Gelegenheit geboten werden, sich dort aufzuhalten, damit dieselben nicht gezwungen sind, in's Wirthshaus zu gehen, sondern Gelegenheit haben, im warmen Zimmer sich durch nützliche Lektüre die Zeit zu vertreiben. Die Schullehrerbibliothek, sowie noch viele andere nützliche Bücher find zur Verfügung gestellt.
Im „Kocher- und Jagstboten" (Künzelsau) findet sich ein aus Niedernhall datirtes Kollek- tiv-Heirathsgesuch; es heißt darin: „Mehrere christlich gesinnte, in der schönsten Blüthe der Jahre stehende und zu den einflußreichsten Persönlichkeiten der Stadt zählende heirathslustige Jünglinge, die sich bisher in Folge ihres etwas schüchternen Charakters einer ausgedehnteren Damenbekanntschaft nicht zu erfreuen hatten, suchen auf diesem Wege zunächst je eine Lebensgefährtin. Unbescholtene, mit Liebe zu Kindern veranlagte Jungfrauen jeden Alters (jedoch nicht über 70 und nicht unter 14 Jahren), werden nun eingeladen, sich am nächsten Sonntag, Nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr, mit etwas Geld versehen auf dem hiesigen Marktplatz einzufinden,wobei strengste Diskretion zugesichert wird
Das „Evangel. Kirchen- und Schulblatt" Nro. 46 macht im Verlauf einer z.emlich trüben Schilderung der gegenwärtigen sozialen Verhältnisse Deutschlands folgende Bemerkung: In vielen Gegenden unseres Vaterlandes können die Bauernsöhne nicht einmal mehr ihre Bräute wählen ohne Vermittlung des Juden, dem sie verschuldet und der aus der Mitgift der Frau bezahlt sein will. So copulirt also zuerst der Jude, dann erst der Standesbeamte und zuletzt der Pfarrer. Das ist mehr als „Civilehe", das ist „Zuvielehe".
(Br and fälle.) Am Montag den 13. Nov., Morgens 1 Uhr brach in Wahlheim, OA. Besigheim, wiederholt Feuer aus, in Folge dessen das Armenhaus total abbrannte. Auch hier wird Brandstiftung vermuthet.
(Selb stmorde.) Dem „Sch. M." wird von Kirchheim u. T. unterm 10. Nov. geschrieben: Gestern Vorm, verließ in Folge einiger kleineren Familienzwistigkeiten ein hiesiger Schuhmachermeister sein Haus, ohne wieder zurückzukehren. Wie heute gemeldet wird, fand man den schon bejahrten Mann in der Nähe von Steinbach, OA. Eßlingen, am Nachmittag erhängt.
(Unglücksfälle und Verbrechen.) Eine arme Wittwe von Urach wollte am 10. d. Nachts in einer Oelmühle Buckeln zu Oel bereiten, bei letzterem Geschäfte hatte sie auch eines ihrer Kinder, ein Mädchen im Alter von 12 Jahren, bei sich; dasselbe kam in das Kammrad und es wurden ihm ganze Stücke Fleisch vom Leibe gerissen; man zweifelt an seinem Aufkommen. — In Stuttgart fiel der 67 Jahre alte frühere Wirth Georg Marquardt in einer Wirtschaft die Treppe hinunter, erhielt 2 Schädelbrüche und ist Abends gestorben. — Wegen Diebstahls wurde inHeilbronn die Dienstmagd Dorn zu 1 Jahr Gesängniß
Stern und Irrticht.
Novelle von 'WilUsIm 0 sirssn.
(Fortsetzung.)
Es war die Meinung des Kranken gewesen, daß der Arzt feine Tochter wieder mit sich in die Stadt zurücknehmen sollte, allein der Doktor hatte entgegnet, darin habe der Unglücksfall gewissermaßen einen glücklichen Kern enthalten, daß er das Kind ebenfalls zu einem längeren Aufenthalt in der kräftigenden Landluft veranlasse, die der zarten Gesundheit des Mädchens jedenfalls außerordentlich zum Vortheil gereichen werde.
So war auch das Bleiben Adeles beschlossen worden, und zwar wiederum auf Rath des Arztes, ohne daß die englische Erzieherin oder sonst eine weibliche Beihilfe für sie herausgeholt wurde. Nur ein Diener sollte zur Pflege für Herrn von Cronaug kommen und auf einem Wagen bequemere Betieinnchnmg, Kleidungsgegenstände und sonst etwa noch nünschenswerthe Annehmlichkeiten mit sich bringen, dann werde der Unfall ohne alle üblen Folgen verlaufen, vielmehr, wie der Doktor lächelnd hinzugefügt, durch Nöihigung zu einfachster Lebensweise und Ruhe eine günstige Wirkung auf Vater und Tochter ausüben.
Geerbt erzählte das alles mit hastigem Eifer; als er zu Ende gelangt, fragte Sivera:
„Wußtest Du denn schon davon, als Du aus der Schule nach Haus gingest?"
„Nein, wie hätr' ich's denn können? Es war ja erst geschehen."
„Warum liefst Du denn so schnell und wartetest nicht aus mich?"
„Weil" — er stockte und ward etwas roth — „weil ich mir denken konnte, daß ich zu Hause Mithelfer: müßte, wie gestern Nacht. Ich
Triest, 12. Nov. Das MiUiärappellations- gericht hat das vom hiesigen Garnisonsgerichte gefällte Todesurtheil gegen Wilhelm Oberdank genehmigt.
Paris, 13. Novbr. Ein Projekt, in Algerien 410 Dorfgemeinden mit einem Aufwande von 110 Millionen Fr. zu gründen, wovon 37 Millionen schon im nächsten Jahre zur Verwendung kommen sollen, wurde vom Budget- Ausschuß günstig ausgenommen.
Einem Zahnarzt in Paris stahl sein Casster jährlich etwa 100000 Fr. u. erst nach 10 Jahren schöpfte Mr. Eavans Verdacht. Um das zu begreifen, muß man wissen, daß Mr. Eavans Hof-Operateur der meisten gekrönten Häupter ist, denen er leicht und schmerzlos die > fabelhaftesten Summen aus der Tasche zieht. Hundert Louisdor für eine Plombe sind ihm gerade genug „in einen hohlen Zahn." Die Sorglosigkeit des Herrn wurde dem Casster als mildernder Umstand gerechnet und derselbe zu 3 Jahren Gesängniß vernrtherlt.
Portsmouth, 18. Novbr. Der Postdampfer „Westphalia" ist hier mit einem großen Loche im Bug eingetroffen; derselbe stieß bei der Insel Wight mit einem unbekannten Dampfer zusammen.
„Fern im Süd das schöne Spanien", das' Emanuel Geibel uns besungen, scheint in neue- ^ rer Zeit mehr zu Klageliedern Jeremiä Veranlassung geben zu sollen. Nach einer der „Fr. I Ztg." aus Marseille zngegangenen Mittheilung ist in Südspanien eine Hungersnoth ausgebrochen. In Leres wurden die Bäcker-Läden geplündert. Den Bäcker-Jungen wurden auf der Straße die Brodkörbe von der hungernden Menge weggerissen. In einem anderen Orte wurden die Mehl-Lager ausgeplündert, sowie : die Eßwaaren auf dem Markie fortgenommen. ^ Die Polizei mußte einschreiten. In Folge die- ! ser Umstände findet eine große Ausfuhr von Mehl aus Marseille nach Südspanien statt.
Stuttgart, 13. Nov. (Mehlbörse.) Preise per Sack von 100 Kilogr., Brutto für Netto bei Abnahme größerer Posten: !
Mehl Nr. 0 . . 36 M. — bis — M. —
Nr. 1 . . 33 M. — bis 34 M. 50
Nr. 2 . . 31 M. — bis 32 M. 59
Nr. 3 . . 29 M. — bis 30 M. 50
Nr. 4 . . 24 M. — bis 25 M. - ;
In der vergangenen Woche ist im Geschäft keine Aendernnq eingetreten. Das Mehlgeschäft beschränke sich wiederum auf den laufenden Be- nnd sind die Preise von denen der vorher- gegaugenen Woche wenig abgewicheu. An heutiger l Börse kamen von inländ. Mehlen 590, von ausländ. 250 Sack als verkauft zur Anzeige.
Wolnzach, 12. Nov. Je nach Qualität wird jetzt der Centner Hopfen zu 440—460 M. gekauft. Da nur Wenige noch im Besitz ihres Hopfens sind, so wird nicht gerne abgegeben , und man erwartet allgemein eine Steigerung ! bis 500 M.
— ich meine, daß ich es wahrscheinlich jetzt öfter müssen werde, so lange die Fremden bei uns sind, — mein Vater kann es nicht allein — und da —- wenn ich frei bin, will ich dich immer abholen, Vera — das ist bester, damit du nicht umsonst den Weg zu uns machst."
Sie sah ihn verwundert an und nickte einsilbig: „Wenn du so viel zu schaffen hast, du weißt ja, wo du mich findest."
Er blieb noch einige Augenblicke stumm neben ihr stehen, reichte ihr darauf plötzlich rasch die Hand und sagte:
„Auf morgen also, jetzt wird der Vater schon warten, daß ich zu lang ausbleibe."
Damit ging er am Saum des Wäldchens entlang, bis er an eine Krümmung des Fußsteigs gelangte, dann lief er athemlos dem Gehöft zu.
Von weitem gesehen, wie in der Nähe lag der Birkenhof unverändert da. Nur die städtisch fremde Erscheinung des eingetroffenen Dieners zeigte sich hier und da unter der Thür und das Helle Sommerkleid Adeles flatterte wie das Gefieder eines ausländischen Vogels zwischen dem einheimischen Geflügel über den Hof hin und her.
Sie hatte am ersten Tage geweint und zornig ans den Doktor gescholten, der schuld daran sei, daß sie nicht in die Stadt zurnckgekommen, sondern länger in dem Bauernhause bleiben sollte, das ihr bei Tage ganz anders als im Mondlicht, armselig, schmutzig und widerwärtig erschien. Aber bald fand sie, daß eS doch auch viel Neues und Interessantes darin und darum gab, und daß es eigentlich gar nicht so schrecklich sei, einmal ohne die Miß mit ihren unablässigen Ermahnungen und Anstandsregeln nach eigenem Gutdünken frei herumlaufen zu können.
Geerbt zeigte ihr alles und nannte ihr hundert Namen und Dinge, die sie nicht gekannt; er führte sie zu den Kühen in den Stall, wo er
veruriheilt; sie hatte ihrem Dienstherrn nach und nach die Summe von 1010 M. 48 Pfg. entwendet. — Ein Fuhrmann in Nürtingen sollte 'den Leichnam eines Erhängten auf die Anatomie führen. In Oberensingen, wo die gegenwärtig hochgehende Aich eine Strecke weit hart neben der Straße läuft, stürzte er hinein und wollen Leute um die elfte Stunde Hilferufe vernommen haben. Der Verunglückte ist bis jetzt nicht aufgefunden, dasFuhrwerkaber sammt Pferd und Kiste stand andern Tags noch bei der Unglücksstätte.
Deutsches Reich.
Mainz, 13. Nov. Wie das „M.J." berichtet, ist in der Militärbefreiungs-Affaire gegen die beiden flüchtigen Wolf ein Haftbefehl erlassen und das Vermögen derselben mit Beschlag belegt. — Dem Vernehmen nach hat allein ein Kaufmann in Straßburg dem Konsortorium 12 000 Fr. dafür bezahlt, daß es seine beiden Söhne vom Militärdienst frei machte. Nicht allein ist allen Eltern, die sich für ihre Söhne an dem Schwindel beteiligten, das Geld verloren, sondern die jungen Leute, welche früher einjährig hätten dienen können, werden jetzt vier Jahre eingezogen. Wie man hört, hat ein junger Mann in Mühlhausen die saubere Gesellschaft angezeigt; er hatte den Wucherern 1000 M. geboten, wenn sie auch ihn frei brächten. Diese wollten sich auf sein Gebot nicht einlassen, sondern wollten aus besonderen Gründen das Geschäft für 2000 M., den billigsten Preis, besorgen. Der junge Mann erklärte ihnen, diese Summe sei für ihn unerschwinglich und drohte schließlich mit Denunziation, die er auch wirklich ausführte.
In München circulirt folgenoe Anecdote aus dem Leben: Im Tramwaywagen hat ein Engländer einen Stehplatz. Da er sehr leidend aussah, bietet ihm ein Frl. H. mitleidig ihren Sitz an, wofür zum Dank nach dem Aussteigen der Engländer ihr seine Hand anbietet. Zurückgewiesen, erwartet er 4 Wochen hindurch Tag für Tag das Fräulein vor dessen Hausthüre, um täglich einen abschlägigen Bescheid entgegen- zunehmen. Endlich reist er ab und vor wenigen Tagen erscheint ein Telegramm aus London bei dem Mädchen, daß bei der Bank von England die Kleinigkeit von 1000 Lstr. (20000 Mark) für sie deponirt ist, ausbezahlbar in 10 Jahren, wenn Frl. H. bis dahin noch ledig ist!
Ausland.
Prag, 11. Nov. Gestern Abend hielt die Polizei im Hanse eines gewissen Horvath in Neupest eine Haussuchung und saistrte große Handbomben, welche mit 600 Kugeln gefüllt waren, 9 Bombentheile, eine große Quantität Schießpulver und andere Sprengmittel, sowie andere flache Bomben zum Tragen in der Tasche bestimmt. Horvath, wurde verhaftet und erklärte, die Bomben zu Kriegszwecken angefertigt zu haben.