Aus den Tannen.

Intelligenz- L Anzeige-Matt

Von der oberen Nagold.

Man abonnirt bei allen Poststellen und Landpost- bvten; in »tenstaig bei der Expedition.

Inserate find immer vom besten Erfolge be­gleitet und wird die Ein­rückungsgebühr stets auf das Billigste berechnet.

Verwendbare Beiträge werden dankbar ange­nommen und angemessen honorirt.

Ar. 81.

D England und Egypten.

Die englische Regierung hat den schweren Vorwurf, daß durch ihre Engherzigkeit allein die Einschleppung der Cholera in Egypten mög­lich gewesen sei, nicht völlig entkräften können, und die Haltung, welche sie im übrigen in dem Pharaonenlande einnimmt, bestätigt den Vorwurf nur noch mehr. Es ist gar kein Zweifel darüber mehr möglich, daß die von Arabi Pascha und seinen Anhängern hervorgerufenen Unruhen den Engländern einen willkommenen Vorwand boten, das Nilland zu besetzen und daselbst den englischen Einfluß zu dem allein maßgebenden zu machen. Die vollständige Annexion Egyptens ist nur noch eine Frage der Zeit und deshalb klingt auch die Meldung nicht sehr wahrschein- , > sich, das englische Kabinet wolle Angesichts der ' Choleragefahr 'seine Truppen zeitweise aus Egypten zurückziehen und dieselben auf Cypern und Malta unterbringen.

Das Interesse an Egypten ist allerdings für England auch ein ganz bedeutendes, weil der Suezkanal die Eingangspforte zu den Schatz­kammern Indiens bildet. Daß sich der Suez­kanal im Besitze französischer Kapitalisten und unter französischer Leitung befindet, das ist in England schon oftmals schwer empfunden wor­den; mit Freuden zahlte der verstorbene Lord Beaconsfield dem vertriebenen Vizekönig Jsmael die Millionen, welche dieser für die in seinem Besitz befindlichen Suezkanal-Aktien forderte, denn durch solchen Besitzwechsel wurde England zum Miteigenthümer der ihm so wichtigen Wasser­straße.

Daran konnten sich aber englisches Na­tionalgefühl und englische Handelspolitik noch nicht genügen lassen und der Gedanke, einen eigenen neuen Suezkanal zu bauen, fand unter den Großkaufherren Englands eine begeisterte Aufnahme. Die zu diesem Zwecke in England inszenirte Bewegung greift immer weiter um sich. Lesfeps berief sich darauf, daß er auf den Suezkanal ein Monopol hätte und die egyp- tische Regierung gar nicht das Recht habe, die Anlage eines Konkurrenzkanals zu gestatten. Mehrere egyptische Rechtsgelehrte hatten auch die Liebenswürdigkeit, ihm dies in einem Gut­achten zu bestätigen. Aber auch die Engländer ließen sich durch zwei ihrer berühmtesten Rechts­lehrer ein Gutachten anfertigen und dieses zer­stört den Monopols-Nimbus des Herrn v. Lefseps in unbarmherziger Weise.

Als der Suezkanal erbaut wurde, stand , Frankreich in der Sonnenhöhe seines Ruhms ' ' und seiner Macht; damals zweifelte wohl Nie­mand daran, daß Frankreich auf den Suezkanal ein Monopol habe; und wäre der leiseste Zweifel aufgetaucht, so würde es damals leicht ge- i wesen sein, durch bindende Verträge mit dem vormaligen Vizekönig dem französischen Mono­pol auf den Suezkanal staatsrechtliche Aner­kennung zu verschaffen.

Daß das damals nicht geschah, werden sowohl Herr v. Lefseps wie auch die französi- ^ schen Staatsmänner heute bitter bereuen. Der Schaden wäre vielleicht noch nicht so groß, wenn Frankreich im vorigen Jahre mit nach Egypten gegangen wäre. Als aber Freycinet Gelder dafür von der Deputirtenkammer verlangte, wurden diese abgelehnt: man mußte ja in Frank­reich alle Kräfte für dieRevanche" gegen Deutschland aufsparen!

Durch diese unsinnige Politik bereitet sich Frankreich selbst das Grab feines Ansehens England aber ist damit zufrieden und wird stch wenig um diejGutachten egyptischer Rechts­folgen kümmern, wenn sich die Anlage eines

Menstaig, Samstag dm 14. Juki.

zweiten Suezkanals für seinen Handel und seine Machtstellung als vorth eilhaft heraus- stellr.

Tagespolitik.

(Die Cholera-Gefahr.) Mit einer Einmüthigkeit, wie sie sich bei politischen Fra­gen nie erzielen läßt, haben alle europäischen Staaten völlig ausreichende Maßregeln gegen die Gefahr einer Einschleppung der Cholera getroffen; derReichs-Anzeiger" veröffentlicht täglich die von den einzelnen Staaten anbefohlenen Maßnahmen. Glücklicherweise zeigen auch die neuesten Telegramme aus Egypten, daß daselbst die Seuche in der Abnahme begriffen ist; zum wenigsten vermindert sich schon die tägliche Zahl der geforderten Opfer.

Das Gesetz betreffend die Abänderungen der Gewerbe-Ordnungsnovelle ist vom Kaiser in Ems vollzogen worden.

Bei Eröffnung des böhmischen Land­tages ist es zu aufiegenden Szenen gekommen. Der Statthalter nahm den Oberstlandmarschall in Eid und Pflicht und dieser richtete auf tschechisch eine Ansprache an das Haus. Die deutschen Abgeordneten riefen:Deutsch, deutsch!" und erhoben sich erst, als der Redner deutsch zu sprechen begann. Nun rief aber ein.,Führer der Tschechen:Jetzt werden wir uns nieder­setzen !" doch folgte niemand von seinen Genoffen der Aufforderung.

Das Ministerium Ferry ist den Fran­zosen doch schon gar zu lange am Ruder; man sehnt sich nach Abwechselung. In der Kammer werden in der nächsten Zeit die Verträge mit den großen Eisenbahnen zur Berathung gelangen und es heißt, verschiedene Parteigruppen hätten sich verbunden, um bei dieser Gelegenheit das Ministerium zu stürzen. Die ministeriellen Blätter stellen das zwar in Abrede, gestehen aber zu, daß der Kampf um die Verträge ein sehr harter sein werde.

In dem Befinden des Grafen Cham- bord soll nach den neuesten Telegrammen eine Besserung eingetreten sein; während die Aerzte von dem Zusammentreffen mit dem Prinzen von Orleans eine nachtheilige Wirkung befürchteten, wäre das Gegentheil eingetreten, falls nicht eine nur vorübergehende durch die Aufregung hervor­gerufene Zurückdrängung der Krankheitserschein­ungen vorliegt.

Die madagassische Gesandtschaft hat am Sonntag von London aus endlich die Rück­reise nach ihrem Heimatlande angetreten. Zu dem Entschlüsse, Europa zu verlassen, gelangte die Gesandtschaft nach ihrer letzten Unterredung mit Jules Ferry, in welcher derselbe den An­spruch Frankreichs auf Ausübung der Schutz- Herrschaft über die Nordwestküste von Mada­gaskar entschieden aufrecht erhielt.

Eine Lieblingsidce Garibaldis in seinen letzten Jahren war die Trockenlegung der durch ihre Ausdünstungen höchst gesundheitsgefährlichen pontinischcn Sümpfe bet Rom. Der Plan dazu wurde den Kammern vorgelegt, die aber zuviel an Parteigezänk zu leisten hatten, um eine An gelegenheit der allgemeinen Wohlfahrt besonders fördern zu können. Am vergangenen Samstag endlich hat der Senat der Regierungsvorlage die Zustimmung ertheilt, wonach derAgro romano" trocken gelegt werden soll.

Der russische Zar hat dem Sultan sechs prachtvolle Hengste zum Geschenk gemacht, welche einen Werth von mindestens 40 000 Rubel darstellen. Kleine Geschenke erhalten die Freund­schaft.

Der peinliche Zwischenfall, den die Tisch­rede des Senators Gradisteano in Jasiy ge­

Dieses Blair erscheint wöchentlich drei Mal und zwar: Dienstag, Donner­stag und «Lamstag.

Der Abonnementspreis beträgt pro Vierteljahr: in Altenstaig 90 M.

im OA.-Bezirk 85 P-. außerhalb I Mk.

Jnseratenaufgabe späte­stens Morg. 10 Uhr am Tage vor dem jeweilige- Erscheinen.

1883.

schaffen, scheint nun erledigt. Der rumänische Minister des Aeußern, Sturdza, hat nämlich an den österreichischen Gesandten in Bukarest eine Note gerichtet, in welcher die feindseligen Absichten, die sich in gewissen rumänischen Krei­sen gegen Oesterreich-Ungarn bemerkbar machten, auf das schärfste verurtheilt und die Pflicht, sie zu bekämpfen auf das nachdrücklichste betont wird. Die Note ist in Wien mit Befriedigung ausgenommen worden und damit erscheint der Zwischenfall beseitigt.

Laudesuachrichteu.

Al tenstaig, 13. Juli. Wie wir hören, wurde in der Nacht vom letzten Dienstag auf Mitwoch dem Gemeindepflcger Mast in Hof­ftet t mitttelst Einsteigen durchs Fenster eine silberne Taschenuhr, mehrere Paar Stiefel rc. entwendet. Den frechen Diebstahl ausgeführt zu haben, bezüchtigt man mehrere Handwerks­burschen, die sich am Dienstag dort fechtend herumtrteben.

(Gewitter und Hagel.) Ein am Dien­stag Mittag um 12 Uhr ausgebrochenes Ge­witter hat durch damit verbundenen Hagelschlag leider wieder in verschiedenen Gegenden des Landes großes Unheil angerichtet. Am schwer­sten betroffen sind das mittlere Neckarthal, ins­besondere die Markungen von Unter- und Ober­türkheim, Wangen, Uhlbach. Eßlingen und seinen Filialorten, sowie das Remsthal. In Unter- und Obertürkheim fielen Hagelkörner in Masse bis zur Größe eines Hühnereies, die meisten waren platt gedrückt und ringsum gezackt wie ein Uhrenrad. Das Obst liegt auf dem Boden, die Bäume und Weinberge sind kahl, das Ackerfeld total verwüstet. Fensterscheiben wur­den nach Hunderten zerschlagen. Im Remsthal wurden besonders schwer heimgesucht die Mar­kungen von Schorndorf, Weiler, Winterbach, Hebsack, Schnaith und Aichelberg, wo das Ha­gelwetter ca. 20 Min. lang anhielt und Körner­früchte zu Vi°, die betroffenen Weinberge total vernichtet sein sollen. Der Gesammtverlust im Oberamt Schorndorf wird auf mindestens IV, Mill. geschätzt. Die meisten betroffenen Gemeinden wurden auch im verflossenen Jahr vom Hagel­schlag heimgesucht. Zum Glück sind verschiedene derselben, wenigstens zum Theil, mit ihren Er­trägnissen versichert. Auch in den Bezirken Welzheim und Gmünd ist der Schaden zum Theil sehr bedeutend. In Aalen hat der mit dem Gewitter verbundene Sturm großen Scha­den gestiftet. Zwei Gebäude, ein Neubau der Ostertag'schen Kaffenfabrik und das neuerbaute Kellerhaus der Fuchs'schcn Brauerei, wurden niedergeworfen, Dächer abgehoben und die Bäume zu Hunderten geknickt.

Altenstaig, 14. Juli. Nach derMichi- ganer Staatszeitung", welche uns von freund­licher Seite zugesandt wurde, kam in Grand Rapidsein Altenstaiger, Namens KarlKüb- l e r, dorten bester als derkleine Charley" be­kannt, auf traurige Weise ums Leben, indem er von einer Eisenbahnlokomotive überfahren wurde. Sein Kopf war förmlich in zwei Stücke gespalten und bot das umliegende Gehirn einen schauerlichen Anblick dar. Nach einem Pri­vatbriefe hatte der Staat Mich'gan einen stren­gen, kalten und langanhaltenden Winter und ein sehr nasses Frühjahr. Bis Ende Juni (das Schreiben datirt vom 26. Juni) regnete es fast jeden Tag, dennoch sollen die Farmer eine ziemlich gute Ernte zu erwarten haben. Die Geschäftslage dorten kennzeichnet am Besten der nachfolgende kleine Artikel, ans derGr. R. Germania". Das Blatt schreibt:Es ist eine betrübende Thatsache, daß man jetzt überall.