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Menstaig, Samstag dm 18. August.

1883.

Ar. 96.

Tagespolitik.

Am Berliner Hofe ist, wie derK. Z." geschrieben wird, die erfreuliche Nachricht einge­laufen, daß König Karl von Rumänien, der als Pathe zur Taufe des jüngsten Sohnes des Prinzen Wilhelm von Preußen eingeladen wor­den, dieser Einladung persönlich Folge leisten und zu dem Zwecke am nächsten Samstag in Begleitung des zur Zeit in Bukarest weilenden rumänischen Gesandten in Berlin, Liteano, in Berlin eintreffen wird. Der König verläßt heute Bukarest und wird die Nacht vom Freitaq zum Samstag in Breslau zubringen. Der rumänische Ministerpräsident Bratianu reiste gestern von Aix-les-Bains ebenfalls nach Berlin, wo er mit dem Könige zusammentrifft. Daß dieser Besuch des rumänischen Königs und seines ersten Mi­nisters in Berlin eine hervorragende politische Bedeutung hat, unterliegt wohl keinem Zweifel.

Aus anscheinend offiziöser Quelle weiß der »Pester Lloyd" zu berichten, daß das deutsch­österreichische Bündniß bereits verlängert wor­den sei.

Versuchsweise ist die Ausrüstung mit dem neuen Mauser-Repetiergewehr nunmehr auch auf die Bemannung des diesjährigen deut­schen Panzer-Uebungsgeschwaders ausgedehnt worden.

Die preuß. Regierung ließ, wie der »F. Z." berichtet wird, dem Vatikan ernstliche Vorstellungen machen über die brutale Sprache des »Moniteur de Rome", welcher schrieb, die Bevölkerung der brandenburgischen Mark sei »ein widerwärtiger und verkrüppelter Misch­masch". Der Vatikan desavouirte den »Moni­teur", die preußische Regierung aber, wissend, daß der »Moniteur" eine jährliche Subvention von 120000 Frcs. von dem Papst erhält, er­klärte sich nicht für zufricdcngcstellt. Die Re­daktion des »Moniteur" besteht größtentheils aus ausgewiesenen Elsässern. Man glaubt, daß die Subvention in Folge dessen am 1. Sep­tember dem »Moniteur" entzogen wird.

Dem »Hamb. Corr." wird aus Kiel gemeldet: Auf der Howaldt'schen Werft, woselbst s. Z. der »Socrates" und »Diogenes" gebaut wurde, werden für China zwei große, besonders rasch laufende Dampf-Korvetten gebaut. Die

Ueberwachung des Baues soll seitens der chine­sischen Regierung einem bekannten höheren deut­schen Marineoffizier a. D. übertragen sein.

Die französische Aktion auf Madagas­kar scheint bedenklich ins Stocken gerathen zu sein. Admiral Pierre ist wirklich zurückberufen worden; Verstärkungen sollen demnächst nach der von den Franzosen besetzten Küstenstadt Tamatave abgehen; von einem Angriff auf die Hauptstadt der Hovas ist zur Zeit keine Rede. Dagegen wissen englische Blätter nicht genug Aufhebens von den Kriegsrüstungen der Mada­gassen zu machen und prophezeien den Franzosen schwere Arbeit.

Der französische Kriegsmtnister wird, wie es heißt, einen Credit von 7 Mill. für die vollständige Mobilmachung eines Armeecorps mit Einbegriff der Pferde- und Maulthter-Re- quistten verlangen. Dieser Mobilmachungs­versuch soll die Besorgnisse beschwichtigen, daß Deutschland schneller als Frankreich zum Los­schlagen fertig sei.

Die Pariser republikanischen Blätter sind entzückt vom 12. August, wo die Republi­kaner bei den Generalrathswahlen in 80 von 90 Wahlkreisen die Mehrheit erlangten. Die Republikaner zeigen sich von ihren Fortschritten so gekräftigt, daß sie in jüngster Zeit wieder reden, als wären sie die Herren Europas, und daß sie mit gewaltigem Säbelgerassel ihren Thibaudin auf seiner Rundreise durch die Sperr­forts an der Ostgrenze begleiten. So begleitet Paris" die Worte des deutschen Kaisers in Ischl:Auf Wiedersehen im nächsten Jahre!" mit der frivolen Auslassung: »Das nächste Jahr, geheiligte Majestät, gehört Gott, Gott allein, wie das Sprichwort sagt. Aber ich mache Ihnen trotz alledem ein Complimentüber das berr- liche Vertrauen, das Sie zu sich, zu Ihren Brüdern, zu Ihrer Langlebigkeit, zu Ihrem Stern mit einem Worte: Mögen Sie lange leben, noch lange, um zu erfahren, welche Possen oft die Geschichte just denen spielt, die am we­nigsten darauf gefaßt sind!" Der »Temps" bringt Berichte voll Selbstgefühl über die Reise Thibaubins, die den Eindruck machen, als wenn Thibaudin den Franzosen sagen wollre, wie Le Boeuf der Frau Eugcnie:Wir sind fertig, überfertig zum Losschlagen!" Die Reisebeschreib­

ung Thibaudins von der Ostgrenze bringt unfern deutschen Militärs nichts Neues; sie ist auf den richtigen Pariser berechnet, dem Muth gemacht werden soll, wenn Challemel und die Gam- bettisten in der nächsten Zeit auf Abenteuer ausgehen und Diplomatie und Presse wieder das alte Lied von den »berechtigten Vorrechten der großen Nation" anstimmen.

Wichtige Schriftstücke sind inLondon angelangt, welche die gegen den Vizekönig von Egypten erhobenen Anklagen wegen der Ur­heberschaft der Massakres von Alexandrien in der stichhaltigsten Weise erhärten sollen. Es befinden sich die beschworenen Aussagen hoch­stehender und hervorragender Personen darunter, die den Ereignissen des Vorjahres nahestanden und die in Egypten einen ausgezeichneten Ruf genießen. Gladstone wird sich aber wohl hüten, auf die Sache näher einzugehen; denn dadurch könnten die eghptischen Wirren nur noch ver­mehrt werden

Die Freunde des Projekts eines un­terseeischen Tunnels zwischen Frankreich und England find trotz des ablehnenden Parla- mentsbeschluffes noch nicht muthlos. Vergan­gene Woche hielt die Tunnelgesellschaft wieder eine Sitzung ab. Die Gesellschaft besitzt ein Vermögen von 26000 Pfund. Sie will jetzt ihr Hauptaugenmerk darauf richten, die öffent­liche Meinung für ihren Plan zu gewinnen.

In Spanien stellt es sich immer deutlicher heraus, -daß die Putsche der vergan­genen Woche einem allgemeinen Auf­stande galten, der aber zu früh losgebrochen ist. ehe alles organisirt war und der mithin wirkungslos bleiben mußte. Die Regierung ist mit den einzelnen Erhebungen ziemlich leicht fertig geworden. König Alfons hat erklärlicher­weise seine Reise nach Deutschland verschoben. Ein Ministerwechsel rst wahrscheinlich, sobald die aufständische Bewegung vollständig unter­drückt ist. Die Regierung hat von Frankreich Maßregeln gegen Zortlla verlangt, die französi­sche Regierung antwortete, sie wisse gar nicht, wo sich der Genannte befindet.

Landesaachrichtcu.

Altenstaig, 17. Aug. L ei herannahen- der Obstreife dürfte es nöthtg und in manchen

vr. Martin Luthers Jugendgefchichte.

Von ürrrst Osoksr. (Nachdruck verboten.)

(Fortsetzung.)

Luthers Geburt und Erziehung im Elternhaus.

Wollen wir Dr. Martin. Luther in seiner Wiege aufsuchen, so müssen wir zurück nach Eisleben. Hier wurde er geboren. Melanch- thon fragte öfters die Mutter Luthers nach der Zeit seiner Geburt. Sie erwiederte jedesmal, daß sie wohl Tag und Stunde anzugeben ver­möge, nicht aber die Jahreszahl. Darüber herrscht also kein Zweifel, daß er am 10. November Nachts 11 Uhr das Licht der Welt erblickte. Doch darf man auch das Jahr 1483 mit ziemlicher Sicherheit als das Geburtsjahr Luthers annehmen, da der rechtschaffene und wackere Bru­der desselben, Jakob, versichert, Martin sei nach der Meinung der ganzen Familie am 10. November 1483 Nachts 11 Uhr geboren. Am Tage nach der Geburt es war an einem Dienstag wurde der junge Weltbürger in der Peter skir che zu Eislebeu getauft und er­hielt den Namen Martin. Sechs Monate war Martin alt, als seine Eltern, wie schon oben berichtet wurde, nach Mansfeld übersiedelten. In Mansfeld entwickelten sich Luthers Anlagen und Kräfte; dort zeigte sich zuerst seine Thärigkeit, und sein Charakter offenbarte sich in Reden und Handlungen. Die Ebenen von Mansfeld lue Ufer der Wipper waren der Schauplatz seiner Spiele mit den Dorfkindern.

Daß der junge Martin von so edlen Eltern, wie er sie hatte, zu allem Guten und Löblichen angehalten wurde, läßt sich denken. Vor allem suchten sie Frömmigkeit und gute Sitten in sein kindliches Herz und Gemüth zu pflanzen. Ein großer Fehler dabei war, daß sie dem Geiste ihrer Zeit gemäß sich oft zu übertriebener, manchmal grausamer

Härte Hinreißen ließen. Der kleine Martin wurde einmal von seinem Vater bei einer Züchtigung so mißhandelt, daß er davon lief und der­gestalt erbittert wurde, daß es seinem Vater, nur schwer gelang, ihn wieder an sich zu gewöhnen. Ein andermal schlug ihn, wie er selbst erzählte, seine Mutter um einer Nuß willen btutig. Bei einem rohe», verstockten Burschen wäre eine solche Behandlungsweise gut angewandt gewesen; aber auf ein so empfängliches und bildungsfähiges Gemüth wie das des jungen Luthers mußte sie einen üblen Eindruck machen. Die Folge war auch, daß er scheu und schüchtern wurde. Erst in spä­teren Jahren machte er sich von diesen Eigenschaften wieder frei, aber nur mit Mühe und Anstrengung. Luther selbst äußerte sich nachher hierüber:Meine Eltern haben mich gar hart gehalten, daß ich auch darüber gar schüchtern wurde und hernach in ein Kloster lief und ein Mönch ward: sie meinten es zwar herzlich gut, aber sie wußten die Ingenia (Verstand, Fähigkeiten) nicht zu unterscheiden, nach welchen die Strafen einzurichten." Uud an einem andern Ort:Meiner Mutter Ernst und gestreng Leben, das verursachte mich, daß ich in ein Kloster lief."

In dem zarten Al-er von sieben Jahren mußte Luther zur Schule gehen. Oft mußte ihn sein Vater dorthin tragen. Hie und da besorgte diesen Liebesdienst auch ein Hausfreund Namens Nikolaus Emler, welcher später Luthers Schwester heirathetc. Fünfzig Jahre später er­innerte der gefeierte Reformator seinen alten Schwager an diesen rüh­renden Beweis der Zuneigung in den ersten Jahren seiner Kindheit und schrieb es auf die ersten Blätter eines Buches, das er seinem alten Freunde schenkte.

Sein Lehrer in Mansfeld war ein unfreundlicher, mürrischer Mann, der von der Gabe des Unterrichtens nur wenig besaß und deswegen alles Heil für die Schule in seinem Haselstock suchte. Der kleine Mar