bara Grötzinger. Diese wollte Ruhe stiften wohl in der Sorge um ihren Sohn, wurde aber von Vötterle an die Thüre gedrängt und mit den Worten:Schmeißt das Lumpenpack hin­aus" mit einem gewaltigen Fußstoß die Treppe hinabgeschleudert. Sie fiel so unglücklich mit dem Hinterkopf auf einenStein, daß sie sofort bewußtlos wurde und wenige Stunden darauf starb. Als Thäter wurde Vötterle von 4 Zeugen ganz be­stimmt erkannt, während er behauptete, er er­innere sich an gar nichts mehr, es könne das ebenso gut jemand anders gewesen sein. Den Geschworenen wurde nur eine Frage vorgelegt, auf Ersuchen des Vertheidigers, Dr. Häußler, aber noch eine zweite nachmildernden Um­ständen" beigesügt. Die Staatsanwaltschaft wandte sich aber gerade gegen diese und be­hauptete, es sei ohnedies schon der mildere Fall angenommen worden, da hier eigentlich die Frage des Todtschlags in Betracht komme. Für eine so scheußliche Rohheil seien Milderungsgründe nicht zu finden. Die Vertheidigung bat auch in diesem Fall, die Sache leidenschaftslos zu prüfen und das um so mehr, als die Thäter- schaft des V. eben bestimmt doch nicht bewiesen sei. Es handle sich hier nur um einen unglück­lichen Zufall, für den V. nicht verantwortlich gemacht werden könne. Die Geschworenen wa­ren aber anderer Ansicht, sie bejahten die Schuld­frage, ohne mildernde Umstände zuzulassen, wo­rauf Vötterle zu einer Zuchthausstrafe von 5 Jahren verurtheilt wurde, an denen 4 Monate in Abzug kommen. Die Staatsanwaltschaft hatte 4 Jahre 6 Monate beantragt. Gleich­zeitig wird öjähriger Ehrverlust gegen V. aus­gesprochen. Die nächsten noch zur Verhand­lung kommenden 3 Fälle betreffen sämmtlich Meineid.

Friedrichshafen, 12. Juli. Seine Majestät der deutsche Kaiser, der Großherzog und die Großyerzogin von Baden, der Kron­prinz und die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen, der Erbgroßherzog von Baden, der Prinz Ludwig von Baden und der Fürst von Fürstenberg mit Tochter, find heute Abend gegen 6 Uhr zum Besuch Ihrer Königlichen Maje­stäten hier eingetroffen und nach einstündigem Aufenthalt wieder nach der Mainau zurück­gekehrt.

Ein junger künftiger Vaterlandsvertheidiger, der wohl keine allzugroße Sehnsucht nach der Kaserne verspüren mochte, suchte sich beim letz­ten Ersatzgeschäft in Oberndorf dadurch vom Militär-Dienst frei zu machen, daß er vorgab, er sei auf einem Auge blind. Die vorgenom­mene ärztliche Untersuchung hat aber das Er- gebniß gehabt, daß der junge Mann wegen Anwendung von auf Täuschung berechneten Mitteln, um sich der Wehrpflicht zu entziehen, zur Anzeige gebracht, und sofort eingesteckt wurde.

Bopsin gen, 13. Juli. Gestern kam von einem zu Chicago in Nordamerika wohnenden Bopfinger eine Postkarte hieher, deren Inhalt die Entdeckung des Postmeisters Kettnacker be­

stätigt. K., der sich unter dem Namen Krieg in Chicago aufgehalten habe, sei durch eine New- Uorker Zeitung entpuppt worden.

Ulm, 13. Juli. Gestern Nacht wurde in einem hiesigen Gasthof ein junger Ehemann aus Stuttgart, der seiner Frau, welcher er die ganze Haushaltungseinrichtung zuvor verkauft hatte, durchgebrannt war, sammt seiner früheren Ge­liebten verhaftet. Das saubere Pärchen wollte eine Lustreise nach Wien und von da nach Turin machen. Der Ehemann wurde heute nach Stutt­gart durch einen Angehörigen zurückspedirt, während seine Geliebte hier zurückbehalten und dem Gerichte übergeben wurde.

Vom oberen Neckarth al schreibt man demSch. M.": vor etwa 8 Jahren wußte man bei uns so viel wie gar nichts von den Schnacken und seitdem sind sie zu einer wah­ren Landplage geworden, die sich Heuer bis an das Unerträgliche gesteigert hat; denn wäh­rend dieselben sonst mehr im Herbst ihr Unwesen trieben, sind sie Heuer schon im Frühling und in viel größerer Menge aufgetreten als sonst. Die Nächte werden dadurch statt zur Stärk­ung und Erholung zu einer wahren Plage, und Mancher steht ermatteter auf, als er sich niedergelegt hat; ganz besonders haben die Kinder darunter zu leiden. Etwas schützen kann man sich gegen diese Blutsauger dadurch, wenn man Abends, so bald es kühler wird, die Fenster schließt und auf die im Zimmer befind­lichen Jagd macht, auch die ganze Nacht eine Lampe brennen läßt, an deren Oelkugel dann am andern Morgen viele sich angeklebt vorfinden.

Heilbronn, 13. Juli. Der Gauturn­verein vom unteren Neckar wollte nächsten Sonn­tag den 15. Juli hier ein Gauturnfest abhalten. Dieses darf aber in Folge Verbots des K. Oberamts nicht stattfinden. Die hies. Aerzte haben lautN.-Z." bet den Pockenerkrankungen konstatirt, daß hauptsächlich Solche von der Krankheit betroffen wurden, welche nicht revac- cinirt waren. Unter den in diesem Jahre mit Erfolg Geimpften kam keine Erkrankung vor. Als Schutzmittel gegen die Pockenkrankheit dürfte sich also immer die frische Impfung em­pfehlen.

(Unglücksfälle und Verbrechen.) Ein Knecht des Rappenmüllers, in Blaubeuren führte Bauholz vom Herrlinger Bahnhof nach Asch und wurde unterwegs durch einen Balken, der ihm die Brust eindrückte, getödtet. Das IVr Jahre alte Kind des Wirths Joh. Kraus vonMarschalkenzimmern verunglückte da­durch, daß es in einem unbewachten Augenblick in den Abtritt stürzte, aus welchem es als Leiche herausgebracht wurde. Schon im letzten Winter schwebte dieses Kind in Lebensgefahr, indem es durch das aus einer umgestürzten Lampe aus­strömende entzündete Petroleum starke Brand­wunden erlitt. In Bondorf (tzerrenberg) traf, als der dortige Herr Pfarrer nach be­endeter Kinderlehre den Segen spenden wollte, ihn ein Herzschlag. Er fiel neben dem Altar

um und verschied trotz sofort angewandter ärzt­licher Hilfe schon nach einer Stunde im Pfarr­haus, wohin er von 8 Mann getragen wurde.

Im Ehing er Amt in der Mochenthaler Waldung kam es in den letzten Tagen zu einem Renkontre zwischen einem Forstbeamten und einem Wilderer. Der Forstwächter bemerkte vor sich einen Mann mit einem Gewehr, rief ihn an und verfolgte ihn, als dieser dem Walde zueilte. Plötzlich kehrte der Wilderer um und schoß sein Gewehr aus allernächster Nähe auf den Forst­wächter los. Dieser hatte glücklicherweise beim Springen seine Jagdtasche etwas vorgehalten, und diese Tasche fing den Schrotschuß auf, so daß der Forstwächler unverletzt blieb. Er gab nun ebenfalls einen Schuß auf den Wilderer ab, fehlte aber in der Erregung, worauf der Frevler in den Wald entkam. Tags darauf wurde eine, als Wilderer längst berüchtigte Persönlichkeit wegen dringender Verdachtsgründe verhaftet. Flaschner Stärr von Blau­beuren, der bei dem Brand in Asch verunglückte Feuerwehrmann, ist gestorben. Ein hinzuge­tretener Starrkrampf hat den Tod herbeigeführt.

InDegerl 0 ch stürzte beim Kirschenbrechen der 53jährige Weingärtner Frech von der Leiter, an welcher mehrere Sprossen brachen, und fiel so unglücklich, daß er in Folge des Sturzes das Genick brach und sofort eine Leiche war.

(Selbstmord.) In Cannstatt hat sich der 61jährige frühere Gypsermetster Ban­hardt, der schon seit längerer Zeit in öffentlicher Unterstützung stand, im Neckar ertränkt, nachdem er zuvor seine Taschen mit Steinen gefüllt hatte.

Deutsches Reich.

Berlin, 12. Juli. Fürst Bismarcks Be­finden ist nach den neuesten authentischen Mit­theilungen ein so wenig befriedigendes, daß die Folgen seines Zustandes bereits beginnen, ernst­haft in die politische Sphäre htnüberzugreifen. Der Kanzler hat auf den Rath der Aerzte sogar den gewohnten vertraulichen Umgang mit den übrigen Ministern aufgeben müssen. Die Thetl- nahme, welche den Nachrichten über den Gesund­heitszustand des Fürsten Bismarck hier allge­mein geschenkt wird, ist begreiflich genug.

DerReichsanzetger" publizirt ein Kon- kurrenzausschreiben für den Erweiterungsbau der königlichen Museen in Berlin, wozu alle deutschen Architekten eingeladen werden. Für die besten Lösungen sind vier Preise von je 5000 M. ausgesetzt.

Berlin, 14. Juli. Der König von Preu­ßen hat unterem 11. die kirchenpolitische No­velle genehmigt und vollzogen.

Man schreibt von Berlin: Trotz der wiederholt ergangenen dringenden Abmahnun­gen vor der Auswanderung Deutscher nach Ruß­land haben diese Abmahnungen doch nicht die gewünschten Früchte getragen und es kommen noch immer Klagen und Beschwerden Ausge­wanderter, welchen beim besten Willen keine Abhilfe seitens der zuständigen deutschen Be-

Der Adersmüller.

Lebensbild von Larl SolimslinA.

(Fortsetzung.)

Ganz natürlich hielten die beiden Eheleute und mit dem Pastor auch der Lehrer des Ortes zu der Gutsherrschaft und durften somit ebenfalls als Gegner der Müllerfamilie im Orte gelten. Alle drei hatten sich nach verschiedenen Häckeleien verleiten lassen, böse Nachrichten über Frau Schmidt zu verbreiten. Diese kamen auch dem Müller Schmidt zu Ohren, der sie bis auf ihren Ursprung verfolgte und die genannten drei Personen wegen böswilliger Verleumdung seiner Frau gerichtlich belangte.

Die Folge des Prozesses war die Entlassung des Predigers und Lehrers aus ihren Aemtern.

Mit dem an die Stelle des aus dem Amte entfernten Geistlichen tretenden Pastor hatte sich der Müller auch anfänglich auf recht guten Fuß gestellt u. ein ziemlich freundschaftliches Verhältniß war die Folge davon.

Auf den Wunsch des Müllers ertheilte der Prediger auch den Heranwachsenden Söhnen des ersteren Unterricht und einige Jahre gingen so in leidlichem Einvernehmen hin, doch zeigte der Müller nicht selten im Verkehr mit dem Prediger eine diesen verletzende Ueberhebung. Am nachtheiligsten wirkte indessen vielleicht, daß beide Männer in gewisser Hinsicht gleichen, das heißt eigenwilligen Charakters waren.

Es kam denn auch zum Bruche zwischen ihnen und die Beziehungen der Mühle zum Predigerhause hörten wieder auf. Doch hüteten sich die beiden grollenden Herren recht sehr, es zu wirklicher Anfeindung und heftigem Zanke kommen zu lassen. Man verbarg den Groll und suchte den Schein zu bewahren.

Den Groll! Der Prediger Müller ertappte sich da bei seinen gegenwärtigen Erwägungen auf einer recht unpriesterlichen Neigung. Auch darin hatte also der Doktor Schmidt recht gehabt, als er ihm Vorstellungen deswegen machte. Sollte derselbe vielleicht gar in allen Stücken das Richtige getroffen haben? Beeinträchtigte wirklich eine verwerfliche Ge­reiztheit das eigene Urtheilsvermögen.

Der Pastor verlor sich, während er immer lebhafter im Zimmer umherschrttt, in ein wahres Labyrinth von Gedanken, die erst durch den Ruf, zu Tische zu kommen, beendet wurden.

Man nahm heute im Predigerhause das Mittagsmahl sehr schweig­sam ein, beendete dasselbe auch viel schneller als sonst. Jede einzelne Person schien die Berührung der voraufgegangenen Ereignisse zu scheue« oder doch hinausschieben zu wollen.

Das Anlangen der Schauspielergesellschaft im Dorfe ward auch bald im Pfarrhause bekannt. Es legte zuvörderst niemand Gewicht darauf.

Als aber Christian, der Knecht, die Neuigkeit überbrachte, daß des Adelsmüllers Valentin unter den Komödianten sei, rief dieselbe nn Pastorhause große Ueberraschung hervor.

Bet dem Prediger ging die Ueberraschung jedoch schnell in Unwillen über. Er schickte sich sofort an, in die Schenke zu eilen, um den ver­lornen Sohn des Herrn von Mühlenschmidt am Auftreten zu hindern und ihn veranlassen, sich sofort aus dem Dorfe zu entfernen. .

Frau Müller versetzte dieser Entschluß ihres Mannes in gE Aufregung und sie begann ihn sofort lebhaft zu bekämpfen. .

Bei den hierdurch veranlaßten lebhaften Auseinandersetzungen M- schen den beiden Eheleuten gelang es der Frau wirklich, den Prediger von der Ausführung seiner Absicht zurückzuhalten. Er mußte zugestehe«,