühjahr zur Aussaat Hanfsamen von Hohenheim kommen. Unter demselben waren einige Rettigkörner, welche mit dem Hanfsamen aufgingen. In voriger Woche brachte er nun einen der Retlige nach Hause, welcher 8Vs Pfd. wog. (N. Zig.)
Von der Alb, 2. Sept. Zwei ungewöhnliche Passagiere wurden dieser Tage von Mün- singen nach Urach befördert. Einige junge Leute, welche in später Stunde angeheitert nach Hause gingen, stießen auf zwei heimaihlose Gänse und sperrten dieselben in den Postwagen. Der Zufall wollte, daß mit dem Frühwagen keine Person fuhr und der Postknecht zu kontroliren vergaß. Nicht klein aber war sein Erstaunen, als ihm beim Oeffnen der Thüre in Urach die beiden geschnäbelten Insassen entgegen gackerten. Eine kleine Fahrgebühr wird wohl den Wizmachern nachträglich von Gerichtsständen zugestellt werden.
Thannheim, 3. Sept. Zum zweiten- male innerhalb 4 Wochen wurden die hiesigen Einwohner gestern Abend um 8 Uhr durch Feuerrufe erschreckt; es brannte das getrennt stehende Oekonomiegebäude des unteren Müllers Xaver Graf. Vieh und Pferde wurden gerettet, dagegen vermochte man dem schrecklichen Feuer, genährt durch die reichen Getreide- und Futter- vorräthe, keinen Einhalt mehr zu thun. Glücklicherweise konnte dasselbe auf seinen Herd beschränkt werden, Dank des einige Stunden zuvor gefallenen Regens. Angst und Schrecken er
reichten ihren Höhepunkt, als durch den Einsturz des hohen, massiven Giebels zwei hiesige Männer verschüttet wurden. Der eine — Josef Ruf 19 Jahre alt — war sofort todt; der andere — Kaufmann Herman — ein Mann in den besten Jahren, starb nach wenigen Stunden, ohne noch zum Bewußtsein gekommen zu sein. Die ganze Gemeinde betrauert die Verunglückten, die im Dienst der Nächstenliebe den Tod gefunden. Allgemein wird Brandstiftung ver- muthet.
Deutsches Reich.
In Berlin wird dem „Fr. I." zufolge der Besuch des rumänischen Ministerpräsidenten Bratiano in Wien und in Gastein, als ein Beweis für die Bestrebungen Rumäniens aufgefaßt, die schon durch den König Karl angeknüpften Beziehungen zu dem deutsch-österreichischen Bündniß auf eine dauernde Grundlage zu stellen.
— Der Bundesrath sollte in dieser Woche noch eine Plenarsitzung halten, welche sich mit den Reichstagsbeschlüssen beschäftigen wird. Dann dürften die Plenarsitzungen in nächster Zeit seltener werden, da zunächst nur laufende Ver- waltungsangeleqenheiten zu erledigen sind.
— Aus fast allen größeren Orten des Reichs hat der Telegraph über eine würdige Feier des Sedanfestes zu berichten; es wäre auch eigenthümlich, wenn Frankreich seinen Nationalfesttag (14. Juli) feiern, die Deutschen aber ihren 2. September ungefeiert lassen sollten.
— Gegenüber dem „Journal desDebais", welches behauptet hatte, der Grundzug der deutschen Politik bestehe in dem Bestreben, Frankreich zu isoliren, sagt die „Nordd. Allg. Ztg.": Eine auf Thatsachen gegründete Beurtheilung der deutschen Politik seit dem letzten Kriege würde im Gegentheil nur eine wohlwollende und entgegenkommende Haltung konstatiren können, welche Deutschland gegen Frankreich bewies und auch in Zukunft überall bethätigen wird, wo die französische Interessensphäre sich in legitimer Weise geltend mache. Deutschland beanspruche das Festhalten an der völkerrechtlichen Basis des Frankfurter Friedens, welcher, beiderseits ehrlich respektirt, am besten die friedlichen Beziehungen der beiden Nachbarreiche zu verbürgen geeignet ist. Vorübergehende Trübungen haben ihren Grund einzig und allein in der Neigung französischer Stimmen, den Frankfurter Vertrag als Provisorium hinzustellen. Es liegt also nur an Frankreich, sein Verhältniß zu Deutschland friedlichst zu gestalten. Ob dagegen Frankreich den gegenwärtigen Rechtsbestand allein oder mit einem halben Dutzend Verbündeten zu verändern unternimmt, kommt für Deutschland niemals in Betracht. Unter allen Umständen gilt dann nur das Gebot des Festhalten? bis auf den letzten Mann. Nirgends begegnet die französische Nation einer deutschen Rivalität. Deutschlands Wünsche beschränken sich auf sein gutes Recht. Alle französischen Staats-
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2 ^ §5;
Londoner Geheimnisse. (Nachdruckverboten.)
Erzählungen einer englischen Geh e imp ol izist i n von I-. SotUs.
(Fortsetzung.)
„Mylady," entgegnete ich schnell; „ich denke nicht ans Spionieren! Sie haben mir befohlen, jeden Morgen um 10 Uhr hier einzutreten, und es ist jetzt 10 Uhr. Ich bin erst in diesem Augenblicke gekommen."
Sie sah mich an und blickte auf die kostbare kleine Uhr, welche auf dem Tische lag. — „Es ist wahr," murmelte sie, „ich wußte nicht, daß es schon so spät sei." — Sie schwieg und machte einige rasche Gänge durch das Zimmer, während ich die Journale vom Boden auflas.
„Befehlen Sie das Frühstück, Mylady?" fragte ich endlich.
Die Gräfin war ein wenig ruhiger geworden. — „Höre, Fanny Taylor," sagte sie mit jedoch immer bebender Stimme, nachdem Sie mich einige Zeit scharf fixirt; „ich habe ebenso meine Geheimnisse, wie die meisten jungen Damen meines Standes. Sie mögen unbedeutend sein, aber sie sollen eben Geheimnisse bleiben. Ich will Dir glauben, daß Du jetzt nicht die Absicht gehabt, zu spionieren. Sollte ich aber jemals in dieser Beziehung einen begründeten Verdacht gegen Dich fassen müssen, so werde ich Dich nicht etwa züchtigen oder fortjagen, sondern —" und hier begannen ihre Augen wieder zu sprühen, während sie heftig meinen Arm rüttelte — „sondern ich werde mich rächen! . . . Verstehst Du? Hüte Dich also!"
„Mylady," erwiderte ich mit ebenfalls vor innerer Aufregung zitternder Stimme — denn ihre inhaltschwere Drohung gab mir ja die Gewißheit, daß die Gräfin die Entdeckung eines furchtbaren Geheimnisses zu fürchten habe. — „Mylady, ich werde Ihnen nie Gelegenheit geben, sich an mir zu rächen."
„Ich hoffe es um Deinetwillen. Du bist nun gewarnt also hüte Dich!"
Sie nahm mir die Journale aus der Hand und setzte sich wieder an den Tisch, jene durchblätternd.
Ich blieb still an meinem Platze stehen und wagte erst nach längerer Zeit die Frage wegen des Frühstücks zu wiederholen.
„Du bist noch hier? . . . Nein; ich will noch nichts genießen. Gehe in Dein Zimmer; ich werde klingeln, wenn ich Deiner bedarf.
Ich gehorchte gern. — In meinem Zimmer sank ich auf das Sopha nieder. Ich mußte über das eben Erlebte Nachdenken. Mein Nachdenken führte mich zu folgendem Resultate :
Es war offenbar, daß die Gräfin, von mir überrascht, das Verschließen des Wandschrankes für das Wichtigste gehalten. Dieser Schrank war mir durchaus nicht unbekannt. Er war in der Wand eingelassen, so daß seine deutlich erkennbare Thür, wenn sie geschlossen war, nicht über die Wand hervorragte.
Ich hatte dis Thür während meines Hierseins öfter geöffnet gesehen. Der Raum in der Wand war etwa eine halbe Elle hoch un° breit und kaum eine viertel Elle tief. Die Gräfin, wenn sie im Bette lag, konnte ihn bequem erreichen, ohne sich erheben zu müssen. Sovm ich bisber gesehen, enthielt derselbe ein Fläschchen, kleine Büchsen rc., wohl Stärkungs- und Erquickungsmittel, deren sich die Gräfin in vorkommenden Fällen während der Nacht oder vielmehr während ihrer Nachtruhe bediente; ich hatte ihm daher nie eine besondere Aufmerksamkeit^ gewtv- met. Der Umstand jedoch, daß die Gräfin, als sie in mir eine Spwnm argwöhnte, inmitten ihrer heftigen Aufregung zunächst darauf bedacht war, das Innere dieses Schrankes meinen Blicken zu entziehen dieser Umstand sagte mir deutlich genug, daß ich in diesem Schranke oen
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