die Errichtung einer Zwangs-Hagelversicherung für Bayern. Württemberg, Baden und Hoben- zollern bei den gesetzgebenden Facioren des Rei­ches in Anregung zu bringen". Der schlesische landw. Centralverein hat den Antrag gestellt, darauf hinzawirken, daß für das gesammte deutsche Reich eine staatliche obligatorische Hagel­versicherung eingeführt werde." Er müsse einer derartigen Verstaatlichung ganz entschieden ent­gegentreten. Jedem Landwirty solle es über­lassen sein, seinen Bedürfnissen entsprechend, die ja unendlich verschieden sind, diese wirtschaft­liche Frage in seinem Interesse zu regeln. Werde ja doch das Interesse des Nachbars dadurch in keiner Weise alterirr, und schließlich werde die freie Concurrenz am besten für die Befriedig­ung dieser verschiedenartigen Bedürfnisse sorgen. Zwang und Privilegien müßten nothwendig Unzufriedenheit eines Theils der Versicherten und Einseitigkeit des Wirkens der Versicherungs­gesellschaften im Gefolge haben; dies würde aber einer gefunden Entwickelung des Instituts nur Schaden bringen und auch im Falle der gesetzlichen Statuirung des Zwanges diesen mit der Zeit absolut unhaltbar machen. Die Ver­staatlichung der Hagelversicherung mit Versiche­rungszwang könnte den hagelgefährdetsten Gegen­den nur dann eine Erleichterung verschaffen, wenn in gleichem Maße auch die entsprechende Last überwälzt würde. Dies ist jedoch unthun- lich. Dagegen ist die Errichtung einer vom be­treffenden Staat, bezw. von mehreren gemein­sam einzurichtenden Hagelversicherungsanstalten auf Gegenseitigkeit nach dem Muster der in Bayern einzurichtenden derartigen Anstalt unbe­dingt nöthig. Die Vermittlung von landw. Ortsvereinen, Ortsdarlehenskaffen und Consum- vereinsgenossenschaften oder Gemeinden zwischen den Versicherungsnehmern und den Hagelver­sicherungsgesellschaften erscheint von höchster Be­deutung; die Verwirklichung dieses Vorschlages ist vielleicht im Stande, die schon so vielfach erstrebte Einrichtung von Provinzial-Hagelver­sicherungsanstalten durch landw. Vereine und deren Zusammenfassen in eine große allgemeine deutsche Hagelversicherungsgesellschaft auf Gegen­seitigkeit mit Anlehnung an die öffentliche Feuer­versicherung ins Leben zu rufen." (Beifall.) Es wurde nach längerer Debatte beschlossen, den Hagelverstcherungsgesellschaften die Seitens des Referenten ausgedrückten Wünsche zur Be­seitigung der in Süddeutschland herrschenden Mißstände zu thunlichster Berücksichtigung zu empfehlen. Ferner wurde beschlossen: die Frage wegen der staatlichen Zwangsversicherung an eine Commission zu verweisen, die der nächst­jährigen Plenarversammlung geeignete Vorschläge machen solle.

General Kaehler, so schreibt man dem D. M.-Bl." aus Konstantinopel, wird in den ersten Tagen des März in Berlin sein. Vorläufig begleiten ihn dahin nur sieben türkische Mulazims (Unterlieutenants), unter denen alle Waffen vertreten sind. Ob eine größere Zahl

nachfolgt, hängt von verschiedenen Bedingungen ab, über welche Kaehler Pascha in Berlin unter­handeln wird. Für die jungen Offiziere ist ein Aufenthalt in Deutschland von 3 Jahren in Aussicht genommen. Sie sollen im ersten Jahre bei den Truppen Dienst thun und dabet die deutsche Sprache sich zu eigen machen, um im zweiten und dritten Jahre den Vorträgen auf der Kriegs-Akademie folgen zu können. Der Padischah läßt die Gelegenheit der Entsendung eines seiner Paschas nach Berlin nicht vorüber­gehen, ohne dem Deutschen Kaiser ein neues Zeichen seiner besonderen Verehrung zu geben. General Kaehler ist demnach beauftragt, eine Sammlung vorzüglicher Ansichten aller Theile des malerischen Bosporus-Gestades als Geschenk des Sultans zu überbringen.

Mainz, 25. Febr. Heute früh ist bei Staudernheim ein Güterzug entgleist. Zwei Waggon wurden total zertrümmert, der Zug­führer wurde getödtet.

Ueber den Besuch König Ludwigs von Bayern an Richard Wagners Grab in Bay­reuth wird einem österreichischen Blatt ge­schrieben: Der König traf Nachts plötzlich ganz unvermuthet das-lbst ein. Er begab sich sofort nach der Villa Wahnfried, wo er um halb 12 Uhr anlangte. Der König verblieb über 1 Stunde in der Villa und verweilte sodann noch einige Minuten an der Gruft, worauf er nach Mün­chen zurückkehrte, König Ludwig war bei dieser Fahrt von einem Diener begleitet.

Hirschberg, 24. Febr. Von der Straf­kammer ist der Termin in Sachen der Prügel- affaire des Gutsbesitzers Rotenhan, der be­kanntlich ein 15jähriges Mädchen durchpeitschen ließ, auf nächsten Dienstag angesetzt.

Ob man in Hohenmölsen bet Weißen­fels Petitionen und Adressen unterschreibt, ist uns unbekannt! soviel aber steht fest, daß man sich dort zu Helsen weiß. An etwa 30 Thüren von Handelstreibenden war nämlich jüngst zu lesen:

Wer Sonntags sprechen will mit mir,

Der komme durch die Hinterthür.

Denn vorn ist alles fest und zu Von wegen großer Sonntagsruh'.

Ausland.

Paris, 24. Febr. Die für die heutige Kammersitzung angesetzlen beiden Interpellationen des Bonapartisten Jolibois und des Prince de Leon endeten mit glänzenden Vertrauensvoten für die Regierung. Paul de Caffagnacs scharfe Ausfälle gegen Ferry blieben ohne Wirkung. Kriegsminister Thibaudin betonte mit militäri­scher Kürze, die Entfernung der Prinzen aus der Armee heiße die Politik aus derselben ent­fernen. Die Kammer nahm das von Margaine beantragte Vertrauensvotum für das Ministe­rium mit 395 gegen 103 Stimmen an. Bei der Interpellation über die Prinzen und die Armee sagte Cassagnac, man könne die Prinzen nicht treffen, ohne alle Offiziere der Armee zu

winn noch gar nicht erhoben Hai, es für ge- rathen halten mußte, den Laden zu schließen und zu verreisen. Jeder wollte etwas erhaschen!

(Brandfälle.) In Hohenberg brach am 26. Febr. kurz nach Mitternacht gegenüber dem Revieramtsgebäude in einem großen zwei­stöckigen von 3 Familien bewohnten Doppelhaus Feuer aus, welches dieses Gebäude vollständig zerstörte, während die sehr gefährdeten Nachbar­häuser gerettet werden konnten. Die Ursache der Entstehung des Brandes ist in Feuer Ver­wahrlosung zu suchen, wenn nicht absichtliche Brandstiftung vorliegt.

Deutsches Reich.

Bei der am letzten Donnerstag stattgefun­denen Sitzung des deutschen Landwirthschafts- raths, welcher in verflossener Woche inBerlin tagte, gelangte auch die Hagelverstcherungsfrage zur Verhandlung. Der Vertreter des 8. württ. Gauverbands, Hr. Oekonomierath Schosser von Ktrchberg, erstattete über die Frage und insbesondere über das Hagelverstcherungswesen in Süddeutschland nachstehendes Referat:Es ist berechnet worden, daß in Deutschland wahr­scheinlich etwa der vierte Theil des Rohertrages der Aecker, Gärten und Weinberge wirklich gegen Hagelschäden versichert werde; für Süddeutsch­land beträgt die Versicherungssumme nur den neunten bis fünfzehnten, durchschnittlich nur den zwölften Theil. Die geringste Betheiligung an der Hagelversicherung zeigt sich in Baden und in Württemberg. Süddeutschland mit seinen Hügel- und Gebirgslandschaften gilt allgemein für hervorragend hagelgefährdet. Deshalb sind die Prämiensätze unendlich hoch. Doch kommen überhaupt in den Gegenden mit annähernd 3 und über 3 pCt. Prämien außerordentlich wenig Versicherungen mehr vor, so daß die Bestimmung der Versicherungsgesellschaften, wonach in solchen Gemeinden nur bis zu einer gewissen Maximal­summe Versicherungen zum Normaltarife ange­nommen werden sollen, praktisch kaum irgend zur Anwendung gelangt, da auch dort die Ge­sellschaften bezw. ihre Agenten sich nicht um Ver­sicherungsanträge bemühen. Eine der in Süd­deutschland arbeitenden Gegenseitigkeitsgesell­schaften hat sich sogar zu größerer Sicherheit Vorbehalten, Versicherungsanträge ohne Angabe von Gründen zurückzuweisen. Die Landwtrthe halten solche Prämien für unerschwinglich; sie vermeiden lieber den Anbau der hagelgefähr­deten Gewächse, geben dem Futterbau ein grö­ßeres Uebergewicht und überwinden schließlich auch die Kalamität eines Hagelschlags leichter, weil die Preise des Bodens in derartig hagel­gefährdeten Localitäten entsprechend niedriger zu sein pflegen. In Baden scheinen die Prä­mientarife für die hagelgefährdeten Gegenden noch ungünstiger zu liegen und dadurch schon ein größerer Ausschluß von der Versicherungs- nahme bewirkt zu werden. Der Verein zur Be­förderung der Landwirthschaft und Gewerbe in Hohenzollern hat deshalb den Antrag gestellt,

Ire Karlengundet.*)

Eine Dorfgeschichte von LuZusi LrrisoUsr.

Stopp!" rief der Kapitän durch das Sprachrohr in den Maschinen­raum hinunter.

Die Maschine stand u. schäumend schlugen die grünen Wellen ans Ufer.

Das Landungsbrett donnerte hinüber auf die Quader des Hafen­dammes und Zugvögeln gleich zerstreuten sich die Menschen, jeder gieng einem andern Ziele zu, aber wohl alle suchten den Süden das Glück.

Gesunde und Kranke, Elegante und Einfache, Alte und Junge stoben auseinander, die einen vollbepackt, die andern nur mit einem Stab oder einem kleinen Bündel, in dem wenig mehr war als nichts.

Man war in Bregenz.

Eine alte Bauernfrau trippelte ängstlich über das Brett ans Ufer und bewachte zugleich sorglich denZwerchsack", den sie am Lande über die Achsel warf. Es war eine Frau, die von Einsiedeln kam und jetzt noch der Gebhardskirche einen Besuch machen wollte auf dem herrlichen Hügel bei Bregenz auf dem Gebhardsberge. Unverweilt durchwan­derte sie die Stadt. Sie hatte kein Auge für die kalten Häuserreihen, nur dem Berge strebte sie zu.

Der alten Bregenzer Kirche aber mußte sie doch eine kurze Einkehr schenken. Es war so einsam dort und so dämmerig, soheiüg", wie sie sich sagte. Von Altar zu Altar gieng sie und besah auch die alten Grabschriften, die zerbröckelnd denen nachfolgten, von denen sie Jahr­hundertelang erzählen sollten. Es ist eben nichts unsterblich, was zu dieser Welt gehört und von ihr stammt.

In der Kirche war außer ihr niemand weiter als ein schläfriger Sonnenstrahl und in diesem ein junges Mädchen von etwa fünfzehn Jahren; sie hatte es schon auf dem Schiffe gesehen und betrachtete es jetzt etwas näher. Der Sonnenstrahl verklärte so rechi eigentlich das schöne unschuldige und traurige Gesicht, aus dem zwei große blaue Au­gen leuchteten, und um die weiße Stirne schlangen sich braune Flechten, aus denen leichte Haarringel herausrieselten, wie unwillig über den Flechtenzwang.

Unter dem Arme trug das Mädchen ein kleines Bündel und auf dem Leibe ein verschossenes braunes Kleidchen aus Druckkattun, unter dem die kleinen weißen Füße hervorsahen, die blos waren, denn in dem Bündel staken die Schuhe und Strümpfe. Es war ja alles so theuer und das hübsche Geschöpf war wohl sehr arm.

Tie schönen blauen Augen des Mädchens hatten schon öfters for­schend auf dem runzligen Gesichte der alten Frau geruht und die Lippen hatten sich einigemal geöffnet wie zu einem Gruße. Es kam der Kleinen vor, als müsse sie die alte Frau kennen, aber diese gieng jetzt eilig fort, um den Berg zu erklimmen.

Eilfertig folgte ihr das junge Mädchen und hielt sich ein Stück hinter der Alten, welcher ein tiefes Weh in den energischen Zügen ge­schrieben stand. Immer herrlicher wurde die Umschau und der blaue Herbsthimmel lachte auf ein wunderbares Stück Erde hinunter, so daß auch die Beiden endlich schwer athmend stehen blieben, um die ganze Pracht dieses irdischen Paradieses in sich aufzunehmen.

Hinter ihnen lag die Gebhardskirche, über deren Felsenuntergrund ein grüner Epheumantel niederhieng; vor oder eigentlich unter ihnen, blinkte die herrliche Seefläche, die sich weit, weit hinabdehnte nach We­sten, und fern, fern in dem sich ntederwölbenden Himmel verblaute.

Unberechtigter Nachdruck verboten.